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Forschungsprojekt vereinbart

„Nicht die Avantgarde bei der Aufarbeitung“: Stadt Regensburg lässt ihre Rolle im Nationalsozialismus erforschen

Zusammen mit dem Zentrum für Erinnerungskultur an der Universität Regensburg will die Stadt die Rolle der Verwaltung im Nationalsozialismus wissenschaftlich aufarbeiten lassen. Am Dienstag wurde die entsprechende Vereinbarung unterzeichnet.

Die beiden Professoren Daniel Draschek (li.) und Bernhard Löffler bei der Unterzeichnung der Vereinbarung für das Forschungsprojekt. Im Hintergrund (v.l.): Bildungsreferentin Sabine Kellner-Mayrhofer, Martina Köglmeier (Stabsstelle Erinnerungskultur), Kulturrefent Wolfgang Dersch, Archivchef Lorenz Baibl und OB Gertrud Maltz-Schwarzfischer. Foto: as

Als „längst überfällig“ bezeichnet Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer das am Dienstag besiegelte Forschungsprojekt mit der Universität Regensburg und natürlich kann man sich fragen, warum es fast 80 Jahre gedauert hat, bis sich jemand bemüßigt fühlte, die Rolle der Regensburger Stadtverwaltung während der NS-Zeit wissenschaftlich unter die Lupe zu nehmen.

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Die Aufarbeitung sei ein Thema, „das immer wieder in Wellen hochkommt“, meint die OB bei der Unterzeichnung der entsprechenden Vereinbarung am Grünen Tisch im Kurfürstenzimmer des Alten Rathauses. Sie nennt als Beispiel die punktuellen Debatten um Straßennamen. Oder auch die Umsetzung eines städtischen Konzepts zur Erinnerungskultur, das der Stadtrat 2018/19 aufs Gleis gebracht, die Einrichtung einer entsprechenden Stabsstelle, angesiedelt beim Bildungsreferat. Erwähnen könnte man auch die Debatte, um das KZ-Außenlager Colosseum in Stadtamhof, bei dem man städtischerseits erst vor wenigen Jahren zu einem würdigen Umgang gefunden hat.

„Es braucht immer das Engagement der Handelnden.“

„Es braucht immer das Engagement der Handelnden“, sagt Maltz-Schwarzfischer. Und der Historiker Professor Bernhard Löffler, neben dem Kulturwissenschaftler Professor Daniel Draschek und Wirtschafts- und Sozialhistoriker Professor Mark Spoerer, einer derjenigen, die das Projekt am Zentrum für Erinnerungskultur an der Universität federführend betreuen, meint noch etwas deutlicher: „Es bedarf einer gewissen personellen und institutionellen Konstellation.“ Sprich: die handelnden Personen sind heute andere und auch die Schwerpunkte, die sie in ihrer Funktion setzen.

Beispielsweise im Kulturreferat, wo Wolfgang Dersch den langjährigen und bei den Themen Kirche, König und Antinapoleonismus leidenschaftlichen Referenten Klemens Unger vor fünf Jahren abgelöst hat und im Gegensatz zu seinem Vorgänger sowohl Interesse als auch Engagement bei den NS-Verwicklungen der Stadtverwaltung an den Tag legt. Dersch hatte beispielsweise vor ziemlich genau zwei Jahren rund 30 Wissenschaftler und Vertreter der Stadtverwaltung zu einem zunächst internen Kolloquium geladen, um über die Rolle des einflussreichen NS-Kreiskulturwarts, Museumsdirektors und nach dem Krieg noch lange Jahre einflussreichen Kulturdezernenten und Archivchefs Walter Boll geladen.

Debatte um Walter Boll als Beschleuniger

Die Debatte um dessen Person, Studien wie jene unseres Autors Robert Werner, sei sicher „Katalysator“ gewesen, um die nun beschlossene wissenschaftliche Kooperation mit der Universität zu beschleunigen, sagt Bernhard Löffler. Löffler sei, das bemerkt zumindest Kulturreferent Dersch mit einem Schmunzeln, zuvor lange skeptisch gewesen, ob es die Stadt damit auch wirklich ernst meint. Doch das ist Schnee von gestern.

