Neuer Ansprechpartner, altes Spiel – Stadt Regensburg erhält keinen Zutritt ins Kaufhof-Gebäude
Kurzfristig und ohne nähere Begründung wurde ein für heute vereinbarter Termin zur Besichtigung des Kaufhof-Gebäudes abgesagt. Nun hat sich ein Rechtsanwalt als neuer Ansprechpartner der Verkäufer-GmbH angezeigt.
Es scheint, als habe jemand abrupt die Reißleine gezogen. Nach mehreren Berichten über die zwielichtige Doppelrolle einer Steuerberatungskanzlei aus Obertshausen im Zusammenhang mit dem angeblichen Verkauf der Regensburger Galeria Kaufhof-Immobilie und den Plänen für ein islamisches Kulturzentrum hat sich nun plötzlich der Ansprechpartner für die Stadt Regensburg geändert.
Am gestrigen Donnerstag trat ein Rechtsanwalt als Vertreter der Verkäuferin auf den Plan. Dies bestätigte eine städtische Sprecherin unserer Redaktion auf Nachfrage. Sämtliche Korrespondenz sei nun über ihn zu führen, hieß es. Als erste Amtshandlung verweigerte er Vertretern der Stadtverwaltung und Mitgliedern des Gutachterausschusses eine für heute geplante Besichtigung der Immobilie.
Kaum jemand glaubt, dass die Pläne ernst gemeint sind.
Wie berichtet, hatte bislang die erwähnte Steuerberatungskanzlei als Ansprechpartnerin der Verkäuferin fungiert – der Kaufhof Regensburg GmbH und einem dahinter stehenden undurchsichtigen Gesellschaftskonstrukt. Anschließend trat dieselbe Kanzlei auch als Ansprechpartner für die angeblichen Käufer auf, eine nach wie vor anonyme Investorengruppe.
Andere Steuerberater sehen so eine Doppelfunktion problematisch. Es bestünde, unabhängig von grundsätzlichen ethischen Fragen, die Gefahr der Befangenheit. Zumindest dieses Problem scheint nun mit dem Wechsel zu einer Anwaltskanzlei beseitigt. Doch der Versuch, Geld mit bewusst provozierter öffentlicher Aufregung zu machen, geht weiter.
Nicht nur bei der Stadt Regensburg glaubt kaum noch jemand, dass die Pläne, die ein ominöser Sprecher vor dem Dreikönigswochenende gegenüber der Mittelbayerischen Zeitung kundgetan hat, tatsächlich ernst gemeint sind.
„Schrottimmobilie“ darf nicht besichtigt werden
Zu unausgegoren und wirtschaftlich unrentabel sei das angeblich geplante islamische Einkaufs- und Kulturzentrum, heißt es. Der Kaufvertrag enthalte zahlreiche unübliche Ausstiegsklauseln. Der für die Pläne zwingend erforderliche Kaufhof-Teil, für den ein Erbpachtvertrag mit einer Erbengemeinschaft besteht, sei beim Verkauf nicht berücksichtigt worden. Der kolportierte Preis von rund 30 Millionen Euro gilt als deutlich überhöht. Bei der Stadtverwaltung spricht man intern von einer „Schrottimmobilie“, die allenfalls die Hälfte wert sei.
Genaueres hätte der für heute zunächst in Aussicht gestellte Besichtigungstermin mit Experten aus Verwaltung und Gutachterausschuss bringen sollen. Die Stadt hatte massiv darauf gedrungen, um für eine neuerliche Sitzung des Ältestenrats am kommenden Dienstag weitere Informationen für die Fraktionen des Stadtrats zu sammeln. Doch der nun als Ansprechpartner fungierende Rechtsanwalt sagte diesen Termin kurzfristig und ohne nähere Begründung ab.
Spielt die Benko-Verhaftung eine Rolle?
Möglicherweise spielt dabei auch die Verhaftung des mutmaßlichen Wirtschaftskriminellen und Milliardenpleitiers René Benko eine Rolle, der am Donnerstagmorgen wegen Tatbegehungs- und Verdunkelungsgefahr in Innsbruck festgenommen wurde.
