12 Okt2010
Naziaufkleber statt Gedenktafel/ Update: Polizei ermittelt
Amberg hat kein Naziproblem. Dieses Mantra tragen sowohl Oberbürgermeister Wolfgang Dandorfer wie auch die Polizeidirektion vor sich her. Anders sahen das die Teilnehmer einer Demonstration Ende September. Sie präsentierten eine Chronik mit Rechtsrockkonzerten, Infoständen und Veranstaltungen der NPD und „Freien Nationalisten Amberg“. Der Stadt warfen sie eine Politik des Ignorierens vor. Im Rahmen der Demonstration wurde schließlich eine Gedenktafel für den 1995 von Neonazis ermordeten Klaus Peter Beer am Vilssteg angebracht.
Seitdem hat sich im beschaulichen Amberg einiges getan: Benedikt Frings (NPD), bekannt für seine relativierenden Aussagen zum Holocaust und Teilnehmer der „Holocaust-Konferenz“ im Iran 2006, hat Anfang Oktober eine „Schulung“ mit 60 Teilnehmern bei den „Nationalen Sozialisten Amberg“ durchgeführt, die NPD veranstaltete am Samstag mit 40 Teilnehmern einen „Infostand zum Thema „Sarrazin hat recht“ in der Amberger Fußgängerzone und – last but not least – die Gedenktafel für Klaus Peter Beer wurde vom Vilssteg gerissen und durch Aufkleber der nazistischen Internetplattform „Freies Netz Süd“ ersetzt.
Alarmiert scheinen die Offiziellen bei der Stadt Amberg deshalb nicht zu sein. Eine Strafanzeige des Bezirksvorsitzenden der verdi-Jugend, Stefan Dietl, wollte die Polizei nicht annehmen. „Nur die Stadt kann Anzeige erstatten, wurde mir gesagt“, so Dietl (Update: Mehr dazu am Ende des Artikels). Und bei der Stadt selbst sieht man dazu offenbar keine Veranlassung, wie eine mehrstündige Telefon-Odyssee durch die Verwaltung, die unter anderem durch das Vorzimmer des Oberbürgermeisters führt, wo man von der Gedenktafel „nur aus der Zeitung“ weiß, zeigt.
Zwar sei man von Dietl darüber informiert worden, dass die Tafel weg sei, aber: „Diese Tafel wurde von uns nicht genehmigt und auch nie offiziell übergeben. Wir werden deshalb auch sicher keine Anzeige erstatten“, so eine Sprecherin.
Klaus Peter Beer war 1995 von zwei Neonazis am Vilssteg zusammengetreten und in die Vils geworfen worden, wo er ertrank. Tatmotiv: Schwulenhass. Forderungen nach einer Gedenktafel wurden von der Stadt bislang ignoriert, im Stadtrat gab es dazu nie eine Diskussion, geschweige denn dass die Anregung, den Steg nach Klaus Peter Beer zu benennen, aufgegriffen worden wäre.
Die nun verschwundene Tafel sieht Dietl als „Geschenk an die Stadt“. Dort konnte man dieses Geschenk offenbar nicht annehmen. „Im Schenkungsschreiben haben wir an die Stadt appelliert, die Tafel zu schützen und ordnungsgemäß anzubringen, da sie von uns nur provisorisch befestigt war.“ Das war offenbar nicht drin. Die Tafel ist weg, die angebrachten Aufkleber habe man fotografiert, heißt es von Seiten der Stadt. „Sie werden entfernt.“ Amberg hat schließlich kein Naziproblem.
Update am 13.10.10: Nach der Anfrage unserer Redaktion hat die Polizeiinspektion Amberg Ermittlungen gegen unbekannt aufgenommen.
Marion Puhle
| #
Es ist nicht zu fassen. Ich fordere die Stadt Amberg (Stadtspitze) auf, die Gedenktafel erneut anzubringen. Es würde der Stadt Amberg gut zu Gesicht stehen, nicht wegzuschauen, zu ignorieren und zu verharmlosen, sondern endlich ein Konezpt aufzulegen um gegen die Umtriebe der Nazis vorzugehen. Nazis sind überall ,auch in Amberg.
Marion Puhle
VonFernSeher
| #
Keine Gedenktafel aufzuhängen ist eine Sache (und ob klug eine andere Frage). Aber dem Nazipack zu signalisieren, dass man es gewähren lässt, indem man die Tafel nicht wieder aufhängt, ist gefährlich dumm. Und wer so dumm ist, dass es schon gefährlich ist, der sollte nicht über die Belange einer ganzen Stadtbevölkerung entscheiden.
Die braune Perle der Oberpfalz | Regensburg Digital
| #
[…] Die ver.di-Jugend nahm dies zum Anlass, der Stadt eine Gedenktafel zu stiften und diese im Rahmen der Demonstration, die von Angriffen und wütenden Protesten zahlreicher Neonazis begleitet wurde, an der Vilsbrücke anzubringen. Wenige Tage später war die Tafel weg und durch einige Nazi-Aufkleber des „Freien Netz Süd“ ers…. […]