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1,1 Millionen Euro bewilligt

Krematorium: Man spricht öffentlich nur über das Nötigste

Die Stadträte im Finanzausschuss gaben einstimmig grünes Licht für eine Investition von 1,1 Millionen Euro in das städtische Krematorium. Offen bleibt, warum die Instandsetzung der zuvor über Monate schön geredeten Missstände nun plötzlich eilt.

„Würdevoller Umgang mit Verstorbenen. Empathischer und pietätvoller Umgang mit Angehörigen. Moderne und transparente Arbeitsweise.“ Insbesondere vom letzten dieser drei „Grundpfeiler“, die das städtische Krematorium Regensburg auf seiner Internetseite nennt, ist am Donnerstag nur wenig zu spüren. Bei der Debatte um Sondermittel in Höhe von 1,1 Millionen Euro, um die – so steht es in der Beschlussvorlage des Verwaltungs- und Finanzausschusses – „abgewirtschaftete“ Filteranlage zu erneuern, gibt es von der Koalition lediglich eine Wortmeldung. Margit Kunc (Grüne) stellt zwei Nachfragen, sagt aber auch: „Warum haben wir eigentlich einen Ältestenrat, wenn hier so getan wird, als hätten wir über nichts gesprochen?“ Man scheut die öffentliche Debatte über den „Krematoriums-Skandal“, der sich zunehmend auswächst.

Eine Führungskraft verschwindet von den städtischen Seiten

Nicht gesprochen wird über die nach wie vor laufenden Ermittlungen – die Vorwürfe reichen von Störung der Totenruhe über illegale Verbrennung von Abfall bis hin zu Betrug, Diebstahl, Urkundenfälschung und Verstöße gegen das Kartellrecht – Bestatter sollen mit Knebelverträgen an das Krematorium Regensburg gebunden worden sein. Der direkt zuständige Leiter für Bestattungen, Friedhofsverwaltung und Krematorium wurde zwischenzeitlich von seinem Posten abgezogen, von den städtischen Internetseiten getilgt und auf eine andere Stelle versetzt. Nach Informationen unserer Redaktion läuft ein Disziplinarverfahren

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Ebenfalls nicht öffentlich gesprochen wird – das ist noch nachvollziehbar – über jenen Krematoriumsmitarbeiter, der im August Strafanzeige gegen zwei seiner Vorgesetzten erstattet hat – wegen Nötigung zur Aussageverweigerung im Zuge der aktuell laufenden Ermittlungen und wegen mehrfacher vorsätzlicher Körperverletzung durch Rauchgase, die seit Jahren aus der Anlage immer wieder ungefiltert austreten sollen. Mit Wissen der Vorgesetzten, so der mittlerweile fristlos gekündigte Mitarbeiter.

“Wie lange wollte man mit den Überschreitungen noch leben?”

Rechtsreferent Wolfgang Schörnig hatte diese Missstände gegenüber verschiedenen Medien zunächst bestritten und keinen akuten Handlungsbedarf gesehen. Auch auf eine Anfrage von CSU-Stadtrat Markus Jobst hatte es vor einigen Wochen noch geheißen, dass es lediglich Emissionen nach außen gebe, aber nicht – wie nun in der Beschlussvorlage eingeräumt wird – auch in die Innenräume. „Jetzt müssen wir plötzlich die (eigentlich für 2019/ 20 eingeplante) Sanierung vorziehen. Jetzt erfahren wir, dass der Mitarbeiter, der das angezeigt hat, fristlos gekündigt wurde. Was ist da los?“, so Jobst am Donnerstag.

