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Anbetung des Todes: Wolfgang Schwaninger in “Die tote Stadt”. Fotos: Juliane Zitzelsperger
„Die tote Stadt“ des Komponisten Erich Wolfgang Korngold ist die Oper, die sich Intendant Ernö Weil für seine diesjährige Inszenierung ausgesucht hat. Uraufgeführt 1920 und in Europa und Amerika erfolgreich, verboten die Nazis die Aufführung von Korngolds Werk in den 1930er Jahren; Korngold emigrierte nach Amerika, wo er als Filmkomponist erfolgreich wurde. Am Sonntag fand die Premiere am Regensburger Stadttheater statt. Die Geschichte der toten Stadt ist auf den ersten Blick eine zeitlose: Paul (Wolfgang Schwaninger) hat die Wohnung, in der seine geliebte Marie einst starb, in eine Art Mausoleum verwandelt. Als er die lebenslustige Tänzerin Marietta (Allison Oakes) trifft, ist er verzaubert von ihrer Ähnlichkeit zu Marie. Nach einem Treffen mit ihr fällt er in einen unruhigen Schlaf. Im Traum begegnet ihm Marietta, die erkennen muss, dass sie mit einer Toten um die Liebe Pauls konkurriert. Alle Versuche ihrerseits, Paul zum Leben zu bekehren, scheitern. Nur im Tode gleichen sich die beiden Frauen ganz… Aus dem Traum aufgeschreckt erkennt Paul, dass nicht die Anbetung des Todes, sondern die Hinwendung zum Leben die einzige Alternative ist. Er verlässt Brügge, die Stadt der Toten.

Warum gerade diese Oper?

Die Inszenierung macht es sich nicht leicht. Das Orchester unter der Leitung von Tetsuro Ban ist so groß, dass die Schlaginstrumente in die Proberäume ausquartiert werden mussten und per Livestream in den Theatersaal zugeschaltet wurden. Die Drehbühne, fahrenden Aufsätze und sich bewegenden Podeste sind eine Herausforderung für die Haustechniker, und auch die Kostüme sind aufwändig und teilweise beängstigend in ihrer beklemmenden Wirkung. Doch die volle Wirkungsweise dieser Oper erschließt sich erst auf den zweiten Blick; nämlich in der Frage, warum grade diese Oper in dieser Spielzeit auf den Plan gehoben wurde.

Die Stadt der Toten ist Regensburg

Hier eröffnen sich erschreckende Parallelen der Geschichte zur Regensburger Kulturwelt, die Ernö Weil nicht entgangen sein können. Weil, der nach der nächsten Spielzeit sein Amt als Intendant niederlegt (niederlegen muss?), scheint mit dieser Oper eine explizite Abrechnung im Sinn zu haben. Die „Stadt der Toten“ ist eine dünn verhüllte Metapher für Regensburg, dem schon Christoph Schlingensief Stillstand und Grabesruhe bescheinigt hatte. Der Totenkult, den Paul um seine verstorbene Geliebte herum aufbaut ist ein kraftvolles Bild für die Regensburger Kulturpolitik, die ebenfalls in einer „Kirche des Gewesenen“ alte Steine anbetet anstatt sich für aktuelle Kunst zu interessieren. Marietta, die junge lebenslustige Tänzerin, die sich für Religion und Konvention nicht großartig interessiert, steht für diese Kunst, für die in der Stadt der Toten kein Platz ist. Ihr sinnloser Tod in Pauls Traum zeugt von einer missverstandenen Vision von Kulturerbe.

Wink mit dem Zaunpfahl für den Neuen

Weils Inszenierung ist auch ein Wink mit dem Zaunpfahl für den noch unbekannten neuen Intendanten am Regensburger Theater. Sie sagt: Pass auf! Diese Stadt schert sich nicht um moderne, provokante, lebendige Kunst; für diese Stadt ist Kultur die Anbetung der Asche, nicht die Bewahrung des Feuers. Du wirst es hier nicht leicht haben. Die tote Stadt. Oper in drei Bildern von Erich Wolfgang Korngold Regie: Ernö Weil Mit: Wolfgang Schwaninger, Allison Oakes, Adam Kruzel, Jasmin Etezadzadeh etc. Karten und Informationen: http://www.theater-regensburg.de

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