Mitreden bei der Altstadtentwicklung
Ab sofort können alle Interessierten am Beteiligungsprozess „Deine Altstadt“ teilnehmen. Ziel dabei ist es, eine „Zukunftsvision“ der Regensburger Innenstadt zu entwickeln. Zentrales Thema dabei: Verkehrsberuhigung.
Seit den 1970er Jahren ist es immer wieder Thema der Stadtpolitik: Wie können die Erreichbarkeit der Regensburger Innenstadt und deren Aufenthaltsqualität in Einklang gebracht werden? Kein leichtes Unterfangen, weiß Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer. Seit Jahrzehnten würde „jeder Bürgermeister zu Beginn der Amtsperiode ein intelligentes Gesamtkonzept für die Altstadt versprechen, das alle Probleme löst“. Tatsächlich seien es dann aber immer nur Einzelprojekte geworden. Nun wagt sich das amtierende Stadtoberhaupt an dieses Großprojekt. Am vergangenen Samstag gab sie zusammen mit Planungsreferentin Christine Schimpfermann sowie Dr. Michael Frehn vom Dortmunder Planungsbüro Planersocietät im Degginger den Startschuss für eine bis Juli 2022 laufende mehrstufige Bürgerbeteiligung.
Seit 40 Jahren Thema
Bereits 1977 setzte die Stadt unter OB Rudolf Schlichtinger von der SPD einen umfassenden Entwicklungsplan auf. Ein Kernthema damals: die Verkehrsberuhigung der Altstadt. Fünf Jahre später folgte Friedrich Viehbacher mit einem Altstadtkonzept und einem Ideenwettbewerb zur Umgestaltung des öffentlichen Raums. 1985 wurde die Achse Kornmarkt, Rathausplatz, Haidplatz zur Fußgängerzone deklariert. Die Kaufleute sahen darin laut einer damaligen Umfrage aus dem Jahr 1987 größtenteils eine Verschlechterung.
Christa Meier (SPD) setzte 1994 mit dem Bau der Altstadtumfahrung die Verkehrsberuhigung des Neupfarrplatzes um. Bis dahin gab es hier noch Parkplätze. Unter Hans Schaidinger (CSU) folgte 1997 die Sperrung der Steinernen Brücke für den PKW-Verkehr (durch ein Bürgerbegehren gegen den Willen der Stadtspitze). Ein Verkehrsentwicklungsplan sollte den ÖPNV stärken und die Lebensqualität in der Altstadt verbessern. Weitere Maßnahmen, wie die Öffnung für den Radverkehr folgten unter Joachim Wolbergs.
Der nun gestartete Beteiligungsprozess soll in enger Abstimmung mit den Bürgerinnen und Bürgern ein Gesamtkonzept für die künftige Entwicklung der Innenstadt unter unterschiedlichen Gesichtspunkten erarbeiten. Der Verkehr soll dabei eines von vielen Themen sein. Bereits zur Auftaktveranstaltung dominiert aber vor allem eine Frage: Wie will die Stadt mit dem Individualverkehr verfahren?
Laut Schimpfermann müsse auch künftig die Erreichbarkeit unbedingt gewährleistet bleiben. Unterschiedlichste Interessengruppen hätten ein Anrecht, ins Zentrum zu gelangen. Ob Anwohnerinnen, Beschäftigte, Touristen oder einfach zum Verweilen. Es brauche ein „intelligentes Mobilitätskonzept“, sagt auch Frehn während der fast zweistündigen Online-Veranstaltung. Im Zusammenspiel mit Parkhäusern an neuralgischen Punkten könnten Verkehrssysteme aufeinander abgestimmt werden. Diese Überlegungen sind nicht neu und waren bereits während des zurückliegenden Kommunalwahlkampfes immer wieder Thema (Hier ein Bericht zur geplanten Mobilitätsdrehscheibe am Unteren Wöhrd).
Keine „Enteignung auf kaltem Weg“
Den Verkehr ganz aus der Innenstadt heraushalten, das sehen Schimpfermann und der städtische Rechtsreferent Walter Boeckh – er ist per Video zugeschaltet – als kaum realisierbar an. Mit Blick auf die etwa 3.700 Fahrzeuge, die aktuell auf Anwohner in der Altstadt zugelassen sind, meint Boeckh: Es dürfe keine „Enteignung auf kaltem Weg“ geben.
