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Erinnerungspolitik in Bamberg und Regensburg

Zwei Städte – zwei Wege

Regensburg und Bamberg: Beide Städte schmücken sich mit dem Titel „Weltkulturerbe“, in beiden gibt es eine über tausendjährige Geschichte jüdischer Gemeinden, die von den Nazis vernichtet wurden. Damit hören die Gemeinsamkeiten auf. Während Bamberg sein jüdisches Erbe sichtbar macht und jüdisches Leben im Stadtbild wieder präsent ist, verharrt Regensburg in seiner Erinnerungskultur bei den Römern.

Von Waltraud Bierwirth

Die Villa Dessauer in der Hainstraße in Bamberg, gebaut im 19. Jahrhundert für die jüdische Hopfenhändlerfamilie Dessauer, wird heute als Stadtgalerie genutzt.

Die Villa Dessauer in der Hainstraße in Bamberg, gebaut im 19. Jahrhundert für die jüdische Hopfenhändlerfamilie Dessauer, wird heute als Stadtgalerie genutzt.

Was bürgerschaftliches Engagement zuwege bringt, wenn es auf einen unterstützenden politischen Willen trifft, ist in Bamberg seit einigen Jahren sichtbar manifest. Als in den 1990er Jahren die kleine jüdische Gemeinde durch den Zuzug von Kontingentflüchtlingen aus den GUS-Staaten auf knapp tausend Mitglieder anwuchs, war allen Akteuren der Stadt klar: Ein neues Jüdisches Gemeindezentrum inklusive Synagoge muss her.

Nach einem zähen Prozess der Bearbeitung der NS-Vergangenheit wurde nun umgesetzt, was politischer Wille von Stadt und Bürgern war. Im Juni 2005 feierte die Israelitische Kultusgemeinde Bamberg die feierliche Eröffnung der nunmehr 7. Synagoge. Relikte von vergangenen und zerstörten Synagogen, wie ein Rundbogenportal oder Türen, wurden in den modernen Multifunktionsbau integriert. Die Baukosten von etwa drei Millionen wurden von Land, Stadt und privaten Förderern aufgebracht.

Erinnerung braucht Orte. Deshalb platzierten die Museen der Stadt ihre derzeitige Ausstellung „Jüdisches in Bamberg“ in die ehemals jüdische Villa Dessauer, um die Geschichte der Bamberger Juden wieder sichtbar zu machen. Ein gut gewählter Ort, der zweierlei deutlich macht: Bamberg profitierte erheblich von der Geschäftstüchtigkeit der wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilien wie Dessauer, der im Zentrum des Hopfenhandels stand.

Die Ausstellung „Jüdisches in Bamberg“ wird bis 1. Juli 2014 in der Villa Dessauer gezeigt.

Die Ausstellung „Jüdisches in Bamberg“ wird bis 1. Juli 2014 in der Villa Dessauer gezeigt.

Mit der Verfolgung und Ermordung der Juden wurde eine soziale, kulturelle und intellektuelle Bereicherung durch die Nazis vernichtet, die die Stadt ärmer machte. Dafür stehen die Beispiele der jüdischen Familien Wassermann und Federlein, die den Grundstock für eine der ältesten deutschen Kunstsammlungen legten. Die Ausstellung wird im Sommer von der Villa Dessauer komplett ins Historische Museum Bambergs umziehen.

Der Kontrast: Regensburg

Wegsehen, Ignorieren, Aussitzen. Das kennzeichnet die Erinnerungspolitik der Stadt Regensburg seit der rechtskonservative CSU-Oberbürgermeister Schaidinger vor 18 Jahren die Stadt in den Griff nahm. Die Bearbeitung der NS-Vergangenheit blieb tabuisiert, aber dafür flossen viele Millionen in die Freilegung von römischen Steinen. Die Geschichtsschreibung des Historischen Museums verharrt bis heute im Mittelalter und allenfalls das Pogrom von 1519 ist ein Dokumentationsort, weil es sich im mittelalterlichen Gepränge der Stadt vermarkten lässt.

Der Synagogenbrand von 1938, die Vernichtung der Jüdischen Gemeinde, das Außenlager Colosseum des KZ-Flossenbürg mitten in der Stadt, das Leben und Sterben in den Lagern der über 10.000 Zwangsarbeiter – speziell für die Rüstungsproduktion des Messerschmitt-Werks – und die Todesmärsche sind bis heute blinde Flecken in der Stadtgeschichte. Bescheidene Mahnmale gegen das Vergessen musste eine kritische Stadtgesellschaft stets im Widerstand gegen die CSU-Mehrheit und der von ihr dominierten Stadtverwaltung durchsetzen.

Regensburg: 75 Jahre nach der Zerstörung in der Reichspogromnacht plant die Jüdische Gemeinde den Bau einer neuen Synagoge.

Regensburg: 75 Jahre nach der Zerstörung in der Reichspogromnacht plant die Jüdische Gemeinde den Bau einer neuen Synagoge.

Nach dem bekannten Rezept „Aussitzen“ verschwand auch das vom Kulturausschuss in Auftrag gegebene wissenschaftliche Gutachten zur Erinnerungspolitik in der Schublade. Kein Wunder, denn erstmals wurden die strukturellen Defizite für die fehlende Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit benannt.

Unterstützung für den Synagogenbau? Von wegen

Nahtlos fügt sich in diesen Rahmen ein, dass bis heute eine Grund- und Mittelschule den Namen des Nazi-Bürgermeisters und SS-Mitglieds Hans Herrmann trägt und ein öffentlicher Park nach ihm benannt ist. Keine wirkliche Unterstützung erfuhr bis heute auch die auf über tausend Mitglieder angewachsene Jüdische Gemeinde der Stadt. Am angestammten Platz, da wo bis 1938 die prächtige Synagoge stand, die vor den Augen des damaligen SS-Oberbürgermeisters Otto Schottenheim abgefackelt wurde, soll wieder gebaut werden. Seit Jahren ist das der Stadt bekannt, die nach dem bekannten Muster „Aussitzen“ verfährt und Auflagen erteilt. Zum Beispiel „ Ausschreibung eines Architektenwettbewerbs“.

Öffentlich bekundete CSU-Repräsentant Schaidinger seine Unterstützung für den Synagogenbau und handelte quer dazu. Seelenruhig sah er zu, als eine Investorin ihre Hotelpläne für ein leerstehendes, unmittelbar an das jüdische Gemeindehaus angrenzendes Gebäude entwickelte. Inklusive einer Dachterrasse mit Freisitzen mit Aussicht auf den Innenhof der Gemeinde. Der tatkräftigen Frau wurde ohne Ratsbeschluss der Zuschlag für die Einrichtung eines Hotels erteilt. Seitdem hat die Jüdische Gemeinde ein dickes Problem mehr. Soll die Jüdische Gemeinde in Zukunft ihr Laubhüttenfest zum Gaudi der Dachterrassenbesucher feiern?

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