Kulturausschuss: Verteilungskämpfe um Zuschüsse
Die Stadt Regensburg gewährt Kulturakteuren jedes Jahr Zuschüsse in unterschiedlicher Höhe. Vor allem zwei standen am Dienstag im Kulturausschuss im Fokus: Die freiwilligen Leistungen ans Bayerische Jazzinstitut, dem der Kulturreferent erst kürzlich nach 40 Jahren die Intendanz für das Jazzweekend kündigte und an den Kunstverein donumenta.
„Beide Themen hätte ich schon lösen können, habe es aber nicht.“ Das eine aus Bequemlichkeit, beim anderen wisse er den Grund nicht mehr, ahne ihn aber. Ex-Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (Brücke) zeigt sich am Dienstag im Kulturausschuss zunächst selbstkritisch, um sogleich in die Offensive zu gehen. Warum man überhaupt noch die Miete für das Bayerische Jazzinstitut zahle, möchte Wolbergs wissen. Und warum donumenta e.V. nicht endlich eine institutionelle Förderung bekomme.
Jazzinstitut und donumenta im Fokus
Es geht im Ausschuss um die freiwilligen Leistungen, die die Stadt Vereinen und Kulturakteuren im Jahr 2022 gewährt. In den meisten Fällen wird die Fördersumme vom Vorjahr übernommen, manchmal gibt es auch Erhöhungen oder Kürzungen. Institutionelle Zuschüsse für Miete, Personalkosten oder Sachleistungen erhalten im kommenden Jahr etwa das Statt-Theater (33.500 Euro), die Tage Alter Musik (77.700 Euro) oder das Turmtheater (52.000 Euro). Auch das Bayerische Jazzinstitut soll wieder 17.850 Euro städtisches Geld für die Mietkosten bekommen.
Andere Träger bekommen (lediglich) eine Projektförderung, die gegenüber den institutionalisierten Zuschüssen den Nachteil hat, dass damit nicht über das jeweils nächste Antragsjahr hinaus geplant werden kann. Zuschussnehmer sind unter anderem der Kunst- und Gewerbeverein (27.000 Euro), das HARD:LINE Filmfestival (14.000 Euro) und die Karnevalsgesellschaft Narragonia (9.090 Euro). Der Kunstverein donumenta bekommt 23.500 Euro. Im vergangenen Jahr waren es noch 33.500 Euro, beantragt hatte der Verein mit 77.500 Euro deutlich mehr.
Brücke möchte Jazzinstitut das Geld streichen
Über das Jazzinstitut und die donumenta gibt es kontroverse Diskussionen im Ausschuss, ausgelöst durch zwei Anträge der Brücke-Fraktion. Der Wolbergs-Wahlverein möchte dem Bayerischen Jazzinstitut die städtischen Gelder ab 2023 streichen. Nachdem der Kulturreferent im Sommer nach 40 Jahren dem Institut die Intendanz für das Bayerische Jazzweekend kündigte, verstehe Wolbergs nicht, welchen konkreten Mehrwert die Einrichtung für die Stadt Regensburg habe. Er wisse auch gar nicht, was dort (außer bisher dem Jazzweekend) überhaupt gemacht werde.
Wenn der Freistaat ein Jazzinstitut haben will, dann solle er es selbst finanzieren (Träger des Instituts ist der Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen e.V., Anm. d. Red.). Der Kulturreferent möge mit Kultus- und Kunstminister Bernd Sibler in Verhandlungen treten.
OB widerspricht Kulturreferenten
Kulturreferent Wolfgang Dersch berichtet, dass es sich bei dem bisherigen Betrag tatsächlich um Mietkosten handle, das Jazzinstitut nach einem Umzug (von der Brückstraße ins Straußgässchen) nun mehr Miete zahlen müsse und der Freistaat bereits nachgefragt habe, ob sich die Stadt an den Mehrkosten beteiligen werde. 21.000 Euro habe man signalisiert, so der Kulturreferent. „Nein, Herr Dersch, haben wir nicht“, fällt ihm Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer ins Wort. „Wir haben gesagt, wir erhöhen im Jahr 2022 nicht.“ Die Umzugskosten habe vollständig der Freistaat übernommen. Was Dersch also mitnehme: Wir werden mit dem Freistaat in Verhandlungen treten.
