Mit Van Halen und dem lieben Gott: Astrid Freudenstein will OB von Regensburg werden
Mit 73 von 78 Stimmen wählen die Delegierten der Regensburger CSU Astrid Freudenstein zu ihrer Kandidatin für die OB-Wahl 2026. Die Partei scheint geschlossen wie seit langem nicht mehr.
Zur Zeit ein Herz und eine Seele: Michael Lehner und Astrid Freudenstein.
Als die Anwesenden im Regensburger Herzogssaal zum dritten oder vierten Mal aufstehen und rhythmisch applaudieren, während aus den Lautsprechern der Van Halen-Klassiker „Jump“ aus den Boxen dröhnt, und als es „Astrid, Astrid“-Rufe gibt, während vorne ein Diashow mit Bildern von Astrid Freudenstein über die Leinwand läuft, die sich vor Gratulationen kaum retten kann, kommt man sich fast vor wie auf einer ausgelassenen Geburtstagsfeier.
Doch tatsächlich ist es die Nominierungsversammlung der Regensburger CSU, die man seit Jahren nicht mehr so geschlossen und harmonisch erlebt hat. Man wähnt sich siegessicher angesichts einer Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer, die vielfach als Verwalterin, aber nicht als Macherin wahrgenommen wird. Ein Jahr und einen Tag vor dem möglichen Stichwahltermin schicken die Delegierten Astrid Freudenstein mit 73 von 78 abgegebenen Stimmen ins Rennen um das Amt der Oberbürgermeisterin.
Keine Gegenkandidaten, viel Applaus
Die Veranstaltung dauert keine zwei Stunden. CSU-Chef Michael Lehner, der Freudenstein vorschlägt, beschreibt sie als „energisch, tatkräftig, engagiert“ und als Bürgermeisterin „mit Herzblut“. Gegenkandidaten gibt es nicht.
Astrid Freudenstein, der Kritiker aus anderen Fraktionen gelegentlich nachsagen, dass sie stets genau unterscheidet, wofür sie zuständig und verantwortlich ist und wofür nicht, wenn es mal unangenehm wird, liefert in ihrer knapp halbstündigen Bewerbungsrede unter der Überschrift „Regensburg kann mehr“ alles, was es braucht, um die Delegierten mitzunehmen.
Fröhlich und optimistisch, persönlich und emotional, was für Seele und Zusammenhalt der Partei, Zahlen und Fakten, Auszüge aus dem noch in Arbeit befindlichem Wahlprogramm, die die CSU-Delegierten mal konkret inhaltlich mitnehmen und mal geschickt-populistisch deren Stimmung aufgreifen.
Die politische Konkurrenz bleibt unerwähnt
Die CSU? Eine „Volkspartei“, quer durch alle Gesellschafts- und Altersschichten. „Junge, Alte Zugereiste“. Name Dropping inklusive. Dankesworte an CSU-Chef Michael Lehner, dessen Engagement Freudenstein mit jeder Menge Lob bedenkt. „Vergelt’s Gott.“ Ansätze einer La Ola-Welle für Lehner starten im Saal.
Astrid Freudenstein bei Bekanntgabe des Wahlergebnisses.
Das Profil? „Macher. Wir sind keine Resolutionsschreiber.“ Sie selbst? Vom Land, aus Niederbayern. „Ich hab immer gern gearbeitet.“ Dann studiert, dann beim BR, an der Uni, dann im Bundestag. Dort habe sie „sich gerechnet. Fünf Millionen Fördergelder habe sie nach Regensburg geholt. Außerdem: „Davon hab ich noch 1.500 Kontakte im Telefon.“ Seit 30 Jahren sei sie glücklich verheiratet, betont Freudenstein. „Und der liebe Gott hat uns einen wunderbaren Sohn geschenkt“.
Die politische Konkurrenz, allen voran Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer und die SPD, erwähnt Freudenstein kein einziges Mal. Allenfalls an dem, was sie und die CSU anders machen wollen, kann man ablesen, welche Defizite die 51-Jährige der aktuellen Stadtspitze zuschreibt.
Kaufhof, Bahnhof, Wohnungsbau
In Regensburg mit seinen 225 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen und seiner „besterhaltensten und schönsten Altstadt Deutschlands“ brauche es „mehr Dynamik, mehr Entscheidungen, mehr Kommunikation, mehr Bürgernähe, mehr Machen“.
Was man so vor hat? „Die Ost-West-Sperre am Bahnhof muss weg.“ Applaus. Den Kaufhof? Müsse man kaufen. „Die Chancen sehen, nicht die Risiken.“ In die Busse müssten Kameras. „Wir müssen die Opfer schützen, nicht die Täter.“ Die Sallerner Regenbrücke? Bauen!
