Keine Haushaltsdebatte wegen Corona?
Sollen die traditionellen Haushaltsreden bei der Stadtratssitzung am kommenden Donnerstag „wegen des aktuellen Infektionsgeschehens“ ausfallen? Die Oberbürgermeisterin hat sich mit einem entsprechenden Vorschlag an Fraktionen und Einzelstadträte gewandt – das Echo ist geteilt. UPDATE: Zwischenzeitlich hat die Oberbürgermeisterin entschieden. Die Haushaltsdebatte ist abgesagt.
Es ist der alljährliche Schlagabtausch über die unterschiedlichen Vorstellungen zur künftigen Entwicklung Regensburgs: die Haushaltsdebatte im Stadtrat, bei der die Regierungsfraktionen ihr Programm und dessen Schwerpunktsetzung loben, während die Opposition anschließend Gelegenheit hat, ihre Vorstellungen und Kritik anzubringen. Es ist auch die traditionelle Abrechnung über die Politik der zurückliegenden zwölf Monate. 2019 waren es – inklusive Stadtoberhaupt und Finanzreferent – insgesamt 13 Rednerinnen und Redner, die sich am Pult abwechselten, und jeweils 20 Minuten Zeit hatten, ihre Positionen gebündelt darzustellen. Heuer wären es 14.
Grund zur Debatte gäbe es sicher: Coronabedingt wurde im Investitionsprogramm einiges geschoben, manches – wie zum Beispiel der ehedem als wichtigstes Fahrradprojekt gepriesene Holzgartensteg – gestrichen. Allein eine schriftliche Zusammenfassung von Änderungsanträgen der Brücke-Fraktion des früheren Oberbürgermeisters Joachim Wolbergs umfasst mit Begründungen knappe neun Seiten.
„Haushaltsreden entweder schriftlich, als Videoaufzeichnung oder als Audiofile“
Doch nach den Vorstellungen der amtierenden Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer soll die Haushaltsdebatte heuer weitgehend ausfallen. Das geht aus einem Schreiben hervor, dass sie am vergangenen Donnerstag an alle im Stadtrat vertretenden Fraktionen und Gruppierungen verschickt hat. Demnach sollen lediglich Maltz-Schwarzfischer und Wirtschaftsreferent Georg Stephan Barfuß zum Haushalt für die kommenden fünf Jahre äußern. „Alle weiteren Haushaltsreden könnten entweder schriftlich, als Videoaufzeichnung oder als Audiofile an die Pressestelle übermittelt und auf der Homepage der Stadt Regensburg veröffentlicht werden“, heißt es in dem Rundbrief.
Die Urheberschaft für diesen „Vorschlag“ nimmt die Oberbürgermeisterin nicht für sich in Anspruch. „ Ein Mitglied des Stadtrates“ habe sich damit an sie gewandt. „Im Hinblick auf das aktuelle Infektionsgeschehen“ solle „ausnahmsweise“ auf die Haushaltsreden von Einzelstadträten und Fraktionen verzichtet werden. „Ich bitte Sie, mir Ihre Meinung zu diesem Vorschlag mitzuteilen“, heißt es am Ende des kurze Schreibens.
Zustimmung und Widerspruch
Aus der Koalition haben bereits SPD, CSU und FDP dieses Vorgehen begrüßt. Er finde diesen Vorschlag „sehr gut“, schreibt etwa Horst Meierhofer. „Mit ca. 70-80 Menschen über mehrere Stunden zusammen in einem Raum zu sitzen, wäre aus meiner Sicht ein total falsches Signal.“ Allerdings gibt es auch Einwände, zum Beispiel von Christina Janele, CSB-Einzelstadtrat. „Zu einer Haushaltssitzung gehört auch eine Debatte“, schreibt er über den großen Verteiler. „Deshalb wurde wegen Corona auch schon die Redezeit von 20 auf 15 Minuten verkürzt. Auch besteht für jeden die Möglichkeit, zwischendurch frische Luft im Freien zu tanken!“
Aus der Opposition regt sich ebenfalls Widerspruch. „Bei den Stadtratssitzungen werden die Hygienemaßnahmen vorschriftsmäßig eingehalten, zudem findet über die Lüftung ein ständiger Luftaustausch statt“, wendet unter anderem Irmgard Freihoffer (Linke) ein. „Zusätzlich könnte man noch öfters lüften. Dass hier Infektionen übertragen werden, ist sehr unwahrscheinlich.“ Freihoffer plädiert dafür, die Hauhaltsreden entweder wie geplant zu halten oder diese zumindest in der Januarsitzung nachzuholen.
Eine Entscheidung über das Vorgehen am Donnerstag scheint noch nicht gefallen zu sein. Eine Antwort auf eine entsprechende Anfrage bei der städtischen Pressestelle steht bislang noch aus.
UPDATE
Zwischenzeitlich hat die Oberbürgermeisterin entschieden. Die Haushaltsdebatte ist abgesagt. In einem Schreiben an die Stadträtinnen und Stadträte heißt es:
Aufgrund des ungebremsten Anstiegs der Infektionszahlen der letzten Tage und der damit zusammenhängenden Verschärfung der bundesweiten Schutzmaßnahmen habe ich als Sitzungsleitung auf vielfachen Wunsch hin entschieden, dass in diesem Jahr auf ausführliche Haushaltsreden verzichtet wird. Diese Vorgehensweise wird maßgeblich dazu beitragen, die Sitzungsdauer zu verkürzen und somit das Risiko, sich bei der Sitzungsteilnahme mit dem Coronavirus zu infizieren, verringern. Die Möglichkeit, sich im Rahmen eines allgemeinen Redebeitrags zum Haushaltspaket zu äußern, bleibt damit jedoch unbenommen. Sollten Sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wollen, möchte ich Sie darauf hinweisen, jedenfalls auf die Einhaltung der maximalen Redezeit von 5 Minuten bei der ersten und 3 Minuten bei der zweiten Wortmeldung zu achten.
Mr. T.
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Ganz abgesagt oder darf die OB ihre Rede halten und nur Gegenreden sind nicht möglich? Schön ist das nicht und stärkt nur das Bild der grauen Koalition, die lieber Entscheidungen verkündet als drüber zu reden.
Schön, dass regensburg-digital Janele so respektiert und darauf verzichtet, den Deadname weiter zu erwähnen – im Gegensatz zur Mittelmäßigen 😉
Dieter
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Ist das derselbe Stadtrat und dieselbe OB die noch vor ein paar Wochen wegen der Maskenpflicht am Sitzplatz rumgeeiert haben?