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CSU zieht mit Eberwein in den Landtagswahlkampf

Kriminaler statt Krimineller

Mit 94 Prozent wählt die CSU Regensburg Jürgen Eberwein zum Direktkandidaten für die Landtagswahl. Sein Vorgänger Franz Rieger bleibt weg und wird mit keiner Silbe erwähnt.

Schwört seine Parteifreunde auf eine Schicksalswahl ein: Jürgen Eberwein. Foto: Bothner

Küsschen links, Küsschen rechts, ein Handschlag dort, ein Nicken hier. Dann schreitet Jürgen Eberwein, die reche Hand am Kinn, einen Finger links neben den Lippen liegend, musternd wie ein General an den Tischreihen vorbei, um seine Bewerbungsrede zu halten.

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Er wirkt etwas angespannt, der 57-jährige Kriminalhauptkommissar. Dabei ist schon vor Beginn der Versammlung klar: Eberwein, seines Zeichens CSU-Fraktionsvorsitzender im Regensburger Stadtrat, wird für seine Partei als Direktkandidat in den Landtagswahlkampf ziehen. Zuletzt hatte noch Dagmar Schmidl ihre Kandidatur zurückgezogen – man gibt sich geeint und geschlossen.

2018 lag Regensburgs CSU zehn Prozent unter dem Bayernschnitt

Gesucht wird heute, Samstag, ein Zugpferd für den Stimmkreis Regensburg Stadt, in dem die CSU 2018 rund zehn Prozentpunkte unter dem Gesamtergebnis in Bayern landete. 29,5 Prozent reichten zwar immer noch locker für Platz 1 und auch das Direktmandat war damals nicht wirklich in Gefahr. Dennoch liegt dieses Ergebnis vielen Christ-Sozialen nach wie vor im Magen. Passt es doch so gar nicht zum eigenen Selbstverständnis, dass man sich überhaupt Sorgen um die Spitzenposition machen muss.

Die Verurteilung von Eberweins Vorgänger Franz Rieger wegen Erpressung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung, seine Weigerung, sich aus dem Landtag zurückzuziehen – trotz Aufforderung der Regensburger Parteifreunde, seine generelle Verwicklung in die Regensburger Korruptionsaffäre, die man doch so gerne der SPD und Joachim Wolbergs allein in die Schuhe geschoben hätte, haben die Situation nicht besser gemacht.

Dazu kommt der Höhenflug der Grünen, deren Kandidat Jürgen Mistol sich 2018 schon ein recht knappes Rennen mit Rieger geliefert hatte – und der auch heuer wieder antreten wird. Er sitzt seit 2013 im Landtag – und ihm werden durchaus Chancen zugerechnet, der CSU das Direktmandat streitig zu machen.

Parteichef Lehner angriffslustig

Eberwein spricht denn auch von einer „Schicksalswahl“. Doch man gibt sich selbstbewusst. Der Regensburger Parteichef Michael Lehner ist sich „sicher, dass die CSU ein hervorragendes Ergebnis bekommen wird“. Zumindest dann, „wenn wir alles einsetzen“, dann, wenn jedes der über tausend Mitglieder im Stimmkreis (Stadt Regensburg, Wenzenbach, Lappersdorf und Pentling) sich voll reinhänge.

Galt lange als designierter Kandidat, hat seine Ambitionen aber zumindest vorerst beerdigt: Kreisvorsitzender Michael Lehner (li.). Foto: Bothner

Die Grünen würden sich zusammen mit der Bundesregierung derzeit eh selbst zerlegen, die Ampel „scheibchenweise unser Land“ gleich mit. Lehner ist angriffslustig. Mit Kritik an der Bundesregierung spart die CSU aus Bayern heraus traditionell nur bedingt – und seit die Ampel in Berlin regiert, geht die Kritik gleich noch etwas leichter von der Hand. Auch in Regensburg.

Falsche Entscheidungen bei der Atomenergie, zu zaghafter Kampf gegen die Inflation – und überhaupt laufe alles unrund. Punkte, die derzeit zum Standard-Repertoire gehören und auch am Samstag nicht lange auf sich warten lassen. Hinzu kommt Berlin als „Failed State“ (Eberwein), als Blaupause einer rot-grünen Politik, unter der nichts mehr funktioniere.

