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Angst vor der Todesstrafe

Iraner flüchtet ins Kirchenasyl

Im Iran steht auf den Übertritt zum Christentum die Todesstrafe. Trotzdem wurde der Asylantrag eines 38jährigen Flüchtlings zunächst in Rumänien abgelehnt. Und aus Deutschland, wohin er dann flüchtete, soll er nun dorthin zurück abgeschoben werden. In Regensburg bekam er Kirchenasyl. Am Mittwoch entscheidet das Verwaltungsgericht. Und es sieht nicht gut aus.

Es wirkt willkürlich. Die Verwaltungsgerichte Köln und Schwerin haben in aktuellen Urteilen „durchgreifende Anhaltspunkte“ dafür festgestellt, dass Flüchtlinge in Rumänien systematisch „Gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung (…) ausgesetzt zu werden“. Ebenso gibt es zweifel daran, dass die Menschenrechts- und Grundrechte-Charta der EU sowie das Völkerrrecht eingehalten werden, wenn in Rumänien über Asylanträge entschieden wird. Abschiebungen in dieses Land werden deshalb in Köln und Schwerin genau geprüft. Bis zur Entscheidung besteht ein Abschiebestopp.

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Das Verwaltungsgericht Aachen hingegen hatte etwa zeitgleich all diese Bedenken nicht. 

Am hiesigen Verwaltungsgericht in Regensburg, das wegen seiner oft restriktiven Rechtsprechung schon mehrfach in die Kritik geriet, war es im April wiederum so, dass der zuständige Richter sich dann eben jenes Urteil von Aachen herauspickte und dieses als richtig erachtete und die von Köln und Schwerin als falsch. Für den Betroffenen kann das den Tod bedeuten.

Konvertiten droht die Todesstrafe

Ohne mündliche Verhandlung entschied der Richter in Regensburg : Die Klage eines 38jährigen Mannes gegen die Ablehnung seines Asylantrags hat keine aufschiebende Wirkung. Obwohl erst am morgigen Mittwoch darüber entschieden wird, ob Davis R. (Name geändert) Asyl in Deutschland erhält, kann er deshalb jederzeit abgeschoben werden. Im schlimmsten Fall sogar während der Verhandlung selbst.

Dass es bislang nicht so weit gekommen ist, verdankt er einem katholischen Priester. Der hat ihm Zuflucht gewährt. Seit mehreren Wochen befindet R. sich nun in Regensburg im Kirchenasyl.

Verwaltungsgericht

Davis R. (Name geändert) kommt aus dem Iran und ist vom Islam zum Christentum konvertiert – eine Entscheidung, auf die dort seit 2008 die Todesstrafe steht. Auf der Liste der Länder, in denen Christen systematischer Verfolgung ausgesetzt sind, landet der Iran auf einem der vorderen Plätze. Erst Ende April hat das EU-Parlament in einem Entschließungsantrag festgestellt, dass die Christenverfolgung im Iran in gewaltigem Ausmaß angestiegen ist. Konvertiten erhalten in Deutschland deshalb in den meisten Fällen Asyl.

Rumänien lehnte Asylantrag ab

Dass das – Entschließungsantrag hin, Entschließungsantrag her – nicht in allen Ländern der EU so ist, musste Davis R. in Rumänien erfahren, wohin er zunächst geflüchtet war. Dort wurde sein Asylantrag im Oktober 2014 abgelehnt. Weil ihm nun die Abschiebung in den Iran drohte, floh er weiter nach Deutschland. Doch hier weigerte sich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) seinen neuerlichen Asylantrag zu entscheiden.

Hintergrund ist das Dublin III-Abkommen, nach dem der EU-Staat für die Asylantrag zuständig ist, den ein Flüchtling zuerst betreten hat. Und das sei eben Rumänien, so das BAMF. Weil Rumänien zur EU gehört gilt es qua Definition als sogenannter „sicherer Drittstaat“, als Land, in dem Asylverfahren ordnungsgemäß, in Einklang mit den völkerrechtlichen Bestimmungen, der europäischen Menschenrechtskonvention und Grundrechtecharta durchgeführt werden.

Die Verwaltungsgerichte Köln und Schwerin haben daran, wie erwähnt, erhebliche Zweifel und räumten Flüchtlingen, die gegen ihre Asylentscheidung klagten, zumindest vorläufigen Abschiebeschutz ein.

