Gugau weg, Wolbergs im Visier
Die Regensburger CSU hat zwar einen neuen Vorsitzenden und einen Vorstand, der alle Lager berücksichtigt. Die Wahlergebnisse lassen aber darauf schließen, dass es noch viele Unzufriedene gibt. Einig ist man sich lagerübergreifend in einem Punkt: „Wolbergs muss verhindert werden“.
Es ist gut das Armin Gugau „schmerzfrei“ ist. Das betont er mehrfach. Bleich und mit dunklen Ringen unter den Augen.
Schmerzfrei gegenüber den Medien, die sein Verhalten als CSU-Kreisvorsitzender in den letzten Wochen äußerst kritisch beleuchtet haben. Halbwahrheiten und Falschinformationen – böswillig gestreut – seien da zum Teil über ihn berichtet worden.
Schmerzfrei gegenüber Delegierten, die „irgendwelche Spielchen spielen“, die all zu sehr nachbohren, weshalb es bis zur Wahlversammlung am Freitag nicht möglich war, einen abschließenden Kassenbericht vorzulegen. „Ich wollte diese Sitzung nicht so früh einberufen“, sagt Gugau, der selbst vor zehn Tagen dazu eingeladen hat.
Und Gugau ist schmerzfrei gegenüber dem einstigen Weggefährten Franz Rieger. Der hat ihm in einer generalstabsmäßig geplanten Aktion das Heft des Handelns in Sachen OB-Kandidat entrissen, hinter Gugaus Rücken eine Mehrheit von Ortsvorsitzenden und Delegierten auf seine Seite gebracht, sich mit dem Ministerpräsidenten abgesprochen und auch medial gut vernetzt.
Ein Ergebnis, das sogar Optimisten erstaunt
„Lieber Franz, ich mag das alles gar nicht glauben, was da über Dich behauptet wird“, ruft Gugau während seines Rechenschaftsberichts in den Saal. „Lieber Franz, das kann doch nicht sein.“ Wenig später hat Rieger Gugau – mit 66 von 116 Stimmen – als Kreisvorsitzenden abgelöst. Es gibt nur eine Enthaltung. Ein solches Ergebnis hatten Optimisten auf Seiten Riegers nicht erwartet. Und obwohl Gugau sich nach einem kurzen Gespräch mit Rieger zu einem seiner vier Stellvertreter wählen lässt, sieht er nicht so aus, als würde ihn das alles nicht gehörig schmerzen.
Ihm kreidet die Mehrheit der Delegierten an, dass er die Einigung der Partei kein Stückchen voran gebracht hat. Dass unter seinem Vorsitz nach dem Motto „Mehrheit ist Mehrheit. So ist das in einer Demokratie“ Angehörige und Sympathisanten des Schlegl-Lagers konsequent aus Ortsvorständen und als Delegierte abgewählt wurden. Da half auch das „Zukunftsprogramm“, das Gugau am Freitag vorstellte und in dem er versprach, künftig alle Lager verstärkt einzubinden, nichts mehr. Viel zu oft hatte man schon ähnliches gehört, ohne dass dies umgesetzt worden wäre.
Franz Rieger: Vom Spaltpilz zum Friedensengel
Franz Rieger scheinen die Delegierten dies hingegen abzunehmen. Dies, obwohl er während seiner Zeit als Kreisvorsitzender genau denselben Kurs verfolgt hatte. Obwohl er lange der zentrale Gegenpart von Hans Schaidinger und Christian Schlegl war. Obwohl er selbst eine Klage gegen die Stadtratsfraktion, Parteiausschlussverfahren gegen drei Schlegl-Getreue und Ähnliches mit angestrengt hatte. Und obwohl er selbst einst eine führende Figur bei der Spaltung der Partei war, als er sich 2008 mit gehöriger Unterstützung von Thomas Fürst zum Kreisvorsitzenden wählen ließ und damals knapp – knapper als dieses Mal gegen Gugau – gegen Christian Schlegl gewann und die Spaltung zementierte.
Im Gegensatz zu Gugau aber hat Rieger es geschafft, sich von Fürst zu emanzipieren. Nicht umsonst wurde Rieger in den letzten Tagen und auch an Freitag ob seiner fehlenden Loyalität denen gegenüber kritisiert, die ihn „doch erst dahin gebracht“ hätten, wo er heute ist. Doch der Landtagsabgeordnete hat sich zwischenzeitlich eine eigene Hausmacht aufgebaut. Dazu zählt insbesondere die JU, deren Vorsitzender Michael Lehner am Freitag zwar bemüht ist, niemandem auf die Zehen zu treten, sich aber dennoch für eine Wahl Riegers ausspricht.
