Soll Ermittlungen nach beiden Seiten anstellen: die Staatsanwaltschaft. Sind Polizisten vor dem Gesetz gleicher? Karikatur: Honore Daumier
„Die Staatsanwaltschaft hat nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln.“
Dieser Grundsatz steht wörtlich in der Strafprozessordnung und das ist auch gut so.
Weniger gut ist es, wenn man den Eindruck gewinnt, dass dieser Grundsatz nicht für jedermann in gleichem Maße gilt. Der Fall eines 25jährigen, dem kürzlich ein Strafbefehl der Staatsanwaltschaft ins Haus geflattert ist, erweckt aber genau diesen Eindruck.
In dubio pro reo?
Vorneweg:
Dass die Staatsanwaltschaft umfangreiche Ermittlungen anstellen kann, um Entlastendes zutage zu fördern, zeigt ein sattsam bekannter Fall: der des vor eineinhalb Jahren bei einem Polizeieinsatz getöteten Studenten Tennessee Eisenberg. Die Staatsanwaltschaft Regensburg stellte das Verfahren gegen die beiden Polizeibeamten, die damals geschossen hatten, ein. Die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg bestätigte diese Entscheidung und schließlich bestätigte auch das Oberlandesgericht Nürnberg, dass die Staatsanwaltschaft korrekt gehandelt habe: Letztlich gelte nämlich der Grundsatz „in dubio pro reo“, im Zweifel für den Beschuldigten.
Nicht immer kommt der Grundsatz „in dubio pro reo“ bei staatsanwaltlichen Ermittlungen derart zum Tragen. Und nicht immer wird so umfangreich ermittelt, um auch Entlastendes zusammenzutragen.
Etwa im Fall des 25jährigen Stefan S. (Name geändert). Im April 2010 hatte regensburg-digital.de erstmals darüber berichtet.
Wer verletzte wen?
Im Oktober 2009 soll Stefan S. einem Polizeibeamten in einem McDonald’s-Lokal mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen und ihn dabei an Stirn und Oberlippe verletzt haben.
Allein: Überzeugend beweisen lässt sich dieser Vorwurf nicht. Weder durch Zeugen, noch durch ein Überwachungsvideo des besagten Lokals.
Die Polizei war am 2. Oktober gegen 5.30 vom Schichtleiter des Lokals gerufen worden, weil zwei Männer – Stefan S. und ein zwei Jahre jüngerer Freund – dort randalieren würden.
Ein Vorwurf, der sich im Nachhinein als falsch herausstellte und auch vom Schichtleiter relativiert wurde. Weder ist von Hausfriedensbruch, noch von Beleidigung die Rede. Er hatte die beiden Männer nach einem kurzen Wortwechsel an der Verkaufstheke aufgefordert, das Lokal zu verlassen. Als diese sich stattdessen an einen Tisch setzten und dort zu essen begannen, rief er die Polizei.
Der Aufforderung der wenig später eintreffenden Beamten, das Lokal zu verlassen, leisteten die zwei jungen Männer binnen kürzester Zeit Folge. Das Video belegt: Es dauert nicht einmal eine Minute, ehe beide aufstehen, um zu gehen.
An der Ausgangstür soll es schließlich zu dem Schlag gekommen sein, so der verletzte Polizeibeamte. Auf dem Video ist davon jedoch nichts zu sehen.
Keine Strafverfolgung „mangels Tatnachweis“
Die Aufnahmen lassen eher darauf schließen, dass der Polizeibeamte Stefan S. zunächst geschubst und als dieser sich umdrehte, an der Gurgel gepackt hat. S. erstatte deshalb seinerseits Anzeige wegen Körperverletzung. Doch dazu später.
Mehrere Zeugen haben gegenüber der Staatsanwaltschaft ausgesagt, nichts von einem Schlag gesehen zu haben, darunter auch mehrere Polizeibeamte.
