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Betrachtungen zum Literaturnobelpreis

Who the fuck is Alice?

Einmal in meinem Leben will ich einen Literaturnobelpreisträger vor der Auszeichnung kennen. Dieses Jahr fällt die Wahl auf Alice Munro. Das bedeutet einen Umbruch, weil Munro Kurzgeschichten schreibt und Kanadierin ist. Aber was bedeutet es sonst? Von Thomas Spitzer
Nobelpreis für Literatur 2013: Alice Munro Foto: © Derek Shapton 2013

Nobelpreis für Literatur 2013: Alice Munro Foto: © Derek Shapton 2013

Wieso gibt es den Literaturnobelpreis?“, fragte ich meinen Vater einmal als kleiner Junge. „Weil Bücher sehr wichtig sein können“, sagte er. „Vor Frankenstein zum Beispiel wusste niemand, dass Wissenschaft auch manchmal etwas Schlimmes ist.“ Diese Erklärung, so krude sie auch sein mag, trifft den Kern der Sache ganz gut. Freilich, Mary Shelley war nie für einen Literaturnobelpreis nominiert, doch wird bei der Vergabe explizit nicht die literarische Kraft (also neue Erzählform) oder Bedeutung (also Menge der Anhänger) ausgezeichnet, sondern eine Geisteshaltung. Alfred Nobels Testament gibt vor, den Idealismus eines Werkes als Maßstab zu verwenden.

Es geht also um Personen, die Kritik üben. Am Krieg, am Fanatismus, Kapitalismus oder Sexismus. Personen, die etwas riskieren mussten für ihre Texte. Und überhaupt: Personen. Kommt der Autor aus Afrika? Aus dem mittleren Osten? Ist er ein Moslem? Wenn ja: Wie steht er zum Antiamerikanismus? Diese Art Fragen spielen bei der Vergabe eine Rolle. Vor allem, weil im letzten Jahrzehnt – so schien es zumindest – bewusst nicht typisch europäische Literaten ausgezeichnet wurden. Die beiden einzigen chinesischen Literaturnobelpreisträger zum Beispiel erhielten die Auszeichnung in den Jahren 2000 und 2012.

Der Preis ist eine Aufforderung

Der Nobelpreis für Literatur lässt sich – im Gegensatz zu den naturwissenschaftlichen Pendants aber genau wie der für Frieden – eher als Aufforderung verstehen, weniger als Siegerprämie. Wenn US-Präsident Obama den Friedensnobelpreis kurz nach seinem Amtsantritt bekommt oder Klimakämpfer Al Gore oder die EU-Mitglieder dann nicht, weil sie die Welt schon gerettet haben sondern, um sich weiter anzustrengen. Und vielleicht als notwendige Unterstützung im Kampf gegen Windmühlen.

Ähnlich soll der Literaturnobelpreis Schriftsteller daran erinnern, dass Mut sich immer lohnt und der Leserschaft zeigen, in was man seine Nase als nächstes zu stecken hat. Das erklärt, wieso Winston Churchill Träger dieses Preises ist und der – ebenfalls oft und als Musiker einzig nominierte – Bob Dylan nicht. Und zumindest das mit der Leserschaft scheint zu funktionieren, lässt sich das Publikum der Weltliteratur erschreckend einfach manipulieren.

Futter für den nächsten Smalltalk

Schon am Tag nach der Bekanntgabe flankieren Elfriede Jelineck– oder Orhan Pamuk-Pyramiden die Buchhandlungen. Auch meine Mutter las immer die Literaturnobelpreisträger, wenn die Tage länger wurden, allein aus Prinzip. Und viele Leser werden es ihr gleich tun, vielleicht nicht, um etwas für den Bus zu Arbeit zu haben, auf dem sich die Augen ausruhen können, vielleicht nicht, weil ihnen die Texte wirklich gefallen (Darum geht es ja auch nicht! Kunst muss weh tun!), aber als Futter für den nächsten Smalltalk.

Doris Lessing? Kenne ich. Ihr Bücher sind von beeindruckender Klarheit. Der Stil ist kraftvoll und doch zart, warmherzig und doch präzise, hat Vokale und doch auch Konsonanten.

Bekannte Schriftsteller sind längst die Ausnahme

Ist man der beste Schrifsteller der Welt, bekommt man den Nobelpreis. Diese einfach Regel scheint nicht ganz zu stimmen. Auch wenn es sich retrospektiv so anfühlt. „Herrmann Hesse? Ernest Hemingway? Albert Camus? Samuel Beckett? Natürlich haben die den Literaturnobelpreis!“ Denkt man. Aber in den letzten dreißig Jahren sind bekannte Schriftsteller längst die Ausnahme. José Saramago zum Beispiel, der mit Stadt der Blinden einen Weltbestseller schrieb. Oder auch Günther Grass.