Konkret sollen, angelehnt an ein ähnliches Vorgehen in München, acht Einzelstudien erarbeitet werden, die nacheinander einzelne Themenfelder vertieft in den Blick nehmen. In den kommenden drei Jahren wird sich das Forschungsteam am Zentrum für Erinnerungskultur zunächst die Bereiche „Kulturverwaltung und -politik“ sowie das Thema Wirtschaft mit Schwerpunkt auf Messerschmitt vornehmen. Als weitere Bereiche werden die städtische Finanzverwaltung, das Bildungswesen sowie die Stadtspitze selbst, inklusive der Stadträtinnen und Stadträte, genannt.

„Solche Bolls hat es woanders auch gegeben.“

Die Stadt fördert das Projekt jährlich mit 190.000 Euro, um die entsprechenden Stellen zu schaffen. Löffler spricht, ohne Namen zu nennen, unter anderem von einem Postdoktoranden, den man dafür im Auge habe, und einer Promotion, die vergeben werden soll.

Dass Regensburg „sicher nicht zur Avantgarde bei der Aufarbeitung“ des Nationalsozialismus gehöre, können sogar ein Vorteil sein. „Was sich in den letzten Jahren im Bereich der Täterforschung getan hat, ist bemerkenswert“, sagt Löffler. Entsprechend werde es beispielsweise bei Walter Boll nicht nur um ihn als Individuum und seine lokale Rolle gehen, sondern auch um Boll als Typus. „Solche Bolls hat es woanders auch gegeben.“ Auch der Umgang der Stadt Regensburg selbst mit ihrer jüngeren Geschichte werde Forschungsgegenstand sein.

Über Jahrzehnte und politische System hinweg eine der einflussreichsten Personen in der Regensburger Kulturverwaltung: Walter Boll (li. mit Narrenkappe) mit Nazi-Oberbürgermeister Otto Schottenheim (re. mit Bierkrug) beim Faschingsumzug mit Blick über den Kohlenmarkt in Goliathstraße (11.2.1934). Foto: Historisches Museum Regensburg.

Dass das Thema auch fast 80 Jahre nach dem Ende des II. Weltkriegs nach wie vor aktuell ist und der weiteren Erforschung bedarf, betonen am Dienstag sowohl die OB wie auch Universitätspräsident Professor Udo Hebel, der krankheitsbedingt über einen Laptop auf dem Grünen Tisch zugeschaltet ist.

„Damit die Zukunft wissensbasiert vor uns liegt.“

Bislang sei bei der Erforschung von Regensburg in der Zeit des Nationalsozialismus nach wie vor die Studie von Helmut Halter, „Stadt unterm Hakenkreuz“ aus dem Jahr 1993 die wichtigste grundlegende Arbeit. Diese habe aber längst nicht alle Bereiche beleuchten können und sei in Teilen mittlerweile überholt, so Maltz-Schwarzfischer. Die Fragen von gesellschaftlicher Spaltung, von Radikalisierung und wie man damit umgehe, dass sich immer mehr Menschen den politischen Rändern zuwenden, sei ohnehin hochaktuell. „Das interessiert uns.“

Hebel verweist darauf, dass man der grassierenden „Geschichtsvergessenheit und dem Geschichtsrevisionismus“ etwas entgegenhalten müsse. Außerdem gelte es Forschungslücken zu schließen, „damit die Zukunft wissensbasiert vor uns liegt“.

Allseits wird betont, in wie vielen Bereichen Stadt und Universität Regensburg mittlerweile zusammenarbeiten und die universitäre Arbeit auch in die Stadtgesellschaft hineinwirkt. Und tatsächlich hat sich, gerade was das Institut für Geschichte betrifft, in den letzten Jahren Einiges getan. Erwähnt sei nur die historische Aufarbeitung des Missbrauchsskandals bei den Regensburger Domspatzen und die 2019 veröffentlichte kritische Studie „Der Chor zuerst“ von Bernhard Löffler und Bernhard Frings mit über 400 Seiten, die dieses Thema in der breit geführten Debatte auf fundiertes Fundament gestellt hat.

