Josef Engert – Antidemokrat und Antisemit, „Universitätsvater“ und Namenspatron
Ein Preis der Stadt Regensburg trägt seinen Namen, er gilt als Vater der Universität: Josef Engert. Doch der vor 50 Jahren verstorbene Theologe war ein Antidemokrat und Antisemit. Eine Recherche von Robert Werner.
Alle vier Teile online.
Die komplette Recherche mit Quellen als PDF.
Der Theologe Josef Engert gilt als Vater der Universität in Regensburg, wo eine Straße und ein städtischer Preis für wissenschaftliche Arbeiten seinen Namen tragen. Der vor 50 Jahren verstorbene römisch-katholische Priester und ehemalige Philosophieprofessor Engert habe „Deutschlands Tradition der Aufklärung“ und eine „christlich-abendländische Geisteshaltung“ verkörpert. Dies zu wiederholen, werden seine Freunde und Bewunderer nicht müde, wie zuletzt der Ex-OB Hans Schaidinger 2008 beim 60sten Gründungsjubiläum der Freunde der Universität Regensburg e.V..
Dass Josef Engert ein kriegstreibender völkischer Monarchist war, der 1933 den NS-Staat begrüßte und Rasse, Blut und Boden der heimatlichen Erde als gottgegebene Grundlange des aufkommenden NS-Regimes verkündete, ist kaum bekannt. Folgende Recherche soll daher Abhilfe schaffen.
In einem weiteren zweiten Teil wird die Zeit des Nationalsozialismus, in einem dritten die Nachkriegszeit und einem vierten die fragwürdige heutige Gedenkpolitik um Engert behandelt werden.
Engert: Plan zur Uni-Gründung „ausschließlich mein geistiges Eigentum“
Josef Engert war wohl ein außergewöhnlich begabter, strebsamer Schüler und Theologiestudent. Jedenfalls wurde er bereits 1904, im jungen Alter von 22 Jahren, zum Priester geweiht und übernahm daraufhin eine Stelle als Kaplan. Ein Jahr später promovierte er in Theologie und zwei Jahre darauf in Philosophie. Nach einer Zeit als Religionslehrer kam er im August 1914 an das Lyzeum in Dillingen. Dort hatte er eine außerordentliche Professur für Philosophie und Theorie der Pädagogik.
Neun Jahre später, im November 1923, bekam Engert, Mitglied in der Katholischen Studentenverbindung Agilolfia, einen Ruf als Ordinarius für Philosophie an die Philosophisch-theologische Hochschule (PTH) Regensburg, wo er von 1928 bis 1931 und von 1942 bis 1947 als Rektor amtierte. Im Juni 1948, im 67. Lebensjahr, musste er trotz seines Protests die Philosophen-Kanzel verlassen. Das Professorenkollegium der PTH wollte ihn offenbar loshaben und sprach sich einstimmig gegen eine weitere Verlängerung seiner Lehrtätigkeit aus. Hierbei spielte Engerts Engagement für das NS-Regime eine hintergründige Rolle.
Sein Mitte 1948 beim Kultusministerium vorgetragener Wunsch, man solle ihm doch in Amt und Würden „noch die Errichtung oder das Geschick der neuen Universität erleben lassen“, blieb ihm verwehrt. Die zeitnahe Verwirklichung einer Universität in Regensburg wähnte er offenbar in greifbarer Nähe, obwohl dies seinerzeit strittig war und er zunächst eine Philosophische Hochschule kirchlichen Zuschnitts im Kopf hatte. Unter anderem wegen seiner „Denkschrift zur Errichtung einer neuen Universität in Bayern“ von Januar 1948 verfiel er allerdings einer skurrilen Überbewertung seiner eigenen Rolle. Tatsächlich bestand er in einem Schreiben vom September 1948 an seinen Kollegen Hans Dachs darauf, „daß der Gedanke und Plan zur Gründung einer Universität in Regenburg ausschließlich mein geistiges Eigentum ist, und die Initiative weiterhin ausschließlich bei mir blieb.“
Bevor diese Zusammenhänge und die Nachkriegszeit näher beleuchtet werden, sollen einige aussagekräftige Stationen des Lebens von Josef Engert vor der Zeit des Nationalsozialismus geschildert werden.
