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Flüchtlingsfamilie klagt gegen Unterbringung

Kein Weg führt aus dem Lager

Ein Einzelrichter, ein routinierter Beamter, kein Anwalt: Eine Flüchtlingsfamilie will aus gesundheitlichen Gründen aus dem Sammellager in Landshut ausziehen. Die zuständige Behörde verweigert dies. Heute hat das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage der Familie gegen den Bescheid in einer Blitzverhandlung abgewiesen.

Von David Liese

2014-04-22-10.38.17

Eine Flüchtlingsfamilie will aus gesundheitlichen Gründen allein wohnen und klagt gegen die zuständige Behörde vor dem Regensburger Verwaltungsgericht – ohne Erfolg. Foto: ld

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Hamid G. (Name geändert) erscheint allein im Sitzungssaal. Seine Frau und seine fünf Kinder sind im Flüchtlingslager in Landshut geblieben. Aus diesem will die kurdische Familie so schnell wie möglich ausziehen – in erster Linie aus gesundheitlichen Gründen. Seit Februar 2013 wartet sie auf die Bewilligung ihrer Asylanträge.

Die zuständige Regierung von Niederbayern lehnte den Bezug einer Einzelwohnung im November letzten Jahres per Bescheid ab. Vor dem Regensburger Verwaltungsgericht will Hamid G. die Erlaubnis für den Auszug heute erklagen.

Schnellverfahren ohne Rechtsbeistand

Neben ihm nimmt jedoch nur der Dolmetscher Platz. G.s Rechtsanwältin ist nicht erschienen – über das Warum kann man nur mutmaßen. Nicht selten sind es aber finanzielle Gründe, die bei solchen und ähnlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht die Flüchtlinge im wahrsten Sinne des Wortes allein – und ohne Rechtsbeistand – dastehen lassen.

„Wir sind psychisch sehr belastet“, übersetzt der Dolmetscher G.s Ausführungen. Besonders die Kinder würden unter den Bedingungen in der Sammelunterkunft leiden. Hamid G.s Ehefrau befinde sich in psychiatrischer Behandlung. Eine seiner Töchter habe zudem einen Herzfehler. „Das sind alles Gründe, aus denen wir aus dem Heim ausziehen möchten.“

G. gegenüber sitzt nur ein Einzelrichter. Auch das beobachtet man bei Rechtssachen, an denen Flüchtlinge beteiligt sind, häufig. Laut Verwaltungsgerichtsordnung ist eine Sitzung mit einem einzelnen Richter dann vorgesehen, wenn „die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.“

Amtsarzt bügelt gesundheitliche Probleme ab

Auch in Hamid G.s Fall verliert das Gericht nicht viel Zeit. Ein Amtsarzt habe die entsprechenden Bescheinigungen und Atteste überprüft, hält der Richter dem Mann vor. Dabei sei der Mediziner zu dem Ergebnis gekommen, dass trotz der gesundheitlichen Beschwerden die „Unterbringung“ im Flüchtlingslager „zumutbar“ sei.

Hamid G. müsse all dies eigentlich wissen, wirft der Vertreter der Regierung von Niederbayern ein – ein gestandener Beamter, der auch schon in den Sachgebieten Bau und Umwelt tätig war. Das Gesundheitsamt habe die Sache geprüft, der Bescheid des Amtsarztes sei G. zugegangen, sein früherer Rechtsanwalt habe sogar Akteneinsicht bekommen. Doch G. gibt an, nichts von einem Amtsarzt zu wissen. Und seinen Rechtsbeistand kann er – zumindest momentan – nicht fragen.

Schnelle Verhandlung, schnelles Urteil

Es sind nur wenige Minuten vergangen, dann empfiehlt der Richter Hamid G. die Rücknahme der Klage. „Ich kann Ihnen hier nicht viel Hoffnung machen. Wenn Sie das entschieden haben wollen, mache ich das aber.“ Ohne seine Rechtsanwältin gefragt zu haben, will G. die Klage nicht zurücknehmen. Stattdessen versucht er noch einmal, die schwierige Situation zu schildern, in der sich seine Familie befindet.

Wenn „ein gebildeter Mensch“ sehe, was im Landshuter Flüchtlingslager „jeden Tag passiere“, so übersetzt der Dolmetscher, würde er die Lage der Familie verstehen. „Da sind Leute den ganzen Tag betrunken, und auch moralisch ist vieles sehr fragwürdig.“ Immer wieder war die Landshuter Unterkunft in den vergangenen Jahren negativ in die Schlagzeilen gekommen.

Für das Urteil braucht der Richter nur etwa zwei Minuten, verlässt nicht einmal den Saal. Die Klage wird abgewiesen. „Bei allem Verständnis für die schwierige Situation“ der Familie gäbe es „keinen Anspruch“ auf einen Auszug. Nach der gesetzlichen Lage müssten Asylbewerber nun einmal in Gemeinschaftsunterkünften wohnen – Ausnahmen könnten bei gesundheitlichen Problemen zwar gemacht werden, doch „die hier vorgebrachten Gründe reichen dafür nicht aus, wie der Amtsarzt festgestellt hat.“

Psychische Probleme nicht zwingend auf Unterbringung zurückzuführen

Viele der Gesundheitsbeschwerden stünden gar nicht im Zusammenhang mit der Unterkunft. Und: „Auch, was die psychischen Probleme angeht, steht nicht fest, dass sich diese bessern würden, wenn die Kläger aus der Gemeinschaftsunterkunft ausziehen.“

Damit ist klar: Hamid G. und seine Familie müssen auch weiterhin im Landshuter Lager bleiben. Der Richter wünscht ihm abschließend, „dass bald über Ihren Asylantrag entschieden wird, damit Sie Klarheit haben, wie es weitergeht.“ Wann „bald“ ist, bleibt relativ: Das zuständige Bundesamt scheint sich Zeit zu lassen. Wie bereits erwähnt, wartet die Familie bereits seit mehr als 14 Monaten auf eine Entscheidung.

Einzelunterbringung wirklich teurer als 4.200 Euro im Monat?

Solche oder ähnlich gelagerte Klagen gäbe es vielleicht zwei- bis dreimal pro Jahr, konstatiert der Beamte der Regierung von Niederbayern nach der Verhandlung. Auch er betont dabei, dass die gesetzliche Regelung „halt klar“ sei. Eine Einzelunterbringung käme zurecht nur in Ausnahmefällen infrage. Denn „das Problem“ sei eben: „Wer bezahlt’s?“

Dieses Argument ist zumindest fragwürdig. Pikant: 2012 geriet der Landshuter Landrat Josef Eppeneder (CSU) in die Kritik, weil er seine Kinder beim Kauf zweier Gebäude unterstützte, die dann als Sammelunterkünfte für Flüchtlinge genutzt wurden. Dafür kassierten sie vom Staat laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung pro Tag 20 Euro für jeden Asylbewerber. Bei Hamid G.s siebenköpfiger Familie käme man damit auf einen monatlichen Betrag von 4.200 Euro.

Auch in Landshut dürfte sich für einen Bruchteil dieser Summe leicht eine geeignete Mietwohnung finden lassen.

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