Nibelungenkaserne: Die SPD fordert Antworten
Die Stadtratsfraktion will in öffentlicher Sitzung erfahren, wann der preisgünstige, öffentlich geförderte Wohnraum auf der Nibelungenkaserne endlich gebaut wird und welche Möglichkeiten die Stadt hat, sollte das Bauteam Tretzel sich nicht an die gültigen Verträge halten.
Nach unserem Bericht zu der brach liegenden Baustelle auf dem Areal der ehemaligen Nibelungenkaserne fordert die SPD-Stadtratsfraktion dazu jetzt einen Bericht von der Verwaltung – und dieser soll entgegen der üblichen Gepflogenheiten bei Grundstücksgeschäften in öffentlicher Sitzung erfolgen. „Nachdem öffentlich in Zweifel gezogen wurde, dass die geplanten, geförderten Wohnungen in der Nibelungenkaserne wie vorgesehen errichtet werden, ist eine Klarstellung gegenüber dem Stadtrat und, soweit vertrauliche Gesichtspunkte aus den Grundstücksverträgen dem nicht entgegenstehen, auch gegenüber der Öffentlichkeit angezeigt“, so der Fraktionsvorsitzende Dr. Klaus Rappert.
Grundstücke sind ein zentraler Punkt in der Korruptionsaffäre
Die Vergabe der drei Grundstücke auf dem Nibelungenareal an das Bauteam Tretzel (BTT) ist ein zentraler Punkt bei der Anklage der Staatsanwaltschaft in der Korruptionsaffäre. Im Gegenzug für eine runde halbe Million an Parteispenden und die millionenschwere Unterstützung des SSV Jahn soll Oberbürgermeister Joachim Wolbergs in Zusammenarbeit mit Ex-SPD-Fraktionschef Norbert Hartl dafür gesorgt haben, dass die fraglichen Flächen an Tretzel gehen. Auch Alt-Oberbürgermeister Hans Schaidinger soll dabei laut Staatsanwaltschaft seine Finger mit im Spiel gehabt haben.
Wie berichtet, sind die Wohnungen auf zwei der drei Flächen weitgehend fertiggestellt, zum Teil schon bezogen. Lediglich auf dem Areal „WA4“, dort, wo die öffentlich geförderten, preisgünstigen Wohnungen entstehen sollen, tut sich bislang nichts. Hier steht lediglich das Heizkraftwerk, das zur Versorgung der bereits fertigen frei finanzierten Miet- und Eigentumswohnungen notwendig ist.
Dass Tretzel die öffentlich geförderten Wohnungen im selben Standard errichten würde wie die Eigentumswohnungen und dass sein Unternehmen über das Potential verfügt, diese Bebauung möglichst schnell umzusetzen, waren zentrale Argumente für die Vergabe an BTT. Am 23. Oktober 2014 erhielt das Unternehmen per Stadtratsbeschluss den Zuschlag bei der entsprechenden Ausschreibung.
Fördermittel warten seit eineinhalb Jahren auf Abruf
Dossier
Dem Vernehmen nach gab es eine Frist von zwei Jahren innerhalb derer die öffentlich geförderten Wohnungen fertiggestellt sein sollten. Für den Fall, dass dies nicht passieren sollte, ließ sich die Stadt – wie bei solchen Verträgen Usus – ein Rückkaufrecht zu einem fest vereinbartem Preis einräumen. Ab wann diese Frist zu laufen begann, ist unklar, allerdings hatte die Stadt auf Nachfrage indirekt eingeräumt, dass sie für WA4 wohl nicht eingehalten wird.
Begründet wurde dies mit einem „aufwändigen Realisierungswettbewerb“ und damit, dass „die Verfügbarkeit der Fördermittel für den öffentlich geförderten Wohnungsbau nicht immer zeitnah möglich“ sei. Doch tatsächlich, das ergab eine Rückfrage bei der Regierung der Oberpfalz, wurden die ersten Fördermittel bereits im Jahr 2015 bewilligt und warten seit Juli 2016 auf Abruf.