Auch an der Universität hat sich einiges geändert

Dass sich Regensburger Historiker oben auf dem universitären Hügel nicht immer bemüßigt fühlten, sich in entsprechende Debatten in der Stadt Regensburg einzuschalten, zeigt hingegen der Fall des Theologen Fall Josef Engert. Bis 2013 verlieh die Stadt Regensburg einen nach Engert benannten Preis an junge Nachwuchswissenschaftlerinnen, die von der Universität dafür vorgeschlagen wurden. Auch eine Straße war nach Engert benannt.

Als 2014 Robert Werner in einer langen Recherche nachwies, dass es sich bei Engert um einen völkischen Antisemiten, Kriegstreiber und aktiven Unterstützer des NS-Regimes handelte und in der Folge überregional berichtet wurde, erklärte die Universität lediglich gegenüber dem Spiegel, dass all dies „seit langem bekannt“ und von Mitarbeitern der Uni angeblich öffentlich aufgearbeitet worden sei. Für eventuelle Umbenennungen – die Josef-Engert-Straße verlief direkt hinter der Universität (heute: Am Biopark) – sei aber die Stadt zuständig. Offenbar wollte man nicht immer in die Stadtgesellschaft hineinwirken.

Doch nicht nur dort, auch an der Universität Regensburg scheinen sich „gewisse personelle und institutionellen Konstellationen“ und das Engagement der Handelnden mittlerweile geändert zu haben.

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Kommentare (13)

  • Alfons

    |

    Gleichmal vorweg. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass bald Kommentatoren auf die Idee kommen hier mit zu teilen “Haben wir nichts Besseres zu tun”. Wir haben vieles zu tun, meine Antwort darauf. Ich sehe das so, Biografiearbeit einer einzelnen Person gleicht der Reflektion der Vergangenheit einer Gemeinschaft. Daher sollten auch Gemeinschaften reflektieren, um erneut Fatales zu verhindern. Eigentlich ganz naheliegend und sinnvoll.

  • Karin Haber

    |

    Ein hervorragendes Projekt, das der Stadt gut zu Gesicht steht. Schade, dass manche Sätze im Artikel den inhaltlichen Zugriff so erschweren und mehr verwirren als erklären. Z. B.: „Die Debatte um dessen Person, Studien wie jene unseres Autors Robert Werner, seien sicher „Katalysator“ gewesen, um die nun beschlossene wissenschaftliche Kooperation mit der Universität zu beschleunigen, sagt Bernhard Löffler, der, das bemerkt zumindest Kulturreferent Dersch mit einem Schmunzeln, zuvor lange skeptisch gewesen sein soll, ob es die Stadt damit auch wirklich ernst meint.
    In einem weiteren Bandwurmsatz „erklärt“ dann „die Stadt […] zum Besten“…
    Darf ich mir bessere Lesbarkeit wünschen?

  • Stefan Aigner

    |

    @Karin Haber

    Ich habe für Sie mal zwei Punkte gesetzt, den Satz geteilt und zwei falsche Formulierungen korrigiert.

  • Hindemit

    |

    Eine wirklich gute Entscheidung, die Aufarbeitung endlich anzugehen. Mit dem Zentrum für Erinnerungskultur wurde eine gute Wahl getroffen. Es gibt auch positive Nachrichten aus der Verwaltung.

  • tom lehner

    |

    @ Alfons:
    Unterschreib ich.

    “Die Gnade der späten Geburt” entbindet uns Nachkriegsgenerationen nicht sich unserer Geschichte zu stellen. Die vielen begangenen Morde und Verbrechen durch Menschen mit rechter Gesinnung und Fremdenhass seit dem Krieg sind Beleg genug um noch genauer hinzusehen und uns der Verantwortung des “Nie wieder” zu stellen.
    Viele Täter wurden vorschnell als Mitläufer “Entnazifiziert” und fanden sich sehr schnell in Amt und Würden wieder. Auch das muß uns eine Lehre sein. Viele dieser “Mitläufer” haben in der Nachkriegszeit die alte Ideologie am Laufen gehalten, rechte Strukturen und Verbindungen bis in die Politik geschaffen. Rechte Politik war nie wirklich weg. Die AfD war die Möglichkeit für die Rechten “Sauber” in die Parlamente zu kommen. Auch deshalb ist es wichtig auch die Mitläufer zu kennzeichnen. Die Mitläufer haben das System getragen, haben es ihm ermöglicht fast ganz Europa in eine Katastrophe zu führen und ein Volk fast zu vernichten. Nein, bei dreissig Prozent AfD Wählern habe ich nichts besseres zu tun als das anzuprangern und einzufordern.

