Krankenhaus Kelheim: Geschäftsführung weg, OP dicht und viele offene Fragen
Zwei Tage nach dem Weggang der Geschäftsführerin im Caritas-Krankenhaus Kelheim wurde der OP-Bereich der Klinik wegen „dringender Umbauarbeiten“ geschlossen. Gründe? Unklar. Kosten? Unklar. Wie es weitergeht, ob mit oder ohne die fragwürdigen Berater der Oberender AG? Nicht bekannt.

Der Landkreis zahlt, die Caritas schafft an und eine Beraterfirma kassiert: das Prinzip am Krankenhaus Kelheim. Foto: Landkreis Kelheim
Auch wenn es niemand offiziell bestätigen will – der Zusammenhang ist kaum zu übersehen. Am vergangenen Mittwoch wurde bekannt, dass die Oberender-Beraterin Sabine Hehn ab sofort nicht mehr für die Geschäftsführung des Caritas-Krankenhauses St. Lukas Kelheim zuständig ist. Die Entscheidung kam überraschend und ohne Vorankündigung. Eine Nachfolge ist bislang nicht benannt.
Nur zwei Tage später verkündete ein PR-Büro, dass der OP-Bereich der Klinik wegen „dringender Umbauarbeiten“ geschlossen wird. Auch diese Nachricht kam unerwartet und kurzfristig. Für die nächsten vier Wochen sind alle geplanten Operationen abgesagt. Lediglich die stationäre Versorgung ist demnach sichergestellt.
Aufsichtsrat wusste von nichts
Was die Umbauarbeiten kosten, welche Verluste die Schließung für das ohnehin defizitäre Krankenhaus bedeutet und was genau das Problem ist und warum so kurzfristig reagiert werden musste, bleibt im Dunkeln. „Hinweise durch Mitarbeitende“ hätten die Notwendigkeit dieser Arbeiten offengelegt, heißt es lediglich von der Caritas. Daraufhin hätten die beiden Gesellschafter, der Landkreis und die Caritas, reagiert.
Auch die Kelheimer Kreisräte im Aufsichtsrat des Krankenhauses wurden im Unklaren gelassen. Das berichten zumindest mehrere von ihnen nach einer kurzfristig einberufenen Aufsichtsratssitzung am Montagnachmittag. „Wir wussten im Vorfeld weder, dass Frau Hehn geht, noch dass es Defizite in OP und Sterilgutversorgung gibt.“ Mehr dringt bislang nicht nach außen.
Noch Mitte Februar hatte Sabine Hehn gegenüber der Mittelbayerischen Zeitung erklärt, dass der OP-Bereich „keinerlei Einschränkungen in seiner Betriebsfähigkeit“ habe. Diese Aussage erwies sich als äußerst kurzlebig. Keine zwei Monate später ist der OP-Bereich geschlossen und Hehn ist weg.
OP-Bereich: ein Sanierungskonzept lag schon lange vor
Dass die gut 40 Jahre alte Abteilung sanierungsbedürftig ist, war schon lange bekannt. Erste Planungen für eine grundlegende Sanierung – einen Neubau – stammen aus dem Jahr 2008. Dagmar Reich, 16 Jahre lang Geschäftsführerin des Krankenhauses, das bis zur Übernahme durch die Caritas und die Oberender AG noch als Goldberg-Klinik firmierte, hatte die Sanierung zielstrebig vorangetrieben.
40 Millionen Euro sollten laut einem MZ-Bericht in die Sanierung des OP-Traktes im A-Bau des Krankenhauses investiert werden.
Als die Caritas 2022 im Rahmen einer sogenannten „strategischen Partnerschaft“ übernahm und aus der Goldberg-Klinik das Krankenhaus St. Lukas wurde, bei dem der Landkreis die wesentlichen Mitspracherechte abgab, lag laut Aussagen von Aufsichtsratsmitgliedern ein vollständiges Konzept vor. „Das Raum- und Funktionsprogramm war fertig. Wir wurden regelmäßig über die nächsten Planungsschritte informiert.“ Eine Schließung des OP-Traktes wäre laut diesem Konzept vermieden worden. Ein Modul-OP-Gebäude hätte als Ersatz gedient.