Christianisierung der „ostasiatische Rassen“ als deutscher Fortschritt
Bereits vor dem Ersten Weltkrieg sah sich Josef Engert dazu berufen, in einem Memorandum weltpolitisches Terrain zu beschreiten. Anlässlich des 25jährigen Thronjubiläums von Kaiser Wilhelm II. von 1913 verfasste er, damals noch Religionslehrer, eine Denkschrift und regte die Gründung einer Missionsstiftung an. Diese solle an einer katholischen Fakultät einer bayerischen Universität eingerichtet werden, um dadurch „den deutschen Namen auf dem Erdenrund, insbesondere aber in den deutschen Kolonien, zu neuen Ehren zu bringen.“ Die weltweit verbreiteten Naturreligionen wie Brahmanismus und Buddhismus seien kulturfeindlich, der Islam kein Kulturfaktor. Jede nichtchristliche Religionsform wirke „nicht befreiend auf des Geist und den sittlichen Willen des Menschen ein, sondern bindend“. Hier gelte es zu handeln.
Doch habe das Ganze, laut Engert, auch eine existenzielle Dimension. Die seiner Ansicht nach anstehende Bedrohung des Abendlands durch „ostasiatische Rassen“ könne, – ja müsse, so Engert – durch deren Christianisierung abgeschwächt werden. Mit dieser Stiftung könne „die Verbindung des religiösen Zweckes mit dem patriotischen“ dargelegt werden; ebenso, dass „die Ausbreitung des Glaubens und deutscher Fortschritt zusammengehen, sie auch im Gedenken des deutschen Volkes zusammengehören.“ Für das katholische Bayern sei es eine Ehrenpflicht, ein solches Missionsinstitut zu gründen und zu betreiben.
Auch wenn das zuständige bayerische Kultusministerium Engerts Denkschrift schlicht ignorierte, wird darin ein spezielles christliches Sendungsbewusstsein deutlich: Am christlich-deutschen Wesen soll die Welt genesen. Bemerkenswert ist auch, dass Engert als katholischer Theologe meinte, es den bereits seit den 1860er Jahren existierenden protestantischen Missionsinstituten gleichtun zu können, ohne sie zu erwähnen. Als 1917 an der Universität Münster ein Lehrstuhl für katholische Missionswissenschaft errichtet wurde, spielten Engerts Deutschtümelei und Denkschrift keine Rolle. Er selbst war in dieser Zeit für einige Monate Feldgeistlicher in der Türkei.
Die Stimme Gottes in den ehernen Schlägen der Kanonen des ersten Weltkriegs
Wenige Tage vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde der 32 Jahre junge Dr. Josef Engert an das Dillinger Lyzeum berufen. Wie hunderttausende Andere auch zog er am 3. August 1914 als Freiwilliger in den Krieg. In seiner Propaganda-Schrift Vom Sinn des deutschen Krieges – Kriegsgedanken von 1916, schwärmt er von seinem „Augusterlebnis“:
„Was war es doch für ein wunderbares Erleben in den ersten Kriegswochen, als unsere Heere Schlag auf Schlag den Feind zu Boden schmetterten, als Feste für Feste fiel, und nichts unserem Stürmen und Drängen standhalten konnte.“ (S.18)
Als das Stürmen und Drängen in den Schützengräben steckenblieb, kehrte der Lazarett-Geistliche Engert im November 1915 nach Dillingen zurück und nahm erst im Dezember die Vorlesungen auf. Seine Kriegsgedanken, die er zunächst auf Veranstaltungen mündlich vorgetragen hat, lesen sich wie eine völkische Denkschrift zur Begründung eines Heiligen Kriegs.
