Lesen Sie auch dieses, ähm… Wochenblatt?
Martin Oswald liest allerlei Kolumnen, merkwürdige Medien – und leidet. Bei uns veröffentlicht er nun jede Woche seine Bekenntnisse eines Medien-Masochisten.
Wäre ich Redakteur oder Kolumnist beim Wochenblatt Regensburg, würde ich diesen Artikel in etwa so beginnen:
Eines ist klar: die Bürger wollen sich nicht mehr länger verballhornen lassen. Jetzt reicht’s! Ganz Regensburg will endlich die Wahrheit lesen. Nackte, nicht nur halb nackte Tatsachen sozusagen. Die Menschen in Regensburg wollen einen Journalismus, der glaubwürdig ist, dem sie vertrauen können, in dessen väterlichen Schoß sie sich kuscheln können. Sie haben ein Recht zu erfahren was Sache ist. Wir Journalisten müssen dem Bürger einerseits auf den Zahn fühlen, andererseits seine Anliegen ernst nehmen. Denn er ist es schließlich derjenige, der bestimmt in unserer schönen Demokratie. Das ist schließlich das schöne an der Demokratie, wir können wählen was wir haben wollen. Schlegl oder Wolbergs. Wochenblatt oder Rundschau. Eine Kolumne oder keine Kolumne. Fakt ist: der Bürger will diese Kolumne! Er soll sie kriegen!
Nun bin ich aber leider kein Redakteur des Wochenblatts und sitze deshalb nicht im Vorzimmer der Volksseele, die durch meine Tastatur in die Welt spricht. Ich muss einen anderen Weg finden, das nachfolgende Geschreibsel zu rechtfertigen. Und dabei sollte ich ehrlich sein: Ich bin ein medialer Masochist.
Es zieht mich zu dieser Kolumne wie Franz Josef Wagner zur Gitanes-Kippe und Christian Eckl zum Messwein.
Ich bekenne mich voller Scham: Jeden Tag brauche ich meine Dosis Franz Josef Wagner. Ich lese ausnahmslos jede Kolumne, die er in der BILD-Zeitung (bzw. BILD online – die Zeitung kaufe ich wiederum aus Gründen der Scham nicht) auf’s Papier hustet. Ganz peinlich und schlimm, ich weiß. Einmal wöchentlich dann auch noch Harald Martenstein im ZEIT Magazin. Fürchterlich, aber ich brauche das. Unglaublich, oder? Und neben allem sonstigen Schund im Internet auch noch das Wochenblatt Regensburg. Mein Verhängnis. Es zieht mich zu dieser Kolumne wie Franz Josef Wagner zur Gitanes-Kippe und Christian Eckl zum Messwein. Das alles hat nur einen Zweck: Selbstzerstörung mit möglichst vielen Kollateralschäden. Bescheiden sollen lieber mal andere sein. Also los: Wieso bin ich wochenblattsüchtig? Vielleicht kann an dieser Stelle Alexandra Schindler, ihres Zeichens Chefsoziologin und Anzeigenkundin beim Wochenblatt Regensburg, behilflich sein. In ihrer zweiwöchentlich erscheinenden Kolumne „Seitenblicke“ ging sie in der vergangenen Woche direkt aus dem Seitenaus dem Phänomen „Seriensucht“ nach.
Da wird der Platz zwischen Anzeigen und Partybildern aber knapp…
„Warum wird man seriensüchtig?“ Ja, warum eigentlich? Dieses Rätsel zu knacken ist gar nicht so leicht. Denn die Serien „sind überall um uns herum. Wir schauen sie uns an. Wir leben geradezu mit ihnen. Wir widmen ihnen ganze Seiten im Internet. Aber woher kommen sie überhaupt? Was ist ihr Daseinsgrund? – (Es geht tatsächlich noch um Serien; Anm. d. Verf.) – Was reizt einen so an Serien? Warum geben sich so viele dieser Sucht hin?“ Puh, all diese Fragen sollen beantwortet werden? Da wird der Platz zwischen Anzeigen und Partybildern aber knapp im Blatt. Keine Angst, Frau Schindler hat nicht wirklich vor, Antworten zu geben, sondern bringt als Pointe lieber das hier:
„Fakt ist: Serien gibt es seit Jahrzehnten. Sie sind sogar Gesprächsthema Nummer eins auf vielen Partys. Ich glaube es ist tatsächlich deswegen, weil man der Realität damit so leicht entfliehen und in eine Fantasiewelt eintauchen darf, und wenn es nur für 45 Minuten ist.“
Großartig, nicht?
