Jahresrückblick II/VI – Einigkeit zum Jahresende: Die CSU im Glück
Was 2011 in Regensburg alles hätte passieren können – und was tatsächlich passiert ist (oder auch nicht): ein höchst selektiver und nicht ganz ernster Jahresrückblick in sechs Teilen.
Ein Klausurwochenende unter den gestrengen Augen von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt brachte die Erlösung: Der Regensburger CSU-Streit, der über viele Jahre die Partei spaltete, ist beigelegt. Details des Einigungsprozesses werden wohl erst mit der Zeit bekannt werden, sicher ist jedoch: Im nächsten Regensburger Stadtrat wird es eine einheitliche Fraktion aller CSU-Mitglieder geben.
Besonders der amtierende CSU-Fraktionsvorsitzende Christian Schlegl und der CSU-Kreisvorsitzende Armin Gugau zeigten sich erleichtert: „Der Streit der letzten Jahre war nervenaufreibend und kontraproduktiv. Jetzt können wir mit vereinten Kräften antreten, um Regensburg endgültig an die Spitze zu bringen“, sagte Schlegl am Abschluss der zweitätigen Klausur, sichtlich erschöpft aber zufrieden. Ähnlich geht es Gugau: „Uns war die Versöhnung schon lange ein Anliegen. Woran es bislang gescheitert ist, kann ich gar nicht mehr sagen.
Dobrindts Fingerspitzengefühl
Alexander Dobrindt hat mit viel Fingerspitzengefühl die Konfliktherde ausgeräumt, so dass wir nun voller Zuversicht die nächste Stadtratsperiode gemeinsam antreten können – zum Wohle der Stadt, die eine starke und vereinte CSU braucht!“ Einvernehmen herrscht auch bezüglich des Arrangements, das den früheren CSU-Kreisvorsitzenden Thomas Fürst betrifft: Er darf wieder CSU-Mitglied werden, allerdings unter der Maßgabe, sich bis zur Stadtratswahl zu bewähren und keine führenden Ämter anzustreben.
Was wirklich geschah…
Einigkeit in der Regensburger CSU ist natürlich in weiter Ferne. Fraktion und Kreisverband hakeln weiter fröhlich vor sich hin, Horst Seehofer lehnte eine Oberbürgermeister-Kandidatur ab, Franz Rieger verklagte Hans Schaidinger wegen Wahlmanipulation, Hans Renter wurde zum JU-Kreisvorsitzenden gewählt und Bürgermeister Gerhard Weber machte Ludwig Artinger politische Avancen für die nächste… Äh… Stopp… auch das scheint nicht ganz zu stimmen.
Aber wer kann sich schon noch merken, wer in der CSU wen verklagt und wer sich wo gerade mal wieder angebiedert oder unbeliebt gemacht hat! Richtig ist jedenfalls: Friede und Freude sind trotz wiederholter Weihnachtsfeierlichkeiten nicht eingekehrt.
Wachstumsschub für Altstadt-Ortsverein und Parteischiedsgericht
In kurzen Zügen: Franz Rieger und Hermann Vanino klagten gegen die Fraktionsgeschäftsordnung, nach der öffentliche Meinungsäußerungen sanktioniert werden können, wenn diese von der mehrheitlichen Fraktionslinie abweichen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Vor einem Parteischiedsgericht in München werden zwei Regensburger Fälle geprüft: Im einen Fall beschwert sich Konrad Brenninger (nicht Fraktionsmitglied, aber dem fraktionsnahen Kreis um OB Schaidinger und Fraktionsvorsitzenden Christian Schlegl angehörig) über die Vorstandswahl im CSU-Ortsverein Altstadt. Dort habe es einen unerklärlichen Mitgliederzuwachs gegeben.
Und tatsächlich: Über 100 Menschen haben urplötzlich ihre Vorliebe für christdemokratische Werte entdeckt und sind in den Ortsverein Altstadt eingetreten. Als Vorsitzender wurde erwartungsgemäß Tobias Fritz gewählt, der bekanntermaßen dem Rieger-Lager gewogen ist.
Im Gegenzug kündigte André Schreiber eine Beschwerde beim Parteischiedsgericht an, weil er die Wahl von Bernhard Mitko zum Vorsitzenden des CSU-Ortsverbandes Reinhausen für fragwürdig hält. Mitko dürfe eigentlich gar kein Mitglied des Ortsverbandes sein. Ob es diese Beschwerde überhaupt gab? Jedenfalls kam nichts dabei heraus.
Des Weiteren hat sich Horst Seehofer zwar nicht unmittelbar persönlich, aber über Parteifreunde erst dafür eingesetzt, dass die Regensburger CSU auch ordnungsgemäß ihre Vorsitzenden in den Ortsvereinen wählen möge; doch letztlich sah die Landesleitung von Wahlbeobachtern ab und überließ die Regensburger ihrem chaotischen Schicksal. Rumschlagen müssen sie sich damit sowieso.
Da verkommt es fast zur Nebensache, dass Mitglieder des Kreisverbandes in einem Facebook-Forum Christian Schlegl als „fiese Fettislaus“ bezeichneten oder dass Franz Rieger zugunsten seines Landtagsmandats von einer OB-Kandidatur absieht.
Die Zukunft: CSU und Bürgerverein
Sicherlich hat sich noch einiges mehr zugetragen. Sicherlich hat noch irgendwer irgendwen anders beschimpft, verklagt oder hat eine Klage in Vorbereitung. Und sicherlich hat sich auch irgendwer – heimlich oder unheimlich – mit Thomas Fürst, dem Schreckgespenst des Schaidinger-/Schlegl-Lagers getroffen. Die Frage ist nur: Von welcher Relevanz ist das eigentlich noch?
Wer unter dem Label „CSU“ bei der kommenden Stadtratswahl antreten wird, ist ohnehin schon entschieden. Und dass das Wort „Fraktion“ in diesem Zusammenhang seiner ursprünglichen Bedeutung (Bruchteil) alle Ehre macht, dürfte mittlerweile über die Parteigrenzen hinaus bekannt sein. Anhängern von Schaidinger und Schlegl sei jedenfalls der „Bürgerverein“ ans Herz gelegt – offiziell noch nicht mehr als eine Interessengemeinschaft interessierter Bürger, inoffiziell die neue Stadtratsliste vieler bisheriger CSU-Fraktionsmitglieder.
Zum Nachlesen:
www.regensburg-digital.de/t/csu/