Mit der alten Geschäftsführerin verschwand auch das Konzept
Doch dazu kam es nicht. Als im Juli 2022 Oberender-Beraterin Hehn als Geschäftsführerin kam, musste Dagmar Reich gehen. Einer von vielen Personalwechseln, die es seitdem gab, sowohl im medizinischen Bereich als auch in Pflege und Verwaltung. Mit Reich verschwand auch das von ihr vorangetriebene Konzept.
Im November 2022 präsentierte die Oberender AG einen neuen Sanierungsplan für den OP-Bereich. Drei statt wie bisher vier OP-Säle waren demnach vorgesehen. Von 19,3 Millionen Euro Kosten war die Rede. Seitdem wurden sowohl der Kelheimer Kreistag als auch anfragende Medien von Sabine Hehn vertröstet.
Sie hoffe auf einen Spatenstich 2023, hieß es kurz nach ihrem Amtsantritt gegenüber dem Kreistag. Knapp drei Jahre später, im Februar 2025, sprach Hehn gegenüber der MZ davon, dass die OP-Sanierung „weiterhin sehr gezielt verfolgt“ werde. Nun ist die Oberender-Beraterin weg und der OP dicht.
Probleme mit der Oberender AG: Kelheim ist kein Einzelfall
Anfragen dazu, wie viel Hehns Gastspiel den Landkreis gekostet hat, ließen Caritas und Landkreis zuletzt unbeantwortet. Keine Antwort erhielten wir auch auf die Frage, ob nun erneut ein Oberender-Berater geholt werden soll, um die Geschäftsführung zu übernehmen.
Wie mehrfach berichtet, hinterließ das Bayreuther Beratungsunternehmen bei Mandaten an verschiedenen Kliniken selten einen positiven Eindruck. Der vorzeitige Abgang Hehns in Kelheim ist kein Einzelfall, wie ein Blick in die Berichterstattung der jeweiligen Lokalzeitungen zeigt.
Im Krankenhaus Ingelheim (Rheinland-Pfalz), wo ebenfalls Oberender in Person von Sabine Hehn tätig war, monierte der Landesrechnungshof in einem Prüfbericht im Nachhinein zahlreiche Punkte, die in Teilen wie eine Blaupause der Situation in Kelheim wirken: Kein tragfähiges Konzept, hohe finanzielle Risiken, keine belastbare Prognose für die wirtschaftliche Entwicklung, freihändige Vergabe von Leistungen ohne Ausschreibung, ein überhöhtes Grundhonorar für die Geschäftsführung von 528.000 Euro netto.
2022 präsentiertes „Zukunftskonzept“ nicht umgesetzt
Zumindest mit Blick auf das Konzept, mit dem der Kelheimer Kreistag im Januar 2022 zur Zustimmung zur Kooperation mit der Caritas bewegt wurde, kann man feststellen: Dieses Konzept ist mit der aktuellen Realität in Kelheim nicht in Einklang zu bringen.
Urologie und Geriatrie als versprochene tragende Säulen für das Krankenhaus St. Lukas gibt es nicht. Die Urologie existiert nicht, in der Akutgeriatrie wurde im vergangenen Jahr kein einziger Patient verzeichnet. Fragen zu externen Vergaben und Honoraren beantworteten zuletzt weder die Caritas noch der Landkreis. Bezahlt wird all dies aus Steuergeldern. Die Caritas hat im Rahmen der „strategischen Partnerschaft“ zwar das Sagen, doch der Landkreis trägt das volle Kostenrisiko.
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Informant
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Da fährt eine Beraterfirma vor aller Augen, im Auftrag des Landkreises, ein Krankenhaus gegen die Wand, bekommt Geld dafür und niemand setzt dem ein Ende.
Man kommt sich vor wie in Gerhard Polts „Responsabilist“.
growth mindset
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@ Informant 15. April 2025 um 17:50
Sehr gut! Die Satire von Gerhard Polts „Responsabilist“ passt in diesem Fall, wirklich wie die Faust aufs Auge. Es ist aber leider, beim Umgang mit öffentlichen Geldern und externer Beratung kein Ausnahmefall und kommt leider häufiger vor.
Köstlich ist die Wortwahl „pekuniäre Diarrhoe“, beim Umgang mit öffentlichen Geldern. 😊
Am Ende findet man immer Einen(e), der sich „opfert“, die Gesamtverantwortung übernimmt und sich in den „Ruhestand“ verabschiedet, während involvierte Verantwortungsträger, ihre Hände in Unschuld waschen.
Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es lustig.