Kommunaler Ordnungshüter auf Abwegen
Gegen einen Außendienstmitarbeiter des Regensburger Ordnungsdienstes gab es schon mehrfach Beschwerden – ohne Ergebnis. Nun soll der frühere Polizist sich unter Pseudonym bei Betroffenen mit negativen Google-Rezensionen für deren Unternehmen gerächt haben.
Eine Tasse mit dem Logo der Gewerkschaft der Polizei vor sich, eine Tabelle mit irgendwelchen Daten auf dem einen, ein Luftbild vom Kassiansplatz auf dem anderen PC-Bildschirm, die Füße mit dem festen Schuhwerk übereinandergeschlagen auf dem Schreibtisch, Hashtag: #allesimgriff. So präsentiert sich Martin K. (alle Namen geändert) auf seinem Facebook-Profil. Der 37jährige ist Außendienstmitarbeiter des Ordnungsamtes der Stadt Regensburg, offizielle Bezeichnung: „Kommunaler Ordnungsservice“ (KOS). Doch dass er dort tatsächlich alles im Griff hat, vor allem sich selbst, daran lassen Schilderungen von Bürgerinnen und Bürgern, die schon mit ihm zu tun hatten, Zweifel aufkommen.
Im Clinch mit Leinensünderinnen
Mehrfach gab es bereits Beschwerden über Martin K. bei der Stadt Regensburg. Betroffene: Zwei Damen (77 und 54 Jahre alt), die er und seine Kollegen mit ihren nicht angeleinten Hunden im Park ertappt haben. Beide Male soll K. recht rasch handgreiflich geworden sein. Über einen Fall hatte die Regensburger Rundschau im vergangenen November berichtet. Hier ging es „nur“ um den Griff nach dem Fahrradgepäckträger einer 77jährigen Leinensünderin im Inselpark und um ein generelle unfreundliches und bedrohliches Auftreten von ihm und seinen Kollegen. Eine später eingereichte Dienstaufsichtsbeschwerde wegen dieses Verhaltens blieb ohne Ergebnis.
Schwerwiegender hören sich da schon die Vorwürfe der 54jährigen Stefanie R. an, die im Januar wegen ihres nicht angeleinten Hundes im Dörnbergpark mit Martin K. aneinandergeriet. „Ich hätte wohl nicht zum ihm sagen sollen, dass er etwas Gescheites hätte lernen sollen“, erzählt sie. Denn obwohl sie den Ordnungsdienstlern zu diesem Zeitpunkt bereits ihre Personalien gegeben habe und einfach weiter gehen wollte, sei K. ihr anschließend nachgelaufen, habe sie zu Boden gebracht und dort fixiert. „Ich lag dann dort und habe geweint“, erzählt die Betroffene. „Seitdem habe ich jedes Mal Angst, wenn ich in den Dörnbergpark gehe. Ich will den nicht wieder treffen. Der ist gewalttätig.“ Eine Strafanzeige allerdings blieb ergebnislos. „Er und seine Kollegen haben ausgesagt, ich hätte mich selbst auf den Boden geworfen.“ Von der Stadt Regensburg habe sie gar keine Reaktion erhalten.
Die beruft sich darauf, dass Dienstaufsichtsbeschwerde und Strafanzeige der beiden Damen „ohne Ergebnis“ geendet seien. „Der KOS ist verpflichtet zu handeln, wenn trotz Verbot Hunde in Parks frei laufen gelassen werden“, heißt es in einer knappen Stellungnahme.
Gefälschte Bewertungen unter Pseudonym
Befassen müssen sich aber die Vorgesetzten dennoch mit Martin K., der laut eigenen Angaben früher Polizist war, anschließend über eine Zwischenstation beim städtischen Bestattungsamt beim kommunalen Ordnungsdienst landete und nebenbei noch einen Luxuslimousinen-Service betreibt. Derzeit liegen der Stadt nämlich Dokumente vor, die belegen, dass der 37jährige die Daten von Personen, mit denen er dienstlich aneinandergeriet, nutzte, um anschließend deren Unternehmen auf Google per Pseudonym schlecht zu bewerten. Betroffen sind unter anderem eine Regensburger Zahnarztpraxis und eine Installationsfirma.
Von einer Gabriele Weßdorn erhielten sie die Zuschreibung „Katastrophal !!!“ oder „Arrogant, Überheblich und absolut nicht zum empfehlen.“ Mittlerweile ist klar: Eine Gabriele Weßdorn gibt es nicht. Es war ein Pseudonym von Martin K., der weder Patient bei dem Zahnarzt noch Kunde bei besagter Installationsfirma war. Allerdings hatte es im Vorfeld der Google-Bewertungen eher unschöne Begegnungen zwischen Martin K. und dem Zahnarzt bzw. der Chefin der Installationsfirma gegeben.
Die Vorgesetzten wissen Bescheid
Nachdem ihm eine Frist gesetzt worden war, um die gefälschten Bewertungen zu löschen, verschwanden diese von den entsprechenden Seiten. Den Limousinen-Service von Martin K., ein Unternehmen das laut Registereintragungen 2018 insolvent ging und 2020 aus dem Handelsregister gelöscht wurde, schenkte „Gabriele Weßdorn“ übrigens fünf Sterne.