  • Daniela

    |

    @Alfons
    30. Oktober 2024 um 12:51 | #

    Gleichfalls vorweg, Sie haben recht.
    Ebenfalls gleich vorweg, erwartungsgemäß wird sich herausfinden lassen, dass die Verwaltung während der NS- Zeit aus Getreuen des NS- Regimes stammte. Aus überzeugten Nationalsozialisten, da alle Verwaltungen, ähnlich, wie die Justiz ect. systematisch regimetreu aufgestellt wurden.
    Warum erst 80 Jahre danach ist eine spannende Frage. Oder vielleicht auch nicht, weil eigentlich jeder nach Kriegsende geschaut hat, mit dem Nationalsozialisten so wenig als möglich zu tun gehabt haben wollte.
    Für mich wäre wesentlich interessanter, ob es nicht den einen oder anderen gegeben haben könnte, der im Geheimen vielleicht Verfolgten das Leben gerettet hat, weil vielleicht Unterlagen ‘falsch abgelegt wurden oder verschwunden sind.

    Und 80 Jahre danach werden die meisten Akteure dieser Zeit auch schon verstorben sein.

  • Wolfi

    |

    Blödsinn, heutige Generationen haben damit nichts mehr zu tun und müssen sich gar nichts vorwerfen lassen.

  • Bert

    |

    Überraschung, Wolfi. Tatsächlich forschen Historiker heute noch zum Mittelalter, zum Alterttum, Paläontologen beschäftigen sich sogar mit Dinosaurier. Insofern ist auch eine wissenschaftliche Beschäftigung mit den Vorgängen zwischen 1933 und 45 nicht nur legitim, sondern notwendig.

    Wenn Sie das als Vorwurf auffassen, obwohl davon von niemanden irgendwo die Rede ist, dann ist das entweder das übliche Busllshit-Bingo von Rechtsextremen oder Sie haben irgendeinen Schuldkomplex. Vielleicht sind Sie aber auch der Ansicht, dass Geschichtswissenschaft an sich unnötig ist. Dann sind Sie einfach nur geistlos.

  • Stefan Aigner

    |

    @Wolfi

    Ich habe schon befürchtet, dass solche Kommentare kommen. Halten Sie sich doch bitte vom Forum fern und machen ein paar Opferrollen. Herzlichen Dank.

  • joey

    |

    zu Wolfi
    nein, wir sind nicht schuld. Keiner von uns hat seine Abstammung wählen können.
    Ja, oft ist in der Vergangenheit Forschung und politische Anklage vermischt worden. Das war klar ein Fehler.

    Wer Menschen angreift, wird bei diesen keine freiwilligen Zuhörer finden. Das ist gleichzeitig das Problem der Entnazifizierung, daß man nicht ein ganzes Volk rechtstaatlich urteilen konnte, obwohl fast jeder davon weniger oder meistens mehr “verwickelt” war. Die Aufgabe, den Tätern ihre Tat zu zeigen, wurde nicht erfolgreich gelöst.

    Die Täter sind tot, wer von den Zeitzeugen heute noch lebt, war Kind. Aber immer wieder fällt auf, daß sich auch heute schnell ein Mob findet, um irgendwelche “Feinde” auszugrenzen, zum Schweigen zu bringen, sie zu ruinieren oder gleich körperlich anzugreifen. Auch Juden sind immer noch “schuld an allem”. Es ist also immer noch möglich. Nein, nicht nur in Deutschland. Deutschland aber hätten viele Zeitzeugen damals das nicht zugetraut, ein solcher Sturz von Hochkultur in böseste Niederträchtigkeit ist nach wie vor “beeindruckend”.

    Ceterum censeo: zeigt nicht nur mit dem Finger auf die “Großen”. Das wäre die typische Ausrede der 50er Jahre: “Hitler wars”. Nein, fast alle unserer (Ur-) Großeltern waren “dabei” und nur wenige haben das später wirklich bereut. Auch heute noch wollen viele der letzten Zeitzeugen “lieber nichts sagen”. Viel Wissen geht verloren. Da ist einiges falsch gelaufen.

