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Die Caritas übernimmt

Krankenhaus Kelheim: Geschäftsführung jetzt in Oberender-Hand

Es war die erste Amtshandlung des neuen Aufsichtsrats am Krankenhaus Kelheim: Die langjährige Geschäftsführerin wurde abgelöst und durch eine Mitarbeiterin der Oberender AG ersetzt. Mit dem umstrittenen Beratungsunternehmen wurde ein Managementvertrag für das neue Caritas-Krankenhaus St. Lukas geschlossen.

Gruppenfoto nach der Vorstellung des neuen Aufsichtsrats am Caritas-Krankenhaus St. Lukas: Caritas-Direktor Michael Weißmann, der neue Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Prokop, die neue Geschäftsführerin Sabine Hehn, Landrat Martin Neumeyer und Jan Hacker, Vorstand der Oberender AG. Foto: pm/Hans-Christian Wagner

Die Goldberg-Klinik in Kelheim ist Geschichte. Der Caritasverband Regensburg hat nun offiziell die Mehrheit an dem Haus übernommen, das künftig unter dem Namen Caritas-Krankenhaus St. Lukas GmbH firmiert. Dauerhaft involviert sein wird dabei die Bayreuther Oberender AG, deren Vorstandsvorsitzender Jan Hacker in einer gemeinsamen Pressemitteilung von Landkreis und Caritas die gefundene Lösung denn auch als „richtige Weichenstellung für die Zukunft“ bezeichnet.

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Wir haben mehrfach über die „strategische Partnerschaft“ berichtet, bei der die Caritas die Mehrheit an dem bislang kommunalen Krankenhaus für einen symbolischen Euro übernommen hat, der Landkreis aber weiterhin sämtliche Lasten und Risiken für Vergangenheit und Zukunft trägt und kaum Mitspracherechte hat. Die viel beschworenen „Synergieeffekte“ und Vorteile, die dieses Konstrukt bringen soll, liegen bislang weitgehend im Argen. Ziel sei es, die medizinische Versorgung der Landkreisbürger weiter sicherzustellen, sagt Landrat Martin Neumeyer (CSU).

Zuletzt hatte der mit der kirchlichen Übernahme einhergehende Wegfall des letzten Krankenhauses in der Region, wo Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen wurden, für Kritik gesorgt. Anfängliche Versuche, die Beschäftigten aus dem TVÖD heraus in den kirchlichen Tarifvertrag zu drängen, sorgten kurz für Aufregung, wurden aber durch den Widerstand von Gewerkschaft und Betriebsrat gestoppt.

Managementvertrag mit Oberender

Dennoch zeigten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter perplex, als ihnen bei einer Versammlung am vergangenen Donnerstag eine neue Führung präsentiert wurde. Dagmar Reich, seit 2006 Geschäftsführerin am Kelheimer Krankenhaus, wurde ohne nähere Begründung abgelöst. Sie galt sowohl bei der Belegschaft wie auch beim Betriebsrat als anerkannt und beliebt und war Unterstützerin bei der Forderung nach einem verbesserten Personalschlüssel.

Die Geschäftsführung hat nun Sabine Hehn übernommen – im Rahmen eines Managementvertrags mit der Oberender AG. Das umstrittene Bayreuther Beratungsunternehmen, früher Economedic AG, hatte im Auftrag der Caritas ein vages und von Experten kritisiertes „Zukunftskonzept“ erarbeitet, auf dem die „strategische Partnerschaft“ mit dem Landkreis fußt.

Bis zuletzt hatte die Caritas anschließend offen gelassen, ob Oberender auch im künftigen Caritas-Krankenhaus St. Lukas eine tragende Rolle spielen wird. Diese Frage ist mit der nun gefällten Personalentscheidung beantwortet. Hehns Bestellung war die erste Amtshandlung des am 27. Juni neu konstituierten Aufsichtsrats unter Vorsitz von Dr. Clemens Prokop, Präsident am Landgericht Landshut und stellvertretender Vorsitzender des Caritasverbands Regensburg.