Gegen den politisch protegierten Unternehmer, zu dessen Portfolio auch die Galeria Kaufhof-Gruppe gehörte, laufen mehrere Ermittlungsverfahren in Österreich, Italien und Deutschland. Spätestens bis Samstag wird entschieden, ob er in Untersuchungshaft bleibt.
Kaufhof ist am Donnerstag Thema im Stadtrat
So oder so bleibt die Informationslage der Stadt Regensburg damit weiter dürftig. Man weiß nicht, wer die angeblichen Käufer sind. Man erhält keinerlei konkrete Informationen zu deren angeblichen Plänen. Man weiß nicht einmal gesichert, ob es den Sprecher Hami Raddad, der die Pläne gegenüber der Mittelbayerischen Zeitung öffentlich machte, wirklich gibt bzw. ob dies sein echter Name ist.
Am Donnerstag steht das Thema Galeria Kaufhof auf der Tagesordnung bei der Sitzung des Regensburger Stadtrats. Neben einem mündlichen Bericht der Oberbürgermeisterin sind sechs Anträge von ÖDP, BSW, Freien Wählern, CSU und AfD angekündigt. Ob der Wahlkampf vor dem Sitzungssaal bleibt und wer sich auf das Spiel der anonymen Investoren einlässt, bleibt abzuwarten.
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joey
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ich schlage das Betretungsrecht gem. BayBO Art.54 (2) Satz 2 und 4 vor:
“(2) 1Die Bauaufsichtsbehörden haben bei der Errichtung, … sowie bei der Nutzung und Instandhaltung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden … 4Die mit dem Vollzug dieses Gesetzes beauftragten Personen sind berechtigt, in Ausübung ihres Amtes Grundstücke und Anlagen einschließlich der Wohnungen zu betreten”.
Die Stadt darf jederzeit prüfen, in welchem Zustand das Gebäude ist, vor allem bei Sonderbauten.
Nach VG Regensburg, Beschluss v. 08.07.2021 – RO 2 S 21.1138: “2. Für den Realakt des Betretens eines Grundstücks oder einer Wohnung iRd bauaufsichtlichen Befugnis ist bei Einverständnis der Betroffenen der vorherige Erlass eines Verwaltungsakts nicht erforderlich; bei fehlendem Einverständnis kann die Bauaufsichtsbehörde auf der Rechtsgrundlage des Art. 54 Abs. 2 S. 4 BayBO Duldungsanordnungen erlassen, um diese mit Mitteln des Verwaltungszwangs durchzusetzen.”
Alex
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@Joey leider steht zu befürchten das unsere Stadtoberen den Inhalt der BayBO und somit ihre eigenen rechtlichen Möglichkeiten nicht kennen.
Günther Herzig
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Alex
24. Januar 2025 um 21:14 | #
Das ist nun wirklich unwahrscheinlich!
Schwarzmeertanker
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@Alex, @joey
Die zitierten Rechtsvorschriften sind dem Zweck der Bauaufsicht zugeordnet. Hier soll jedoch das Gebäude zur Wertermittlung betreten werden. Dies ist jedoch ein völlig anderer Zweck. Damit ist diese Argumentation rechtlich völlig unbrauchbar. Dies verstößt gegen den Eigentumsschutz von Art. 13 GG und dem Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 3 GG.
Jeder Beamte lernt in seiner Ausbildung, dass die Grundrechte im Grundgesetz Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat sind. Hier setzt des Grundgesetz eine klare Willkürgrenze und die ist zu beachten.
Die Juristen bei der Stadt sind nicht dumm oder unfähig, sondern halten sich an das Recht und die Gesetze und die setzen hier nun einmal Grenzen.
joey
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@Schwarzmeertanker
die Stadt will das Gebäude ja gar nicht, weil sie damit was vor hat, sondern aus bauplanungs- und bauordnungsrechtlicher Motivation, um unerwünschte Entwicklungen zu “steuern”, also zu verhindern. Was ich ja insgesamt hier als rechtlich unmöglich einschätze.
