Klosterackerweg: Kommunikationsprofis sollen es richten
Um die Debatte um die geplante Bebauung am Klosterackerweg zu beruhigen hat die Eigentümerin eine professionelle Kommunikationsagentur engagiert und lud am Montag zum „Bürgerdialog“.
Die öffentlichen Proteste gegen die geplante Bebauung am Klosterackerweg zeigen Wirkung. Im Vorfeld des Architektenwettbewerbs, der vorzeigbare Vorschläge für die Wohnbebauung auf dem Areal im Stadtwesten von Regensburg erbringen soll, wurde am gestrigen Montagabend ein virtueller „Bürgerdialog“ veranstaltet, um die Gemüter zu beruhigen. Das Versprechen dabei: Das Protokoll dieser Veranstaltung soll den Wettbewerbsunterlagen beigelegt werden – als eine Art zusätzliche „Inspiration“ für die fünf teilnehmenden Architekturbüros.
Kritik von Anwohnern, Hotelverein und der CSU
Wie mehrfach berichtet, hatte das Vorhaben nicht nur bei Anwohnern, sondern auch beim Regensburger Hotelverein für Widerspruch gesorgt. 2016 hatte die Klosteracker Immobilien GmbH, eine Tochter der VR Bank Niederbayern/Oberpfalz, das 3,5 Hektar große Areal des ehemaligen DB-Schulungszentrums von der Bahntochter Aurelis erworben. Die Stadt war beim Verkauf der Fläche nicht zum Zuge gekommen. Im früheren Trainingszentrum wurde die Swiss International School untergebracht. Auf dem vorgelagerten Parkplatz soll Wohnbebauung entstehen – eine Geschossfläche von 16.500 Quadratmetern sei „städtebaulich verträglich unterzubringen“ heißt es im Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan – das entspricht in etwa 150 bis 170 Wohneinheiten.
Vor allem die mögliche Höhe der Wohnbebauung – von „mindestens 5 Vollgeschossen“ ist die Rede – aber auch die damit einhergehende Verkehrszunahme riefen Anwohner auf den Plan (unser Bericht). Zahlreiche Einwendungen wurden erhoben, Anwälte eingeschaltet. Ebenfalls anwaltlich beraten ließ sich der Regensburger Hotelverein angesichts der Aussicht, dass in dem achtstöckigen Bestandsturm des ehemaligen Schulungsgebäudes ein Hotel entstehen könnte. Letzten November meldete sich schließlich die CSU-Fraktion im Regensburger Stadtrat zu Wort und forderte vom Planungsreferat „Klarheit“ darüber, was nun auf der Fläche geplant sei (unser Bericht).
„Management erfolgskritischer Stakeholder“
Die Klosteracker Immobilien GmbH lässt es sich nun einiges kosten, die Situation zu beruhigen. Für den gestrigen Bürgerdialog, ein vorgeschaltetes Pressegespräch und die weitere Begleitung des Vorhabens hat Geschäftsführerin Claudia Kick die Agentur Hendricks & Schwartz engagiert, eigenen Angaben zufolge „einer der führenden Anbieter für strategische Beratung und Dienstleistungen im Bereich Politik und Kommunikation im deutschsprachigen Raum“ mit Standorten in München, Berlin und Zürich. „Das Management erfolgskritischer Stakeholder“ stehe im Mittelpunkt der Arbeit, heißt es im Portfolio des Unternehmens. „Dabei binden wir alle Beteiligten zielgerecht ein, verpacken Ihre guten Argumente in wirksame Botschaften, die Gehör finden, und aktivieren stille Fürsprecher – stets im Sinne einer reibungsfreien und zügigen Realisierung Ihres Vorhabens.“
Den Realisierungswettbewerb, zu dem fünf Büros eingeladen wurden, betreut der bekannte Regensburger Architekt und Musiker Joachim Peithner. Der wiederum betont, dass man durchweg renommierte und preisgekrönte Architekturbüros eingeladen habe – nicht solche, die für die Bauten auf dem Dörnberg, dem Marin Quartier und dem Candis verantwortlich seien, wie er herausstellt. „Was Wertiges“ solle das am Klosterackerweg werden.