Kritik an Ablösung der Geschäftsführung

Unverständnis über Reichs Demission äußert bereits jetzt die 2021 gegründete „Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern“. Der Abgang der bisherigen Geschäftsführerin ohne ein Wort des Dankes oder der Anerkennung – in der besagten Pressemitteilung von Landkreis und Caritas fällt nicht einmal Reichs Name – mache betroffen, heißt es in dem Schreiben.

Zu den Unterzeichnern gehört unter anderem Peter Ferstl, Vorsitzender der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung Kelheim. „Es ist zu befürchten, dass das neue Caritas Krankenhaus St. Lukas mit seiner neuen Ära nun einen Kahlschlag erlebt und seine Leistungen sukzessive durch niederschwellige kostengünstige ambulante Leistungen ersetzt, zum Nachteil der EinwohnerInnen im Landkreis Kelheim“, heißt es darin.

Deutliche Kritik übt die Aktionsgruppe an der Oberender AG. Es sei „allgemein bekannt“, dass das Unternehmen, zu dessen Portfolio neben Beratung auch das Management sowie der Kauf und Verkauf von Kliniken gehören, „an vielen Klinikkonzentrationsprozessen bzw. Klinikschließungen beteiligt“ sei. In dem Schreiben wird insbesondere auf die Kliniken Nordoberpfalz AG in Weiden verwiesen.

Kliniken Nordoberpfalz: Beratungsunternehmnen übernimmt die Führung

Dort musste der bis dahin erfolgreiche und bei der Belegschaft beliebte Vorstand Professor Thomas Egginger, der im Herbst 2019 in höchster Not in die Bresche gesprungen war, bereits im Oktober 2021 ohne nähere Begründung wieder gehen und wurde durch einen Mann aus dem Hause Oberender abgelöst.

Dieser ersetzte anschließend durch Oberender-Leute sowohl die kaufmännische als auch medizinische Leitung, obwohl auch diese sich augenscheinlich nichts hatten zuschulden kommen lassen. Das Krankenhaus- und Sanierungsmanagement liegt nun in der Hand der Unternehmensberatung. Schließlich ging auch der langjährige Personalchef im März dieses Jahres. Eine Blaupause für Kelheim?

Immer wieder Probleme mit Oberender

Der Aktionskreis verweist zudem darauf, dass die von Oberender bzw. unter Oberenderscher Beratung bei den Kliniken Nordoberpfalz ins Werk gesetzten Schließungen zu keiner wirtschaftlichen Verbesserung der dortigen Krankenhäuser, dafür zu Verschlechterungen für die Patientinnen und Patienten geführt hätten.

Recherchen unserer Redaktion haben darüber hinas ergeben, dass es bei Oberender-Mandaten in der Vergangenheit mehrfach zur vorzeitigen Vertragsbeendigung kam und dass Zusagen und Prognosen teils nicht eingehalten wurden. Die meisten Kliniken schreiben nach wie vor rote Zahlen. Mit Blick auf ein Oberender-Management-Mandat in Ingelheim (Rheinland-Pfalz) war in einem Prüfbericht des Landesrechnungshofs die Rede von undurchsichtigen Prognosen, zu hohen Honoraren und freihändigen Vergaben.

Mit Oberender-Konzept: Etwas weniger mehr Defizit

In Kelheim soll es nach Angaben der Caritas nicht so weit kommen. Die Oberender AG müsse sich im Rahmen des Management-Vertrags „an die Vorgaben der vertraglichen Vereinbarungen halten (…), die der Landkreis Kelheim und der Caritasverband für die Diözese Regensburg vereinbart haben“, heißt es in einer Stellungnahme gegenüber unserer Redaktion. „Die Richtung, die die Klinik einschlagen soll, werden also von Verband und Landkreis vorgegeben.“

Die Richtung, die das Caritas-Krankenhaus St. Lukas in den kommenden zehn Jahren einschlagen wird, sieht laut dem von Oberender erstellten Konzept, dass dem Kreistag vorgelegt wurde, aber noch reichlich defizitär aus.