Der Stadt Regensburg sind diese Vorwürfe bekannt. Dort liegen auch die entsprechenden Belege vor. Es gab bereits Gespräche zwischen Vorgesetzten von Martin K. und mehreren Betroffenen. Gegenüber unserer Redaktion bittet man allerdings „um Verständnis dafür, dass wir keine weiteren Auskünfte zu personellen Angelegenheiten erteilen“. Und bis auf weiteres hat Ordnungshüter Martin K. derweil #allesimgriff.
UPDATE: Martin K. arbeitet nun nicht mehr beim Ordnungsdienst
In einer aktuellen Stellungnahme gegenüber unserer Redaktion hat Martin K. nun mitgeteilt, dass er den Kommunalen Ordnungsdienst zwischenzeitlich „aus freien Stücken“ verlassen habe. Ihm persönlich sei nur eine Beschwerde (aus März 2020) gegen ihn bekannt. „Zu den Bewertungen unter Pseudonym kann ich Ihnen sagen, dass dieser Account meines Wissens nach gelöscht wurde und keine derartigen Bewertungen mehr bestehen.“ Ein Neustart seines Limousinen-Service habe sich pandemiebedingt bislang verzögert, sei aber nach wie vor geplant.
Mr. T.
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Bei solch sensiblen Stellen sollte man etwas mehr aufpassen bei der Einstellung. Eine Vita mit “früherer Polizist” sollte da schon Anlass zur Vorsicht sein.
Egal, ob Ordnungsdienst, Sicherheitswacht oder Parkraumüberwachung, freundliche Angestellte sind hier leider sehr selten. Gerade aber an vorderster Front zum Bürger wäre dies sehr wichtig. Die Misanthropen können sie in die Amtsstuben ohne Bürgerkontakt setzen.
Franz
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In den Behörden, sei es Polizei, KOS oder sämtlichen anderen Ämtern sollte endlich mal ausgemistet werden, inzwischen hat jeder Bürger ein Handy welches Fehlverhalten bis hin zu Übergriffen immer häufiger dokumentiert.
Die Betroffenen Vorgesetzten sind gut beraten ihre Rekordhalter in Sachen Dienstaufsichtsbeschwerden und Anzeigen frühzeitig in den Ruhestand oder die Arbeitslosigkeit zu entlassen bevor es negative Publicity gibt.
Tante Mathilda
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Der Typ arbeitet immer noch beim KoS. Oder gibt es da zufälligerweise noch einen Kollegen der einen Limousinenverleih hat?
Richard
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Ich hege keine Sympathie mit diesem “Ordnungshüter”. Aber was derzeit im Dörnbergpark abgeht, ist ein riesen Ärgernis. Seitdem es “Das Dörnberg” gibt, wird der Park überrannt von renitenten Hundehaltern. Über den ganzen Tag verteilt kommen (meist weibliche) Hundehalter mit Ihren angeleinten Hunden in den Dörnbergpark und lassen dann die Hunde von der Leine. Ich bin bereits drei Mal von Hunden angesprungen worden, wenn ich im Park jogge oder morgens zur Arbeit gehe. Ein Einsehen haben die Hundehalter nicht, wenn ich sie auf die Leinenpflicht im Park aufmerksam mache – im Gegenteil. Einige der Hundehalter rotten sich morgens gegen 7:30 Uhr zusammen und stehen im Pulk auf der Wiese und lassen die Hunde dort ungeniert auf den Rasen kacken. Nachmittags spielen dann dort Familien mit ihren Kindern. Manche Hunde sind so groß, dass ich mich erst gar nicht mehr wage, einen von den Hundehaltern anzusprechen.
Ich weiß, es tut nichts zur eigentlichen Sache im oben erschienenen Artikel, aber ich wollte auch mal darauf hinweisen, dass renitente Hundealter auch ein solch übergriffiges Verhalten eines “Ordnungshüters” hervorrufen können.
Steff
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Ich hatte in einer Verhandlung das Vergnügen mit dem Herren. Kann das nur unterschreiben.
joey
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fake Profile haben mit der Sache Ordnungsdienst so gut wie nichts zu tun.
Piedro
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@joey
Bei jemandem, der bei Frauen zwischen 50 und 80 Jahren handgreiflich wird um eine Ordnungswidrigkeit zu ahnden passen diese Rache-Bewertungen gut ins Bild. Wie mir in Wien mal eine Dame erklärte: “Gib an Trottel a Kapperl und du host an Oaschloch vor dir.” Wie kann es denn sein, dass diese Beschwerden keine Konsequenzen hatten? Jemand, der sich so aufführt, ist nicht geeignet im Konfliktfeld zwischen Bürger und Behörde den Hilfssheriff zu spielen, zumindest muss er in seine Schranken gewiesen werden, wenn ältere Frauen zu Boden gebracht werden, weil der Hund nicht an der Leine ist. Wäre es ein bedrohlicher Hund gewesen, hätte sich der Held gewiss zurück gehalten. Das Ermessen des Ordnungshüters wurde klar überschritten. Keine Konsequenz?