Großes Plenum und kleine Gruppen
Der Terminplan der virtuellen Veranstaltung am Montagabend, bei der die Stadt nur als Co-Veranstalterin fungiert, aber – so heißt es – die Moderation von Hendricks & Schwartz zur Neutralität verpflichtet habe, ist straff. 45 Minuten lang wird das Vorhaben von Geschäftsführerin Kick, Architekt Peithner und Planungsreferentin Christine Schimpfermann im Live-Stream vorgestellt – ohne direkte Beteiligungsmöglichkeit. Nochmal so viel Zeit ist den fünf Kleingruppen vorbehalten, die sich in Zoom-Sitzungen den Themen „Verfahren & Wettbewerb“, „Nutzungen & Städtebau“, „Natur- und Artenschutz & Freiflächen“, „Verkehr & Erschließung“ und „Schallschutz“ widmen und bei denen die Bürgerinnen und Bürger nun auch direkt zu Wort kommen.
Eine knappe halbe Stunde bleibt am Ende für die Moderatoren, um – wiederum im Livestream – das Fazit der einzelnen Gruppen vorzustellen. Die dafür eingerichtete Chatmöglichkeit wird so gut wie nicht genutzt.
Knapp 60 Menschen nehmen (gemäß eigener Zählung der Teilnehmer in den Kleingruppen; die Stadt spricht in einer Pressemitteilung von 130 Teilnehmerinnen, Anm. d. Red.) teil – inklusive der Moderatorinnen von Hendricks & Schwartz, den Fachleuten der Stadtverwaltung und einiger weniger Stadträtinnen. Die künftigen Nutzungen und die Verkehrsthematik wecken das meiste Interesse – und am Ende bleibt das meiste eine Frage des Vertrauens.
Boardinghouse statt Hotel
Beim Verkehr habe man alles – auch künftige Entwicklungen – berücksichtigt, versprechen die Experten der Verwaltung. Es sollen so viele Bäume wie möglich erhalten werden, wenngleich nicht alles, (aber mindestens 50 Prozent) auf der bestehenden Fläche ausgeglichen wird – heißt es in punkto Naturschutz. Und der Architektenwettbewerb werde – so die Hoffnung – eine städtebaulich verträgliche und ansprechende Lösung bringen. Da seien „Ideen gefragt“, mein Peithner. Man habe eigens einen Realisierungswettbewerb gewählt, damit es nach dessen Abschluss – Anfang 2022 – auch mehr zu sehen gebe als Striche, Linien und Baumassen, sondern „wie das Ganze aussehen kann“. Freilich, das räumt Claudia Kick ein, müsse man angesichts des Aufwands, der für das Grundstück zu betreiben sei, auch eine gewisse Baumasse unterbringen, um wirtschaftlich zu bleiben.
Die Hotelpläne, die angesichts bereits vorhandener Überkapazitäten in Regensburg Hotelverein und CSU auf den Plan gerufen hatten, scheinen nunmehr vom Tisch zu sein. Während Klosteracker-Geschäftsführerin Kick im vergangenen November gegenüber der Mittelbayerischen Zeitung noch ausdrücklich davon gesprochen hatte, dass in dem DB-Gebäude schon bisher ein Hotelbetrieb untergebracht gewesen sei, „und das wird es auch künftig sein“ (unser Bericht), beschwichtigt sie am Montag. Das mit dem Hotel halte sich ja hartnäckig, doch tatsächlich sei nunmehr eine Einrichtung „für kurz- und mittelfristiges Wohnen“ geplant. Einmal ist am Montag von einem „Boardinghouse“ die Rede.