Ähnlich argumentiert Richard Spieß (Linke). Wenn man die Vorlage lese, dann gewinne man den Eindruck, dass das Krematorium „ziemlich marode“ sei. „Wie lange wollte man denn eigentlich noch mit den Überschreitungen beim Kohlenmonoxid und den Abgasen im Gebäude leben? Sollte man solche Dinge nicht regeln, bevor man das Ding einfach weiter betreibt?“

Die Debatte um die Rolle des gefeuerten Mitarbeiters wird am Donnerstag in die nicht öffentliche Sitzung verlegt. Ansonsten bestreiten Rechtsreferent Schörnig und der mittlerweile allein zuständige Amtsleiter Peter Müller die Vorwürfe rundweg.

“Unangemessene Dramaturgie”

Da werde „verschiedentlich Dramaturgie reingebracht“, die dem Thema nicht angemessen sei, so Schörnig. Im Grunde gebe es keine größeren Probleme im Krematorium. Man sei aber jetzt zu dem Schluss gekommen, dass man die ohnehin geplante Sanierung um ein Jahr vorziehe – zum Schutz der Mitarbeiter. Damit folge man „Empfehlungen“, die das Landesamt für Umweltschutz (LFU) gegeben habe, das Krematorium „zu optimieren“ – „ohne Fristsetzung“, wie Schörnig auf Nachfrage von Margit Kunc betont. Ohnehin ist das LFU nicht zuständig. Die originäre Kontrollbehörde für das städtische Krematorium ist das städtische Umweltamt. Die Stadt kontrolliert sich also selbst.

Müller bekräftigt, dass die Behauptung, dass da Gase nach innen austreten würden, lediglich von einem Mitarbeiter kämen. „Das kann aber nicht richtig sein, weil die Anlage immer im Unterdruck arbeitet.“ Und wenn doch mal was austrete, „das kommt äußerst selten vor“, gebe es einen Alarm, der die Mitarbeiter warne, so dass sie das Gebäude rechtzeitig verlassen könnten. Das sei ein paar Mal vorgekommen. Wie oft? „Das wissen wir nicht, weil kein ordentliches Betriebsbuch geführt wurde.“

Grenzwerte wurden über mindestens drei Jahre hinweg überschritten

Fest steht: Für Krematorien gilt ein Grenzwert von 50 Milligramm Kohlenmonoxid, der bei maximal drei Prozent der Betriebsstunden überschritten werden darf. Das LFU hatte bereits bei den Messungen 2015 festgestellt, dass es bei einem der beiden Öfen 4,5 Prozent an Überschreitungen gab, neuere Messungen aus 2016 und 2017 belegen eine Quote von sechs bzw. sieben Prozent – der erlaubte Grenzwert wurde also um mehr als das Doppelte überschritten. Das städtische Umweltamt hatte schließlich im Juli 2017 reagiert und mit Fristsetzung von einem Monat gefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um diese „deutlichen“ Überschreitungen der Drei-Prozent-Grenze in den Griff zu bekommen. Ebenfalls moniert wurden mehrere hundert Stunden, in denen die gesetzlich vorgeschriebene Mindesttemperatur von 850 Grad – wichtig zur Verbrennung von Giftstoffen – unterschritten wurde.

Doch all das kommt – abgesehen von den Werten aus 2015 – am Donnerstag nicht zur Sprache.

„Das Krematorium läuft nicht defizitär.“

Nach mehrere Nachfragen zu technischen Details der unbestrittenen Grenzwertüberschreitungen verweist Schörnig auf die Techniker – man werde die Antworten schriftlich liefern. Die Frage von Spieß und Dagmar Schmidl (CSU), ob sich denn die Sanierung des Krematoriums überhaupt noch lohne – man solle doch zunächst eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorlegen – wird von Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer bejaht. Man werde den Stadträten zwar in einer der nächsten Sitzung die Zahlen detailliert vorlegen, aber so viel könne sie bereits jetzt sagen: „Das Krematorium läuft nicht defizitär.“

Am Ende beschließen die Stadträte die Vorlage einstimmig. In nichtöffentlicher Sitzung wird anschließend noch lange über das Krematorium gesprochen.

Wir haben ein ausführliches Video-Interview mit dem entlassenen Mitarbeiter geführt.

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