Die dortige Kriminalität, die Wohnungsnot und das Wahldebakel: Dass es das in Bayern nicht gäbe, das hat für Lehner nur einen Grund – die CSU. Dank der glänze Bayern in allen Bereichen mit Spitzenwerten. „Wenn wir das den Leuten wieder ins Gedächtnis rufen, dann haben wir leichtes Spiel.“

Franz Rieger ist nicht da und bleibt unerwähnt

Eher ungern ruft sich der Kreisverband den amtierenden Landtagsabgeordneten Franz Rieger ins Gedächtnis. Am Samstag taucht er nicht auf – man wollte wohl einander die Peinlichkeit eines Aufeinandertreffens ersparen. Namentlich erwähnt wird Rieger, der in der MZ behauptet, „besten Kontakt“ zur Partei zu haben („Da gibt es überhaupt keine Probleme.“) kein einziges Mal.

Als Franz Rieger 2019 seinen Abschied als Parteichef nahm, feierte man noch früöglich unterm Panama-Hut. Mittlerweile ist Rieger ein vorbestrafter Erpresser und gilt als Belastung für seine Partei. Foto: Archiv/as

Vorbei sind die Zeiten, in denen man unterm Panama-Hut noch ausgelassen über die damals laufenden Ermittlungen feixte. Mittlerweile ist Rieger zu einer Belastung für die Partei geworden. In Regensburg und auch in München.

Deshalb schaut man lieber nach vorn. Eine starke, von der CSU geführte Regierung ohne Beteiligung der Grünen wolle man erreichen. „Ich bin froh, dass sich Markus Söder da ganz klar positioniert hat“, schwört Eberwein die Partei ein.

Schon Vater Rudi war Fraktionschef

Lange war spekuliert worden, wer denn nach 15 Jahren die Nachfolge von Rieger antreten wird. Michael Lehner galt als gesetzt. Und dass er „sicherlich ein guter Kandidat“ gewesen wäre, wird auch am Samstag allseitig betont. Doch der Kreisvorsitzende ließ seine Ambitionen fallen und bekräftigt dies auch gleich zu Beginn der Versammlung. Glückwünsche und Umarmungen samt Weinflasche gibt es trotzdem – Lehner hatte tags zuvor Geburtstag.

Dagmar Schmidl hatte selbst Ambitionen, zog aber kurz vorher zurück. Sie wurde am Samstag als eine von zehn Personen zur Deligierten für die Aufstellung der Landesliste Ende März gewählt. Foto: Bothner

Es ist nicht das erste Mal, dass Eberwein seinen Hut in den Ring wirft, um politisch nach Höherem zu streben. Bei der OB-Kandidatur scheiterte er noch an Astrid Freudenstein, die bekanntermaßen Sozialbürgermeisterin geworden ist. Eberwein erhielt immerhin den Fraktionsvorsitz. Nun soll der nächste Schritt folgen – als Landtagskandidat.

So ein Kandidat, der müsse vor allem eines, weiß Eberwein: „Er muss gewählt werden.“ Und dafür sei der Name Eberwein sicher „nicht schädlich“. Sein Vater Rudi, vergangenes Jahr verstorben, war selbst viele Jahre CSU-Stadtrat, als solcher vielen in der Stadt ein Begriff und unter Hans Schaidinger – ebenfalls nicht erschienen – auch schon Fraktionsvorsitzender. Ein Job, den der Sohn nun seit über drei Jahren ausfüllt. Nicht allzu schlecht, wie der 57-Jährige selbst meint.

94 Prozent für Jürgen Eberwein

Von den 76 Stimmberechtigten am Samstag zumindest erhält Eberwein ein Ergebnis, das CSU-Standards entspricht: 70 mal „Ja“ und ein paar Enthaltungen, 94 Prozent. Erwartbar. Und doch wirkt Eberwein erleichtert.

MdB Peter Aumer, Michael Lehner, Astrid Freudenstein, Jürgen Eberwein und Kreisrat Rainer Mißlbeck geben den Daumen hoch für den Wahlkampf. Foto: Bothner

Die Hände vor der Brust, bedankt er sich mit einer kurzen, sachten Verbeugung für das Vertrauen. Es wird gratuliert. Geklatscht. Sein Vater Rudi wäre sicher stolz auf ihn, sagt Eberwein später, während an den Tischen die Weißwürste tief in den Senf getunkt werden.

Die Ära Rieger ist mit diesem Vormittag still und leise endgültig vorbei.

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Kommentare (9)

  • Mr. T.

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    Lehner macht das ganz geschickt, wenn er wenn jedes der über tausend Mitglieder im Stimmkreis in Verantwortung nimmt. Wenn dann der Mistol dem Eberwein das Nachsehen zeigt, haben sie sich eben nicht genug reingehängt.
    Noch geschickter sein Rückzug von der Kandidatur um das Landtagsmandat, das ihn in seiner Politkarriere sicher sehr gereizt hätte. Aber er befürchtet wohl, dass ein gewisses Dossier noch nicht so ganz in Vergessenheit geraten ist und präsenter denn je wieder auf den Tisch kommen könnte – und damit sämtliche Chancen auf das Direktmandat beerdigen würde.