Dennoch ist die Kampfkandidatur Freitag auch für Rieger kein leichter Gang. Er schwitzt. „Ich werfe heute meine gesamte persönliche und politische Reputation in die Waagschale“, erklärte der ansonsten nicht als eben risikobereit bekannte Landtagsabgeordnete am Ende seiner Vorstellungsrede und kommt damit der Wahrheit ziemlich nahe. Allgemein war mit einer knapperen Entscheidung gerechnet worden und bei einer Niederlage Riegers wäre es durchaus denkbar gewesen, dass seine Landtagskandidatur noch einmal zur Disposition gestellt worden wäre. „Wir schon werden“, murmelt er, während die Stimmen ausgezählt werden. Und er behält recht.
Auch die – kurze – Debatte angesichts der Kampfkandidatur verläuft – unter den Augen eines verspätet eingetroffenen Hans Schaidinger – erstaunlich sachlich. Der ansonsten übliche Blick in die Eingeweide einer Partei, in der lange persönlicher Hass vor dem machtpolitischem Denken stand, das die CSU ansonsten eint, in der vom „Abschlachten“, „Abschießen“ und „subversiven Elementen“ die Rede war, in der man brüllte, persönlich und beleidigend wurde und in der man sich mit Gerüchten über angebliche Geschlechtskrankheiten, korruptes Verhalten oder sonstige Verfehlungen überzog, bleibt aus. Jeder habe Fehler gemacht, „auch ich“ heißt es immer wieder von den verschiedenen Rednerinnen und Rednern. Jeder müsse auf den anderen zugehen. Jeder solle sich um einen angemessenen und sachlichen Ton bemühen.
Einigkeit: „Wolbergs muss verhindert werden“
Bezeichnend: Den lautesten Applaus bei jeder Wortmeldung oder Rede gibt es stets dann, wenn vom politischen Gegner – der SPD im Allgemeinen und Joachim Wolbergs im Speziellen – die Rede ist. Letzterer sei „unfähig“, „weichgespült“, „schlecht für diese Stadt“ und müsse „verhindert werden“, heißt es lagerübergreifend.
Und ebenso lagerübergreifend setzt sich nun der neue Vorstand zusammen. Neben Gugau gehören Christian Schlegl, der JU-Vorsitzende Lehner und Tobias Fritz von der Altstadt-CSU zu Riegers Stellvertretern. Weiter im Vorstand befinden sich etwa mit Bernadette Dechant, Ulrich Perchermeier und Konrad Brenninger Mitglieder der „Bürger für Regensburg“, einige Plätze bekommt die Junge Union und auch dezidierte Anhänger des Gugau-Lagers werden berücksichtigt, wenngleich Peter Hinz bei der Wahl zum zweiten Schriftführer gegenüber dem JUler Simon Gietl über die Klinge springen muss.
Wie weit es mit der Einigkeit her ist, muss sich indes noch zeigen. Bei 115 abgegebenen Stimmen erhielt Gugau 88, Lehner und Schlegl jeweils 86 und Tobias Fritz 82 Stimmen. Durchweg keine überragenden Ergebnisse und ein Zeichen dafür, dass es nach wie vor genügend Unzufriedene gibt, die diese vorgeblich erfolgreiche Wiedergeburt der Regensburger CSU und den von Rieger am Freitag ausgerufenen Wahlkampf noch torpedieren könnten.
Am Ende der Versammlung sieht man dennoch viele glückliche Gesichter. „Wolli muss sich warm anziehen“, verkündet Franz Rieger unter lautem Applaus. Man umarmt sich ausgelassen und schüttelt Hände, während im Hintergrund bereits Schlegl, Rieger – und Jürgen Linhart – eifrig miteinander verhandeln. Es geht bereits um die Zusammensetzung der Stadtratsliste und wohl auch den Preis, den Christian Schlegl und seine Anhänger zu zahlen bereit sind, um ihn zum Oberbürgermeister-Kandidaten zu machen. Etwas abseits steht Gugau und versucht, sich ein Lächeln abzuringen. Ganz schmerzfrei.