Der einzige Zeuge, der dagegen die Aussagen des verletzten Polizisten bestätigt, ist ein Kollege, dem – das legen Aufnahmen aus dem Video wenigstens nahe – zum Zeitpunkt des vermeintlichen Angriffs die Sicht versperrt war.
Der Rechtsanwalt von Stefan S., Tobias Richter, hegt zudem erhebliche Zweifel daran, dass die Verletzungen des Polizisten von einem einmaligen Schlag mit der flachen Hand herrühren können.
Diese Sachlage überzeugte – zunächst – auch die Regensburger Staatsanwaltschaft.
Das Verfahren gegen Stefan S. wurde im Mai 2010 eingestellt. Eine Strafverfolgung könne „mangels Tatnachweis“ nicht erfolgen, heißt es in dem entsprechenden Beschluss. Erledigt war der Fall damit allerdings nicht.
Keine neuen Beweise, trotzdem ein Strafbefehl
Erst Einstellung, dann Strafbefehl: Eine Beschwerde änderte zwar nicht die Beweiselage, aber die Meinung der Staatsanwaltschaft. Karikatur: Honore Daumier
Der Polizeibeamte legte Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft in Nürnberg ein. Diese forderte die Staatsanwaltschaft Regensburg auf, den Fall erneut zu überprüfen. Die Konsequenz: Zwei Monate später flatterte Stefan S. ein Strafbefehl über 1.350 Euro ins Haus.
Ein seltenes Ereignis. Laut Aussage des Leitenden Oberstaatsanwalts Dr. Wolfhard Meindl wird Beschwerden bei der Oberstaatsanwaltschaft „allenfalls in fünf Prozent der Fälle“ stattgegeben. „Das ist marginal.“
Es müsste also triftige Gründe geben, weshalb sich die Staatsanwaltschaft nun umentschieden hat.
Gibt es neue Zeugen, die den Schlag nun doch gesehen haben? Ein weiteres Video oder sonstige Beweise? „Nein“, sagt Rechtsanwalt Richter. „An der Sachlage hat sich nichts geändert. Es wurde auch nichts Neues ermittelt.“
Und auch auf Nachfrage bei der Staatsanwaltschaft selbst ist nichts Erhellendes zu erfahren. „Wir sehen das anders“, sagt Wolfhard Meindl nur, als wir ihn mit Richters Einwänden konfrontieren.
Neue Ermittlungen? Fehlanzeige!
Dabei gäbe es Einiges, womit sich die Staatsanwaltschaft hätte beschäftigen können.
Etwa die Zweifel, ob der Kollege des verletzten Polizeibeamten den Schlag überhaupt gesehen haben könnte. Aber: In der 350 Seiten umfassenden Akte findet sich dazu nicht eine einzige Stellungnahme oder Äußerung der Staatsanwaltschaft, so Rechtsanwalt Richter. „Es wurde auch nicht untersucht, ob eine Beule an der Stirn und eine blutende Unterlippe überhaupt durch einen Schlag mit der flachen Hand verursacht werden können.“
Richter hat mittlerweile Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt. Nun muss ein Verfahren vor dem Amtsgericht Regensburg Klärung bringen.
Verfahren wegen „falscher Verdächtigung“
Im Zweifel für den Angeklagten? Ermittlungen zur Entlastung des Beschuldigten? Fehlanzeige.
Stattdessen ein Strafbefehl – und ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen Stefan S.. Weil er den Polizeibeamten wegen Körperverletzung angezeigt hatte, erstatte dieser im Gegenzug Anzeige wegen „falscher Verdächtigungen“.
Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft erneut gegen Stefan S.. Vermutlich „nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände“ …
Epilog
„Das Verfahren ist von unserer Seite abgeschlossen. Auf Basis unserer Ermittlungsarbeit und entsprechend dem Grundsatz ‘in dubio pro reo’ gibt es bei dem Geschehensablauf, den die Staatsanwaltschaft ausführlich in ihrer Presseerklärung dargestellt hat, keinerlei Widersprüche.“
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