Jahresrückblick III
Was ist 2014 in Regensburg passiert? Ein ausgewählter und ausdrücklich subjektiver Jahresrückblick unserer Redaktion in drei Teilen. Heute: September bis Dezember.
September
Hoffnung für Konzerthalle
Geile Musik zum kleinen Preis: Das Projekt H5 hat jede Unterstützung verdient, die es kriegen kann. Versprechungen der CSU im Vorwahlkampf aber wurden nicht eingelöst. Im Gegenteil: Ein Bescheid des Ordnungsamts versetzt der H5 zunächst den Todesstoß, beschreibt die Bedingungen dort als lebensgefährlich. Nach dem Regierungswechsel interveniert im September Joachim Wolbergs und sagt Hilfe zu. Ein Konzert findet allerdings bis Jahresende nicht mehr statt. Alles zur H5
Mann verbrennt in städtischer Notwohnung
Ende August verbrennt ein 53jähriger in seiner Wohnung. Recherchen von Regensburg Digital ergeben: Der Mann lebte in einer Notwohnung der Stadt Regensburg. Die REWAG hatte dem Hartz IV-Empfänger den Strom abgestellt, deshalb kochte er mit einem Spirituskocher, der ihm schließlich zum Verhängnis wurde. Weder der Energieversorger REWAG, an der die Stadt beteiligt ist, noch das Jobcenter, für das die Stadt zuständig ist noch sonst irgendeine städtische Behörde sehen bei sich irgendeine Verantwortung. Im Interview mit unserer Redaktion verspricht Oberbürgermeister Wolbergs eine bessere Betreuung in der Notwohnanlage. Die lässt aber bislang noch auf sich warten. Ebenso wie eine Verbesserung der Wohnbedingungen dort.
Die Uni und ihre Beschäftigten
Die Leitung der Universität Regensburg hat kein Herz für manche Beschäftigten. Bereits im März bescheinigte das Ministerium der Uni Rechtsfehler bei einigen Beschäftigungsverhältnissen. Jetzt geht sie gnadenlos gegen einen Dozenten vor, dessen Fall Vorbildcharakter hat. Dass die Universität unterliegen wird, ist absehbar. Warum verschleudert man für einen aussichtslosen Fall öffentliche Gelder? Auf diese und andere Fragen will man uns keine Antwort geben. Wie schon so oft duckt sich Kanzler Blomeyer weg.
Ein Persilschein für den Nazi-Bürgermeister
Ist NS-Bürgermeister Hans Herrmann der geeignete Namenspatron für eine Schule? Um diese Frage zu beantworten, hat die Stadt Regensburg ein Gutachten in Auftrag gegeben. Im September ist es fertig. Stadtheimatpfleger Werner Chrobak und Professor Bernhard Löffler liefern ein tendenziöses Machwerk ab, das die dunklen Seiten des BVP-NSDAP-CSU-Politikers beschönigt und verschweigt. Die Schulen entscheiden sich am Ende dennoch für eine Umbenennung.
Oktober
Stadtbau: Kein Kurswechsel in Sicht
Die Mieten bei der Stadtbau GmbH explodieren, von einer im Wahlkampf der SPD versprochenen Neuausrichtung ist nichts zu sehen. Nicht selten geht die städtische Tochter zudem mehr als seltsam mit ihren Mietern um. Es gibt keine Sozialpläne. SPD-Fraktionschef Norbert Hartl legt sich mit der Stadtbau und ihrem Chef Joachim Becker an. Im Dezember kommt es zum Eklat bei einer Bürgerversammlung: OB Wolbergs, Becker und Hartl geraten öffentlich aneinander. Wir berichten permanent zum Thema - alle Artikel zur Stadtbau GmbH gibt es hier.
Extremismusklausel made in Regensburg
Aus Angst vor Nazi-Förderanträgen beschließt die Stadt eine Extremismusklausel für die Kulturförderrichtlinien. Piratin Tina Lorenz, aber auch SPD-Stadtrat Tobias Hammerl laufen Sturm gegen die Neuerung, scheitern aber letztlich - nicht zuletzt an der Sturköpfigkeit von Joachim Wolbergs, der sich jedem Änderungswunsch verschließt.
Kneipenschlägerei oder rassistische Attacke?