Die Betroffenen seiner Rache-Bewertung konnten sich wenigstens wehren. Sie haben durchaus mit dem “Dienst” des Herrn zu tun, weil der Auslöser des Verhaltens dienstlich war. Das geht einfach nicht. Man stelle sich vor, Herr Joey geräte mit einem städtischen Sheriff aneinander, etwa wegen eines subotimal geparkten Fahrzeugs. Besagter Ordnungshüter merkt sich, was auf dem Fahrzeug steht, sucht nach Ihrem Unternehmen und beglückt Sie und ihre Mitarbeiter mit Lügen über Leistung, Zuverlässigkeit, Integrität… Weil er sich über Sie geärgert hat und er berufen ist Sie zu strafen. Das hätte dann nichts mit seinem “Dienst” zu tun?
Sam
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@joey
Ohne dass der Herr bei der KOS Angestellt war, wäre er gar nicht an die Personalien der Geschädigten gekommen, also wären die Fake Bewertungen ohne seine Tätigkeit beim KOS gar nicht möglich gewesen.
Klempinski
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Der Herr vom KOS hat die Daten seiner Opfer während der Ausübung seines Jobs als Ordnungsdienstmitarbeiter erhalten. Diese Daten hat er missbraucht. Er hat den Datenschutz verletzt.
Weiter hat er sein Amt missbraucht. Also: Amtsmissbrauch. Da er mal Polizist war, gehe ich davon aus, dass er Beamter ist. Er hat also seinen Amtseid verletzt.
Durch seinen Fakeaccount und den Fakebewertungen hat er mit betrügerischer Absicht die Gechädigten verleumdet. Verleumdung!
Er hat Ihnen Schaden angetan. Denn durch die Fakebewertungen haben Sie evtl. Umsatzeinbußen erlitten. Und das geschah auch noch im sowieso schon harten „Coronazeiten“. Schadensersatz?!?
Die Gewaltanwendung gegenüber den beiden Hundehalterinnen ist mit Sicherheit auch nicht ohne.
Allesamt keine Kavaliersdelikte!
da loisl
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Die Einführung des Kommunalen Ordnungsdienstes nach der Wahl 2008 erfolgte holterdipolter. Wenn ich die Entwicklung richtig beobachte, dann hat es seitdem eine starke Fluktuation gegeben. Grund dafür dürfte sein, dass die Bezahlung deutlich schlechter als im Polizeidienst ist. Ergo auch nicht die selbe Qualität erwartet werden darf. Andererseits ist der Kommunale Ordnungsdienst in Fahrzeugen und Uniformen unterwegs, die eine Verwechslung mit den Kräften der Polizei zulässt. Alles das rechtfertigt, disziplinloses Verhalten nicht, kann aber Erklärung sein und die Notwendigkeit der Aufarbeitung verdeutlichen. Übrigens unter Juristen werden Dienstaufsichtsbeschwerden als fristlos, formlos und fruchtlos bewertet.
Klempinski
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An „da loisl“.
In diesem Fall finde ich „disziplinloses Verhalten“ als zu milde ausgedrückt. Hier steckt kriminelle Energie dahinter. Pseudonym – nachgewiesene Rache und Fakebewertungen – evtl. überzogene Gewaltanwendung….
In diesem Fall war die Dienstaufsichtsbeschwerde nicht fruchtlos. Der Herr musste gehen. Die Beweislast war wohl mehr als als ausreichend. „Zivilcourage“ ist gefragt. Auch in Pandemiezeiten!
Mia
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Pfui Deifi
” Möchte gern Polizisten”
Die noch nie etwas zerrissen haben und jetzt auf kriminelle Weise Sheriff spielen… Diesmal is er wohl zu weit gegangen – SPIEL VERLOREN….Peinlich für die Stadt!!!!
ASchäble
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Es wundert nicht, dass der Herr, der wohl früher Polizist war, eine Tasse der GdP präsentiert.
Zitat: [In Disziplinarverfahren gilt in letzter Zeit verstärkt: Kollegen helfen Kollegen! [..]
Das sind aktive oder ehemalige Polizeikollegen […]
Diese Kollegen kennen die Polizeistrukturen, gehören meist derselben Behörde an und wissen um unsere polizeilichen „Besonderheiten“ und Insiderkenntnisse,
[…] Gerade solche Kenntnisse können häufig über den Erfolg entscheiden,
was sich in geführten und zwischenzeitlich beendeten Verfahren gezeigt hat.
Diese Kollegen haben oft Zugang zu den Entscheidungsträgern und im Verfahren beteiligten Vorgesetzten wegen ihrer sonstigen Tätigkeiten […]] Zitat Ende
https://www.gdp.de/gdp/gdpmp.nsf/id/DE_GdP_M-V_Rechtsschutz_der_GdP
Seite der GdP Mecklenburg-Vorpommern, am 30.08.2021
Hier spricht die GdP aus, wie “Besonderheiten”, Insiderkenntnisse und Zugang zu den Entscheidern zum Vorteil eines im Disziplinarverfahren befindlichen Beamten genutzt werden.