Demnach strebt Oberender bis 2028 eine Steigerung der Fälle um rund 20 und der Leistung um rund 31 Prozent an – bei nahezu gleichbleibendem Pflegepersonal. Dadurch – so die Voraussage von Oberender – soll das Betriebskostendefizit bis 2032 „lediglich“ bei 86,8 Millionen Euro liegen, durchschnittlich 8,6 Millionen jährlich. Wenn nichts passiere, werde dieses Defizit auf über 125 Millionen steigen – so lautet zumindest die Prognose der nun langfristig engagierten Unternehmensberater. Zum Vergleich: Zuletzt lag das jährliche Defizit der Goldberg-Klinik bei rund sechs Millionen Euro.

Immer noch kein externer Partner

Nach wie vor unklar ist, mit welchem externen chirurgischen Dienstleister das Kelheimer Krankenhaus künftig zusammenarbeiten wird. Die Kooperation ist zentraler Bestandteil des „Zukunftskonzepts“ und soll über 70 Prozent der prognostizierten Zuwächse bzw. Defizitreduzierung bringen.

Intern im Gespräch war nach Informationen unserer Redaktion bislang das Sportopaedicum Regensburg, das bereits eng mit dem Regensburger Caritas-Krankenhaus St. Josef kooperiert und wo auch verwandtschaftliche Beziehungen zum Caritas-Beirat bestehen. Doch bislang hält sich die Caritas dazu noch bedeckt. „Da die Vertragsverhandlungen noch laufen, bitten wir um Verständnis, dass wir uns dazu noch nicht äußern können“, heißt es in einer Stellungnahme.

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Kommentare (11)

  • Spartacus

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    Angestellte, rennt!

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  • Gscheidhaferl

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    @Spartacus

    Bürger*innen, besteht auf nachvollziehbare Erklärungen für das undurchsichtige Treiben und auf einer hinreichend guten medizinischen Versorgung!

    (Mag ja sein, dass die Angestellten woanders unterkommen. Wenn Sie im Bedarfsfall aber keine vernünftige (bzw. nur eine überforderte) Klinik zur Hand haben, bezahlen Patienten das unter Umständen mit dem Leben.)

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  • Mr. B.

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    Meine Meinung:
    Schon wieder eine AG!
    Die CSU ist immer noch der Meinung, dass man mit kranken Menschen wie mit z. B. Maschinen umgehen kann!
    Ich hoffe mal nicht, dass die älteren Menschen mit dieser Regelung der AG große Nachteile haben, wie bei der hinreichenden Privatisierung durch die CSU bei den Pflegeheimen. Schließlich hat dieser Personenkreis häufig und lebenslang diese Partei gewählt! Man darf unsere kranken und alten Menschen nicht an eine Aktiengesellschaft verkaufen! Für alles hat man doch Geld und ist der Mist auch noch so groß und sti..?
    Hoffentlich hat der Herr Mandatsträger die AG gut ausgesucht?

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  • Spartacus

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    @Gscheidhaferl

    Die Verantwortung dass Patient*innen sterben trägt aber die Politik und die Bourgeoise und nicht die Lohnabhängigen. Die Mitarbeiter*innen im Gesundheitswesen hätten schon lange damit aufhören sollen sich moralisch Erpressen zu lassen! Erst wenn auch die letzte Pflegerin und der letzte Pfleger konsequent seine Arbeit nieder legt, wird diese Gesundheitsindustrie, in der Profit über allem steht, überwunden werden. Dass es dazu kommen muss hat Politik und Bourgeoise Hand in Hand entschieden, mit freundlicher Unterstützung der Kirche wie man hier sieht.

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  • Traudi

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    ….innerhalb der genannten Betriebsversammlung wurde Frau Reich mit großer Wertschätzung gedankt. Und die Beliebtheit: in einem System Krankenhaus hat jeder GF seine Gegner, auch seinen Fanclub….

