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Prozess am Landgericht

Massenhaft Kinderpornografie im Darknet verbreitet

Seit Dienstag stehen ein ehemaliger Regensburger Rechtsanwalt (57) und ein 54-jähriger Berliner Kaufmann vor dem Landgericht Regensburg. Über eine Plattform im Darknet sollen sie massenhaft kinderpornografisches Material verbreitet haben.

Der 57-Jährige gestand bereits kurz nach seiner Festnahme. Ihm drohen bis zu viereinhalb Jahren Haft. Foto: bm

Blaues Hemd, darüber einen grauen Zipper. Kapuze und Mundschutz verdecken das Gesicht. Bewacht von zwei Beamten des USK sitzt der 57-jährige Dietrich L. Dienstagmorgen vor dem Sitzungssaal 104 des Regensburger Justizgebäudes. Bis vor einiger Zeit war L. als Rechtsanwalt in der Domstadt tätig. In wenigen Minuten wird er nun selbst vor der 5. Strafkammer des Landgericht Regensburg als Angeklagter vorgeführt werden.

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Als „GoodUncle“ soll sich der gebürtige Stuttgarter der bandenmäßigen Verbreitung kinderpornografischer Schriften sowie deren Besitzes schuldig gemacht haben. Während Oberstaatsanwältin Manuela Teubel (Generalstaatsanwaltschaft Bamberg) die Anklageschrift verliest, sitzt L. regungslos, mit leicht gesenktem Kopf neben seinem Verteidiger, dem Regensburger Rechtsanwalt Maximilian Keser.

„GoodUncle“ und „Mona“ im „TweenFanIsland“

Eine Reihe vor dem Juristen sitzt ein weiterer Angeklagter in dem Verfahren. Lyad A. soll sich von seiner Berliner Wohnung aus zwischen Januar und Juli 2020 ebenfalls am Betreiben der Kinderpornoplattform „TweenFanIsland“ aktiv beteiligt und darüber selbst pädokriminelles Material verbreitet haben. Unter dem Nicknamen „Mona“ soll er in 41 eigenständigen Handlungen 908 Dateien, vor allem Bilder und einige Videos, über die Plattform  zum Download bereit gestellt haben.

Hinter der 2019 in den USA gegründeten Seite „TweenFanIsland“ (TFI) verbirgt sich eine der dunkelsten Seiten des Internets. Nicht nur konnte die Seite bis Mitte 2020 lediglich über das sogenannte Darknet aufgerufen werden. Als Szenechat diente sie fast 400 Mitgliedern als Quelle zur Befriedigung der eigenen Lust. Auf den über die Seite geteilten Dateien sind Mädchen zwischen 6 und 16 Jahren oftmals „lediglich“ in sexualisierter Pose, in unzähligen Fällen aber auch in deutlich schlimmeren Situation abgelichtet. Was über Plattform geteilt werden darf, war klar geregelt: Keine Jungen, keine Gewalt, keine Babys. Erwachsene nur wenn das Kind im Fokus der Szene steht.

FBI brachte Ermittler auf die Spur der Angeklagten

So wurde es auch auf der Startseite vor dem Zugang zum Chat erklärt, wie ein BKA-Ermittler dem Gericht anhand der gesicherten Plattform am Dienstagnachmittag vorführt. Auf schwarzem Hintergrund steht zwischen Kuss-Smileys und roten Herzen in lilalen Lettern der Name der Seite. Jeder, der per Klick in den dahinter liegenden Chat eintrat, wusste worauf er sich einlässt. Gleichwohl sei die Seite frei zugänglich gewesen. Per Gastzugang hätte jeder rein gekonnt. Lediglich für Administratoren und Moderatoren habe es vorher eine Freischaltung bedurft, so der Beamte aus Wiesbaden.