“Welche Möglichkeiten gibt es, wenn Vereinbarungen nicht eingehalten werden?”
„Wille der SPD-Stadtratsfraktion ist selbstverständlich, dass die vereinbarten geförderten Wohnungen auf dem Areal der ehemaligen Nibelungenkaserne so schnell wie möglich verwirklicht werden sollen“, sagt nun Fraktionschef Rappert, der per Antrag mehrere Fragen an die Verwaltung gestellt hat:
1. In welchem Umfang und wann sind bereits Bauanträge für den geförderten Wohnungsbau gestellt/ genehmigt worden?
2. Liegt der Bau der geförderten Wohnungen im vertraglich vereinbarten Zeitplan bzw. welche Abweichungen sind vorgesehen?
3. Welche Möglichkeiten sieht der Grundstückskaufvertrag vor, wenn Vereinbarungen vom Käufer nicht eingehalten werden (z.B. Vertragsstrafen, Rückkaufsrecht)?
4. In welchem Umfang gibt es bereits Förderzusagen (Förderbescheide) für die geplanten Wohnungen? Wie lange sind die Förderzusagen gültig?
Die Antworten erwartet die SPD in einer der nächsten Ausschusssitzungen – öffentlich.
joey
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Soweit ich nur wenig von Juristerei verstehe, schließen (zu geringe) Vertragsstrafen Schadenersatz nicht aus. Wenn die Stadt nun die Wohnungen anders errichten muß, um das Vertragsziel mit Selbstvornahme zu erreichen, hat sie evtl. Mehraufwendungen, die der säumige Vertragspartner tragen muß.
@Juristen: könnte das so sein?
Ludwig Springer
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Warum Mieten steigen. “correctiv” hat sich mal in Regensburg Gedanken über den Immobilienmarkt gemacht
https://correctiv.org/blog/2016/04/05/immobilienmarkt-regensburg/
Lothgaßler
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Da bin ich aber gespannt, was aus diesem Antrag wird. Wenn die stellvertrende OBin konsequent ist, dann muss sie dessen Ablehnung betreiben.
Aber immerhin: Ein Anfang! Die Fragen der SPD-Stadtratsfraktion sind vergleichsweise harmlos, damit wird noch nicht tief gebohrt.
buergerbegehren korruptionssumpf schaidinger/wolbergs
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Leute wie Tretzel gehören eingesperrt. Denn was hat der auf eine Sozialwohnung dringend angewiesene Mensch davon, wenn Tretzel jetzt eine vertragsstrafe an die Stadt zahlen muss ? Die dann zB für die Finanzierung einer Marketing-Aktion namens ,Bürgerfragung, zum RKK eingesetzt wird, damit wieder andere Tretzels noch mehr Geld scheffeln können ?
Und die Leute in den Ämtern, die mit solchen Leuten Verträge schließen, gehören aus dem Amt gejagt.
Aus dem Redaktionstagebuch » Regensburg Digital
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[…] Am Vormittag hat sich die SPD zu Wort gemeldet, am Nachmittag kommt Christian Schlegl (CSU) zum selben Thema in der Fragestunde des Regensburger Stadtrats zu Wort. Es geht um die nach wie vor brachliegende Tretzel-Baustelle auf dem Nibelungenareal und Schlegl spricht Klartext. Es sei eine „unsägliche Frechheit“, die sich das Unternehmen da erlaube. „Der Investor tanzt uns auf der Nase herum.“ Das „einzig Gute“ bei der Vergabe an Tretzel – nämlich der rasche Bau von preisgünstigem Wohnraum – lasse nach wie vor auf sich warten und er wolle wissen, hebt Schlegl an, als ihn Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer unterbricht und das Thema in die nichtöffentliche Sitzung verlagern will. […]
Schwalbe
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@Ludwig Springer
Danke für den Link, sehr interessant.