Auch die zahlreichen Berufspendler aus dem Umland spielen bei den Überlegungen eine Rolle. Laut der OB arbeite die Stadt derzeit zusammen mit dem Landkreis und der Regierung der Oberpfalz an einem umfassenden Konzept für die Region. Dabei soll verstärkt auf die Mobilität innerhalb der Region und auch nach Regensburg geblickt werden. Die Innenstadt komplett von Parkplätzen zu befreien, das kann sich auch Maltz-Schwarzfischer aktuell nicht vorstellen.
OB hofft auf sachliche Diskussionen
Bereits in der Vergangenheit sei das Verkehrsthema „umkämpft und umstritten gewesen“, so die Oberbürgermeisterin weiter. Das werde diesmal nicht anders sein. Sie hofft auf viele „sachliche Diskussionen auf Augenhöhe“ und verspricht, auf eine Frage aus dem Chat eingehend, die Stadt werde den Beteiligungsprozess ernst nehmen. Sie wolle „keine Enttäuschungen hervorrufen“, wenngleich nicht alle Vorstellungen berücksichtigt werden könnten. Der nun folgende Prozess soll aber auch für mehr Transparenz bei den am Ende folgenden Stadtratsentscheidungen sorgen.
Bis Juni 2022 soll in mehreren Schritten zusammen mit der Stadtgesellschaft ein Zielkonzept entwickelt werden. Im Rahmen von Online-Beteiligungsmöglichkeiten können Interessierte bereits jetzt unter www.deine-altstadt-regensburg.de persönliche Wünsche, Forderungen und Anregungen einbringen. Auf einer interaktiven Karte können etwa Orte in der Altstadt markiert und entweder deren Potential hervorgehoben, auf die dortige Verkehrsproblematik hingewiesen oder einfach als der persönliche Lieblingsort benannt werden.
Stadtrat hat das letzte Wort
Die Verwaltung erhofft sich dadurch ein möglichst umfangreiches Gesamtbild darüber, wo der historische Kern Regensburgs derzeit steht und wo es hingehen soll. Bereits Ende Juli wird es in drei sogenannten Analyse-Workshops analog in den konkreten Austausch mit der Bürgerschaft gehen. Nach weiteren Workshops im Herbst und einem Online-Dialog zur Bewertung der Ideen, soll dann der Stadtrat das entwickelte Konzept beschließen. Der habe nämlich das letzte Wort, wie die Oberbürgermeisterin festhält.
Rund 40 Teilnehmer sind am Samstag digital anwesend. Viele Fragen und Anmerkungen drehen sich auch bei ihnen um das Thema Altstadtverkehr. Wie kann der Lieferverkehr besser gesteuert werden? Kann ein Fahrradverleihsystem bei der Verkehrsberuhigung helfen? Der Studentische Sprecherinnenrat der Uni Regensburg fordert, die Studierenden mit in den Blick zu nehmen. Diese seien eine große Nutzergruppe und müssten aus den jeweiligen Stadtteilen gut ins Zentrum gelangen können.
Das „Manhatten von Regensburg“
Manchen erscheint das Verkehrsthema aber auch zu dominant. Es gehe „tatsächlich um Nutzerkonkurrenzen“, meint eine Person. „Feiern und Wohnen“ müsse ebenso thematisiert werden wie der „Gentrifizierungsaspekt“. Die Altstadt sei „das Manhattan von Regensburg mit hohen Mieten und Preisen“. Und dies verdränge „normale Nutzungen“. Auch auf das Thema Ferienwohnungen wird im Chat verwiesen.