Eine solche hatten auch die beiden Angeklagten. Auf ihre Spur kamen die Ermittler 2020 nach Hinweisen des FBI. Die US-Behörde hatte kurz zuvor den Betreiber der Plattform in den USA hochgenommen und konnte über die IP-Adressen mehrere Personen aus Deutschland ausmachen. Am 20. Juli 2020 kam es zur Hausdurchsuchung in Regensburg. Der ehemalige Anwalt soll als Administrator der Stufe 1 mehrere Aufgaben übernommen haben. Angefangen vom Freischalten von Mitgliedern, bis hin zum Bereitstellen von rund 334.000 Dateien. Die Bilder und Videos wurden auf einen eigenen Datenspeicher geladen und per Link über den Chat auf „TFI“ an die Mitglieder verbreitet.

Jurist sammelte 900.000 Dateien

Fast täglich soll der „GoodUncle“ unter seinem Pseudonym zwischen Juni 2019 und Juli 2020 auf der Plattform etwas hochgeladen haben, ehe die Beamten ihn bei der Durchsuchung noch auf der Seite eingeloggt am Computer sitzend antrafen.
Auf seinen persönlichen Datenspeichern stellten die Ermittler um die 900.000 Dateien sicher. Dem Mann wirft die Staatsanwaltschaft deshalb das bandenmäßige Verbreiten in 338 Fällen sowie den Besitz kinderpronigrafischer Schriften vor.

Die Angeklagten hatten auf der Seite umfangreiche Zugriffsrechte. Links Rechtsanwalt Maximilian Keser im Gespräch mit seinem früheren Berufskollegen. Foto: bm

Ein Großteil der Daten wird der Kategorie 3 zugeschrieben. Darunter fallen Bilder und Videos die sogenanntes „Posing“ beinhalten, also das Darstellen von Kindern in sexualisierter Weise oder deren primären Geschlechtsteilen, ohne expliziter sexueller Handlung. Aber auch zahlreiches Material der Kategorien 1 und 2 befand sich unter dem Beweismaterial. Dabei geht es um Vergewaltigungshandlungen ohne beziehungsweise mit Eindringen in den Körper.

Exemplarisch verliest Staatsanwältin Teubel aus der Anklageschrift einen Teil des sichergestellten Materials und was darauf abgebildet ist. Während der Regensburger dabei fast stoisch auf seinem Platz ausharrt, sucht der 54-jährige Mitangeklagte immer wieder das Gespräch zu seinem Verteidiger und verbirgt das Gesicht dabei möglichst vor den Blicken der Öffentlichkeit.

54-Jähriger verging sich an Freundin der Tochter

Als „Mona“ soll der zwischen Januar und Juli 2020 908 Dateien über „TFI“ verbreitet haben. In seiner Wohnung fand die Polizei am 21. Juli 2020 über 131.000 Dateien – zumeist Bilder. Neben dieser bandenmäßigen Verbreitung, soll sich der Mann zudem in sieben Fällen des sexuellen und in einem Fall des schweren sexuellen Missbrauchs eines anfangs 10-jährigen Mädchens schuldig gemacht haben. Das Kind war vor zehn Jahren mit der Tochter des Angeklagten befreundet und schlief deshalb des öfteren in der Wohnung des Mannes. Während die Tochter morgens noch geschlafen hat, soll er sich in insgesamt acht Fällen an dem Mädchen vergangen und dabei gefilmt haben.

Ursprünglich führte die Anklageschrift einen weiteren Angeklagten auf. Ein 29-Jähriger aus Rheinland-Pfalz soll bereits ab März 2019 und damit kurz nach dem Start Teil der Plattform gewesen sein. Als Super-Administrator verfügte er über umfangreiche Rechte und war für ein tägliches Back-Up des Chats verantwortlich. Dadurch sollte die Funktionstüchtigkeit des Chats gewährleistet werden. Außerdem registrierte er 55 Mitglieder. Auch er verbreitete zudem zahlreiche Dateien. Der 29-Jährige, der aufgrund seiner hohen Position bei „TFI“ auch wegen Beihilfe angeklagt ist, befindet sich derzeit als einziger der dreien auf freiem Fuß. Aufgrund von Terminproblemen koppelte das Landgericht das Verfahren deshalb ab. Der Prozess gegen den Mann wird demnächst ebenfalls in Regensburg starten.