Die aktuellen Kriegserlebnisse seien
„wie die Sonne, wärmend und leuchtend, wie ein gewaltiges Feuer glüht es im Herzen des Einzelnen und des ganzen Volkes: Sein oder Nichtsein ist heute die Frage. Deutsches Geistesleben, deutsche Kultur, deutsches Rechtsempfinden, auch deutsch fühlende und denkende Religiosität, eine ideale Weltanschauung steht auf dem Spiele.“ (S. 6)
Nie sei Gott dem deutschen Volke so nahe gewesen – um „es umzuschaffen, zu erneuern und zu läutern im blutigroten Feuer“. Wer genau hinhorche, „der hört aus den ehernen Schlägen der Kanonen, den stillen Gräbern, den Wogen des Weltenmeeres, den Wunden und Kämpfen die Stimme Gottes heraus.“ Die gesellschaftliche Zwietracht und Klassenspaltung seien überholt, „ein Volk von 70 Millionen ist eine Familie geworden.“ (S. 11) Angesichts des Ausbleibens der anfänglichen militärischen Erfolges gelte es unbedingt durchhalten. „Wer den Willen zum Siegen verliert, der ist schon besiegt. Darum keine Jammerbriefe an die Front! Wer das tut, begeht Unrecht.“ (S. 20) An seine Zuhörer- und Leserschaft appelliert er, dem furchtbaren Lügenfeldzug, „den man gegen unseren Kaiser, sein tapferes Heer und das Vaterland eingeleitet“ habe, keine Glauben zu schenken. Das Vaterland brauche „Männer, opferfroh, kräftig und stark.“ (S.15)
In der Frage nach „der sittlichen Erlaubnis des Krieges“ folgt Engert vorbehaltlos Kaiser Wilhelm, der von Notwehr gesprochen hatte:
„Uns treibt nicht Eroberungslust, uns beseelt der unbeugsame Wille, den Platz zu bewahren, auf den Gott uns gestellt hat.“
Auch wenn die Kriegsgegner ebenso argumentieren würden, führe für den gewöhnlichen Mann an der Loyalität gegenüber Autoritäten kein Weg vorbei. Engert lädt seine völkische Kriegspropaganda explizit theologisch auf. Der Krieg sei erlaubt als „einzig mögliches Mittel zur Erhaltung unserer deutsch-völkischen Kulturgemeinschaft“, er sei „ein Akt der Notwehr und sittlich gut und von Gott erlaubt.“ (S. 27) Indes gehe der Soldat nicht hinaus, um zu töten, um Kulturwerte zu zerstören, sondern um Frieden zu erzielen. Im Kampfe selbst aber liege „die höchste Kraftäußerung, Kreuzzugsstimmung: Gott will es! Denn der Soldat kämpft für Gottes Gerechtigkeit und den Frieden in diesem Reich Gottes“. (S. 37) Und das Wichtigste zuletzt: Nur die Religion vermöge in fürchterlichen Zeiten „Kraft und Mut zu geben zum Aushalten, zum Streben nach dem Höchsten, zur Opfer des Lebens“. (S. 41)
Priesteramtskandidaten – opferfrohe Männer?
Auch Priesteramtskandidaten der Diözese Regensburg zogen opferfroh in den Krieg. Von den etwa 300 Seminaristen, die „den Talar mit der Uniform“ tauschten, starb fast jeder Dritte auf dem „Altar des Vaterlandes“.
Josef Engert propagierte 1916 eher eine deutsch-völkische als eine katholische Theologie. Auch wenn er mit seiner Kriegsbegeisterung eine gesellschaftliche Mehrheit repräsentierte, ragt er mit seiner mit Deutschtümelei aufgeladenen Kreuzzugsrhetorik deutlich heraus. Wie schon mit seiner Missions-Denkschrift zur Rettung des Abendlandes vor den „Ostasiatischen Rassen“ drängte er sich mit seinen eifrigen Kriegsgedanken in die ersten Reihen der Kriegsverherrlichung. Für sein außergewöhnliches Kriegsengagement bekam Engert im Januar 1918, just zu dem Zeitpunkt als der spätere erste Ministerpräsident des Freistaats Bayern, Kurt Eisner, Streiks in den Munitionsfabriken zur Beendigung des Kriegs organisierte, das „König Ludwig Kreuz“ verliehen.