Weniger die Ergebnisse, denn die sind nun nicht gerade besonders erhellend, eher die Schilderung des Ablaufs der Studie; die Regensburger Verwaltung scheint nicht sehr kooperativ zu sein, wenn sich jemand für die Hintergründe steigender Mieten interessiert, auch die erhobene Datenlage ist in einigen Bereichen bescheiden. Wer die entsprechenden Vorgänge zum Thema Wohnungsbau/ Bauträger/ Stadtentwicklung verfolgt hat, kann davon nicht überrascht sein.
Eigenartig finde ich, dass als eine Begründung für steigende Mieten die Niedrigzinspolitik angeführt wird; unterliege ich hier einem Denkfehler, oder müssten niedrige Zinsen nicht das Bauen günstiger machen, wodurch mehr gebaut werden würde und das dadurch entstehende größere Angebot tendenziell zu fallenden Mieten führen müsste? Vielleicht kann das jemand aufklären.
Nebenbei: dass der Leiter einer städtischen Baugesellschaft, deren Aufgabe in erster Linie der Bau von Sozialwohnungen ist, von eben diesem Sozialwohnungsbau grundsätzlich nichts hält, ist zumindest originell.
Aber zurück zur aktuellen Anfrage der SPD: es ist auf jeden Fall positiv zu sehen, dass man Informationen zur Kenntnis nimmt, sobald sie an die Öffentlichkeit gelangen und versucht, diesen nachzugehen. Aber sollte ein Stadtrat nicht auch von sich aus auf die Idee kommen, den Fortgang wichtiger Verträge, die die Stadt eingegangen ist, gelegentlich zu überprüfen?
Nairolf
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Warum müssen die Bauträger die geforderte Sozialwohnungsquote nicht in jeweils EINEM Gebäude erfüllen? Hierdurch würde zum Einen die im Artikel dargestellte stufenweise Erstellung mit Priorisierung der Eigentumswohnung verhindert. Zum Anderen gäbe es keine Stigmatisierung in dem Sinne, dass ersichtlich ist, ob man in einer frei finazierten oder geförderten Wohnung wohnt (je nachdem aus welchen Hauseingang man kommt…).
Schwalbe
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@Günther Herzig
Da sind anscheinend gleich mehrere Gäule mit Ihnen durchgegangen. Selbstverständlich gibt es individuelle Ansprüche Einzelner an “den Staat” und seine Institutionen und an ein gewerbliches Wonhnungsbauunternehmen insoweit, als dieses vertragliche Verpflichtungen mit z.B. einer Kommune eingegangen ist. Natürlich heißt das nicht, dass ein Bürger eine konkrete Wohnung zur Verfügung gestellt bekommt, wo er sie haben will, zu einem ihm genehmen Mietzins. Das hat aber auch niemand behauptet oder gefordert.
Wenn berufliche Verpflichtungen Sie von Cham bis in die Schweiz treiben, tut mir das leid (auch ich muss täglich zur Arbeit fahren, wenn auch nicht so weit), Sie müssen aber deswegen nicht in dieser zynischen Art und Weise über alle herziehen, denen dieses Schicksal erspart blieb oder die das einfach nicht wollen, beispielsweise weil sie andere Vorstellungen von Lebensqualität haben. Warum “Die Möglichkeiten eine bestimmte Leistung von anderen als unmittelbaren Vertragspartnern zu fordern” an der Wahlurne enden sollte, ist mir schleierhaft, was soll diese Behauptung überhaupt mit Wahlen zu tun haben? Ihre Ansichten über die Verantwortung gewählter Volksvertreter und kommunaler Verwaltung den Bürgern gegenüber sind, wenn man diesen Beitrag ernst nimmt, abenteuerlich.
Das wird leider auch nicht dadurch besser, dass man in Betracht zieht, auf welchen Beitrag Sie sich eigentlich in Ihrem Post beziehen; hätte es nicht gereicht (wenn man überhaupt darauf eingeht), die dort versammelten Anwürfe als das zu bezeichnen, was sie sind, nämlich tumbes Gekeife?