Rechtsgespräch stellt Weichen für Urteil

Bevor die beiden Angeklagten sich am Dienstag schließlich selbst zu Wort melden, kommt es zunächst zu mehreren Unterbrechungen. Einem ursprünglich neben Bernhard Löwenberg dem 54-Jährigen A. zugeteilten Verteidiger muss Richter Zenger zunächst hinterher telefonieren, um zu erfahren, er habe das Mandat bereits niedergelegt. Der Angeklagte wusste davon aber offensichtlich nichts.

Ein längeres Rechtsgespräch zwischen Kammer, Verteidigung und Staatsanwaltschaft stellt dann die Weichen für den weiteren Verfahrensverlauf und auch einen möglichen Ausgang des Prozesses. Vier bis viereinhalb Jahre Haft stehen aktuell im Fall des Regensburger Juristen im Raum. Bis zu sechseinhalb Jahre drohen dem Berliner wegen bandenmäßiger Verbreitung sowie des Besitzes von kinderpornografischem Materials und des sexuellen Missbrauchs eines Kindes. Voraussetzung dafür: Die darauf erfolgten Geständnisse und keine erheblichen Änderungen im Sachverhalt im Zuge der Beweisaufnahme.

Kinderporno-Plattform als Lebensinhalt

Darüber, wie und mit welcher Motivation sie überhaupt auf zu TweenFanIsland gefunden haben, wollen sich die Angeklagten zunächst nicht äußern. Das könnte später im Rahmen eines psychiatrischen Gutachtens zur Sprache kommen. Etwaige Einlassungen zu Umständen des persönlichen Lebensbereichs werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt. Gleiches gilt für die Schlussvorträge.

Auf Nachfrage des Gerichts erklärt der Berliner Angeklagte: „Wenn man etwas länger da ist und jemandem, der das Sagen hat, sympathisch ist, dann bekommt man mehr Rechte.“ Der Regensbuger lässt sich zudem auch etwas genauer über die technischen Hintergründe des Upload-Vorgangs ein. Üblicherweise hat er eine Vielzahl an Dateien gesammelt in einem Paket hochgeladen. Bei seiner Festnahme soll er auf die Beamten den Eindruck gemacht haben, „sogar erleichtert gewesen zu sein“. TweenFanIsland war regelrecht zu seinem Lebensinhalt geworden. Beide Angeklagten zeigten sich bereits kursz nach ihrer Verhaftung gegenüber den Ermittlern geständig. Sie sitzen derzeit in Untersuchungshaft. Am Mittwoch wird der Prozess fortgesetzt.

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Kommentare (2)

  • Franz

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    Hallo, ich bin der Meinung das die Strafe immer noch zu mild ist.
    Trotzdem verstehe ich immer noch nicht das der Klerus für seine jahrhundertelangen Taten nach wie vor straffrei und konsequenz-los davon kommt.
    Einzeltaten gibt es leider zuhauf. Ich wurde auch unter dem Kreuze missbraucht, in jeder Amtsstube werde ich durch Söders Kreuzerlaß daran erinnert, das es hier keine Gerechtigkeit gibt!! Verweise auf aktuelles und reales: https://blasphemieblog2.wordpress.com/2021/09/14/missbrauchsstudie-bistum-hildesheim-kirche-schutzte-tater-statt-kinder/

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  • Mr. B.

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    Und wieder kommen so scheußliche, menschenverachtende Taten ans Tageslicht!
    Wahrscheinlich werden auch wieder sog. Therapien angesprochen.
    Die geschädigten Kinder werden höchstwahrscheinlich ein Leben lang darunter zu leiden haben.
    Kann man diese Angeklagten nicht einfach lebenslang verwahren, so dass sie nie mehr an Kinder herankommen? Muss doch möglich sein,, oder?
    Was sind schon um die 4 Jahre, wenn man dann bei guter Führung vielleicht schon wieder eher entlassen wird?
    Es ist einfach ein Wahnsinn!!!!

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