Kaufhof Regensburg unter Denkmalschutz? „Das wäre ein Witz“, sagt Egon Greipl.
Der frühere Generalkonservator und Regensburger Kulturreferent ist gegen Bestrebungen, das Kaufhof-Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen. Einst wurden dem Gebäude etliche denkmalgeschütze Häuser geopfert.
Denkmalschutz? Das hat der Kaufhof nicht verdient, meint Egon Greipl. Fotos: BLfD/Archiv
Noch immer ist offen, wie es mit der 2024 geschlossenen Regensburger Kaufhof-Immobilie weitergeht. Ob es nun ein islamisches Kulturkaufhaus wird, wie ominöse Investoren sagen, ob sich die Stadt zu einem Gegenentwurf aufrafft, oder ob es einfach eine Bauruine inmitten der Altstadt bleibt – alles scheint möglich. Womöglich wird das Gebäude sogar unter Denkmalschutz gestellt. Das Landesamt für Denkmalpflege prüft das.
Der ehemalige Generalkonservator Egon Johannes Greipl (76), früherer Kulturreferent von Regensburg und bis zur Pensionierung Bayerns oberster Denkmalschützer, ist entsetzt. „Das brutale 08/15-Kaufhaus in Regensburg stieß schon beim Bau auf lauten Protest“, schreibt er in einer Stellungnahme für unsere Zeitung. Ein Denkmal sei das Gebäude aber nie und nimmer.
Kaufhaus Schocken wurde zwangsweise arisiert
Tatsächlich hat die Immobilie eine lange Geschichte, an die Greipl erinnert. Er kennt das Haus noch aus den 1960er-Jahren. „Wer damals aus seinem oberpfälzischen Dorf in d‘ Stod fuhr, sprach meist davon, was er von Schoggn einkaufen wolle.“ Schoggn – damit war Schocken gemeint: Der jüdische Kaufhausunternehmer hatte 1920 mitten in Regensburg das erste große Warenhaus eröffnet. 1938 wurde Schocken zwangsweise enteignet – arisiert –, und aus Schocken wurde das Kaufhaus Merkur.
So hieß es auch noch nach dem Krieg – bis dann der sogenannte Kaufhauskönig Helmut Horten kam. Er kaufte sich in der Nachbarschaft des kleinen Kaufhauses ein ganzes Straßenkarree zusammen. Etliche historisch bedeutende Gebäude wurden kurzerhand abgerissen. Von der Alten Wache, einem klassizistischen Bau aus dem 18. Jahrhundert, blieb nur die Fassade – die es bis heute, verschandelt mit Graffitis und Plakaten, gibt.
Alte Wache: „Der Lendenschurz, der vor der Scham der Denkmalpflege hängt.“
„Sie ist der Lendenschurz, der vor der Scham der Denkmalpflege hängt“, spottet Greipl. Er erinnert daran, dass der Abriss just in die Diskussionsphase um das erste bayerische Denkmalschutzgesetz fiel, das 1973 endlich verabschiedet wurde. Das Wüten des Kaufhauskönigs in Regensburg „wirkte wie ein Brandbeschleuniger für das überfällige Gesetz“, sagt Greipl heute.
Dass dem Kaufhaus aber die bundesweit gebräuchliche Einheitsfassade verpasst wurde, ist wohl eine unverzeihliche Bausünde. Die sogenannte Horten-Kachel, entworfen von den Architekten Helmut Rhode und Egon Eiermann, hat sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag. Denkmalschutz habe die nicht verdient, meint Greipl. Es wäre ja ein Witz, wenn ein Haus, dem einst etliche denkmalwürdige Gebäude geopfert wurden, jetzt seinerseits Denkmalschutz bekomme.
Er erinnert aber daran, dass das ganze Areal mit Sensibilität zu betrachten sei. Am Neupfarrplatz wohnten einst die Regensburger Juden, bis sie vertrieben und die Synagoge 1519 abgebrochen wurde. Heute erinnert, nach langer Diskussion mit der jüdischen Gemeinde, das eindrucksvolle Bodenrelief des Künstlers Dani Karavan an die Geschichte der Vertreibung. Ein Grund mehr, bei der Neubelebung des angrenzenden Kaufhauses wachsam zu sein – vor allem wenn es sich um islamische Investoren handeln sollte, was in Regensburg aber niemand mehr glaubt.
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Harry
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Klar, man könnte mit erhöhtem Aufwand das Gebäude abreißen und die Gebäude, die man damals abgerissen hat, wieder neu aufbauen, ganz denkmalgerecht. Was man aber nicht vergessen sollte, ist, dass es bei Denkmalschutz nicht darum geht, die schönsten Gebäude zu erhalten, sondern die (und auch nicht alle davon), die für eine bestimmte Zeitepoche signifikant waren. Der Einbau der Fassade der Alten Wache dürfte ja in der Konstellation auch schon ziemlich einzigartig sein. Warum da Herr Greipl eine so eindeutige Meinung hat, kann ich nicht nachvollziehen.
corazondemelon
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Da muss ich dem geschätzten Herrn Greipl aber entschieden widersprechen.
Egon Eiermann war einer der größten deutschen Architekten in der Nachkriegszeit, man lese nach bei Wikipedia.
Die hier etwas despekierlich als Horten Kachel bezeichnete Fassade wird anderswo als Eiermann Fassade durchaus als denkmalwürdig bewertet.
Das Gebäude ist natürlich als Kind seiner Zeit zu sehen, aber nur weil für das Gebäude andere “denkmalwürdige Gebäude geopfert” wurden, heißt das noch lange nicht dass diese unwiderbringlichen Gebäude ausschließen, der nachfolgenden Architektur den Denkmalcharakter abzusprechen.
Herr Greipl war halt schon immer ein Nostalgiker.
Regensburmese
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Herr Dirk Walter möge mir bitte erklären, wie die jüdische Geschichte am Neupfarrplatz eine [erhöhte] (schließe ich aus „vor allem“) Wachsamkeit gegenüber Moslems (oder Kapitalisten?) bedingt (“islamische Investoren“).
growth mindset
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Als Nutzung des Kaufhof-Areal am Neupfarrplatz würde sich auch wie im Mittelalter die Nutzung als Patrizierhäuser mit einem repräsentativen Patrizierturm des 21. Jahrhunderts, als Duftmarke zur Egosteigerung als städtische Wohnsitze des Adels, oder „Geldadels“ anbieten. Eine ergänzende gewerbliche und kommerzielle Nutzung, mit Abstimmung von zukünftigen Stadtentwicklungsvisionen der Stadt wäre denkbar.
Es sollte sich doch irgendwo ein ehrenwerter Kosmopolit, der die europäischen Werte hochhält und nicht weiß, wie er seinen Reichtum sonst egoistisch „verräumen“ soll, finden lassen.
Es wäre jedenfalls ehrenwerter, sein finanzielles Engagement mit gesellschaftlicher Verantwortung gegenüber der „Restbevölkerung“ zur Steigerung derer Lebensqualität zu praktizieren.
Überteuerte leerstehende Luxusimmobilien in europäischen Metropolen, Luxusjachten, unausgelastete Urlaubschalets, als Geldanlage und intransparente Stiftungen in weltweiten Steueroasen, sind für dauerhaften sozialen Frieden, bei immer größer werdender Ungleichheit (Arm und Reich) nicht förderlich.
„Bleibe im Land und nähre dich redlich.“ (Ps 37,5)