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Neue Marktmacht

Mittelbayerische Verlagsgruppe unter PNP-Ägide: Mit dem Verteil-Monopol zum Anzeigen-Monopol?

Nach dem Kauf der Mittelbayerischen Zeitung und sämtlicher angeschlossener Unternehmen durch die PNP-Gruppe beginnt eine neue Firmenpolitik. Dabei nutzt die MZ-PNP-Gruppe ihr Quasi-Monopol bei der Verteilung, um es der Konkurrenz auf dem Werbemarkt schwer zu machen: Gemeindliche Mitteilungsblätter und kleinere Kostenloszeitungen sollen künftig nicht mehr verteilt werden.

„Die Übernahme der Mittelbayerischen Zeitung durch die Verlagsgesellschaft Passau ist aus wettbewerblicher Sicht unbedenklich.“ Das teilte Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, Ende Oktober mit und gab erwartungsgemäß grünes Licht für den Millionendeal, den die Gebrüder Esser mit PNP-Verlegerin Simone Tucci-Diekmann ausgehandelt hatten – die PNP übernimmt die Mittelbayerische Zeitung und sämtliche dazugehörigen Unternehmen. Im Vorfeld hatte die PNP-Gruppe noch das Regensburger Wochenblatt eingestellt, um kartellrechtlichen Bedenken zu begegnen. Die „bis vor kurzem bestehende Überschneidung im Anzeigengeschäft in Regensburg“ habe sich dadurch „aufgelöst“, hieß es vom Bundeskartellamt.

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Bei der Verteilung hat die MZ ein Quasi-Monopol – und das wird genutzt

Doch ungeachtet dessen verfügt die PNP-Gruppe durch die Übernahme des MZ-Verlags mit all seinen Töchtern über eine weitgehende Monopolstellung – insbesondere auch, was die Verteilung von Prospekten, gemeindlichen Mitteilungsblättern und kleineren Kostenloszeitungen anbelangt. Und während die MZ-Verlagsgruppe deren Verteilung – selbstverständlich gegen Bezahlung – seit Jahren übernommen hatte, weht unter PNP-Ägide nun ein anderer Wind.

„Uns erreichte am 30. November 2021 ein Schreiben der Mittelbayerischen Werbegemeinschaft KG, Prospektmanagement, dass ab 2022 unser Mitteilungsblatt, welches sechsmal im Jahr erscheint, nicht mehr im Stadtgebiet Maxhütte-Haidhof über ihre Firma verteilt werden kann“, schreibt uns eine Sprecherin der Stadt Maxhütte-Haidhof. Die jahrelange Geschäftsbeziehung sei einfach per E-Mail beendet worden. Lediglich dem Einsatz eines Mitarbeiters der MZ-Anzeigenabteilung sei es zu verdanken gewesen, dass der Stadt noch ein Jahr „Übergangszeit“ gewährt wurde. Im Vorfeld sei kein Gespräch mit der Stadt gesucht worden.

Ähnlich ging es der Stadt Teublitz. Deren Mitteilungsblatt – Auflage 3.000 Stück – erhielt zeitgleich ebenfalls eine solche E-Mail. Auch dort steht man nun vor dem Problem, eine eigene Verteilstruktur aufbauen zu müssen – denn eine Zustellung per Post ist ungleich teurer. „Zum heutigen Tag steht noch nicht fest, wie die Verteilung des Teublitzer Mitteilungsblatts vonstattengehen wird.“

„Geht es der Medienvielfalt nun an den Kragen?“

„Es stellt sich die Frage: Was wollen die neuen Eigentümer damit erreichen?“, heißt es aus dem Rathaus Maxhütte-Haidhof.

Die Antwort scheint auf der Hand zu liegen. Bei ihrem Streben nach Marktmacht betrachtet die PNP-MZ-Gruppe die Mitteilungsblätter mit ihren Anzeigen als Konkurrenz, die zwar nicht ohne weiteres „platt gemacht“ werden, der man aber doch das Leben schwer machen kann. Und während Maxhütte-Haidhof und Teublitz noch eine Gnadenfrist gewährt wurde, hat Julia Krempl diese neue Firmenpolitik buchstäblich „den unter den Füßen weggezogen“ und sie „vor die Existenzfrage gestellt“.

Krempl betreibt unter ihrem Namen einen kleinen Verlag, der seit 40 Jahren das Anzeigenblatt „LOKAL“ im Städtedreieck herausbringt, das 14tägig mit einer Auflage von 27.000 Exemplaren erscheint – mit redaktionellen Beiträgen, PR-Texten, einem kleinen Veranstaltungskalender und natürlich vielen großen und kleinen Werbeanzeigen.