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  • Dr. Wolfgang Kolbinger

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    Bravo Herr Landrat Neumeier, Bravo Kreisrätinnen und Kreisräte die ALLE bis auf zwei mutige, mit hörbarer Begeisterung, in der entscheidenden Sitzung für dieses absehbare Desaster gestimmt haben. Ich verneige mich vor dieses Glanzleistung. Herr Neumeier hat es nach langen Anstrengungen geschafft, die medizinische Versorgung im Landkreis Kelheim wieder ein Stück schlechter und teurer zu machen.
    Bravo
    Wolfgang Kolbinger

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  • Gscheidhaferl

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    @Mr. B.
    Nur damit nichts übersehen wird; es sind ja mindestens drei Fraktionen zu unterscheiden:

    a) Ein Landkreis gibt die Leitung seiner Klinik aus der Hand, muss aber trotzdem für alle laufenden und noch anfallenden Kosten gerade stehen.

    b) Ein sogenannter Wohlfahrtsverband, der die Klinik gemäß der eigenen ideologie umbenennt, mit seinem Logo versieht, an sensibler Stelle das medizinische Angebot einschränkt und sein Dienstrecht durchzudrücken versucht, das den Angestellten bis weit ins Privatleben reichende Vorgaben machen würde.

    c) Die Oberender AG, die unter dem Deckmantel der Caritas der eigentliche Herr im Hause zu sein scheint und sich das wahrscheinlich gut bezahlen lässt.

    Es sieht so aus, als ob sich die Caritas hier letztlich in zweifacher Hinsicht zum Handlanger macht: Von Seiten des Landrats der Bevölkerung gegenüber, weil es ja vordergründig keine ‘Privatisierung’ ist, wenn die Klinik an einen traditionsreichen Verband geht. Und der AG gegenüber, der sie die Tür öffnet, um das Haus de facto zu übernehmen. Und trotz alldem bleibt der Landkreis auf den Kosten sitzen. Was soll das?

    Und die angedeuteten persönlichen Verquickungen von ranghohen Caritas-Vertretern sind tatsächlich höchst bemerkenswert. Wenn das mal kein Ansatzpunkt für staatsanwaltliche Ermittlungen wird. Ich finde es nicht schwer, hier in Richtung Vorteilsnahme/-gewährung oder Ähnliches zu denken.

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  • xy

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    “Clemens Prokop als Aufsichtsratsvorsitzender?”

    Hat man für so ein Amt wirklich Zeit und Muße, wenn man hochbezahlter Präsident des Landgerichts Landshut ist? Sollte man dann seine Zeit nicht eher dem Staat und seiner Justiz widmen?

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  • Gscheidhaferl

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    @Spartacus
    Da haben Sie mich zum Teil missverstanden. Ich wollte nicht an die Belegschaft appellieren, zu bleiben. Sondern an die Bürger*innen/Wähler*innen, aktiv zu werden. Ansonsten bin ich zutiefst von ihrem gediegenen Klassenkampfjargon beeidruckt ;-)

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  • Mammamia

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    Das ist alles hoch suspekt. Das Sporthopaedicum kommt nun auch noch zum Geklüngel? Kein Wunder – der Vorstands-Diakon und der Professor vom Sporthopaedicum teilen ja auch ein gemeinsames teures Hobby… Da kann man schon Synergieffekte nutzen.

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  • Che

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    Laut einem neuem Bericht konnte das auch nur so halbherzig gelöst werden, dass die Angestellten im TVÖD bleiben. Spätestens in fünf Jahren nämlich, wird der Tarif statisch behandelt werden. Sprich: die Leute, die im TVÖD bleiben wollen, erhalten keine Lohnerhöhung mehr.

    Ich hoffe, keine von den Kreisrät:innen und deren Parteien, die dafür gestimmt haben, inszeniert sich künftig noch als Partei für Arbeiter:innen. Das, was sie Kreisrät:innen da gemacht, ist Verrat an den Arbeiter:innen. Vor allem von SPD und Grüne – vom Rest war ohnehin nicht mehr zu erwarten. Wobei sogar die FW jetzt (bisher als einzigen) auf einmal das Problem mit dem statischen Tarifvertrag angesprochen haben.

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