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"Plateau StadtSitz"

Kein Scherz: Vor Regensburgs Luxusklo stehen ab sofort acht bunte Stühle

Über ein Jahr suchte die Stadt Regensburg nach Ersatz für die abgeschraubte Bank beim mondänen Toilettengebäude am Schwanenplatz. Nun ist er da. Eine Hommage.

Ein Fanal in der Geschichte Regensburger Sitzgelegenheiten: der Plateau StadtSitz aus Kiel. Foto: Stadt Regensburg/Katrin Holzgartner

Wie zufällig über die Fläche verstreut, mal einander ab-, mal zugewandt, wirken sie in ihrer lockeren Anordnung wie eine Einladung zur Auseinandersetzung mit Raum, Funktion und Identität. Man möchte sofort Platz nehmen auf den subtil gekurvten, farblich individuell gestalteten Sitzflächen, die in der Kombination aus kalt schimmernder, feuerverzinkter Stahlrohrkonstruktion (Meterpreis ab Werk: ca. 4,60 Euro) und den durchgefärbten, mehrlagigen, zwölf Millimeter starken Hochdrucklaminatplatten (Materialpreis: ca. 180 Euro pro Quadratmeter) futuristisch als auch zeitlos erscheinen.

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Lässig im Pflaster verschraubt sind dies weit mehr als nur Sitzmöbel, sondern auch Sinnbild einer neuen Art von Designphilosophie, die Natur, Funktion und Ästhetik miteinander verbindet und in seiner surrealen Mischung aus moderner Architektur und utopischer Stadtplanung die Frage nach der Intention aufwirft. Ist es ein Symbol für urbane Isolation? Ein Aufruf, die Perspektive zu wechseln? Oder doch nur eine pragmatische Lösung bei der Suche der Regensburger Stadtverwaltung nach einem Möbelstück, dem ein „möglichst geringer Aufforderungscharakter zum dauerhaften Verweilen bzw. Nächtigen“ innewohnt?

In Kiel ist man fündig geworden

Fest steht: Eineinviertel Jahr nach Entfernung der Obdachlose und Taubenfütterer anziehenden Bank vom „Luxusklo“ am Schwanenplatz, nach diversen nächtlichen Guerillaaktionen, bei denen unerwünschter und polizeiliche Fahndungsmaßnahmen auslösender Ersatz in dem Unterstellhäuschen angebracht wurde, gibt es seit dem heutigen Freitag nun neue Sitzmöbel.

Auf acht Stühle in unterschiedlichen Farben ist die Wahl der Stadt Regensburg gefallen. Augenscheinlich handelt es sich dabei um Exemplare des „Plateau StadtSitz“, in welche man inklusive Montage 8.000 Euro investiert hat. Hersteller ist die Eisen-Jäger Kiel GmbH, besser bekannt unter dem Namen UNION – FreiraumMobiliar, die die Stadt Regensburg im hohen Norden der Republik ausfindig gemacht hat, um eine Lösung zu finden, die allen Bedürfnissen einer Welterbestadt genügt.

Miesmacher gibt es immer

Es muss die Stadt Regensburg dabei nicht stören, dass es Miesmacher gibt, wie Grünen-Fraktionschef Daniel Gaittet. Der lässt sich trotz der schönen bunten Stühle „nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bei dieser Maßnahme um die Verdrängung von Menschen geht“. Der kritisiert, dass die „von CSU und SPD geführte Verwaltung“ an dieser Stelle „Menschlichkeit und Haltung vermissen lässt“. Und der vertritt die Ansicht, dass man doch die Bank einfach wieder hinschrauben hätte sollen und dass der Preis von 1.000 Euro pro Stuhl „dem Fass den Boden ausschlägt“.

Über all dies kann die Stadt aber getrost hinwegsehen. Schließlich sind diese ikonischen Möbelstücke, die zugleich urbane Sehnsucht und erhabene Isolation der Höhen zelebrieren und Graffiti keine Chance geben, im Vergleich zu dem 900.000 Euro teuren Klohäuschen, vor dem sie stehen, ein echtes Schnäppchen.

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Kommentare (14)

  • Daniel Gaittet

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    Und dann im Rathaus wieder rumheulen, wenn quer vom BR vorbeikommt. Genau mein Humor.

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  • B.F.

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    8.000 € Zusatzkosten für die Menschenfeindlichkeit der Stadt Regensburg

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  • Daniela

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    Über Geschmack lässt sich ja, bekanntlich, trefflich (nicht) streiten (diskutieren).

    Aber zumindest der Preis ist phänomenal, unglaublich, spektakulär…

    Vielleicht fehlt mir auch nur der innovative Durchblick.

