SOZIALES SCHAUFENSTER

Entdecke Veranstaltungen in Regensburg Alle Kultur Oekologie Soziales Kino
Hans Schaidinger wird Ehrenbürger

Die machiavellistische Umarmung des Kirmes-OB

Fünf Monate nach seinem Ausscheiden als Oberbürgermeister wird Hans Schaidinger Ehrenbürger von Regensburg. Um Verdienste geht es dabei nicht. schaidinger-graffiti

Von Martin Oswald

Morgen Martin OswaldHans Schaidinger wird Ehrenbürger der Stadt Regensburg. Nicht einmal ein halbes Jahr nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des Oberbürgermeisters hat dies der Stadtrat auf Vorschlag des jetzigen OB Joachim Wolbergs beschlossen. Am 15. November, dem Stadtfreiheitstag, wird Schaidinger diese seltene Ehre offiziell zuteil. So einige dürften sich nach der Verkündung dieser Nachricht gefragt haben: was zur Hölle?

Klar, diese höchste städtische Auszeichnung für „außerordentliche Verdienste“ um die Stadt Regensburg mit dem Glanz zeremonieller Ehrfurcht und aristokratischer Eitelkeit ist für sich genommen so wichtig wie ein Kropf. Das ganze Thema könnte einem wirklich völlig egal sein, wären damit nicht doch auch ein paar interessante Fragen verbunden, die am Rande die Ehrenbürgerwürde selbst, besonders aber die beiden Protagonisten Schaidinger und Wolbergs betreffen.

Ein Instrumentarium historischer Ignoranz

Solcherlei Würden und Auszeichnungen sind seit jeher weniger aufrichtige und hinreichend reflektierte Würdigungen des gesellschaftspolitischen Wirkens einer Person zugunsten einer Stadt, als vielmehr indirekte Äußerungen politischer Interessen und ihre Konservierung für die Nachwelt. Das Wirken der geehrten Person wird damit ein Stück weit zeitgeschichtlich eingefroren, unnahbar und einem kritischen zeitgenössischen Urteil entzogen. Und wenn es ganz blöd läuft, stehen in diesen Ehrenbürgerlisten Paul Hindenburg, Hans Herrmann oder Adolf Hitler. Na, herzlichen Glückwunsch!

Die Ehrenbürgerwürde ist, abgesehen vom pseudojuristischen Aufwand einer postumen Aberkennung, de facto unantastbar und ein Instrumentarium historischer Ignoranz. Denn welchen Sinn macht es einen Mann (also zumindest in Regensburg haben sich bisher nur Männer „in außerordentlicher Weise“ um die Stadt verdient gemacht), dessen „Ära“ noch überhaupt keiner fundierten Gesamtbewertung unterzogen werden konnte, um zurecht als verdienstvoll zu gelten, auf die höchstmögliche Weise zu honorieren? Zu befangen sind der aktuelle Oberbürgermeister und viele Stadträte, um angemessen zu urteilen, zu tagesaktuell ist unser aller Blick auf das „Lebenswerk“ Schaidingers bzw. seine 18jährige Amtszeit, zu unklar was übrig bleibt von Wirtschaft, Welterbe, Haus der bayerischen Geschichte und Fußballstadion. Die Stadt führt in ihrer Pressemeldung dennoch genau diese Gründe für die Verleihung an. Warum also? Die Antwort ist ganz einfach: es geht überhaupt nicht um Verdienste.

Verschiedenste Ehrungen schon zu Lebzeiten: Hans Schaidinger. Foto: Oswald

Verschiedenste Ehrungen schon zu Lebzeiten: Hans Schaidinger. Foto: Oswald

Interessant ist diese wolberg’sche Initiative aber schon; vor allem wenn man sich die städtische Lobhudelei zur Verleihung vergegenwärtigt:

„Hans Schaidinger hat als Oberbürgermeister in vielfältiger und vorbildlicher Weise dazu beigetragen, die Lebensqualität der Regensburger Bürgerinnen und Bürger zu verbessern und das Ansehen der Stadt weit über Bayern hinaus zu mehren. Durch sein jahrelanges engagiertes Wirken als Oberbürgermeister hat er sich in vielfältiger und vorbildlicher Weise um die Stadt und das Gemeinwohl verdient gemacht.“ 