Dieses Paralleluniversum boulevardesker Belanglosigkeit (im besten Fall) und Unverschämtheit (im Normalfall)…
Und schlagartig ist man selbst wiederum beim Wochenblatt angelangt. Der Realität entfliehen und in eine Fantasiewelt eintauchen – das ist es! Wenngleich natürlich keine 45 Minuten, ein durchschnittlicher Toilettengang tut es da auch. Aber ja! Das sind die Gründe! Man entschlüpft der Welt in dieses Paralleluniversum boulevardesker Belanglosigkeit (im besten Fall) und Unverschämtheit (im Normalfall), sprachlichem Limbotanz, unnachgiebiger Empörtheit über Nichtigkeiten. Genau darauf richtet sich das Verlangen, darin verbirgt sich die Sucht ohne die keine Party mehr auskommt. Das ist kein Unfall, bei dem man sich selbst sensationslüstern und doch mit beißend schlechtem Gewissen beim Gaffen erwischt, das ist der immerfort in Slow Motion ganz bewusst durchlebte Kick, den man gleichermaßen hasst wie liebt – und braucht. Der Wutbürger in mir kann nicht mehr stillhalten. Der allwöchentliche Wahnsinn muss heftigst durch den Kakao geschleift, in tausend Stücke zerrissen werden, nicht aus Gram oder Prinzip, sondern aus Haltung, aus der Notwendigkeit der Widerrede, die sich Wochenblatt und Co. erworben haben. Es wird Zeit, dass sich der Masochismus nach außen wendet. Bis hierher und keinen Schritt weiter. Oder, um es mit dem Wochenblatt zu sagen:
Für Eckl jedenfalls dürfte jetzt klar sein: der Gegenwind gegen ihn nimmt taifunartige Windkraft an.
Kurt
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Großartig!!!
Endlich wird dieser Journalismus , auch der vom Regensburger Wochenblatt , einmal großartig an den #+Pranger gestellt!!!
Ihr Leute von Regensburg – Digital bekommts von mir heute einmal den ” Pulitzer-Preis ” verliehen.
cu
dugout
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Naja, all zu viel “Inhalt” steckt ja nun in diesem ” Bekenntnis” auch nicht .
Aber vielleicht wird’s ja noch.
Bürgerblick
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Die Meinung der Journalisten von Werbeunternehmen (was die Tageszeitungen oder Wochenblätter heute sind)
haben den Wert eines Leserbriefes (Einzelmeinung).
Werbung ist das Dominierende darin. Recherche und Fakten sind keine guten Werbemultiplikatoren und verlieren sich im Schlagzeilenwettbewerb was dem Journalismus den Tod bringen wird. Der Journalist wird degradiert und verkauft sich zum Werbetexter.
KB
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Beim Wochenblatt ist es das übliche Spiel: Das Geschäftsmodell beruht auf Page-Impressions, die bekommt man durch möglichst krasse/provokative/dumme Aussagen möglichst mit Bildern von Tieren/Titten/Babys.
Will sich Oswald nun also auch in Zukunft über die Kolumnen im Wochenblatt aufregen, so empfehle ich, das offline zu tun: Diese Ausgaben werden sowieso gedruckt und liegen vom Regen durchnässt vor jeder zweiten Haustüre. Jeder Klick auf die Webseite bringt ihnen aber Geld – auch wenn man die Wochenblatt-Texte nur liest, um sich darüber aufzuregen.
H. Müller
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Gerade beim Eckl vom WB oder ähnlichen Kalibern bei MZ wundere ich mich immer, was ein “Journalist” heute an Qualifikation wohl mitbringen muss.
Deutschkenntnisse? Schulabschluss? Ein, zweimal im Redaktioszimmer der Schülerzeitung den anderen zugeschaut zu haben? Ein Rhetorik-Seminar in der örtlichen Polizeidienststelle?
Gibt es so wenig Leute, die Journalisten werden möchten, dass man auf solche … angewiesen ist?
Grausam!
Carrie B.
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Also das ist doch …
Dabei hätte Frau Schindler wahrlich den Pulizerpreis verdient! Ich kugle mich jedesmal vor Lachen, wenn ich ihre geschliffen formulierten Apercus lesen darf! Stilblüte an Stilblüte, das muss man erst mal hinkriegen! Ein Lichblick jeden Mittwoch, wenn das WB auf der Türschwelle liegt und ich sofort auf die Seitenblicke blättere. Und die Frau sieht auch noch so aus wie sie schreibt!
=P
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Es sinkt für Sie: das Niveau!