Im Oktober meldet sich ein 29jähriger Jordanier in unserer Redaktion: Er sei im Café ALEX von einem Hells Angel und seiner Frau beleidigt und krankenhausreif geschlagen worden. Der Verein „Keine Bedienung für Nazis" organisiert dem Studenten einen Anwalt. Kurze Zeit später meldet sich dann das beschuldigte Ehepaar, spricht von einer Kampagne gegen sich. Die Polizei kommt bei ihren Ermittlungen zum Schluss, dass die Schlägerei nicht rassistisch motiviert gewesen sei - obwohl ein Hitlergruß gezeigt wurde.
In eigener Sache: Wir haben eine neue Seite
Es ist vollbracht. Am 21. Oktober geht unser Relaunch über die Bühne. Die Struktur der Seite bleibt im Wesentlichen dieselbe. Das wichtigste passiert im Backend. Schön ist, dass sich die Kritik von Leserinnen und Lesern in Grenzen hält und vor allem konstruktiv ist. Kennt man aus dem Kommentar-Forum auch anders...
Ein Streit, über den sich Nazis totlachen
„Keine Bedienung für Nazis“ contra „Keine Bedienung für Nazis“: Der Streit innerhalb der mehrfach preisgekrönten Initiative läuft schon seit längerem und ist vor allem persönlich motiviert. Picasso-Wirt Sion Israel fordert nach der Vereinsgründung das Preisgeld für eine angeblich existente Initiative, die es de facto gar nicht gibt. Um ihn geschart haben sich eher dubiose Gestalten wie Roland Hornung vom "Freundeskreis Israel". Ein Redakteur der Mittelbayerischen Zeitung berichtet seit Monaten, absolut einseitig aus der Sicht des Picasso-Wirts. Als die Sache vor Gericht geht, steigt auch Regensburg Digital in die Berichterstattung ein und rückt ein paar Dinge gerade. Es folgen bizarre Vorwürfe, unter anderem Antisemitismus und Rassismus, aus Israels Unterstützerkreis. Das Gericht urteilt schließlich im Sinne des Vereins und lässt Israel abblitzen.
Nazi gibt sich als Journalist aus
Bei der nationalsozialistischen Partei Der Dritte Weg ist Walter Strohmeier Stützpunktleiter Ostbayern und hetzt gern gegen Migranten und Andersdenken. Er ist gewalttätig und einschlägig vorbestraft. Regensburg Digital deckt im Oktober auf: Er gibt sich als freier Journalist aus, um bei Kommunen Zahlen und Unterbringungsorte herauszufinden. Zum Glück fallen nur wenige auf Strohmeier herein, unter anderem wegen seiner Rechtschreibfehler.
November
AfD im Leeren Beutel
Das sorgte bei vielen für Empörung: Die Alternative für Deutschland (AfD) kommt mit ihrem stellvertretenden Bundessprecher Hans-Olaf Henkel in den Leeren Beutel. Vermietet hatte den Saal die Regensburger Tourismus GmbH (RTG). Henkel spricht vor vollem Saal, gibt uns außerdem ein Interview. Einem Faktencheck würden die meisten seiner Antworten wohl nicht standhalten.
Krach um das Nibelungenareal
Die Bauteam Tretzel GmbH erhält einen wichtigen Zuschlag für Bauvorhaben auf dem Nibelungenareal. Die CSU vermutet Vetternwirtschaft und spielt sich als Anwalt der kleinen Leute auf: Sie reicht Beschwerde bei der Regierung ein. OB Wolbergs und die Koalition halten die Vergabe für sauber, lediglich ein Tippfehler beim Quadratmeterpreis ist offenkundig. CSU-Fraktionschef Herrmann Vanino wird bei der Haushaltsdebatte im Stadtrat von sämtlichen Parteien sauber abgewatscht. Im Dezember dann der Paukenschlag: Die Rechtsaufsicht der Regierung weist die CSU-Beschwerde als unbegründet ab. OB Wolbergs kostet diesen Erfolg aus und kündigt jede Zusammenarbeit mit der CSU-Stadtratsfraktion auf. Seltsam: Die CSU feiert das Ganze trotzdem als Erfolg.
Schaidinger wird Ehrenbürger
Hans Schaidinger bekommt die Ehrenbürgerwürde verliehen. Am Stadtfreiheitstag hält OB Wolbergs eine gesalzene Laudatio auf seinen Vorgänger, charakterisiert ihn als Gscheidhaferl mit Hang zur Bürokratie. Schaidinger weiß zu kontern: „Es ist schön, wenn mein Nachfolger aus dem Vollen schöpfen kann." Am selben Abend erhält auch Ex-CSU-Stadtrat Peter Welnhofer eine städtische Auszeichnung für seinen Verdienst. Wir finden: Eine Medaille für Sitzfleisch.