Königlich-Bayerisches Lyzeum wird Hochschule und Bayern Freistaat
Als im November 1918 der Krieg beendete wurde und Kurt Eisner den bayerischen König Ludwig III. für abgesetzt erklärte, mussten auch die Königlich-Bayerischen Lyzeen auf eine neue Grundlage gestellt werden. Obwohl die Kirchen gemäß der Weimarer Verfassung ihre Priesterausbildung eigenständig organisieren und bestreiten hätten können, wurde die bisherige staatliche Trägerschaft nicht angetastet. Nur, dass die Lyzeen im Jahre 1923 in „Philosophisch-theologische Hochschulen“ (PTH) umbenannt wurden. Allerdings blieben sie unverändert unter der Verwaltung des Bayerischen Kultusministeriums. Die Ministerialverwaltung ging mit dem Systemwechsel pragmatisch um: Man strich auf dem Aktendeckel der Personalakte Engerts (MK 44585) „Königlich-Bayerisches Lyzeum Dillingen“ durch und schrieb darunter „Philosophisch-theologische Hochschule Regensburg“. Staatskirchenrechtlich wurden der Wechsel und die entsprechenden Modalitäten, inklusiv der staatlichen Finanzierung der PTH, im Bayerischen Konkordat von 1924 geregelt. Ebenso sind darin erweiterte Rechte der Diözesanbischöfe fest geschrieben. So zum Beispiel im Artikel 3 ihr Einfluss bei der Berufung und Überwachung der beamteten Theologen der PTH und der Universitäten („Missio canonica“ – Lehrbefugnis), der sich bis heute erhalten hat.
Der Demokratische Staat als Erbfeind
Die demokratische Ordnung des Freistaats lehnte Engert ab. Im Gegensatz zum Kaiserreich entsprach sie nicht seinen Vorstellungen von einer von Gott gegebenen Ordnung. Die Zerschlagung des monarchistischen Systems von Altar und Krone galt in seinen Kreisen als Katastrophe, der Frieden als schrecklich.
Der Theologe Engert betrachtete den damals entstandenen Freistaat Bayern als liberal-demokratischen Staat und somit als den Erbfeind christlichen Denkens. Anstatt am deutsch-völkischen Gottesbild zu (ver)zweifeln, bekämpften Leute des politischen Spektrums Josef Engerts, organisiert in Freikorps, zunächst im Mai 1919 die Münchner Räterepublik und später die Weimarer Demokratie. Auch Regensburger Priesteramtsstudenten kämpften „todesbereit“ gegen „die furchtbare Entwicklung“ und „befreiten die Landeshauptstadt und damit ganz Bayern vom Druck gewissenloser Abenteuerer“ (S. 159) – so die PTH-Gedenkschrift für die gefallenen Theologiekandidaten, die Engerts Kollege Julius Krieg im November 1923 publizierte.
Regensburger Theologiestudenten reihten sich demnach in die Freiwilligenkompanie Sengmüller ein, die in der Osterwoche 1919 von Regensburg aus gen München zog und dort im Freikorps Epp aufging. Rund 500 Republikanhänger – und solche die man dafür hielt – wurden damals von Freikorps getötet. Auch der spätere Nazi-Bürgermeister und SS-General Otto Schottenheim trieb sein Unwesen in der Sengmüller-Kompanie, deren Rückkehr und Einzug in Regensburg Mitte Mai 1919 „einem Triumphzug“ geglichen habe. Die eben zitierte Gedenkschrift brüstet sich zudem stolz mit einem Freikorps Regensburg, das kurz darauf gebildet worden sei und „zum Grenzschutz gegen die Tschechen in den Bayerischen Wald ging“. (S. 161) Weitere Angaben dazu fehlen leider.
Engert war mit seiner Ablehnung des demokratischen Freistaates nicht allein, ein sehr großer Bevölkerungsanteil stimmte mit ihm überein. So auch Bischof Buchberger, vormals auch Feldgeistlicher. Dieser posaunt in der Festschrift Zwölfhundert Jahre Bistum Regensburg (1939) über die Münchner Republik mit Nazi-Vokabular: Kirche, Seelsorge und katholische Vereine hätten „sich entschlossen und mutig der Revolution und Volkszersetzung entgegen“ gestellt.