Lenerl
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@ Günther Herzig
„Keiner dieser tüchtigen und leistungsbereiten Menschen faselt davon, dass jemand zur Verantwortung zu ziehen ist, weil sich Mieten, z.B. in München, in diese Höhen entwickelt haben“.
Da musste ich jetzt schon kurz lachen, aber nix für ungut, Günther Herzig. Ich habe das selbst schon durch und wenn man jeden Tag um 4 oder 5 aufsteht, zwei Stunden irgendwo hinpendelt und am Abend um halb 8 den (von tüchtigen Menschen) wohlverdienten Feierabend erreicht, dann beschwert man sich über gar nix mehr. Dann isst man was und geht ins Bett. Ich nenne sowas Hamsterrad- Leben und kann gerne darauf verzichten. Vielleicht bin ich aber auch einfach nicht tüchtig genug.
Interessanterweise wird dieses Pendelleben ja gerade verursacht durch Zentralisierung und z.B. hohe Mieten dort, wo die Arbeitsplätze sind. Ganz oft auch dadurch, dass man einen (nicht unerheblich hohen) Kredit für Wohneigentum am Laufen und gar nicht die Wahl hat sich mal eben so gegen ein Hamsterradleben zu entscheiden. Ich will das nicht abwerten, ich habe großen Respekt vor Leuten, die jeden Tag eine lange Pendelei durchziehen. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich persönlich möchte so nicht leben.
Natürlich haben Sie Recht: man kann die Linken wählen, das tut die Mehrheit nicht. Soweit so gut. Ich möchte nur hinzufügen, was oft vergessen wird: nicht nur „linke“, v.a. auch „rechte“ Gesellschaftsmodelle sind krachend gescheitert. Und unser jetziges läuft auch nicht rund. Ich weiß nicht, ob uns diese Kategorien überhaupt noch weiterbringen. Für die Problemlagen unserer Gesellschaft brauchen wir die besten Lösungen.
Vielleicht möchten Sie mir eine Frage beantworten? Was hat Herr Tretzel denn aus Ihrer Sicht Beispielhaftes geleistet? Klingt vielleicht provokativ, ist nicht so gemeint. Meines Wissens ist er Bauträger und hat Wohnungen gebaut. Das mit dem Jahn? Was übersehe ich an guten Taten?
buergerbegehren korruptionssumpf schaidinger/wolbergs
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@Herzig:
In der Welt, für die ich eintrete, ist Artikel 14 Grundgesetz ,Eigentum hat dem Wohl der Allgemeinheit zu dienen, keine leere Phrase mehr. Wenn Sie nun meinen, man müsse links sein, um das so zu sehen, zeigt das nur, wie verkommen und allgemeinwohlfeindlich die hiesige Politik ist.
Lenerl
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@Günther Herzig
Gut, Herr Tretzel macht also seinen Job. Sie sagen er macht ihn gut, ich glaube Ihnen das mal. Nichts Besonderes also. Es hat sich kurz so angehört als hätte Herr Tretzel etwas wirklich Tolles gemacht von dem ich nichts weiß.
Das Blöde ist, hier geht es jetzt darum, dass etwas nicht gebaut wird. Und dieses Etwas ist eben sehr pikant. Stefan Aigner hat es richtig formuliert: Ausgerechnet diese Baulücke wirkt wie ein erhobener Mittelfinger. Mich wundert es nicht, wenn Leuten da der Kragen platzt.
Wer sich´s leisten kann, soll hinziehen wo er will, pendeln wohin er will, sich nicht aufregen und zufrieden sein. Viele sind aber darauf angewiesen eine geförderte Wohnung in REGENSBURG zu finden. Wer bestimmt denn, wer in dieser Stadt noch Platz hat und wer nicht? Der Markt? Na, dann ist ja alles gut (Ironie aus).
Ich hoffe, bei dem Werwiewaswiesoweshalbwarum kommt mal was raus.