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Space-Eye mietet Sanierungsfall

„Mieter mit handwerklichem Geschick“ gesucht: Erfolg für Pilotversuch der Stadtbau Regensburg

Zwei hundert Jahre alte Häuschen wollte die Stadtbau zu ungewöhnlichen Konditionen vermieten. Es folgte mancherlei Häme – und es hat geklappt.

Nächsten Januar sollen hier die ersten Mieter einziehen. Foto: as

Sie sorgte für viel Aufmerksamkeit, breites mediales Interesse und mancherlei Häme: eine Immobilienanzeige der Regensburger Stadtbau GmbH, über die regensburg-digital Ende März zunächst exklusiv berichtet hatte. Im Rahmen eines „Pilotversuchs“ suchte Götz Kessler, Geschäftsführer der städtischen Wohnbaugesellschaft, einen Mieter für zwei sanierungsbedürftige, 100 Jahre alte Reihenhäuser im Rosenweg, im Osten von Regensburg.

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Der Deal: günstige Miete (1.200 Euro für 151 Quadratmeter plus Garten) gegen „handwerkliches Geschick“, sprich aufwendige Sanierungen vom Keller bis zum Dach in Eigenregie. Der Spott und die Skepsis in Kommentaren auf Social Media, aber auch bei mancher Berichterstattung war teilweise groß. Doch tatsächlich war das Haus binnen kürzester Zeit vermietet.

Heruntergekommene Wohnungen pragmatisch renovieren

Zugeschlagen hat Michael Buschheuer für die von ihm begründete NGO Space-Eye. Seit Anfang 2021 hält die Hilfsorganisation Ausschau nach Wohnungen, die schon etwas heruntergekommen sind, entmietet und angesichts steigender Baupreise und ausgebuchter Handwerksfirmen noch etwas länger einer Sanierung harren.

Während dieser Übergangszeit mietet Space-Eye diese Wohnungen für Geflüchtete an und bringt sie zusammen mit diesen auf Vordermann. „Pragmatisch, auf niedrigem Niveau“, sagt Buschheuer. So wie es die Stadtbau oder ein anderes Wohnungsunternehmen nicht könnte.

Michael Buschheuer in einem der beiden Häuschen. Foto: as

Hätte die städtische Wohnbautochter beispielsweise die beiden Häuschen im Rosenweg saniert, hätte man laut Aussagen von Geschäftsführer Kessler Mieten jenseits der 3.000 Euro verlangen müssen. Man wolle aber weder ein Preistreiber für den Mietmarkt sein, noch habe man Wohnungsbestand verkaufen wollen, so Kessler Ende März zu regensburg-digital.

Niedrige Kosten, hoher Nutzen: Integrationsprojekt von Anfang an

Deshalb habe man sich für das ungewöhnliche Mietangebot entschieden – und Space-Eye war dem Vernehmen nach längst nicht der einzige Interessent, der sich gemeldet hatte. Seit Anfang Mai wird nun eifrig gearbeitet in den beiden Gebäuden, zu denen auch noch ein 600 Quadratmeter großer Garten gehört.

Das Konzept von Space-Eye bei all diesen Renovierungen zusammen mit den künftigen Bewohnern: es soll für den Anfang reichen, als Übergangslösung und Sprungbrett in den regulären Wohnungsmarkt. „Wir wollen ja, dass die Leute sich von dort aus Arbeit und eine eigene Wohnung suchen und im besten Fall nach ein oder zwei Jahren wieder ausziehen.“ Ein Integrationsprojekt von Anfang an also. 380 Wohnungen sind es bislang, die man angemietet und hergerichtet hat – vornehmlich, aber nicht nur von der Stadtbau.

Menschen die ausziehen wollen und Menschen, die etwas zu tun haben möchten

Es gebe da einen Pool von Leuten aus dem Ankerzentrum, erzählt Buschheuer. Menschen, die ausziehen dürfen, eine Bleibeperspektive haben und auf diesem Weg eine erste Wohnung finden. Da seien aber auch welche, die im Anker bleiben müssen und trotzdem einfach mithelfen wollen, um etwas zu tun zu haben. Space-Eye stelle als zwischengeschalteter Vermieter die Basics zur Verfügung, Transportmöglichkeiten, Telefonnummern, ein Minimalbudget, sorgt für funktionieren Strom- und Wasseranschlüsse.

Ein befreundeter Zimmerer kümmert sich um den Dachstuhl. Foto: as


„Dann müssen sich die Leute selber kümmern“, sagt Buschheuer. Integration schon mit der Wohnungsrenovierung – auch wenn man natürlich Hilfestellungen gebe. Zuletzt habe man so – im Gebäude eines Immobilienunternehmers, wo die notwendige Sanierung vorerst aufgeschoben wurde – vorübergehenden Wohnraum für sieben Familien schaffen können. Kosten für Renovierung und Ausstattung: 3.500 Euro insgesamt. „Das ist doch super. Wenig Aufwand und ein hoher Integrationsnutzen.“ Dem regulären Markt werde dadurch kein Wohnraum entzogen. „Die stünden bis zur geplanten Sanierung einfach leer.“

Helfer, Improvisation und Mieter, die selbst anpacken

In dieses Konzept sollen sich auch die beiden Häuschen im Rosenweg einfügen, auch wenn es hier etwas schwieriger wird, wie bei normalen Wohnungen, wie Buschheuer einräumt. Das liegt nicht in erster Linie an den notwendigen Sanierungsmaßnahmen.

