Keine Selbstoptimierung nötig
Die Regensburger Kurzfilmwoche (mittlerweile: Internationale Kurzfilmwoche Regensburg) feiert in diesen Tagen ihr 25-jähriges Bestehen. Über 300 Kurzfilme laufen in fünf Wettbewerben und vielen Sonderprogrammen. Die thematischen Schwerpunkte im Jubiläumsjahr sind Japan und Selbstoptimierung.
Ein Vierteljahrhundert gibt es die Regensburger Kurzfilmwoche bereits, die in ihrem Jubiläumsjahr programmatisch noch einmal eine Schippe draufgelegt hat. Das Programm streckt sich diesmal (inklusive Best-of aus 25 Jahren) insgesamt über zwei Wochen. In vier Spielstätten und an einigen Nebenorten werden in diesen Tagen über 300 Filme gezeigt. 119 davon laufen in den Wettbewerben (Internationaler Wettbewerb, Deutscher Wettbewerb, Bayernfenster, Regionalfenster und dem noch jungen Architekturfenster), knapp 200 Filme erstrecken sich auf die zunehmend bedeutender werdenden Sonderprogramme und Specials.
Darunter gehören neben den Klassikern, wie den live vertonten „Plattenfilmen“ oder „Poetry in Motion“ unter anderem auch der Länderschwerpunkt (diesmal Japan), der Themenfokus „Selbstoptimierung“ sowie ein Film- und Diskussionsslot zum Thema Europa. Im Rahmen des letzteren wurden gestern im Zuge der Kampagne der Europäischen Kommission „#EUandME“ entstandene Kurzfilme gezeigt, welche die EU in ein positives Licht zu rücken versuchen und „Errungenschaften der EU für unser tägliches Leben aufmerksam machen wollen“, wie es im Programmheft heißt.
Wolkenkuckucksheim Europa
Ein im Grunde anerkennenswertes Ansinnen. Entstanden sind dabei jedoch leider mutlos verkitschte Feel-Good-Filmchen, die mit rühriger Musik und Til-Schweiger-Optik und mit kaum subtiler Propagandaabsicht der Europäischen Kommission wenig überzeugend eine Traum-EU zeichnen wollen. Zumindest diese in Pastell gegossene Märchenwelt haben die Europa- und Menschenfeinde, Nationalisten und Faschisten quer durch Europa noch nicht zerstört.
Einer der #EUandME-Filme: Die Lebende Herberge (Regie: Matthias Hoene).
Japan und Selbstoptimierung
Weitaus spannender gerieren sich die drei Japan-Programme (historische, aktuelle und Animationsfilme) und die zwei Selbstoptimierungsprogramme. Letztere widmen sich, wie Festivalleiterin Insa Wiese wissen lässt, „dem Idealisierungswahn“, der das Individuum“ zur stetigen Verbesserung seines wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und körperlichen Marktwerts“ zwinge.
Statt Filmbeschreibungen sind die Filme im Festivalprogramm passenderweise als Coaching-Angebote oder Imperative umschrieben. So gibt es etwa ein „Coaching für eine höhere Beliebtheit“ (Jak se líbit lidem), ein Coaching für Gelassenheit bei der Arbeit (Peters Prinzip) und Selbstoptimierungsbefehle wie „Optimiere dich selbst!“ (Bebetter) oder „Strukturiere deinen Tag und dein Leben!“ (Sand).
Best-of aus 25 Jahren
Das Festival dauert offiziell bis zum 24. März. Die Preisverleihung der prämierten Filme findet am Mittwoch statt. Danach werden noch drei Tage lang Preisträgerfilme und Publikumslieblinge gezeigt. Ab Montag, den 25. März, läuft zudem eine Jubiläumsfilmauswahl aus den vergangenen 25 Jahren Kurzfilmwoche. Diese waren laut Stadtvertreter Thomas Burger bereits so gut, dass er sich am Eröffnungsabend „die nächsten 25 Jahre“ so wünschte, „wie die letzten 25 waren“. Selbstoptimierung scheint zumindest hier also nicht nötig.
Regensburmese
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Eine unglaublich attraktive Veranstaltung, Danke für den Artikel.
Eine “Selbstoptimierung” der Stadt wäre in Bezug auf die finanzielle Unterstützung leider mehr als wünschenswert; sonst nagt die 26ste Internationale Kurzfilmwoche Regensburg 2020 wieder am Hungertuch – oder sogar bis 2034…