„Es ist gut möglich, dass Sie ‘LOKAL – das blatt ihrer region’ am Samstag, den 11. Dezember 2021, zum letzten Mal wie gewohnt aus Ihrem Briefkasten geholt und zum Lesen vor sich aufgeschlagen haben“, schreibt sie in der aktuellen Ausgabe unter der Überschrift „Geht es der Medienvielfalt nun an den Kragen?“. Denn auch Krempl wurde per E-Mail mitgeteilt, dass sich „im Zuge dieser Übernahme“ die Regularien im „Medienhaus“ verändert hätten. „Ab dem 01.01.2022 nehmen wir keine Beilagen mehr zur Verteilung entgegen, in denen Werbung Dritter (sogenannte Fremdwerbung) enthalten ist. Insofern können wir Ihr Produkt ‘Lokal’ ab diesem Zeitpunkt nicht weiter verteilen. Wir bitten um Verständnis und wünschen Ihnen für die Zukunft alles Gute.“

„Betrachtet uns dieses Medienimperium tatsächlich als Konkurrenz?“

Krempl kann die kurzfristige Entscheidung, eine jahrzehntelange Geschäftsbeziehung von heute auf morgen zu beenden nicht nachvollziehen. „Betrachtet uns dieses Medienimperium tatsächlich als Konkurrenz?“ Als Verlegerin eines eigenen Printmediums sei ihr „die Medienvielfalt in unserer Region“ ein großes Anliegen. Das gelte sowohl für die großen Tages- und Wochenzeitungen, als auch für weitere kleine anzeigenfinanzierte Zeitungen und die städtischen Gemeindeblätter. „Alle informieren unsere Bürgerinnen und Bürger oder präsentieren unsere Geschäftswelt. Alle sind meiner Meinung nach wichtig für die bunte Medienlandschaft zum Anfassen in unserer Region.“

Doch damit könnte es nun bald vorbei sein – ein alternatives Verteilnetz gibt es im Verbreitungsgebiet der Mittelbayerischen Zeitung nämlich nicht. Krempl will nun mit der Post verhandeln, um möglicherweise über deren Produkt „Einkauf aktuell“ eine akzeptable Verteilung zu erreichen. Doch ob das klappt, steht noch noch in den Sternen. Falls die Blätter eingehen, würde das Quasi-Monopol der PNP-MZ-Gruppe beim Verteilen ein ebensolches Monopol beim Anzeigengeschäft nach sich ziehen – damit ließen sich dann auch die Preise entsprechend diktieren.

Auch die „Regensburger Zeitung“ hat ein Problem

Dass diese Hoheit über Verteilstrukturen auch weitergehende Auswirkungen auf die Vielfalt der Berichterstattung hat, lässt sich allerdings auch am Beispiel „Regensburger Zeitung“ beobachten. Der Straubinger Verleger Martin Balle hatte die Tageszeitung als Reaktion auf die MZ-Übernahme aus dem Boden gestampft, um inhaltlich dagegen zu halten. Doch um seine Zeitung zur üblichen Zeit, frühmorgens, an die Leserinnen und Leser zu bringen, wäre auch er auf die Verteilstrukturen von PNP/MZ angewiesen. Ein Option, die aber offenbar nicht zur Debatte steht – die „Regensburger Zeitung“ kommt per Post und damit deutlich später als die MZ-Konkurrenz – ein deutlicher Wettbewerbsnachteil.

Unklar ist bislang noch, wie sich der PNP-MZ-Deal auf die Redaktionen auswirken wird. Offiziell ist Martin Wunnike zwar noch bis zum Jahresende Geschäftsführer, doch seinen Schreibtisch hat er schon lange geräumt. Sein Nachfolger Thomas Huber, den die MZ Mitte November präsentierte, ist nach internen Aussagen mit einer „Streichliste“ im Verlag unterwegs – der Auftrag: Einsparen. Beschäftigte im Verlag beklagen derweil, dass die Kommunikation in diesem Zusammenhang „unterirdisch“ sei. Apropos Kommunikation: Fragen zur neuen Verteilpolitik hat Verlegerin Tucci-Diekmann bislang nicht beantwortet.

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Kommentare (9)

  • Meier mit "ei"

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    So schlimm wird es auch nicht sein, weil es ja kaum noch was zu verteilen gibt:
    Die Anzahl der Zeitungsleser geht weiterhin dramatisch zurück. In kaum einen Briefkasten liegt eine Zeitung und die Werbung wird vermutlich nur dort eingeschmissen, wo auch die MZ landet? Oder täusche ich mich da?
    Internet wird doch auch eine Alternative sein?

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  • joey

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    Meier hat Recht: das ist ein Streit auf der Titanic.
    Ich habe schon lange keine physische Zeitung mehr und einen Aufkleber gegen Werbung und Kostenloszeitungen. Das gibts auch online – und dann oft aktueller und schneller als per Einwurf.
    Kommunalblätter sollten von Werbung frei sein – wenn das offizielle Informationen sind.