Engerts deutsch-völkische Einstellung zeigt sich auch daran, dass er seine bereits erwähnten Kriegsgedanken von 1916 mit Gedichten des antisemitischen Heimatdichters und späteren Ehrenbürger Passaus, Franz Schrönghamer, unterlegte:
„Herrgott rief germanische Mannen zum Streite, Wir fochten für ihn, er stand uns zur Seite. Wir lagen im Feld gegen Hunnen und Heidenhorden, Und wir sind Gottes Brustwehr geworden“. (S. 22)
Eine politisch-geistige Standortbestimmung und Sympathiebekundung gegenüber Schrönghamer, der 1919 glaubte der Menschheit gemeinverständlich darstellen zu müssen, wo er das grundsätzliche Weltenübel wähnt. Des Dichters Hetzschrift trägt den Titel „Judas der Weltfeind. Was jeder über die Juden wissen muß: die Judenfrage als Menschheitsfrage und ihre Lösung im Lichte der Wahrheit“. Eine antisemitische Hakenkreuz-Ideologie zeichnet sich hier bereits deutlich ab.
Von Volk und Vaterland zur völkischen Ideologie
Als Engert im Oktober 1931 erneut zum Rektor der PTH ernannt wurde, versicherte er dem Ministerium, es sei ihm eine selbstverständliche Pflicht, „treu und gewissenhaft in meinem Dienst und außerhalb desselben für Volk und Vaterland tätig zu sein wie bisher.“ (Personalakt MK 44585) Von „Rasse“ und „Blut“ sprach er damals – soweit bekannt – noch nicht. Dies waren die Schlüsselbegriffe der anwachsenden NS-Bewegung, die in Bayern aufkam. Lion Feuchtwanger analysierte sie bereits Ende der 1920er Jahre meisterhaft und beschrieb sie eindringlich in seinem Roman ERFOLG (1930).
Innerhalb der katholischen Professorenschaft hatte der Blut-und-Rasse-Diskurs seinerzeit keine öffentliche Zustimmung. Gleichwohl sah sich die bayerische Bischofskonferenz im Hirtenwort vom Februar 1931 veranlasst, vor dem Nationalsozialismus und seinen „kulturpolitische(n) Auffassungen“ zu warnen, die „mit der katholischen Lehre nicht vereinbar“ seien. Diese Warnung war nicht unangebracht. Denn nach Beobachtungen von Pater Rupert Mayer, der NSDAP-Veranstaltung besuchte und dort intervenierte, sei es unbegreiflich aber wahr, „daß der Hitlerschwindel wieder die weitesten, auch katholischen Volkskreise erfasst“ habe, in der Stadt und besonders auf dem Lande. So Mayer in seinem Schreiben an Kardinal Faulhaber vom September 1930.
Die Schwierigkeit, gegenüber der völkischen Ideologie eindeutig Position zu beziehen, zeigt sich vor 1933 ebenso bei katholischen Gelehrten, die diese Weltsicht kritisch beäugten. Zum Beispiel auch bei Sebastian Killermann, einem PTH-Kollegen Engerts. So versuchte der Priester und Theologe Killermann in seiner Schrift „Urgeschichte und Rassenkunde des Menschen“ von 1931 die überhöhte Bedeutung der für ihn tatsächlich gegebenen „Rassen“ gegenüber der christlichen Bestimmung des Menschengeschlechts, „eine Gottesgemeinde zu sein“, zurückzuweisen. In dieser Hinsicht kritisierte er die Hauptprotagonisten des Blut-und-Rasse-Diskurses: die „Germanophilen“, die „unser eigen Blut zu sehr hochheben und anderes verachten“ (S. 302) und in der protestantischen-liberalen Weltanschauung beheimatet seien. Killermann beanstandet zwar die angebliche Überlegenheit der „nordischen Rase“, macht sich den völkischen Diskurs jedoch mit der Formulierung „unser Blut“ zu eigen.
In der Ideologie des Völkischen trafen sich unterschiedliche Konfessionen, „deutschgläubige“ und antiklerikale Gruppierungen. Die völkisch-rassistische Ideologie und der antisemitische Blut-und-Rasse-Diskurs waren das gemeinsame Fundament, auf dem das nationalsozialistische Deutschland sprunghaft wachsen konnte.
Im zweiten Teil soll die Entwicklung von Josef Engert in das NS-Regime näher beleuchtet werden.