Islamisches Kulturzentrum im Kaufhof? Stadt Regensburg lässt dubiose Investoren überprüfen
Die nach wie vor anonymen angeblichen Investoren für das frühere Kaufhof-Gebäude sollen auf ihre Bonität und Seriosität hin unter die Lupe genommen werden. Die CSU fordert, dem Verdacht von Geldwäsche nachzugehen. Die Stadt Regensburg prüft verschiedene Optionen, um der offensichtlich konzertierten Aktion im Bestreben um einen hohen Kaufpreis Herr zu werden.
„Ein totaler Bluff. “ So bezeichnet der Regensburger Rechtsanwalt Bernhard Schmeilzl, ein Experte für internationale Vertragsgestaltung und Wirtschaftsrecht, die angeblichen Pläne für ein islamisches Kulturzentrum in der Galeria Kaufhof-Immobilie in einer Reportage des Bayerischen Rundfunks.
Schmeizl vermutet hinter diesen Plänen ein Vorgehen, das bereits von der rechtsextremen NPD genutzt wurde, um mit der Drohung eines „NPD-Schulungszentrums“ öffentlichen Druck zu erzeugen und Kommunen zu zwingen, heruntergekommene Immobilien zu überhöhten Preisen zu kaufen. Wir hatten über solche Fälle bereits berichtet. Innerhalb der Regensburger Stadtverwaltung spricht man in Bezug auf das Kaufhof-Gebäude von einer „Schrottimmobilie“.
Gibt es den Sprecher der Investorengruppe überhaupt?
Rami Haddad, der angebliche Sprecher der Investorengruppe, der die Pläne kurz vor dem langen Wochenende zum Dreikönigstag öffentlich gemacht hatte und damit eine Welle der Aufregung auslöste, ist bei der Stadt Regensburg unbekannt. Es besteht sogar Unsicherheit darüber, ob diese Person überhaupt existiert, da es sich im arabischen Raum um einen sehr häufigen Namen handelt.
In dem Kaufvertrag, der der Stadt Regensburg am 10. Dezember zugeschickt wurde, während der Stadtrat gerade Mittel für eine Machbarkeitsstudie freigab, soll zwischen der Verkäuferin, der Kaufhof Regensburg GmbH, und der anonymen Investorengruppe ein Preis von rund 30 Millionen Euro vereinbart worden sein. Grobe Schätzungen gehen jedoch davon aus, dass das Gebäude allenfalls 20 Millionen wert ist, eher weniger.
Fragwürdiges Vorgehen einer Steuerkanzlei
Um Genaueres zu erfahren, müsste die Immobilie begutachtet werden. Doch dies scheiterte bisher an den Eigentümern und deren Vertretern, einer Steuerberatungskanzlei mit Sitz im hessischen Obertshausen, die bereits die bisherigen Eigentümer vertrat, wie die Immobilien Zeitung letzten Mai berichtete.
Laut Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer sind diese Ansprechpartner auch nach dem Verkauf dieselben geblieben, was die Gefahr der Befangenheit für die besagte Kanzlei zumindest im Hintergrund mitschwingen lässt.
Dubios ist auch: Die Ansprechpartner in dieser Kanzlei sind seit dem öffentlich verkündeten Verkauf für die Stadt Regensburg nicht mehr zu erreichen. Ein fragwürdiges Vorgehen, wenn man bedenkt, dass ein Investor, der ein Vorhaben in Regensburg umsetzen möchte, zwingend auf die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung angewiesen ist.
Man denke nur an die zurückliegenden, mittlerweile befriedeten Auseinandersetzungen zwischen der Stadt Regensburg und den Gebrüdern Schmack, in deren Zuge es für manche Bauvorhaben der beiden Unternehmer zu erheblichen Verzögerungen und Rechtsstreitigkeiten kam. Im Gegensatz zu den vorgeblichen Plänen für den Kaufhof riss aber bei den Schmacks allen Reibereien zum Trotz der Kontakt zur Stadt Regensburg nie vollständig ab.
Kanzlei beantwortet bis dato keine Fragen
Laut einer aktuellen Auskunft einer Sprecherin haben sich weder der ominöse Sprecher noch die Investoren bei der Stadt Regensburg gemeldet. Auch die Ansprechpartner der beauftragten Kanzlei hätten der städtischen Task-Force-Galeria „bis dato keine Fragen zum Konzept für das Gebäude beantwortet“. Auch gegenüber dem BR wollte die Kanzlei keine Stellung nehmen. Wir haben uns heute mit mehreren Fragen dorthin gewandt.