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  • Herbert

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    Da fehlen aber noch ein paar Tische für die Leberkäsbrotzeit, eine Biotonne, Restmülltonne usw .

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  • Dieter

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    “Defensive Architektur” mal in stylish und teuer.
    Das passt zum Zynismus des Kapitalismus und somit zu einer Boomtown und ihren neoliberalen Verwalter
    Mittlerweile wird Platz für Obdachlose in der Altstadt knapp, die meisten Banken sperren seit der Pandemie nachts ihre Filialen komplett ab, d.h. man kommt auch nicht mehr an die Automaten um Geld abzuheben. Hauptsache niemand schläft drin.
    Wenn ich mir diese neuen Stühle anschaue, lange werden die es sowie nicht machen.

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  • Jonas Wiehr

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    Die “zufällige” Anordnung ist bemerkenswert.
    P.S.: Ich mag, dass es jetzt Like- und Dislike-Buttons gibt!
    Korrektur-Funktion – großes Like!

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  • Wuzzi

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    Wie kann man den berühmten “Schimpfermann-Bau” mit dieser Möblierung nur soooo verunstalten.

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  • J.B.

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    Diese Stühle ziehen Vandalismus an wie Motten das Licht.
    Mal schauen ob sie die Neujahrsnacht erleben.
    Dann kommen die nächsten Tausender zum Einsatz.

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  • Karl Straube

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    Leider sind die Blauen Beckensteine mit “Duft nach Ocean” zur Zeit nicht lieferbar. Deren Verwendung würde den optischen und taktilen Genuss der Bestuhlung als Eventraum um einen olfaktorischen ergänzen, da sich der Duft über die ihnen zugewiesenen Räumlichkeiten hinaus verbreitet. Liebe Mitleser: nicht Vergangenem (der Bank) nachtrauern sondern konstruktiv – forward-looking – mitdenken!

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  • Alfons

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    Die Stadt ist menschenfeindlich, weil Obdachlose nicht mehr auf einer Bushaltestellenbank schlafen können? Dann drehen wir das mal um. Wenn die Stadt viele Bänke in überdachten Bereichen aufstellt, können viele Obdachlose darauf schlafen. Folglich wäre die Stadt dann menschenfreundlich.
    Ganz schön schräg die Thematik der Obdachlosigkeit an Bushaltestellenbänken fest zu machen. Grundsätzlich gehts doch um Sitzmöglichkeiten an ner Bushaltestelle und die sind nun wieder vorhanden.

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  • Daniela

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    @ Jonas Wiehr

    Konkret ist das ganze Ensemble ” zum schreien und davon laufen “. Wenn man dann noch die Hintergründe kennt, warum die Bank entfernt wird, kann man es als ‘asozial ‘ bezeichnen.

    zu PS: Erst heute hatten wir, im Team, das Thema immer alles liken oder disliken zu müssen. Das Ergebnis: Es ist kontraproduktiv, es cancelt Dialog. Einmal abgesehen davon, dass es ein Unding ist, immer Alles und Jeden bewerten zu müssen. In der Vorschule werden mittlerweile Bienchen, Sternchen… und Smileys vermieden, dies wird wohl Gründe haben, man hat es wieder mehr mit konstruktiver, wohlwollend Kritik.

    @Dieter
    22. November 2024 um 16:29 | #
    Sie haben es absolut auf den Punkt gebracht. Danke

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  • Wuzzi

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    Apropo Bushaltestelle, da fällt mir gerade ein: Wieviel Busse halten da am Busklohäusl eigentlich pro Tag?

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  • Daniela

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    @ Alfons
    22. November 2024 um 18:59 | #

    Obdachlosigkeit ist überhaupt ein ‘schräges Thema ‘. Dürfte es überhaupt nicht geben in unserem Sozialstaat.

    Und ich wage zu bezweifeln, dass die Bank im Winter bei Kälte um die Null Grad neben einer öffentlichen Toilette so angenehm zum Schlafen ist.

    Das andere Thema ‘SeniorInnen füttern Tauben ‘ dürfte wohl durch die Bestuhlung nicht beendet sein.

    Die ganze Aktion ‘Bank weg und Stuhlensemble hin’, gleicht einem kostspieligen Schildbürgerstreich bei der vorangegangenen Argumentation.

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  • Informant

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    Was soll denn das? Adventure-Parcours für Sehbehinderte? Stolperfallen-Freilichtausstellung? Immer, wenn du glaubst, es geht nicht mehr absurder, kommt die Stadt Regensburg daher und setzt die Latte der Absurdität eins höher.

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