Wie lebenswert die Innenstadt für Familien noch sei, lautet eine andere Frage. Schimpfermann hebt die vielen neugeschaffenen Spielplätze in der Altstadt hervor. Auch die „sehr, sehr kurzen Wege in den Alleengürtel“ seien ein „großes Plus“, nicht nur für Familien. Dennoch bleibe das Stadtzentrum kein einfacher Standort für Eltern. Auch deren Blick werde in den Workshops zu tragen kommen. Während des Prozesses sollen auch 300 Bürger zufällig aus der Einwohnerstatistik ausgewählt und befragt werden. „Damit die 17-jährige Schülerin, wie auch die 71-jährige Oma mitmacht,“ erklärt Frehn.
Maltz-Schwarzfischer geht am Samstag „mit einem guten Gefühl aus der Auftaktveranstaltung“. Sie hofft nun auf eine rege Beteiligung. Die Altstadt sei schließlich ein „Identifikationsort“, nicht nur für die Anwohner. Je besser der Prozess laufe, desto leichter falle dem Stadtrat am Ende die Entscheidung.
Hannelore
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„Damit die 17-jährige Schülerin, wie auch die 71-jährige Oma mitmacht,“ erklärt Frehn.
Diskriminierung wird grundsätzlich akzeptiert? Wo bleiben man*frau ? Warum ein Mindestalter und ein Höchstalter?
Seppi
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@Hannelore
Was soll dieses Getrolle? Es handelt sich erkennbar um ein Bild dafür, dass jeder und jede mitmachen kann, inklusive bewusster Zahlendreher. Wenn Sie das als Mindest- und Höchstalter verstehen und die Diskussion weg von der Sache hin zu irgendwelchen Befindlichkeiten lenken, ist das klassisches Derailing. Gender- und Altersdebatte vor Sachdebatte – identitätspolitischer, mit Verlaub, Bullshit (der im Übrigen auch einer ernsthaft geführten Genderdebatte schadet).
Madame
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Da lachen ja die hühner. Bürger mit reden lassen bei altstadtentwicklung
Es war schon am bahnhof bzw die alten bäume schützen. Was ist übriggeblieben – nichts
Es wird wahrscheinlich so sein, dass die altstadt ein musseum wird – mit kirchen wirtshäusern und privigierten wohnungseigentümern. Die normalos verschwinden aus der altstadt – sie können die hohen mieten nicht mehr bezahlen.. Jetzt ist es ja so schon,- im sommer sind viele touristen hier. Die einwohner von rbg.schlängeln sich durch touristenströme. Es finden natürlich auch feste um das Renommee der altstadt zu heben. Die jungen von nah und fern, um zu feiern. Die regensburger verschwinden nach und nach. In münchen ist der bayer fast ausgestorben.. Seit rgb.weltkulturerbe ist, ist es mit der gemütlichkeit vorbei. Bei tagestouristen ist regensburg sehr schön. Aber sie meinen die sehenswürdigkeiten. Alles ist zu komerziell, zu künstlich. Es werden auch sachen von anderen städten kopiert. Anscheinend fehlt es an ideen.
Zuguterletzt bürger mitreden , ist nur augenwischerei.
WR
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Kommentar gelöscht. Wir verweisen aus gegebenem Anlass auf unsere Netiquette.
https://www.regensburg-digital.de/unsere-regeln-fuer-unser-forum/25022020/
Insbesondere:
joey
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soeben habe ich die Umfrage ausgefüllt. Gratulation, man hat richtigerweise auch eine Beteiligungsmöglichkeit für Leute außerhalb der Stadt dabei, die auch nicht aus dem LKr R kommen, sondern aus Regen, Schwandorf, Straubing, Ingolstadt.
Diese werden trotzdem in der Befragung unterrepräsentiert sein, weil sie von der Befragung gar nichts wissen.
Eine Stadt wie Regensburg wird nach den demokratischen Grundregeln von den direkten Bürgern politisch bestimmt. Es liegt in deren Ermessen, das Zentrum in ein grünes Dorf zu verwandeln. Die OB hats offenbar kapiert, daß sie dann zur Dorfbürgermeisterin würde.
Maria Panzer
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Das Konzept ist falsch.
Regensburg ist mehr als Altstadt. Die anderen Stadtteile sind wesentlich stärker vom Verkehrslärm betroffen wie der gewählte Ausschnitt. Wenn in den umliegenden Bereichen eine Verbesserung erfolgt gelingt dies automatisch auch im Welterbe.