Ein wirkliches Stimmungsbild bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern lässt sich aus dem Veranstaltungsformat nicht ablesen – zumindest noch nicht am Montagabend. Der Bürgerdialog soll nun protokolliert und als Anlage die Auslobung für den Architekturwettbewerb ergänzen. Diesen Wettbewerb wird der Stadtrat voraussichtlich Ende Juli auf den Weg bringen.
joey
| #
“aktivieren stille Fürsprecher”. Auch das muß professionell laufen, damit das später nicht nachweisbar ist wie bei Tretzel…
Jo Schindler
| #
Der Bürgerdialog ist schon im Ansatz gescheitert, denn die Anlieger, die die unmittelbaren Nachbarn des Bauprojekts sind, wurden zum Bürgerdialog nicht eingeladen.
Wie wir zwischenzeitlich erfahren mussten, wurden Einladungen für die Veranstaltung in die Briefkästen der Anwohner im Umkreis verteilt. Dabei wurden die vier Anwohnerfamilien, die nur durch eine Grünfläche vom potentiellen Baugebiet entfernt wohnen (Entfernung zwischen 20 und 100 Meter) offensichtlich “vergessen”. Kein Zufall, dass diese vier am stärksten betroffenen Familien auch den Protest gegen das Bauprojekt initiierten und damit in den örtlichen Zeitungen und Web-Portalen präsent waren und sind. Die Namen und Adressen sind bekannt und ausgerechnet diese vier (und eventuell auch weitere Betroffene) hat man nicht eingeladen. Wären wir über diese Veranstaltung informiert worden, hätten wir uns sehr gerne in den Dialog begeben.
R.G.
| #
Ein Haus für temporäres Wohnen ist wunderbar.
Man kann damit ganz vortrefflich den Mietspiegel für alle höher bringen.
Michael Bürgin
| #
Wir wurden als direkt betroffene Anlieger weder informiert noch wurde von Seiten der Stadt bisher unsere Einwendungen beantwortet. Statt die Bürger zu beteiligen wählen Investor und die Stadtverwaltung lieber die mediale Einbahnstrasse zur Selbstdarstellung.
weltenauge
| #
@Michi Bürgin
was haste denn gewählt 2018?
Wie man bestellt, so kriegt man. Bei vielen Sachen so.
R.G.
| #
“Den Realisierungswettbewerb, zu dem fünf Büros eingeladen wurden, betreut der bekannte Regensburger Architekt und Musiker Joachim Peithner. Der wiederum betont, dass man durchweg renommierte und preisgekrönte Architekturbüros eingeladen habe – nicht solche, die für die Bauten auf dem Dörnberg, dem Marin Quartier und dem Candis verantwortlich seien, wie er herausstellt. „Was Wertiges“ solle das am Klosterackerweg werden.”
Da Architekt Peithner zum Beurteiler von Qualität wurde, sehe man sich voran die Optik seiner Bauten an….-wertig, wertig.
joey
| #
@R.G.
Wettbewerbsbetreuung meistens nicht gleich Preisgericht. Peithner ist vielleicht nur derjenige, der die Ausschreibung formuliert hat und die Fristen überwacht. Entscheidungen bei privaten Wettbewerben treffen meistens die Bauherrschaften selber.
JJ
| #
Sehr gut. Sollen Sie halt Sinnvoll bebauen und damit Wohnraum schaffen. Hätte schon irgendwann gerne ein eigenes Zuhause für meine Familie. Momentan fast aussichtslos. Hilft nur mehr bauen um die Preise nicht in das unermessliche steigen zu lassen.
Hutzelwutzel
| #
Mensch, wie heißt das jetzt wieder? Yo, Konsolidierung! :-) Wenn der Geschäftsführer einer Immo GmbH auch noch im Aufsichtsrat einer Genossenschaftsbank sitzt, ist die Sache doch bereits “gegessen”. Den Wohnraum wird – außer “Vater Staat” gibt anderweitig was als Ausgleich dazu – niemand aus der heute sog. “Mittelschicht” kaufen können. Anmerkung: Andere halten sich raus, und lassen sich gleich gar nicht irgendeiner Sicht zuordnen. Da ist das Geld! ;-)