Militärischer Schutz für Gottesdienst
Katholikentag bizarr. Ein Gottesdienst mit Militärbischof Overbeck wird von bewaffneten Soldaten gesichert. Die Erklärung: „Das ist so üblich.“
Von David Liese
„Kommet zu mir, alle die ihr mühselig und beladen seid“ Das steht über dem Altar der Kirche St. Anton zu Regensburg. Heute gilt das aber nicht für alle Kinder Gottes. Wer in sein Haus darf, um sich von ihm „erquicken“ zu lassen – so der Spruch weiter –, das entscheidet an diesem trüben Freitag Vormittag nämlich die Bundeswehr.
Vier bewaffnete Militärpolizisten von den Feldjägern stehen am Kirchenportal, die Hände in die Hüften gestemmt, die Schusswaffe einsatzbereit im Holster. „Die Bundeswehr hat hier heute Hausrecht“, erklärt ein Regensburger Polizeibeamter zwei jungen Männern von den Falken. Er verweist sie kurzerhand des Kirchengeländes. Die beiden sagen, sie wollten nur die Messe besuchen. „Mit oder ohne Flugblätter?“, mischt sich ein Mitarbeiter des Katholikentages skeptisch ein.
Der Grund für die Aufregung: Im Rahmen des Kirchenfestes findet gleich eine Eucharistiefeier mit Militärbischof Dr. Franz-Josef Overbeck statt. Dazu musiziert das Gebirgsmusikkorps der Bundeswehr aus Garmisch-Partenkirchen. So sind dann auch viele Besucher, die die Militärpolizisten in die Antoniuskirche hineinlassen, uniformiert. Manche haben die Brust voller Orden.
„Das sind so Anti-Soldaten”
Die Falken hatten im Vorfeld der Veranstaltung kritische Flugblätter gegen den „deutschen Militarismus“ über das Internet verschickt. Darin heißt es unter anderem, „dass der deutsche Kriegsgeist in Regensburg nicht willkommen“ sei.
Unterdessen füllt sich das Gotteshaus stetig. Ein besorgter Besucher erkundigt sich, was das für Leute vor der Kirche seien. „Das sind so Anti-Soldaten, aber es sind ja genug Sicherheitskräfte da. Sie brauchen keine Angst zu haben“, beruhigt ihn eine Frau, die Broschüren des Katholikentags verteilt. Als der Gottesdienst beginnt, wird gesungen, dass sich „Gerechtigkeit und Friede“ küssen und „vom Himmel herabbrechen“.
Das Abendmahl und „I’m your lady“
Bischof Overbeck, der in der Vergangenheit Homosexualität als widernatürlich und sündhaft bezeichnete und sich gegen einen Radikalpazifismus in Afghanistan aussprach, lobt in seiner Predigt die Bundeswehr. „Der Soldat ist Diener der Sicherheit und Freiheit der Völker. Dafür braucht es Leute mit Mut, die mit ihrem Potenzial der Hoffnung vorangehen“, sagt er. In der Politik wie im Militär brauche man „Menschen, die der großen Vision des Friedens folgen.“ Während die Gläubigen, darunter eine junge Frau mit „Katholisch – nicht nur Sonntags“-T-Shirt das Abendmahl empfangen, schmettert das Musikkorps „I’m your lady“ von Celine Dion.
Auf dem Bürgersteig vor der Kirche entfalten inzwischen ein knappes Dutzend Aktivisten ein Transparent mit der Aufschrift „Brücken bauen für den Krieg? Kampf dem deutschen Militarismus!“. Einer von ihnen legt sich in Soldatenuniform vor die Stufen zur Kirche, verharrt dort regungslos. Die Polizei sieht das kritisch.
Versammlung wird nicht aufgelöst
Bereitschaftsbeamte versammeln sich an der nächsten Kreuzung. Man erwägt, die Versammlung zu räumen. Der vorgebrachte Grund: Man habe Sorge, dass sich der junge Mann am Boden verkühlen könnte. „Der zeigt ja gar keine Lebenszeichen“, sagt ein Polizist. „Überprüfen Sie mal die Vitalfunktion“, weist er Stadtrat Richard Spieß dann an, der auch da ist und das Ganze beobachtet. Man entscheidet sich schließlich, die Aktion nicht aufzulösen, die Bereitschaftspolizei rückt wieder ab.
Mehrfache Kontrollen der Presse vor und in der Kirche
Währenddessen haben es selbst Presseleute schwer, in die Kirche zu gelangen. Ein Militärpolizist verweigert zunächst den Zutritt, erklärt dies kurz angebunden durch das „Hausrecht der Bundeswehr“. Erst nach Rücksprache mit einem Vorgesetzten gewährt man dann doch Einlass. Wenige Meter weiter im Inneren des Kirchenschiffs wird dann wieder kontrolliert, diesmal von einem Mann in Zivil. Der schleicht geheimnisvoll zwischen den Anwesenden herum und fragt genau nach, über was man denn berichten wolle.
Als der Gottesdienst beendet ist und der geistliche Aufzug die Kirche verlässt, werden mehr und mehr Gläubige auf die Protestaktion der Falken aufmerksam. „Linksfaschisten“, schimpft einer, der sich kurze Zeit später mit Bischof Overbeck und einigen Militärs begeistert unterhält. „Dreckige Zigeuner!“, giftet ein anderer Teilnehmer des Gottesdienstes lauthals. Das Musikkorps packt seine Instrumente zusammen.
Militärpolizei: „Das ist so üblich.“
Für die Militärpolizisten am Kirchenportal ist jetzt erstmal Dienstschluss. Dass bewaffnete Soldaten den Zutritt in ein Gotteshaus regeln, sei übrigens bei diesen Veranstaltungen „so üblich“, sagt einer von ihnen. Hinweise auf Sicherheitsprobleme habe es im Vorfeld keine gegeben. „Und wenn, dann würden wir Ihnen das nicht sagen.“