Der Lärm in der Altstadt erfolgt hauptsächlich durch die Feierlaune.
Aber welcher OB traut sich das zu?
Ein Besonderheit in Regensburg ist das in der Innenstadt oft 5 und mehr Busse ( teils halbleer) hinterher fahren und nicht nur sich selbst, gegenseitig behindern.
Dugout
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“Michael Frehn (2.v.l.) sieht die Altstadt mit Stadtamhof als „Juwel mit viel Potential”.”
Die Sache geht schon mit einem echten Knaller los! Das hamwa ja noch nie gehört.
Wer wissen will wie die Sache weitergeht, kann die einzelnen Veranstaltungen vergleichen mit der Arbeit der ” Planersocietät ” in Dortmund( da kommen sie her, da kennen sie sich wenigstens aus), aus dem Jahr 2017. Mal sehen wie Deckungsgleich die Ergebnisse ausfallen werden.
Bei solch bahnbrechenden Erkenntnissen ,zum Beispiel über das Dortmunder Potenzial: “Die Mobilität der Dortmunderinnen und Dortmunder ist derzeit noch stark durch das Auto geprägt. Zwar nimmt der ÖPNV im Vergleich mit anderen Städten schon eine überdurchschnittliche Rolle im täglichen Verkehrsgeschehen ein, deutliche Potenziale bestehen aber darüber hinaus in der Förderung der Nahmobilität, insbesondere des Radverkehrs. Die kompakte Stadtstruktur Dortmunds bietet hierzu gute Voraussetzungen.”,
Wird es wohl nicht wenige “Ähnlichkeiten” geben.
Im nächsten Leben werde ich Berater, das ist sicher.
https://www.dortmund.de/de/leben_in_dortmund/verkehr/masterplan_mobilitaet_2030/oeffentlichkeitsbeteiligung_mm2030/beteiligungsformate_mm2030/1_dialogveranstaltung_mm2030/index.html
Madame
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@maria panzer. Das bussystem. muss geändert werden . lm winter sind die Busse knallvoll durch Schüler ,studenten und sonstigen. Es gibt Busse, die diese Klientel fährt. Bei anderen Möglichkeiten sind die Fachleute gefragt, die verkehrfachleute gefragt. Mal sehen was sie zustande bringen?
Madame
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40 Jahre wird in Sachen altstadtberuhigung herumgedokert. Aber eingekauft wird mehr in den äussern Bezirken regensburgs. Bis schlichtinger und wolbergs hat keiner eine Lösung zustande gebracht. Einzelhändler haben teilweise daS nachsehen. Es ist auch schwierig im Kleinstadt Milieu regensburg wegen Platzmangel Wohnungsmangel für die Zukunft zu rüsten.
Theo Sanders
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Es stellt sich wirklich die Frage warum wurde ein Büro aus Dortmund für ein Problem gewählt, das sich bereits weitgehend selbst gelöst hat. Die Altstadt ist bereits verkehrstechnisch mausetot und keiner kommt mehr mit dem Auto hin. Außer die Anwohner zu ihren Quartiersparkplätzen und die die Touristen zu den Hotels.
Eshabe
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Ja, ich verstehe es teilweise, es fällt schwer nicht polemisch zu werden.🤭
Liebe Altstadtbewohner (…wieviele gibt es eigentlich ohne unsere studierenden, wieder wegziehenden Bewohner?)
habt Geduld.
Geboren in der Lappersdorferstrasse,
jetzt als Rentner in der Amberger Straße wohnend, sehe ich mit Ohnmacht die Transparente an den Häusern… Verkehrsberuhigung… Regenbrücke bei Hauner.
Mein Vater, seit 1989 tot, hat bereits Unterschriften gesammelt.
Und heute noch donnert täglich der Schwerlastverkehr durch beide Straßen. Warum? Ich weiss es nicht.
Aber solange ein Molch wichtiger wie unsere Gesundheit ist…
DARUM… Geduld liebe Altstadtbewohner.
Beteiligt Euch und tut dies für Eure Kindeskinder.
Gruß aus der Ambergerstrasse 😇