When the going gets weird, the weird turn pro“, heißt es bei dem (ebenfalls nicht ausgezeichneten) Hunther S. Thompson. Und in diesem Fall: Dass Erfolg auch eine Hürde sein kann auf dem Weg zur höchsten Ehrung. In den letzten Jahren machten die Außenseiter das Rennen.

Es scheint absurd, dass Salman Rushdie, Philipp Roth oder Haruki Murakami noch nicht in diese Liste der bedeutendsten Schriftsteller aufgenommen wurden, wurden in der Vergangenheit – aller Eigenheiten dieses Preises zum Trotz – zumindest die allergrößten literarischen Werke wie die Buddenbrooks und die Blechtrommel nicht ausgelassen. Sollte es bald nicht doch noch Thomas Pynchon wegen „Die Enden der Parabel“ treffen oder Jonathan Franzen wegen „Die Korrekturen“? Besser wär’s. Denn ein Komitee, das langfristig am Zeitgeist vorbei auszeichnet, macht sich lächerlich. „Die Akademie in Stockholm sollte sich was schämen, dass sie Philipp Roth noch nicht ausgezeichnet hat“, sagte auch Reich-Ranicki vor einem Jahr in einem FOCUS-Interview. Und gerade wenn der Literaturnobelpreis noch die Kraft hat, Nischenautoren zu Ruhm zu verhelfen (der leider oft so spät kommt, dass man ihn buchstäblich mit ins Grab nehmen kann), sollte man diese zum Guten nutzen. Und nicht, um auf Teufel-Komm-Raus Bücher zu empfehlen, die möglichst schwer verständlich, unbekannt und ausgeflippt sind.

„Was ist schon so ein oller Preis?“

Wenigstens insofern bedeutet die Auszeichnung für eine Kurzgeschichtenautorin ein großes Entgegenkommen an die Leser. Und auch sonst ist die Wahl einer Autorin, die auf englisch schreibt und in einfachen Sätzen, sicher nicht das schlechteste. Natürlich ist es auch ein großer Sieg für Kanada und die Kurzgeschichte im Allgemeinen. (Und ein kleiner Dorn im Auge der US-amerikanischen Romanciers?)

Was ist schon so ein oller Preis?“ sagen manche. „Alfred Hitchcock, Stanley Kubrick oder Lars von Trier haben auch nie den Regie-Oscar bekommen.“

Ob es ,gut’ ist, dass millionenschwere Autoren wie Roth oder Murakami auch dieses Jahr leer ausgingen, darüber darf man sich trotzdem streiten.

Thomas Spitzer tritt seit 2009 erfolgreich bei Poetry Slams auf. Insgesamt vertrat er die Alte Mälzerei bei 5 großen Turnieren. Im November 2012 erreicht er bei den deutschsprachigen Meisterschaften das Halbfinale. Im April 2013 erschien mit “bunt und kühl” sein erstes Buch beim ConBrio-Verlag Regensburg. Alle Infos: facebook.com/thomasespitzer
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Liebe Leserinnen und Leser, in dieser Woche startet mit dem „Gilch der Woche“ eine neue Rubrik. Der Fotograf Daniel Gilch (Vorstellung folgt) wird sich in regelmäßigen Abständen Themen und Phänomenen in Regensburg mit Bildern und Bilderserien widmen. Für Vorschläge und Anregungen sind wir unter gilch@regensburg-digital.de offen. Dieses Mal gibt’s (übrigens durchweg legale) Graffiti in Regensburg. […]

Serienfinale Breaking Bad

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Brom und Barium: zwei Elemente, deren Kürzel ein hohes Maß an Aufmerksamkeit erfahren. So wie Heisenberg, Chrystal Meth, Chemie im Speziellen und die Wissenschaft im Allgemeinen. Zumindest bis Sonntag. Dann endet die US-amerikanische Fernsehserie Breaking Bad.

Kritik: The Rake's Progress

Highway to Hell

Jeder, der in der Schule Faust gelesen hat, kennt die Story vom Wüstling: Junger ehrgeiziger Mann fällt dem Teufel in die Hände, der ihn erst verdirbt, mit ihm um seine Seele spielt, um ihn dann mit Wahnsinn zu schlagen. Wenn’s denn mal so einfach wäre. Premiere der Oper „The Rake’s Progress“ am Sonntag am Theater Regensburg.