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  • Mr. B.

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    “Kriminaler statt Krimineller”

    Ich lese viel, aber diese Überschrift ist das Beste, was ich seit langer Zeit gelesen habe.
    Respekt an die Redaktion!

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  • Realist

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    Ich bin mir jetzt nicht mehr ganz sicher, aber gab es da damals nicht Gerüchte was den Eberwein betrifft, dass er Internas von den Wolbergs-Ermittungen, die er aus seiner Tätigkeit als Kriminaler hatte, einfach so am Stammtisch ausgeblautert hat…wenn dem so ist wird aus dem Kriminaler schnell….,
    gabs da nicht sogar interne Ermittlungen bei der Polizei…von denen man aber nichts mehr gehört hat (vielleicht weil Bayern und CSU?)…
    Wenn dem wirklich so sein sollte hat der Mensch im Landtag nichts verloren….Hätte Angst dass er sich dann mit allen Internas des Landtages bei seinen Stammtischbrüder/innen profilieren würde….
    Aber wie gesagt ich weiss es nicht mehr genau…wäre gut wenn RD das nochmals auf den Tisch bringen würde….und wenn da was dran ist, ihn zu einer Aussage diesbezüglich animiernen könnte. In der jetztigen Situation könnte er nämlich nicht mehr lügen…den falls sich die Antwort als Lüge rausstellen würde…hätte er keine Chance das Dirketmandat zu gewinnen.

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  • Realist

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    Hallo RD…Können Sie dieser Sache nicht mal nachgehen….Stammtisch heißt ja mehrere Personen….nicht nur der Wolbergs-Sohn…da müsste man doch Zeugen finden….
    Wenn RD das aufdecken könnte wäre ein wahnsinn…ich meinerseit frag mal bei meinen zwei Bekannten in der Kripo nach….die sind aber in München und Nürberg und werden von Regensburg nichts mitbekommen haben…

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  • R.G.

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    Herr Realist, für die Vorwürfe bitte ich, sich an die ganzen Behauptungen zu erinnern.
    jemand dem damaligen Oberbürgermeister sehr Nahestehendes wollte Eberwein- ausgerechnet Mister Pokerface – als Plaudertasche beschreiben und warf vor, gegen Wolbergs werde vom bösen Eberwein gleich grundlos ermittelt, wie gegen Maria Baumers Verlobten,Christian Freunek – der inzwischen rechtskräftig wegen Mordes verurteilt ist.

    Bis heute entschuldigte man sich nicht öffentlich für den unseligen Vergleich, weder bei Familie Baumer,noch bei Herrn Wolbergs; noch bei uns Lesern, die wir solchen Unfug lesen mussten.

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  • Realist

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    Hallo R.G.
    Denke es lohnt sich der Sache mal auf den Grund zu gehen….Warum soll Frau Wolbergs hier gelogen haben….der Eberwein war doch in dem Fall gar nicht involviert…warum sollte sie dann gegen den was erfinden (ist aber nur ein Gefühl von mir) . Wie gesagt es wird sicher noch andere Beteiligte an dem Stammtisch gegeben haben….vielleicht zeigen die soviel Rückgrad, dass die sich melden…
    Vielleicht hat sich auch gelogen…weiß es nicht…aber dafür ist ja eine Zeitung da um zu recherchieren….Von Interesse sind auch die beiden letzten Absätze aus dem damaligen Bericht von RD…insbesondere warum hier kein Verfahren aufgenommen wurde.
    Lassen wir uns einfach überraschen…
    Und ich will dem Eberwein ja nichts Böses…warum auch…nur wenn was dran sein sollte…ein no go
    Und der Herr Eberwein kann sich natürlich auch hier im Forum erklären und ein für allemal sagen, dass an der Sache nichts dran ist….wäre vielleicht ein gutes Signal von ihm…

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  • Realist

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    Nochmal an RG..
    hab ihren letzen Absatz nicht ganz so kapiert….wer soll sich bitte entschuldigen…RD oder wer?…
    Bitte dies noch beantworten….und…..
    ich für mich bin dann erstmal raus aus der Diskussion…

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  • Mathilde Vietze

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    Man kann den “ehrenwerten” Herrn Dr. Rieger am meisten ärgern, wenn man ihn
    ignoriert. Danke, CSU!

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Kommentare sind deaktiviert

drin