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Ein Taxifahrer wird Immobilienfachmann

Nur die CSU stimmt dafür: Stadt Regensburg zieht Vorkaufsrecht für Kaufhof nicht.

Weitere Details über die dubiosen Investoren wurden im Rahmen der öffentlichen und nichtöffentlichen Sitzung des Stadtrats am Donnerstag bekannt. Den Vertrag für das angeblich geplante islamische Kulturzentrum unterschrieb offenbar ein Taxifahrer aus Israel.

Eine Investorengruppe lässt sich trotz intensiver Recherchen einer darauf spezialisierten Kanzlei nicht finden. Der angebliche Immobilkienfachmann, der den Kaufvertrag unterschrieb, ist im wahren Leben ein Taxifahrer. Foto: Archiv/as

Vorneweg das Wichtigste: Die Stadt Regensburg wird das Vorkaufsrecht für die Kaufhof-Immobilie nicht ausüben. Diese Entscheidung traf die Mehrheit des Stadtrats – gegen die Stimmen der CSU. Zudem wird ein „Schutzschirm“ aufgespannt, um der Stadt die Kontrolle über die zukünftige Entwicklung zu sichern.

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Die Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans wurde einstimmig beschlossen. Gegen die begleitende Sanierungssatzung (Details zu Satzung und B-Plan finden sich hier) stimmt lediglich die CSU. Abseits dieser Entscheidungen bietet die Sitzung des Regensburger Stadtrats am Donnerstag auch einige bemerkenswerte Anekdoten.

Ein Kaufhaus in Singapur, ein veraltetes Einzelhandelsverständnis und billige 33 Millionen

So erfährt man beispielsweise, dass Bürgermeisterin Astrid Freudenstein während ihres „verdienten“ Urlaubs in Singapur ein islamisches Kaufhaus besucht hat. Dieses sehe „exakt“ so aus wie der Regensburger Kaufhof, berichtet Freudenstein und bietet Beweisfotos an. Der einzige Unterschied: Statt Miniröcken gebe es dort Burkinis in allen Farben, und die Leute gehen dort „einfach mal so aufs Klo“. Ganz wie früher in Regensburg, abgesehen von den Burkinis.

Michael Lehner hält die Sanierungssatzung für einen Fehler. Foto: Archiv/Staudinger

CSU-Chef Michael Lehner lässt wissen, dass ihn die Nutzungsmöglichkeiten in der Kurzstudie über das Kaufhofgebäude und die darauf basierende Sanierungssatzung an einen Juso-Parteitag erinnerten. Da sei ständig von Kultur und öffentlicher Nutzung die Rede. Denn damit könne doch niemand Geld verdienen. Eine Anmerkung, für die ihm Florian Rottke (Brücke) ein „Einzelhandelsverständnis aus dem letzten Jahrhundert“ bescheinigt.

CSB-Stadtrat Christian Janele bezeichnet die 33 Millionen Euro, die von dem dubiosen Käufer-Verkäufer-Konglomerat als Preis aufgerufen wurden, als „billig“. Eine solche Gelegenheit gebe es „nur alle hundert Jahre“. In zehn Jahren werde man darüber froh sein.

„Politische Verantwortung“: Jeden Blödsinn „ernst nehmen“?

CSU-Stadträtin Dagmar Schmidl schließlich meint, es sei völlig egal, ob die öffentlich verkündeten Pläne für ein islamisches Kaufhaus in der Kaufhof-Immobilie „ein Fake“ seien. „Es ist unsere Aufgabe, die Sorgen der Bürger ernst zu nehmen“, so Schmidl. Und wenn die Bürger glaubten, dass dort ein islamisches Kaufhaus entstehen werde, dann gebiete es die „politische Verantwortung“, dass man das eben auch ernst nehmen – selbst wenn es Quatsch ist.

Nimmt alle Sorgen ernst: Dagmar Schmidl. Foto: Archiv/ Staudinger

Dass die öffentlich verkündeten Pläne für ein „islamisches Kulturkaufhaus“ jemals ernst gemeint waren, glaubt im Stadtrat niemand mehr – auch nicht die CSU. Die Stadt Regensburg hat eine spezialisierte Kanzlei mit Recherchen zu den vermeintlichen potenziellen Käufern beauftragt, die Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer in der Sitzung kurz umreißt.

Investoren-Sprecher unbekannt, Käufer ein Taxifahrer

Einen Rami Haddad, der sich gegenüber verschiedenen Medien als Sprecher einer angeblichen Investorengruppe ausgab, kenne man nicht. Er sei auch nicht der (angebliche) Käufer. Bei diesem handle es sich um eine Einzelperson „nicht-muslimischen Glaubens“. Trotz mehrfacher Versuche bestehe kein Kontakt zu diesem Mann. Allerdings lässt er sich vom selben Ansprechpartner vertreten wie zuvor schon die Verkäufer von der Kaufhof Regensburg GmbH. Dabei handelt es sich um eine hessische Steuerkanzlei. Allein das sei „schon komisch“, so die OB.

Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer zum angeblichen Investor: „Das ist nicht plausibel, sehr unwahrscheinlich bis nicht wahr.“ Foto: Archiv/as

Im Kaufvertrag ist laut Maltz-Schwarzfischer von einem „international agierenden Fachmann für Immobilienentwicklung“ die Rede. „Das ist nicht plausibel, sehr unwahrscheinlich bis nicht wahr“, so Maltz-Schwarzfischer. „Nach unseren Recherchen ist er weder ein ausgewiesener Fachmann für Immobilienentwicklung noch finanziell in der Lage, dieses Vorhaben umzusetzen. “

Dass hinter dem angeblichen Käufer, wie behauptet, eine Investorengruppe stehe, lasse sich trotz intensiver Hintergrundrecherchen nicht feststellen. Tatsächlich handelt es sich bei dem Mann laut Informationen, die unserer Redaktion vorliegen, um einen israelischen Taxifahrer.

Lediglich 80 Prozent des Gebäudes stehen zum Verkauf

Es sei ganz offensichtlich darum gegangen, „sehr öffentlichkeitswirksam für Unruhe zu sorgen, die Stadt unter Zeitdruck und Zugzwang zu setzen und zu einem voreiligen und überteuerten Kauf zu drängen“, so die OB.

Der Preis, den dieser angeblich zu zahlen bereit ist – 33 Millionen Euro – ist nach einer zwischenzeitlich vorliegenden Einschätzung des Gutachterausschusses mehr als doppelt so hoch wie der tatsächliche Verkehrswert der Immobilie. Zudem würde die Stadt, sollte sie von dem Vorkaufsrecht Gebrauch machen, lediglich 80 Prozent des Kaufhof-Gebäudes erwerben. Die restlichen 20 Prozent, für die ein Erbpachtvertrag besteht, hat die Kaufhof GmbH, hinter der sich ein undurchsichtiges Firmengeflecht verbirgt, nicht mit veräußert.

Würde es zu einem Rechtsstreit mit Blick auf den Verkehrswert kommen, könnte der Verkäufer von dem Vertrag zurücktreten – die Kaufnebenkosten in Millionenhöhe blieben dann an der Stadt hängen.

Fachmann sieht zur Sanierungssatzung keine Alternative

Dr. Thomas Schönfeld, den die Stadt als Fachanwalt für Immobilien- und Planungsrecht hinzugezogen hat, rät denn auch dezidiert davon ab, von dem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen. Auch zu der Verschärfung der Sanierungssatzung sieht Schönfeld „keine ernsthafte Alternative“. Die Stadt befinde sich damit in einer „deutlich besseren Position“ als bisher, um die künftige Entwicklung des Gebäudes und dessen Umfeld zu beeinflussen.

Astrid Freudenstein will kaufen, um Schlimmeres zu verhindern. Foto: Archiv/Staudinger

Ungeachtet dessen beharrt die CSU-Fraktion darauf, das Vorkaufsrecht zu ziehen und die neue Sanierungssatzung nicht zu beschließen. In Regensburg werde so viel Geld für Schulen oder Rechtsstreitigkeiten ausgegeben, dass einem auch die Entwicklung der Altstadt „viel Geld“ wert sein müsse, sagt Michael Lehner. Astrid Freudenstein merkt an, dass man sich überlegen müsse, was es einem denn wert sei, „Schlimmeres zu verhindern“.

Lob für Stadtspitze und Stadtverwaltung

Mit dieser Haltung befindet sich die CSU weitgehend allein auf weiter Flur. Die übrigen Fraktionen loben durchweg das Vorgehen von Stadtspitze und Stadtverwaltung. Die angeblichen Investoren hätten „mit der Angst der Menschen vor Fremden gespielt“, sagt Astrid Lamby (ÖDP). Da sei es „wohltuend“, dass die Stadtspitze mit ihren Fachleuten „unaufgeregt, fundiert und schnell“ reagiert habe.

Bisher letzter Akt der Investorenspielchen: das mittlerweile entfernte “Happy Ramadan”-Plakat. Foto: Stein

Ähnlich argumentieren Christoph Schießl (Freie Wähler) und Horst Meierhofer (FDP). Man habe sich trotz des medial inszenierten Bluffs nicht auf das Spiel der angeblichen Investoren eingelassen, so Meierhofer. Diese hätten ihre „Kindischheit“ zuletzt mit dem „Happy Ramadan“-Plakat auf dem Kaufhof-Balkon unter Beweis gestellt.

CSU gegen Satzung und für Vorkaufsrecht

Scharfe Kritik an der Haltung der CSU übt SPD-Stadtrat Klaus Rappert. Nach den zahlreichen Vorgesprächen müsse auch der CSU-Fraktion klar sein, dass man mit 80 Prozent des Gebäudes nichts anfangen könne. Das Vorkaufsrecht zu ziehen sei eine „Scheinlösung“, ganz abgesehen von dem völlig unrealistischen Preis. „Woher kommt dieser Drang, öffentliche Gelder zum Fenster rauszuwerfen?“

Helene Sigloch (Grüne) meint in Richtung der CSU: „Es kann jedem passieren, dass man einen falschen Köder schluckt.“ Es sei dann aber auch „nicht so schlimm, wenn man seine Meinung ändert“. Beirren lässt sich die Fraktion um Michael Lehner davon nicht. In öffentlicher Sitzung stimmt die CSU gegen die Sanierungssatzung, in nichtöffentlicher für das Vorkaufsrecht.

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Kommentare (1)

  • Daniela

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    Kurz gesagt.

    Lob für die Stadtverwaltung und die Mehrheit des Stadtrates. Souveränes und kompetentes Handeln.

    Asche über das Haupt der MZ, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit so primitiv vor den Karrn von Immobilienspekulanten hat spannen lassen. Das verstehe ich bis jetzt nicht, wie das zugegangen ist.

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