  • Daniela

    |

    @Wolfi
    30. Oktober 2024 um 16:44 | #

    Ich gehe davon aus, dass Sie sich unglücklich ausgedrückt haben.

    Denn Sie haben auch recht, wenn Sie sagen, dass die jetzt lebenden Generationen nicht die Täter und Mitläufer des Nationalsozialismus sein können, sie nicht an den Verbrechen gg. die Menschlichkeit beteiligt waren.

    Jetzt das ABER, wenn wir für uns eine friedliche Zukunft erhalten und schaffen wollen, müssen wir unsere Vergangenheit kennen, aufarbeiten und akzeptieren. Leugnen und negieren wollen, wäre möglicherweise der Schritt, der in die falsche Richtung geht.
    Es ist nicht die Schuld jetziger Generationen, es ist unser historisches Erbe. Als meine Mutter gg. Ende des Krieges geboren wurde, litt sie noch Hunger, alles war Mangel. Sie war als Kind nicht schuld am Krieg, aber sie erfuhr die Auswirkungen noch über Jahre.

    Wir stehen in der Verantwortung dieses Erbes. Wir sind berufen, dafür zu sorgen, dass sich dies niemals wiederholen kann. Das geht nun einmal nur, in dem man weiß, wie es dazu kommen konnte.

  • Günther Herzig

    |

    joey
    30. Oktober 2024 um 19:32 | #
    Der wunderbare Kabaretist Andreas Rebers (Familie stammt aus Schlesien) hat thematisiert, wie in der Vielzahl von Familien mit der erlebten Vergangenheit umgegangen wurde durch die “Tätergeneration” im Austausch mit ihren bei Kriegsende noch zu jungen Nachkömmlingen. Rebers erinnert sich an Gespräche im Kreis der Familie, in denen ihm so regelmäßig zu seinen Fragen entgegengeschleudert wurde: “Ruhig!” Bis er 14 Jahre alt war, glaubte er sein Vorname sei “Ruhig”. Das entspricht auch meinen Erfahrungen, allein mit dem Unterschied, dass es Gespräche dieser Art gar nicht erst gegeben hat. Es war alles noch viel schlimmer. Ich habe genügend Menschen im Verlaufe der Zeit kennengelernt, auf die der Satz passt: “Und als man sie dann wieder fand, da waren sie auch beim Widerstand!”

  • tom lehner

    |

    “Nein wir sind nicht schuld”

    Wir als Gesellschaft tragen für das herrschende Klima in unserem Land die Verantwortung. Das geht bei der Art und Weise eine Debatte zu führen schon los. Sozial Schwache werden ausgegrenzt und angeprangert. Sie werden als das eigentliche Problem dargestellt.
    Auch Fragen rund um das Thema Asyl werden für den jeweils eigenen Zweck instrumentalisiert und populistisch ausgeschlachtet. “Remigration” und die von mir so oft belachte “Illegale Migration” sind nur zwei dieser Begriffe die die berühmten “Brandmauern” schon lange übersprungen haben.
    Asyl ist ein Grundrecht und klar geregelt. Gerade aus der rechts-/konservativen Ecke hört man dazu viel Unsinn, was die Stimmung in der Gesellschaft weiter anheizt.
    Solange wir an den Symptomen herumdoktern wird sich an den Ursachen dafür nichts ändern.
    Genau das nutzt rechte Politik aus. Wir brauchen Lösungen. Lösungen können aber auch unbequem und schwierig sein, können einer Gesellschaft etwas abverlangen. Solange wir das nicht tun haben Schreihälse wie Höcke Oberwasser. Rechte brauchen keine Lösungen. Sie haben die Schuldigen schon parat und schreien es durch das Land.

    Und genau das unterscheidet uns nicht von den Menschen in der Weimarer Republik. Ganz im Gegenteil, wir wissen was damals passiert ist, wissen das es zur heutigen Zeit deutliche Parallelen gibt und lassen es trotzdem zu das Nazis wie Höcke 30% und mehr bekommen.

    Und ja, das ist unsere Schuld….

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