Um den Dachstuhl kümmere sich beispielsweise ein befreundeter Zimmerer. Beim Rausreißen von alten Tapeten, Teppichen und Böden, dem Abschlagen von Putz und ähnlichen Arbeiten haben Studentinnen und Studenten im Rahmen des Honors-Wirtschaftswissenschaften-Programms an der Uni Regensburg mitgeholfen. Leitungen werden kostengünstig auf Putz statt unter Putz verlegt, Schönheitsreparaturen auf das Notwendigste beschränkt.

Hier im Keller befand sich das Bad der Vormieterin. Foto: as

„Ein wenig rumbetteln, ein paar Leute fragen, ein wenig improvisieren und einen Teil der Arbeit den Mietern überlassen“, sagt Buschheuer. Das klappe schon. Aber man müsse auch schauen, wie man das Ziel von Space-Eye mit den Möglichkeiten der Gebäude und den Bedürfnissen der Nachbarschaft in Einklang bringe. Einerseits wolle man ja, dass die Leute nach ein, zwei Jahren etwas Neues finden und sich weiter integrieren, andererseits wären die beiden Häuschen geradezu ideal für Familien, die sich hier länger niederlassen, was auch im Interesse der Nachbarn läge.

Man müsse eben schauen, wie man das alles unter einen Hut bringe. Natürlich könne so etwas auch mal scheitern, sagt Buschheuer, klingt aber trotz allem optimistisch. Anfang nächstes Jahr sollen hier die ersten Leute einziehen und sich an die letzten Renovierungen machen.

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Kommentare (8)

  • Mr. T.

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    Man sollte öfter unkonventionelle Wege gehen, auch in Ämtern. Die Idee ist charmant und scheint sich jetzt als Win-Win rauszukristallisieren.

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  • Dieter

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    Dann hätte man sich die medienträchtige Anzeige ja auch sparen können, wenn es letztendlich, wie gewünscht, eine NGO bekommen hat. Space Eye hat natürlich ganz andere Möglichkeiten als eine der Familien, die sich beworben hatten.
    Anfangs war nach herkömmlicher Sanierung von einer Miete mit einer 2 davor die Rede, nun mit einer 3.
    Warum man solche Preisaussagen nicht mal kritisch hinterfragt oder durchrechnet, wundert mich.
    Andererseits ist ja auch positiv, dass es Space-Eye bekommen hat und Immobilienhai.

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  • tom lehner

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    Eigentlich ist das ein gar nicht so schlechtes Modell. Für Menschen mit handwerklichem Geschick wäre das eine Möglichkeit. Allerdings ist eine Generalsanierung mit Arbeitszeit und Materialkosten für den zukünftigen Mieter keine Win-Win Situation, sondern moderne Sklaverei die auch noch bezahlt wird.
    Die Abrechnung der Arbeitszeit und kleine Materialposten über einen festgelegten Zeitraum oder eine festgeschriebene Mieter wäre mehr als fair. Das ist auch nicht neu. Ich habe das schon mehrfach gemacht und gute Erfahrungen gesammelt.

    Eine Haus vom Mieter kernsanieren zu lassen und dann 1200 € zu verlangen ist mehr als unverschämt. Auch bei 150qm Nutzfläche. Das eine NGO den Idealismus junger Menschen dazu nutzt unter diesen Voraussetzungen für sich eine Basis zu schaffen darf durchaus hinterfragt und kritisch beleuchtet werden.

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  • joey

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    Kommentar gelöscht. Kein Getrolle.

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  • weltbesterkoch

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    In diesem Zusamenhang würde mich die rechtliche Lage interessieren:
    Steuern, Sozialabgaben, Hinzuverdienst, Meisterpflicht, Arbeitsschutz, Versicherungsschutz etc.

    Vermittlungsquote auf dem regulären Arbeitsmarkt (z.B. Bau, Fachkräftemangel)?
    Bei der hohen Anzahl an Renovierungen könnten doch auch Fähgikeiten vermittelt werden, die den Zugang zum regulären Arbeitsmarkt erlauben.

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  • Daniela

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    Zumindest für die Stadtbau GmbH ist es ein wirtschaftlicher Gewinn.

    Für space – eye ein ‘Werbeträger’.

    Für die mithelfenden Asylbewerber eine sinnvolle Beschäftigung gegen die Tristesse
    im Asylbewerberheim.

    Für anerkannte Flüchtlinge eine Auszugsmöglichkeit aus dem Asylbewerberheim.

    Es scheint eine win-win-win-situation für alle, aber …

    … auf alle Fälle ein Geniestreich der Stadtbau GmbH. Miete für ein unbewohnbares Haus und dann finanziert der Mieter auch noch den Ausbau… Alle Achtung! Das sollte mal ein “Immobilienhai” probieren, den würdens wahrscheinlich in Grund und Boden schimpfen…

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  • MMayer

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    Auf den ersten Blick ein gute Sache, renovierungsbedürftige Liegenschaften herzurichten und dann an sozial schwache Bürger, Flüchtlinge o.ä. günstig zu vermieten.
    Auf den zweiten Blick sind dies jedoch manchmal Wohnungen, die vorher vom Eigentümer teils fadenscheinig entmietet wurden und nun doch dem Mietmarkt wieder zugeführt wurden mit der Schleife über Buschheuer´s “SozialProjekt”. Hier könnte man dann schon mal kritisch nachfragen, in wie weit hier auch Spendengelder genutzt werden oder diese hergerichteten Wohnungen dann über Flüchtlinge oder Bürgergeldempfänger letztendlich teurer als vorher “vermietet” werden.

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