Finanzaffäre in Wenzenbach
Wir berichteten zunächst exklusiv: Wenzenbachs Ex-Bürgermeister Josef Schmid soll sich während seiner Amtszeit aus der Gemeindekasse bedient haben. Die Mittelbayerische Zeitung muss ihren Artikel an einem Tag dreimal ändern, um schließlich zum selben Ergebnis zu kommen. Unter anderem soll Schmid private Steuerschulden mit öffentlichen Mitteln beglichen haben. Insgesamt geht es um einen sechsstelligen Betrag. Gegen den Gemeindegeschäftsführer soll ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden. Alle Artikel zum Thema Wenzenbach sind hier zu finden.
Der Stadtpass kommt
Nach Jahren des unermüdlichen Engagements von sozialen Organisationen und Initiativen nun der Erfolg: Im Juli 2015 kommt der Stadtpass. Halber Eintritt bei städtischen Einrichtungen, das RVV-Monatsticket mit 50 % Rabatt und weitere Vergünstigungen: OB Wolbergs und die zweite Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer feiern die Einführung als großen Schritt zur Verbesserung der Teilhabe. Das Armutsforum spricht gar von einem „Meilenstein zur Armutsbekämpfung".
Dezember
Die schwarze Liste der Blaujacken
Ein Regensburger Geschäftsmann fühlte sich von den städtischen Verkehrsüberwachern verfolgt. Zurecht, wie sich herausstellt: das Ordnungsamt führt eine schwarze Liste mit zweifelhafter Rechtsbasis. Während sich die Diskussion auf unserer Seite eher um persönliche Befindlichkeiten zu den Blaujacken dreht, erwägt der Betroffene jetzt eine Musterklage.
Baugenossenschaft mit Vorbildcharakter
Es hebt sich wohltuend ab vom üblichen Geschäftsgebahren von Bauträgern: die Baugenossenschaft Margarentenau verkündet, dass man zehn Prozent unterm Mietspiegel bleiben werde. Begründung: Die dort vorgesehene Kalkulation sei für die Mieter zu teuer. Nur Regensburg Digital greift diese Nachricht auf.
Fürstliches Dschungelcamp bekommt Zuwachs
Zielsicher zum Skandal. Für die kommenden Schlossfestspiele haben sich Reinhard Söll und Fürstin Gloria von Thurn und Taxis einen besonderen Gast geladen: Xavier Naidoo. Die übrigen Medien in Regensburg veröffentlichen die PR-Mitteilung von Odeon Concerte. Wir beschäftigen uns mit der Affinität Naidoos für Reichsbürger, Homophobie und allerlei sonstige Seltsamkeiten.
Die Spur der Steine
Das Kolpinghaus ist als Abriss-Kandidat im Gespräch. Doch wie wurde es überhaupt gebaut? Regensburg Digital beleuchtet die Hintergründe und erzählt, warum ein Stadtviertel unter Verantwortung der katholischen Kirche in weiten Teilen zerstört wurde. Ganz vorne dabei: der BVP-NSDAP-CSU-Politiker Hans Herrmann.
Ein Idyll muss weichen
Im Dezember steht fest, was auf dem Bäckergassen-Areal entstehen soll. Wo einst eine Kult-WG im umwucherten Hexenhäuschen lebte, wird in klassischer Schuhschachtel-Architektur alles zugebaut. Im Stadtrat beschwert man sich über das heimliche Vorantreiben des Vorhabens durch den früheren Oberbürgermeister Hans Schaidinger, aber letztlich stimmt die Mehrheit zu. Das Gros unserer Leser zeigt sich von dem Entwurf nicht sonderlich begeistert.
Container-Debatte
Die Regenbogen-Koalition ist sich erstmals uneins beim Thema Flüchtlinge: Piratin Tina Lorenz widerspricht den Plänen für eine Container-Unterkunft. Die Linke und Soziale Initiativen schließen sich an. Oberbürgermeister Wolbergs reagiert zunächst verschnupft, Grüne und Freie Wähler ausfällig. Am Ende fällt der Beschluss gegen Linke und Piratin, allerdings macht Wolbergs ein paar Zusagen und betont mehrfach, dass er glaube, dass man das Bauwerk doch nicht brauchen werde. Ein CSU-Stadtrat gibt bei der Abschlussdebatte den Pegida-Sepp.