„Man muss kein Ingenieur sein, um zu helfen.“
Nicht nur Ärzte, auch Ingenieure arbeiten grenzenlos: Die Regensburger Regionalgruppe der Ingenieure ohne Grenzen richtet zum Beispiel gerade eine Berufsschule für Erneuerbare Energien im Senegal ein.
Von David Liese
„Ärzte ohne Grenzen kennt jeder“, sagt Nils Dalisson nicht ohne ein kleines Schmunzeln, „aber bei Ingenieuren ohne Grenzen müssen die meisten nochmal nachfragen.“ Und das, obwohl die Hilfsorganisation deutschlandweit etwa 650 Freiwillige in 32 Regionalgruppen zählt. Regensburg ist eine davon – hier engagieren sich aktuell etwa 40 Aktive. Darunter sind auch Dalisson, der ein Bachelor-Studium in Regenerativen Energien absolviert hat und aktuell seinen Master in Energienetzen macht, und Lukas Schade, ein studierter Physiker.
Vom Prinzip her ist die seit 2003 bestehende gemeinnützige Organisation den Ärzten ohne Grenzen schließlich gar nicht so unähnlich. Auch die Ingenieure leisten Hilfe in Entwicklungsländern – nur eben nicht medizinisch, sondern technisch. In Regensburg zum Beispiel befasst man sich aktuell mit dem Ausbau einer Schule im Senegal, an der Einheimische künftig eine Ausbildung in den Fächern Erneuerbare Energie und Photovoltaik absolvieren können sollen.
Ausbau einer Schule im Senegal: Hilfe zur Selbsthilfe
Die Kinderhilfe Senegal sei mit dem Projekt an sie herangetreten, erzählt Lukas Schade. Von organisatorischen Aufgaben über die Akquise von Geldern bis hin zu konkreten technischen Arbeiten engagiere man sich für die Schule, die in Baila in der Region Ziguinchor im Süden des Senegals gelegen ist. Das Ziel: „Langfristig sollen die Leute den Energiebedarf in ihren Dörfern selbst decken können“, sagt Nils Dalisson. „Es geht aber vor allem auch darum, dass sie das Knowhow haben, um bereits bestehende Anlagen reparieren und instand halten zu können.“
Vier Lehrkräfte wurden von der senegalesischen Regierung für die Ausbildungszweige zugesichert. Zwei davon werden von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ausgebildet. Damit folge das senegalesische Projekt dem Grundprinzip der Ingenieure ohne Grenzen: Hilfe zur Selbsthilfe. „Es bringt gar nichts, wenn man da runtergeht und einen Brunnen baut und dann wieder geht“, erklärt Dalisson. Der Austausch von Fachwissen und allgemein eine konstruktive Zusammenarbeit sei sinnvoller und für beide Seiten fruchtbar.
„Der persönliche Kontakt ist uns besonders wichtig.“
So lerne man auch als Entwicklungshelfer immer wieder Neues: Etwa, wie spontan und praktisch die Herangehensweise der Senegalesen bei vielen Probleme ist. „Da wird ein Kabelschacht schon mal auf die Schnelle mit Spachtel und Hammer vergrößert“, erinnert sich Dalisson an ein Erlebnis, das er selbst im Senegal gemacht hat. „Wo man als Deutscher vielleicht erstmal neu planen würde, wird dort einfach weitergemacht.“ Allgemein könne man sagen, dass letztlich der interkulturelle Austausch im Mittelpunkt der Arbeit stehe. Wann immer es gehe, hole man deshalb auch Menschen aus dem Senegal für einen Aufenthalt nach Deutschland. „Der persönliche Kontakt ist uns besonders wichtig.“
Da die Projekte der Ingenieure ohne Grenzen natürlich auch einiges an Geld kosten, ist man auf vielfältige Geldquellen angewiesen. Fundraising-Aktionen, Eigenleistungen und vor allem Gelder aus der Wirtschaft seien hier unersetzlich, sagt Lukas Schade. Allein der Ausbau der Schule im Senegal und die Einrichtung der Ausbildungsplätze koste ungefähr 70.000 Euro. Dafür baue man nicht nur neue Gebäude, sondern stelle auch Experimentierkoffer zur Verfügung, in denen etwa Solarmodule enthalten seien. „Das ist dann auch nicht irgendeine Hinterwäldler-Technik, sondern das sind schon gute Sachen“, lobt Schade.
Geld für einen Schleifblock oder eine Photovoltaik-Anlage
Für die Finanzierung geht man auch neue, moderne Wege – etwa die des Fundraising-Portals Betterplace. Hier werden Entwicklungshilfe-Projekte über sogenanntes Crowdfunding finanziert: Jeder ist eingeladen, einzelne Geldbeiträge zu geben, um das Projekt Stück für Stück zu verwirklichen. „Man kann sich aussuchen, ob das gespendete Geld zum Beispiel für einen Schleifblock verwendet werden soll“, erklärt Nils Dalisson, „das ist das Tolle am Portal.“
Benefizkonzert in der Alten Mälze: „Für jeden was dabei.”
Am kommenden Freitag veranstalten die Regensburger Ingenieure nun auch erstmalig ein Benefizkonzert, um Gelder zu sammeln. Drei Bands aus Regensburg und dem Umland – eSKAlation, The Spring Kings und Levantino – werden ab 21 Uhr in der Alten Mälze spielen. Doch nicht nur weitere Mittel für die Schule im Senegal sollen so gesammelt, sondern auch auf das Projekt und die Hilfsorganisation allgemein aufmerksam gemacht werden. Um möglichst viel Publikum anzulocken, hat man auf Vielfalt gesetzt – von Ska über Blues bis hin zur Weltmusik ist alles dabei. Bands und Tontechniker verzichten zugunsten des guten Zwecks auf ihre Gagen. Schade und Dalisson hoffen, dass das Konzert ein voller Erfolg wird.
„Man muss auch kein Ingenieur sein, um zu helfen”
Wer sich für die Ingenieure ohne Grenzen interessiert, ist übrigens herzlich zu den regelmäßigen Treffen der Gruppe eingeladen. Jeden zweiten Donnerstag im Monat kommt man im Restaurant Gravenreuther in der Altstadt zusammen. Welcher Berufsgruppe, Geschlecht oder Kulturkreis man angehöre und wie alt man sei, sei für die Mitarbeit völlig unerheblich, sagt Dalisson. „Man muss auch kein Ingenieur sein, um zu helfen.“ Für die Erstellung des Lehrplans in der senegalesischen Berufsschule waren zum Beispiel pädagogische Qualitäten gefragt. „Jeder kann sich bei uns einbringen.“