Zweifel bei den städtischen Verantwortlichen weckt auch die Ausgestaltung des Kaufvertrags, in dem unter anderem ein großzügiges Rücktrittsrecht vom Kauf eingeräumt wird. Das sehe alles nicht nach einem ernsthaften Interesse aus. Ebenfalls fragwürdig: Ein kleiner, aber unverzichtbarer Teil der Kaufhof-Immobilie gehört einer Erbengemeinschaft und wurde an die Kaufhof GmbH in Erbpacht vergeben. Doch dieser Teil ist nicht Bestandteil des Kaufvertrags mit den neuen Investoren. Die Stadt Regensburg müsste sich also zusätzlich an die Erbengemeinschaft und die Kaufhof GmbH wenden, um auch diesen Teil zu übernehmen. Unterschiedlichen und nicht verifizierbaren Angaben zufolge liegt der bisherige Erbpachtzins bei einem hohen fünfstelligen bis niedrigen sechsstelligen Betrag – monatlich. Er läuft noch um die zehn Jahre, während derer neben dem Kaufpreis zusätzlich bis zu 1,2 Millionen Euro jährliche Erbpacht fällig werden könnten.
Bonität und Seriosität soll überprüft werden
Angesichts all dieser Unwägbarkeiten hat die Stadt Regensburg gegenüber unserer Redaktion angekündigt, sowohl die Bonität als auch die Seriosität der anonymen Investoren prüfen zu lassen. In Frage kommen für eine solche Überprüfung beispielsweise die BaFin oder das BKA. Die CSU hat in einem umfangreichen Fragenkatalog unter anderem gefordert, dem Verdacht der Geldwäsche nachzugehen.
Verwaltungsintern werden nach Informationen unserer Redaktion aktuell drei Optionen geprüft. Zum einen das vielzitierte Vorkaufsrecht der Stadt. Dem Vernehmen nach sieht man innerhalb der Stadtverwaltung dafür derzeit keine Rechtsgrundlage, lässt das aber noch durch eine externe Fachkanzlei prüfen.
Vorkaufsrecht: Am Ende muss ein Gericht entscheiden
Da der Kaufpreis von um die 30 Millionen nach allgemeiner Einschätzung als überhöht gilt, müsste die Stadt ein eigenes Gutachten in Auftrag geben, um den tatsächlichen Verkehrswert zu ermitteln. Wenn dieser, wie erwartet, deutlich unter den erwähnten 30 Millionen liegt, muss am Ende ein Gericht über den Kaufpreis entscheiden – durch ein neuerliches Gutachten, für das die Eigentümer dann auch Zutritt zum Kaufhof-Gebäude gewähren müssten. Wenn es soweit kommt, müsste die Stadt dann aber auch kaufen – zu dem gerichtlich festgestellten Preis.
Der Kaufpreis ließe sich über ein zinsloses Darlehen durch den Freistaat aufbringen, das die Stadt später, sofern sie das Gebäude nicht selbst entwickelt, durch einen Weiterverkauf an einen seriösen Investor zurückzahlen könnte.
Noch nicht berücksichtigt ist bei alledem, dass das Vorkaufsrecht durch die Stadt sorgfältig begründet werden muss. Dass das alles andere als banal und nicht zwingend erfolgreich ist, zeigt ein Rechtsstreit aus dem Jahr 2020. Damals hob das Verwaltungsgericht Regensburg einen städtischen Vorkaufsrechtsbescheid für ein 14.000-Quadratmeter-Grundstück in Leoprechting mangels ausreichender Begründung auf.
Zweite Option: Bebauungsplan und Veränderungssperre
Doch ohnehin stellt sich die Frage, ob die Stadt Regensburg von dieser Option Gebrauch machen sollte, angesichts des offensichtlichen Versuchs des Investorenkonglomerats, den Preis durch bewusst geschürte Aufregung in die Höhe zu treiben.
Deshalb steht auch im Raum, einen Bebauungsplan mit Veränderungssperre für das Kaufhof-Areal zu erlassen. Eine Option, die man bisher nicht gezogen hatte, um potentiellen seriösen Investoren keine Steine in den Weg zu legen, die man aber nach wie vor vergleichsweise unkompliziert umsetzen könnte, um die Umsetzung der Pläne für ein islamisches Kulturzentrum fürs Erste zu verhindern.
