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Urteil

Jakob T. bleibt auf Dauer in der Psychiatrie

Wie zu erwarten war, wies die Schwurkammer des Landgerichts Regensburg Mittwochnachmittag die Unterbringung von Jakob T. (Name geändert) an. Der 53-Jährige hatte vergangenen Oktober seinen Mitbewohner getötet. Er bleibt dauerhaft in der Psychiatrie.

Die Schwurkammer unter Vorsitz von Richter Dr. Michael Hammer sprach am Mittwoch das Urteil im Sicherungsverfahren gegen Jakob T.

Dr. Michael Hammer hatte als Vorsitzender des Regensburger Schwurgerichts in der Vergangenheit schon des öfteren mit tragischen Schicksalen zu tun. Der Jurist gilt gemeinhin als jemand, der ein gewisses Gespür hat, stets den richtigen Ton trifft. Gerade auch in der Urteilsbegründung, dem Schlussakt eines Verfahrens. So auch vergangenen Mittwochnachmittag. Keine 30 Minuten dauert dieser letzte von vier Verhandlungstagen im Totschlagsprozess gegen Jakob T.

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Alle sind sich einig

Allzu viele Worte will Hammer dabei nicht mehr verlieren, so als sei in diesem Verfahren bereits alles gesagt worden. Als wolle das Gericht vor allem auch den Beschuldigten nicht unnötig lange im Sitzungssaal ausharren lassen. Dass das Gericht die Unterbringung des Beschuldigten in einer psychiatrischen Klinik nach §63 StGB anordnet, ist ohnehin keine Überraschung mehr. In ihren Plädoyers vergangenen Freitag waren sich schon Staatsanwalt Wolfgang Schirmbeck und Rechtsanwalt Shervin Ameri darüber im Grundsatz einig. 

Zuvor hatte der psychiatrische Sachverständige Dr. Dietmar Wirtz umfassend die rund 30-jährige Krankheitsgeschichte von Jakob T. dargelegt. Der 53-Jährige leidet an einer schweren Form der paranoiden Schizophrenie.

Was genau geschah, bleibt ungeklärt

Wirtz hatte erklärt, wie ein eigentlich höflicher, netter und allgemein gemochter Mann rund zwei Wochen vor der verhandelten Tat auf seine Betreuerin einen insgesamt positiven Eindruck machen konnte. Wie er dann am 6. Oktober aber als Folge eines psychotischen Schubs mehrfach tödlich auf seinen 64-jährigen Mitbewohner eingestochen haben kann. 

Die Schwurkammer ist wie Wirtz davon überzeugt, dass Jakob T. zur Tatzeit aufgrund dieses Krankheitsschubs nicht mehr Herr seiner Sinne und daher schuldunfähig war. Abgesehen von den rechtsmedizinischen Erkenntnissen zu den zahlreichen Verletzungen, ist die krankheitsbedingte Schuldunfähigkeit mit das Einzige das die Kammer mit Sicherheit feststellen konnte.

Letzte Worte auf Band

Anhand weniger Wegmarken skizziert der Kammervorsitzende noch einmal die Ereignisse vom 6. und 7. Oktober 2021, soweit sie eben bekannt sind.

Der Richter fasst noch einmal zusammen wie eine Betreuerin schon am 5. Oktober die Männer nicht erreichte, die seit 2019 in einer offen betreuten Wohnung in der Brahmsstraße zusammen wohnten und mit der Zeit auch ein freundschaftliches Verhältnis pflegten.

An jenem Dienstag lebte das spätere Opfer noch, rief wie jeden Abend pünktlich um 19 Uhr seine Schwester an. Weil die aber noch auf Arbeit war, verpasste sie den Anruf und der Bruder sprach auf Band – wo sie seine Stimme bis heute festgehalten hat.

Betreuerinnen wurden völlig überrascht

Am Mittwoch war Jakob T. nicht zur Arbeit erschienen. Es folgte der Donnerstag, 7. Oktober. Hammer gibt in wenigen kurzen Sätzen wieder, wie die Sozialarbeiterin wie jeden Donnerstag zum gemeinsamen Kochen vorbeikommen wollte. Die Tage zuvor hatte sie die WG schon telefonisch nicht erreicht. Nun folgte auch auf die Türklingel keine Reaktion. Es wurde herum telefoniert, mit der Arbeitsstelle, mit dem BKH – ob die Männer wohl dorten wieder einmal selbst vorstellig geworden seien. 

Als eine Betreuerin der Arbeitsstelle es noch einmal in der WG versuchte, hob Jakob T. endlich ab. Er soll viel Unverständliches geäußert haben. Aber ein Wort will die Zeugin herausgehört haben: „tot“, wiederholt Hammer in ruhigem Tonfall. Wenig später fanden die verständigten Polizeibeamten den Leichnam in der Wohnung und Jakob T. scheinbar schlafend in seinem Zimmer. Der kann sich heute an nichts mehr erinnern. Auch deshalb bleiben die tatsächlichen Ereignisse rund um die Tat ungeklärt.

 Gefahr für die Allgemeinheit

„Soweit wir wissen, hat es keinen Anlass für die Tötung gegeben.“ Trotz der schwierigen Situation, in der beide Männer aufgewachsen sind und der sie beeinträchtigenden Krankheit sei „die Welt der beiden 2021 wohl in Ordnung“ gewesen, sagt Hammer. Auch dank eines funktionierenden professionellen Umfeldes. „Was diese kleine Welt zum Einsturz brachte ließ sich nicht aufklären.“

Jakob T. wurde damals umgehend festgenommen und einstweilen ins BKH gebracht, wo er auch künftig bleiben wird. Denn das Landgericht sieht in ihm eine Gefahr für die Allgemeinheit. „Wer eine Straftat begangen hat, indem er nicht in der Lage war das Unrecht zu sehen und danach zu handeln”, führt Hammer aus, „bei dem besteht naturgemäß die Gefahr, dass es zu weiteren Tathandlungen kommt.“

Jakob T. ist seiner Krankheit ausgeliefert

Niemand könne mit Sicherheit sagen, ob Jakob T. – wenn er nicht untergebracht werden würde – nicht wieder einen Menschen erheblich verletzen oder töten würde. Aufgrund seiner Krankheit habe es der 53-Jährige auch nicht selbst in der Hand. Dem Gericht sei daher keine Alternative geblieben, als die Unterbringung in einem psychiatrischem Krankenhaus anzuordnen.

„Wir wünschen Ihnen, dass es gelingt Ihren Zustand zu verbessern“, sagt Hammer dann noch an Jakob T. gerichtet. Der nimmt das Urteil umgehend an und verlässt das Justizgebäude auch am vierten und letzten Prozesstag in Fesseln und im Polizeiwagen Richtung BKH.

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