In vielfältiger und vorbildlicher Weise also. Das ist so wichtig, dass man es gleich zwei Mal erwähnt. Einem war Schaidinger aber offensichtlich kein Vorbild: Joachim Wolbergs. Letzterer versucht nicht erst seit seinem Amtsantritt in ziemlich jeder Weise das genaue Gegenteil von Schaidinger zu sein. War Schaidinger ein störrischer, geheimniskrämerischer, arroganter und bisweilen autoritärer Befehlshaber, so bemüht sich Wolbergs geradezu krampfhaft ein lockerer, offenherziger, kommunikativer und dialogorientierter Moderator zu sein. Schland-Hut, Riesenrad, Miss Regensburg auf Händen, Kübel Eiswasser über’n Kopf: Joachim Wolbergs, der Anti-Schaidinger, der Kirmes-OB. In seiner Amtsführung achtet er auf größtmögliche Distanz zum Vorgänger.

Well played, Joachim!

So albern also die Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Schaidinger sein mag, seinen Machiavelli scheint Wolbergs gelesen zu haben. Diese Umarmung wird der OB a.D., der sich ohnehin für den einzig wahren Ehrenbürger halten dürfte, ergriffen erwidern. Wolbergs, bisher ohnehin mit eher glücklichem Händchen unterwegs, gelingt damit erneut ein kleiner Coup. Wie er z. B. bereits die peinlichen Schlegl-Kampagnen-Wirte aktuell durch die großzügige Erlaubnis von (Musik-)Veranstaltungen blamiert und damit zu dankbaren Verbündeten in die Arme geschlossen hat, schafft er sich nun durch eine weitere Umarmung Schaidinger vom Hals. Mögliche Statements des „Elder Statesman“ über seinen Nachfolger sind jetzt noch mehr ins Off gerückt und warum sollte er als nun noch begehrterer Gast von Eröffnungen, Einweihungen, Jubiläen und anderen honorigen Festivitäten überhaupt noch das Tagesgeschehen kommentieren? Schließlich ist er ja jetzt zu weitaus höherem berufen.

Und was die Ehrenbürgerwürde angeht: man sollte diesen Käse überhaupt nicht mehr verleihen. Die Eitelkeiten älterer Männer lassen sich gewiss auch anders befriedigen.

Stellungnahme zu Hans Herrmann

„Musterbild des Mitläufers“

Ist der BVP-NSDAP-Politiker Hans Herrmann ein geeigneter Namenspatron für eine Schule? Zwei Historiker, die im Auftrag der Stadt eine Stellungnahme abgegeben haben, beantworten diese Frage nicht. Das sei ein „politisches, kein geschichtswissenschaftliches Unterfangen“.

Zahnarzt-Pfusch: Rechtsanwältin kritisiert Ärztenetz

„Achtung! Das ist der Patient Soundso!“

„Meine Mandantin erhielt das Brandsiegel ‘psychisch krank’. So werden Behandlungsfehler zugedeckt“, sagt Rechtsanwältin Alexandra Glufke-Böhm. Sie vertritt eine Frau, deren Erkrankung 17 Jahre lang unbehandelt blieb.Trotz einer Odyssee durch Zahnarztpraxen. Heute steht fest: Sie ist schwer krank und hat irreversible Schäden davongetragen. Glufke-Böhm vermutet Absprachen zwischen den beteiligten Zahnärzten. Ein Interview über verschwundene Unterlagen, wie „in” es ist, zu psychiatrisieren und Patienten, die in Regensburg nicht mehr behandelt werden.

Ketten-Befristung von Lehrkräften

Prozess-Hanselei an der Uni Regensburg

Die Universität Regensburg will einen ehemals befristet beschäftigten Dozenten unbedingt loswerden. Nach einem eindeutigen Urteil des Arbeitsgerichts Regensburg zieht man nun vor das Landesarbeitsgericht. Dort gibt es bereits ein deutliches Urteil in einem gleich gelagerten Fall. Die Kosten für den wohl aussichtslosen Rechtsstreit dürften bei rund 10.000 Euro liegen. Es ist nicht der einzige Fall. Die Universität mauert. Schon in der Vergangenheit gab es dort rechtsfehlerhafte Beschäftigungsverhältnisse in größerem Umfang.

drin