Option Drei: Nichts tun und bremsen
Ein zentraler Teil ließe sich allerdings auch durch eine dritte Option stoppen: Die Stadt unternimmt nichts und beharrt auf der bisher genehmigten Nutzung des Gebäudes. Damit wären zwar die öffentlich verkündeten Pläne für Halal-Lebensmittel, Barbershops oder eine Shisha-Bar nach wie vor möglich. Religiös genutzte Räume aber ließen sich damit über das Bauordnungsrecht verhindern. Und es gibt durchaus böse Zungen, die sarkastisch anmerken, dass das Verhindern eine Kernkompetenz innerhalb der Regensburger Stadtverwaltung sei – Streitigkeiten über Photovoltaikanlagen in der Ganghofersiedlung und Großprüfening, aber auch die zurückliegenden Auseinandersetzungen mit den Schmacks könnte man dafür als Beispiele anführen.
Ein Problem bei all diesen Optionen: Auf absehbare Zeit bliebe es beim Leerstand der Kaufhof-Immobilie, die bislang zwischen 15 und 20 Prozent der gesamten Einkaufsfläche innerhalb der Altstadt ausmacht.
Wie das weitere Vorgehen aussieht, wird man frühestens bei der nächsten Sitzung des Stadtrats am 30. Januar erfahren. Fast alle Fraktionen im Stadtrat haben umfangreiche Fragenkataloge und Anträge eingereicht. Es bleibt abzuwarten, ob dann alle gemeinsam an einem Strang ziehen oder ob der öffentliche politische Schlagabtausch, wie er aktuell zu beobachten ist, weitergeht. Das nützt dann vor allem den dubiosen Investoren und ihren Handlangern.
Trackback von deiner Website.
Mr. T.
| #
Richtig so, cool bleiben und sich erst mal nicht von fremdenfeindlichem und rechtsextremem Alarmismus aufhetzen lassen. In aller Ruhe schauen, was die “Investoren” oder der bisherige Eigentümer damit macht. Irgendwann kann man den Bunker dann für schon den obligatorischen Euro übernehmen.
Informant
| #
Kann mich irren, aber ich glaub der RA heisst Schmeilzl (“ich kaufe ein ellll”)
Hindemit
| #
Da sind die MZ und die CSU ja offensichtlich ganz schön auf den Leim gegangen.
Der Schaden ist angerichtet, von Selbstkritik im Medienhaus und der CSU ist natürlich nichts zu vernehmen. Peinlich.
joey
| #
seit wann ist ein Bebauungsplan unkompliziert? Jedes Verwaltungshandeln ist zu begründen, erst recht, wenn es Eigentum oder andere Rechte einschränkt. Das gilt auch für das Vorkaufsrecht. Freiheit ist ganz vorne im Grundgesetz!
Man kann keinen Gebetsraum (wie auch immer) verhindern, wenn in sehr kurzer Entfernung 3 Kirchen stehen. Muezzin wäre was anderes.
Kleine Shops kann man gar nicht in einer Innenstadt verhindern. Wie kommt die Stadt überhaupt auf die Idee, was islamisches zu verhindern? Der Islam ist nicht verboten und eine anerkannte Religion. In anderem Artikel habe ich ja schon den Scherz gemacht: was wäre denn mit einem katholischen Zentrum, finanziert von Gloria?
Nein, der Islam gehört nicht zu Deutschland. Man muß den Kampf für Gleichstellung von Frauen aber weiter vorne führen. Das willkürliche Verhindern und Verbieten mit Winkelzügen schleicht sich bei uns als Kulturtradition ein? Nein, Deutschland hat nicht nur eine Geschichte des Faschismus, sondern auch eine der Freiheit (siehe 1848) mit der schwarz rot goldenen Revolutionsfahne.
Einigkeit und Recht und Freiheit gilt. Für alle, aber insbesondere für Verwaltungen und Regierungen.
Richtig cool
| #
Richtig cool wärs, wenn diese Stadt einen Plan hätte. Dann bräuchten wir weder dubiose „Investoren” noch Petitionen aufgrund von berechtigter Aufregung auf social media und auch keine Anwälte, die vermuten, dass alles Bluff ist. Ist das alles anstrengend! Und wäre nicht existent, wenn man hier diesen Kaufhof stadtplanerisch einfach rechtzeitig im Blick gehabt hätte und zudem mal eine wirtschaftlich sinnvolle Idee für die Zukunft im Kopf hätte.
Stefan Aigner
| #
@Informant
Danke.
Daniela
| #
Einfach, Stadtrat in die Prüfung und Regensburg bestmöglich gemeinsam vertreten. Noch ist Zeit für Entscheidungen. Diese Entscheidungen brauchen Ernsthaftigkeit und kein wahlwerbungsmäßiges Kasperletheater. Hier ist kein Platz für Profilneurosen.