    Martin Balle im Zusammenhang mit Pressevielfalt ist lustig.

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  • da_Moartl

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    Dass die PNP alles, was auch nur andeutungsweise wie Konkurrenz ausschaut, vom Markt beißt, war ja zu erwarten. Naiv, wer das nicht erwartet hätte. Aber gemacht, ein wenig Geduld reicht völlig aus: Der Dinosaurier MZ/PNP mag noch eine Weile genug Fraß vorfinden, nur irgendwann hat er seine Jagdgründe endgültig leer gefressen und wird sterben. Ich hab mein MZ-Abo schon lange gekündigt und vermisse nichts. In diesem Zusammenhang ein Kompliment für Stefan Aigner, der auf kreative Weise interessante und wichtige Informationen zur Verfügung stellt – ganz ohne Boulevard-Scheiß und Werbung. Danke!

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  • ANDi

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    Bin ja mal gespannt, was da noch auf uns Austräger zukommt…

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  • Daniela Camin-Heckl

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    @ANDI
    Ich fürchte, für Sie als Austräger nichts Gescheites, leider, wenn Kollege’Rotstift’ angesetzt würde.
    Mein größter Respekt an dieser Stelle. für Menschen, die wie Sie, frühmorgens bei Wind und Wetter von Briefkasten zu Briefkasten eilen, um Abonnenten bis um vier/fünf Uhr mit Tageszeitung zu versorgen.
    Ich persönlich benötige auch keine Papierberge, die Werbung von Butter, Milch und sonstigen Konsumartikeln, gedruckt in bunten Farben im Briefkasten. Der Supermarkt meines Vertrauens hat in aller Regel, die Ware, die wir täglich konsumieren. Ich mag auch nicht mit dem Auto durch die Pampas flitzen, von Supermarkt zu Supermarkt, wegen eines Preisunterschied von wenigen Cent.
    Ob die Meinungsvielfalt dadurch nachhaltig beeinflusst wird, bleibt ab zu warten. Dass die Verteilung wichtiger Kommunalblätter, Ortsanzeiger usw. darunter leidet, halte ich für sehr bedenklich. Diese beinhalten in der Regel wichtige Informationen, wie öffentliche Bekanntmachungen usw. Gerade, zumindest meinem Eindruck nach, immer noch ein wichtiges Informationsmittel, für die Menschen, die mit Internetrecherche nicht zurecht kommen…
    ANDI, ich wünsche Ihnen und Ihren Kollegen alles Gute für die Zukunft. Und ich hoffe, dass es für zuverlässig arbeitende Zusteller, wie Sie und Ihre Kollegen dann neue Betätigungsfelder gibt. Eigentlich dürfte doch jeder Arbeitgeber vor Freude an die Decke springen, wenn Sie sich bewerben, als ehemaliger Zusteller von Zeitungen. Nicht jeder ist bereit so viel zuverlässige Leistung bei Wind und Wetter so früh am Morgen zu erbringen.

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  • xy

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    Gerade heute habe ich im Cafe in der MZ gelesen, dass das Träger-Abo demnächst auf mehr als 40 EUR verteuert wird, weil die MZ so gut ist etc. pp. Genaueres habe ich nicht mehr im Kopf…

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  • Jürgen

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    Ich frage mich nur, was die rechtskonservativen Redakteure der MZ jetzt machen?
    Schließlich ist die PNP, zumindest das Mutterhaus etwas anderes ausgerichtet.

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  • rudi ratlos

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    „ Fragen zur neuen Verteilpolitik hat Verlegerin Tucci-Diekmann bislang nicht beantwortet.“

    Es wäre das beste, wenn sie dies dann demnächst beim Bundeskartellamt bei einer Anhörung als Betroffene erklären würde. Mal schauen, was das Bundeskartellamt zu einem solchen Machtmissbrauch zu Lasten der Anzeigen Konkurrenz des Verlages des regionalen Monopolbetriebes MZ aka PNP sagen wird?

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  • Martin

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    ich bin selber aus unerkärlich lokalpatriotischen gründen ein täglicher, kurz überfliegender, online leser der MZ und muss immer wieder belustigt feststellen, dass selbst vor den unglaublich schockierenden lokalen nachrichten wie, fiktives beispiel, dem brand im haus eines feuerwehrhauptmanns in hinteroberdupfing eine paywall aufgebaut wurde.
    Das gleiche macht übrigens Der neue Tag mit seinem O-netz.
    Da les ich doch lieber die digitale TAZ für 5 euro im monat.
    Treffen tut´s die älteren Herrschaften, die nicht so Computeraffin und auf lineares lesen angewiesen sind und auch gerne gemeindeblätter und sogar werbeproskte im briefkasten haben.
    was die gemeindeblätter betrifft, so finde ich es schon alarmierend.

    danke für den artikel

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