Der letzte politische Wille
Trotz Anfechtung der Republikaner: Die Kommunalwahl in Regenstauf muss nicht wiederholt werden. Die Partei wollte nachweisen, dass sie zu Unrecht nicht zur Wahl zugelassen wurde – anhand des vermeintlichen Willens eines Toten.
Von David Liese
„Ich finde das unmöglich von den Republikanern“, ruft Siegfried Böhringer ins Mikrofon. Der Bürgermeister von Regenstauf regt sich sichtlich auf. Dass man „so über einen Toten rede“ und ihn politisch instrumentalisiere, das treibt den Politiker sichtlich zur Weißglut.
Böhringer sitzt als beigeladener Zeuge im Verwaltungsgericht Regensburg. Neben ihm haben noch andere Politiker aus Regenstauf Platz genommen, außerdem ein Vertreter des Landratsamtes Regensburg. Ihnen gegenüber: Elmar Braml, Kreisvorsitzender der Republikaner, mit Anwalt Heiko Loder. Sie fechten die Kommunalwahl in Regenstauf vom Jahresbeginn an. Natürlich nicht im Auftrag der Republikaner, sondern im Interesse der Bürger, wie Loder betont.
Nur 60 statt 180 Unterschriften vorgelegt
Der Grund: Der Republikaner-Wahlvorschlag war nicht zugelassen worden. Die Behörde argumentierte, die Partei sei nicht bis zum 90. Tag vor der neuen Wahl ununterbrochen mit mindestens einem Mandatsträger im Marktgemeinderat vertreten gewesen. Deshalb wären 180 Unterstützerunterschriften erforderlich gewesen, um zur Wahl antreten zu dürfen. Die Republikaner hatten trotz mehrmaliger Aufforderung, wie Bürgermeister Böhringer berichtet, nur 61 vorgelegt, von denen eine obendrein ungültig war.
Die Partei bestreitet außerdem, dass sie überhaupt zur Unterschriftensammlung verpflichtet gewesen wäre. Nachdem ihr bei der Kommunalwahl 2008 gewählter Kandidat Max Schmidt 2011 aus dem Marktgemeinderat ausgeschieden war, war Alexander Trägner für ihn nachgerückt. Doch schon 2012 wechselte Trägner zur SPD-Fraktion. Erst nach seinem Suizid Ende 2013 hatte die Partei wieder einen eigenen Kandidaten im Rat sitzen.
Getätigter Wille statt „Hirnkistl“
Die Argumentation der Republikaner vor Gericht: Trägner „sei bei der SPD-Fraktion lediglich als Hospitant aufgenommen worden.“ Er habe „niemals das Interesse gehabt, die Republikaner zu verlassen.“ Das hat im Vorfeld der Verhandlung sogar der Parteivorsitzende Johann Gärtner eidesstattlich versichert.
Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Regensburg interessiert das wenig. „Die Gedanken sind frei“, kommentiert der Vorsitzende. Was im „Hirnkistl“ oder im Herzen von Trägner ablief, sei für die Entscheidung des Gerichts, ob er trotz seiner SPD-Fraktionszugehörigkeit noch als Vertreter der Republikaner gelten dürfe, irrelevant. Es komme „nur auf den getätigten Willen an.“
„Wenn einer stirbt, kann man ihn vor Gericht immer gut brauchen”
Damit versucht das Gericht vielleicht, ein allzu unrühmliches Herumstochern in Trägners vermeintlichen inneren Überzeugungen zu vermeiden. Fragen kann man den Verstorbenen schließlich nicht mehr. „Und wenn einer stirbt, kann man ihn vor Gericht immer gut brauchen”, weiß der Vorsitzende.
Doch der „getätigte Wille“ Trägners sah offensichtlich ganz anders aus, als es sich die 11 Kläger ausmalen, die den Freistaat Bayern verklagt haben und die Ungültigkeit der Wahl erzwingen wollen. Fred Wiegand, seinerseits Fraktionsvorsitzender der SPD im Regenstaufer Marktgemeinderat, berichtet dem Gericht, Trägner habe „aus freien Stücken bei uns mitgearbeitet. Er hat auch sofort vom ersten Tag an, als er Fraktionsmitglied war, bei uns platzgenommen.“
Trägner war sogar auf dem Weihnachtskalender der SPD
Trägner habe nicht nur an 14 Fraktionssitzungen, sondern auch an SPD-Vorstandssitzungen und der Aufstellungsversammlung für die Wahl 2014 teilgenommen. Dort wollte Trägner für die SPD kandidieren, hatte sogar schon ein Foto für die Wahlwerbung eingereicht. Am 01. Januar 2013 war Trägner der SPD beigetreten, hatte Beiträge für die Zeitung des Ortsverbands geschrieben. „Er war auch auf dem Weihnachtskalender der SPD vorne drauf abgebildet, den wir an alle Haushalte verteilt haben.“
Für die Richter ist die Sachlage schnell klar. „Es spricht doch viel dafür, dass es diese Unterbrechung der Präsenz im Marktgemeinderat gegeben hat“, sagt der Vorsitzende Richter. „Über ein Jahr lang war die Partei dort nicht vertreten.“ Wenige Minuten später wird geurteilt. Die Klage wird abgewiesen, der Streitwert auf 7.500 Euro festgesetzt. Die Kosten des Verfahrens haben sich die 11 Kläger zu teilen.
Eine Berufung lässt das Verwaltungsgericht nicht zu. Rechtsanwalt Loder kündigt dennoch an, gegen das Urteil weiter rechtlich vorgehen zu wollen.