Der aktuelle Zustand des Gebäudes ist zur bauordnungsrechtlichen Beurteilung relevant. Die Pläne des Gebäudes sind ja in der Stadt vorhanden, sie hat das Recht zu prüfen, ob diese Pläne noch stimmen.
Wenn das Vorkaufsrecht auf gesetzlicher Grundlage ausgeübt wird, ist sicherlich auch ein Betretungsrecht zu Erstellung von Gutachten möglich. Gutachten, wenn der Preis offensichtlich überhöht/sittenwidrig bzw mißbräuchlich ist. Ich bin kein Anwalt, vielleicht haben die Profis ja Kenntnisse, die sie uns hier mitteilen können.
Wer kein Anfänger ist, kann aus dem Baualter und den Plänen auch ohne Betretung den Wert einschätzen. Man kann davon ausgehen, daß die Außenhülle neu gedämmt und damit völlig ersetzt werden muß. Ein Hilfswert kann auch der Enegieverbauch sein, der seitens der REWAG dokumenitert ist und der Stadt als planungsrechtliche Information regulär zur Verfügung steht.
bedah
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Jenseits von dem Spiel, was da gerade läuft, würde mich interessieren, wer das damals Gebäude entworfen hat – sollte es mal umgebaut werden, hätte der damalige Architekt ja ein Wort mitzureden.
Nicht daß es sich so abspielt wie bei der Uni, wo die Architekten einst eine energetische Modernisierung der Fassade blockierten.
Und natürlich finde ich, es wäre durchaus im öffentlichen Interesse zu erfahren, wer denn in dieser ominöse Erbengemeinschaft ist, die noch auf den anderen Teil des Grundstücks hockt…
Josch
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Die Modalitäten des Vorkaufsrecht kann man nachlesen im Paragraph 28 (3) BauGb
Es darf der Verkehrswert herangezogen werden.
Einen Hinweis dazu findet man in der Bilanz der Kaufhaus Regensburg GmbH von 2022
https://www.northdata.de/Kaufhof%20Regensburg%20GmbH,%20Leverkusen/Amtsgericht%20K%C3%B6ln%20HRB%2087248
wo der Wert mit ca 12 Millionen Euro verzeichnet ist ( Eine Ausgabe für Pacht in Höhe von 1 Million Euro für das Erbpachtgrundstück ist dort nicht zu finden).
Bei einer kolportiert Kaufsumme von 30 Millionen wäre als ein guter Schnitt drin , alles über 12 Millionen bedeutet Gewinn im Verhältnis zu 2022. ( Den ursprünglichen Einlagewert der Immobilie kann man hier offen nicht einsehen)
Susi
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Der Kaufhof
… ist ein hässliches Gebäude, das aber zum Teil unter Denkmalschutz steht: die alte Feuerwache, die fürstbischhöfliche Apotheke und die scheußlichen Horten-Kacheln werden einen Umbau schwer machen.
Was mich wundert ist, dass das Gebäude derzeit nur einen Eigentümer haben soll. Bis vor ein paar Jahren war es noch eine Eigentümergemeinschaft, die aus mehreren Regensburger Familien bestand, die am Standort des Horten selbst Warenhäuser hatten (Fischl etc).
Sollte das Objekt jetzt dem Benko Umfeld gehören, würde ich Verkaufspläne an einen islamische Organisation als Fake einordnen. Nachdem Benko ja Probleme mit diversen Staatsfonds aus den Emiraten hat, glaube ich nicht, das Geldgeber von dort mit ihm Geschäfte machen. Sollte der vorgelegt Vertrag Fake sein, sollte die Stadt Strafanzeige wegen versuchten Betrugs gegen die Verantwortlichen erstatten.
Kaufpreis und denkmalkonforme Umbaukosten dürften das Objekt für eine nicht kommerzielle Nutzung prohibitiv teuer machen.
Stefan Aigner
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Die Thematik Erbpacht steht im Text.