„Ich finde es erstaunlich, dass viele hier nicht wissen, was das Jazzinstitut ist. Nicht einmal ein ehemaliger OB“, zeigt sich CSU-Stadträtin Kathrin Fuchshuber verwundert. Man sollte der Einrichtung nach 40 Jahren Intendanz des Jazzweekends, das der Stadt viel Renommee eingebracht habe, „mehr Wertschätzung“ entgegenbringen. Man sollte das Institut doch mal in den Stadtrat einladen, um sich ein besseres Bild zu machen. Die Evaluierung des Kulturentwicklungsplans, die ebenfalls in der Sitzung vorgestellt wird, stützt Fuchshubers Darstellung. Dort kommt das Jazzweekend als Kulturinstitution mit Strahlkraft besonders gut weg.
2022 gibt es noch Geld, über die Zukunft wird verhandelt
Dersch betont, dass im Winter noch zehn Konzerte im Degginger unter dem Label Jazzfest 40 stattfinden werden und er die alte Intendanz bei dieser Gelegenheit „würdig verabschieden“ werde. Doch die Kündigung sei ausgesprochen und der Kulturreferent macht zumindest vordergründig auch keinen Hehl daraus, warum. „Das Jazzinstitut hat in der Jazzszene einen sehr schlechten Ruf“, so Dersch auf Nachfrage von Benedikt Suttner (ÖDP). Er habe extern viel positives Echo erfahren für seine Entscheidung.
Für Wolbergs habe, wie er sagt, beim Jazzweekend sowieso die Stadt alles gemacht. „Die Intendanz können viele“. Gegen Fuchshuber Stimme wird beschlossen, dem Jazzinstitut für das Jahr 2022 noch Geld zu geben und über die Zukunft mit dem Freistaat zu verhandeln.
donumenta: Institutionelle Förderung oder nicht?
Bei donumenta dreht sich die Diskussion im Kulturausschuss darum, ob der Verein künftig statt einer Projektförderung institutionalisiert bezuschusst werden soll. Die Brücke schlägt 50.000 Euro jährlich vor. Früher habe der Verein einen guten Draht zu „einer Europaministerin“ (Emilia Müller, Anm. d. Red.) gehabt, aber die gebe es nicht mehr. Deswegen habe er sich wohl vorher nicht darum gekümmert.
Im Gegensatz zum Jazzinstitut ist Dersch hier voll des Lobes. Der Verein betreibe Kunst im öffentlichen Raum, was es in Regensburg sonst eher weniger gebe. Die Arbeit sei international aufgestellt und „strahlt weit aus“. Er unterstütze die Forderung nach einer institutionellen Förderung, denn mit einem entsprechenden Grundstock könnte der Verein auch anderweitige Fördergelder akquirieren.
Warum eine bereits angedachte Änderung des Zuschusses wieder gestoppt wurde und sogar gekürzt werden soll, möchte Grünen-Fraktionschef Stefan Christoph wissen. Man rede hier über 26.500 Euro Erhöhung, ergänzt Grünen-Stadtrat Daniel Gaittet. „Das ist wirklich nicht die Summe, die entscheidet, ob die Stadt pleite geht oder nicht“.
Koalition gegen den Kulturreferenten
Wolbergs, der den Antrag der Brücke vorbringt, spottet in Richtung Oberbürgermeistern. Sie höre ja sonst viel auf ihre Verwaltung und sollte dies doch auch in diesem Fall tun. Der Brücke-Chef habe selten einen Kulturreferenten so deutlich erlebt wie heute.
Doch die Grünen und Dersch können sich mit der Forderung am Schluss nicht gegen die Koalition durchsetzen. Laut Maltz-Schwarzfischer könne man über eine Institutionalisierung und Erhöhung der Gelder ab dem Jahr 2023 verhandeln, aber aktuell sei das städtische Credo „finanzielle Zurückhaltung“. Der Brücke-Antrag wird mit den Stimmen der Koalition abgelehnt. „Erzählt’s den Leuten nie was anderes. Das ist ja so erbärmlich“, entfährt es Wolbergs nach der Abstimmung. Über die institutionelle Förderung ab dem Jahr 2023 wird verhandelt. Das beschließt der Ausschuss einstimmig.
Andrea Mink
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Schade, – ich finde, wer für die kulturelle Vielfalt in der Stadt ist, sollte auch dem Jazzinstitut die jährliche Unterstützung gönnen. Und die Donumenta, na, klar, da steht die Förderung auch außer Frage.
Das der Freistaat die Umzugskosten für das Jazzinstitut bezahlt hat, – und nicht die Stadt -, das spricht Bände. Bei einer kaum Handvoll Institutionen sollte es auch in der z. Z. schwierigen Lage trotzdem eine finanzielle Förderung für alle geben.