Ben Affleck spielt Batman

Ein Shitstorm zieht auf

Seit zwei Tagen steht fest: Ben Affleck spielt den neuen Batman. Ein Dorn im Auge von Fanboys auf der ganzen Welt. Warum eigentlich? Schließlich ist Affleck unauffällig, erfolgreich, der ewige Underdog – und damit eigentlich ideal besetzt.

Bei MAJOR LAZE und THE KNIFE

Weniger Musik wagen?

Obwohl ich Festivals nicht mag, verschlug es mich nach drei Jahren Abstinenz im Juli 2013 auf das Summerjam in Köln und das MELT! in Ferropolis. Dort sah ich MAJOR LAZER und THE KNIFE, zwei Elektro–Acts, die zunächst wenig miteinander zu tun haben, mich jedoch gleichermaßen mit ihren Bühnenshows zum Nachdenken brachten. Über den Live–Charakter elektronischer Musik. Und Konzerte im Allgemeinen.

Schlossfestspiele eröffnet

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Es ist mal wieder soweit: Die Fürstin und ihr Schloss putzen sich für die Schlossfestspiele heraus. Eröffnet wurde das zehntägige musikalische Spektakel am Freitag mit der Verdi-Oper „La Traviata“ – und zwischen viel Plüsch, Kitsch, Schischi und einer geifernden Gloria schaute auch Klaus Wowereit vorbei.

"Herr Behemoth lädt zum Bankett"

Warum ich kein Kunst-Kino mache, oder: Fuck you Hollywood!

Ein Jäger, der nur Aas schießt, ein Paar, das im Bett Schweinemasken trägt und ein durchgedrehter Ex-Offizier der Wehrmacht. Sie alle sind eingeladen, wenn Herr Behemoth zum Bankett lädt. Am Dienstag, 11. Juni, feiert der – über Crowdfunding finanzierte – Film unseres Redaktionsmitarbeiters David Liese im Garbo-Kino Premiere. Der Filmemacher und Autor über seinen „Behemoth“, Kunst, Kino und den ganzen Rest.

FilmRISS: Die Jagd

Nur nicht auf die Linien treten

Sexueller Missbrauch von Kindern ist nicht nur im Kontext der Diskussion um kirchliche Würdenträger ein brisantes Thema, bei dem vielen Erwachsenen sprichwörtlich alle Sicherungen durchbrennen. Thomas Vinterbergs neuer Film „Die Jagd“ setzt sich eindrucksvoll mit derartigen Vorwürfen auseinander, die sich schnell als falsch erweisen – und trotzdem für immer haften bleiben.

Zum 9. Mal: SCHLEUDERTRAUM in Regensburg

„Tanz ist eminent politisch“

Am Donnerstag startete das Regensburger Festival für aktuellen Tanz in Bayern, SCHLEUDERTRAUM, in seiner neunten Auflage. Die Schirmherrschaft hat Oberbürgermeister Hans Schaidinger übernommen. Ein wichtiges Signal für Festivalleiterin Alexandra Karabelas: In der Regensburger Kulturpolitik muss sich strukturell etwas ändern.

Preisverleihung auf der Kurzfilmwoche

Zum letzten Mal Regensburger Kurzfilmwoche

Viel wurde geredet, von Laudatoren, Jurymitgliedern und einem wahlkämpfenden Bürgermeister Wolbergs. Doch am Ende gehörte der Abend der Preisverleihung, der den formalen Abschluss der 19. Regensburger Kurzfilmwoche bildete, doch ganz den Filmschaffenden. Am Ende ließ Festivalleiterin Insa Wiese die Katze aus dem Sack.

19. Regensburger Kurzfilmwoche

Nichts als Müll und Staub

Ein Blick ins Sonderprogramm der diesjährigen Kurzfilmwoche: Mariam Mana hat für die 19. Auflage des Regensburger Festivals einige afghanische Filme unter dem Leitmotiv „Cinema Mi Amor“ zusammengefasst. Persönlich kann die Kulturmanagerin ihre Auswahl nicht erläutern.

FilmRISS: Kritik zu „The Master“

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Paul Thomas Anderson zeichnet in „The Master“ das verstörende Bild einer in den 50ern aufkommenden amerikanischen Sekte. Parallelen zu L. Ron Hubbard und Scientology sind möglich, aber nicht zwingend.

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