Überhaupt das Bauen. Wohnungen. „Günstiger und von der Stange“ müsse das laufen. Modulbauweise. „Wie beim Chancenhaus in Kumpfmühl.“ Leerstände werde die CSU „nutzbar machen“. Dass das funktioniere, habe sie beim leerstehende Hochhaus im Stadtosten schon „bewiesen“. Dort wo jetzt noch die Notunterkünfte in der Aussiger Straße stehen, werde sie für Reihenhäuser sorgen. „Damit der Stadtnorden heilen kann.“
Wirtschaftsbeirat, Velodrom und Umweltschutz mit „Maß und Mitte“
Mit der Wirtschaft und den Unternehmen werde sie wieder persönlich sprechen. Außerdem: Es gebe „Beiräte für alles Mögliche“, deshalb brauche es auch einen Wirtschaftsbeirat. Und das interkommunale Gewerbegebiet mit Wenzenbach müsse so schnell wie möglich umgesetzt werden.
In Sachen Kultur will Astrid Freudenstein das Velodrom im Sinne des Staatstheaters Regensburg „zweckmäßig“ sanieren lassen. „Keine Luxussanierung.“ Was den Sport betrifft habe sie als zuständige Referentin viel geleistet und wolle künftig „mehr Bewegungsflächen“ für die Jugend schaffen.
Umweltschutz? „Wir schützen alles, was der liebe Gott uns gegeben hat“, sagt Freudenstein. Schon ihr Vater habe ihr beigebracht, für jeden Baum, den man fällt, einen neuen zu pflanzen. „Aber Regensburg allein rettet nicht die Welt. Alles braucht Maß und Mitte.“ Wieder mal lauter Applaus.
Verwaltung soll mehr selber machen
Die Verwaltung? „Um 40 Prozent angewachsen in den letzten zehn Jahren.“ Doch im Gegensatz zu den bisherigen Äußerungen der CSU, die mehr oder weniger in die Forderung nach Personalabbau mündeten, sagt Freudenstein: „Ich stehe total auf Verwaltungen.“ Dort arbeiteten zum überwiegenden Teil sehr gute Leute. Den Rotstift ansetzen will sie bei „den Abermillionen, die wir an Agenturen in aller Welt vergeben“. Selber machen, sei das Gebot der Stunde.
Standing Ovations nach der Wahl.
Nur ein kleiner Auszug der CSU-Pläne sei das, an denen man gerade arbeite. „Wir werden stolpern, wir werden wieder aufstehen und wenn wir alle zusammenhalten“, dann werde man diese Wahl gewinnen, sagt Freudenstein, bittet um Unterstützung, wünscht alles Gute und „den Segen vom lieben Gott“.
Es folgen Standing Ovations. „Astrid“-Rufe. Der Wahlgang gerät zur Formsache. Als das Ergebnis verkündet wird, fällt man sich um den Hals.
Grüne reagieren mit Kopfschütteln
Die Grünen reagieren am nächsten Tag in einer Pressemitteilung „mit Kopfschütteln“ auf Freudensteins Nominierung. Die CSU habe in den letzten Jahren destruktiv und ohne Weitblick Politik betrieben. Freudenstein schmücke sich, etwa beim Sportpark Ost, mit fremden Federn, ihre eigenen Projekte gingen „nur schleppend“ voran und beim Thema Kaufhof setze man auf „plumpe Stimmungsmache statt Sachpolitik“.
Doch allein damit werden die Grünen weder der CSU noch Freudenstein Herr werden. Und die SPD, bei der Fraktion und Oberbürgermeisterin im Stadtrat teils unterschiedlich abstimmen, wird sich noch weit mehr überlegen müssen, um bei der kommenden Wahl noch eine Chance zu haben.
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thomas otto
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frau dr freudenstein könnte noch vor der wahl, gemeint ist SOFORT, beweisen was sie wirklich zustande zu bringen in der lage ist, nämlich der aok feuer unterm hintern zu machen und dem “mann ohne beine” zu seinem recht zu verhelfen. hier ist tatsächlich not am mann.
christlich UND sozial wäre das, anders als das bauen-geschwurbel.
michinga
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Wo ist Ihr Verkehrskonzept für Regensburg, Frau Freudenstein?
Informant
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Die Haltung zu dieser Maßnahme ist ein guter Indikator, ob ein Politiker an der Stadt und ihren Bewohnern an sich interessiert ist oder nicht.
Das Aufheben der Sperre hilft nur Personen, die gar nicht zum Bahnhof, sondern nur ein bisschen bequemer dran vorbei wollen. Für alle anderen mit tatsächlichem Ziel “Bahnhof” ist die Sperre ein Gewinn: Kaum Lärm, keine Gefahren, bessere Aufenthaltsqualität, nicht mer ewige Wartezeiten an Ampeln.
Mit der CSU ist kein Fortschritt möglich. Wenn schon diese kleine Sperre mit kaum Auswirkungen auf irgendwas ein Problem ist…
CSU = Rückschritt, CSU = Festhalten an nicht mehr zeitgemäßen Methoden und Lösungen.