Was beim Regensburger Urteil unter den Tisch fiel…

Der zuständige Richter am Verwaltungsgericht Regensburg hingegen wählte sich das Urteil aus Aachen und nahm damit in Kauf, dass Davis R. trotz seiner noch laufenden Klage jederzeit hätte abgeschoben werden können. Was er dabei unter den Tisch fallen ließ: Bei der Entscheidung in Aachen, wo kein vorübergehender Abschiebeschutz gewährt wurde, hatte der klagende Flüchtling in Rumänien bereits Asyl erhalten. Davis R. würde dagegen mit hoher Wahrscheinlichkeit von Rumänien aus in den Iran abgeschoben werden, wo ihm mindestens Gefängnis und Folter, im schlimmsten Fall der Tod droht. Die Verhandlung findet am morgigen Mittwoch statt – zuständig ist übrigens offenbar derselbe Richter.

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Kommentare (5)

  • Veronika

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    Danke für diesen Artikel/ diese Information! Als Problem sehe ich hier etwas höchst Gravierendes, vor dem sich der Richter am VG kaum drücken können wird. Nicht nur Dublin III, vor allem der Umstand, dass hier jemand wegen einer Glaubenskonversion Schutz braucht, könnte ein unliebsamer Präzedenzfall werden. Wer nimmt möglicherweise vom Richter den politischen “Druck”, hier dann auf die Jahre Tausende Konvertiten aufnehmen zu müssen, weil sich ein Drittstatt weigert?
    ————–
    Man muß dringendst eine politische Lösung vor allem auch in Bayern suchen. Hier aber streitet man wieder mal um Stromtrassen.

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  • Veronika

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    Man müßte – sollte ich dies mit Dublin III hier
    http://www.lifeline-frsh.de/content/109/71/dublin-iii-vo
    richtig verstanden haben – diesen Herrn eben notwendigerweise – wenn das Urteil so ausfällt – nach Rumänien begleiten und diesem dort beistehen.
    Wo sind die EU-Abgeordneten, wenn man die mal braucht?????

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  • edi buchinger

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    Es gab im Bayerischen Verwaltungsgericht in Regensburg früher auch einmal eine menschlichere Art
    von Rechtsprechung in den jeweiligen Anerkungsverfahren von Asylbewerbern. Schwach erinnere ich mich an den sogenannten ersten Asylkompromiss von 1993 und seinen Auswirkungen. An die Suizide
    von Flüchtlingen aus Angst vor Abschiebung bzw. in der hiesigen Abschiebehaft.
    Erinnere mich an die stilen Abschiede auf den Bergfriedhof am Dreifaltigkeitsberg mit Pastor Harro Renner, Freunden und Angehörigen wo zumindest bei der Beisetzung eine letzte Ruhe und Integration in Sozialgräbern, die von der Stadt bezahlt wurden, gelang.
    Nun wo Richter, auch in Regensburg, womöglich besorgniserregende Urteile in diesen nicht nur für die Menschlichkeit
    vielmehr für die Sicherheit den Schutz vor Folter und Tod von gefährdeten
    Asylbewerbern sprechen und begründen werden. Steigt in mir wieder die Angst vor
    der im politischen Sinne gehorsam vorauseilenden Rechtsprechung in Bayern auf.
    Genau so erwacht mein leidenschaftlicher Zorn gegen Jene die da meinen Sie müsten
    richten und entscheiden über Leben=Anerkennung sowie Tod und Folter = Abschiebung.
    Welche Allmachtsgefühle und welch jämmerliche Ohmacht wird den “Entscheidern” in der Richterrobe bei Ihren Urteilen beiwohnen?
    Auch stellt sich mir die Frage ob bei solch hochbrisanten gesellschaftlichen Fragen und Entscheidungen eine Gewaltenteilung abgekoppelt von der Politik noch praktiziert wird.

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  • Radlertölpel

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    Im Sommer modellierten wir vom FUF,
    schockiert von den furchtbaren Dokumentationsfotos von Hinrichtungen im Iran, im Karavan-Kunstwerk neben dem Protestcamp, festkettbare Betonkepf um die Forderungen der non citizens zu unterstützen. Für die Stromversorgung des Camps bauten wir als Extention des Karavan-Kunstwerks eine “Stolperschwelle” um ein subtiles Zeichen gegen Residenzpflicht und Abschiebungen in sichere Drittstaaten zu setzen:

    http://europabrunnendeckel.de/?p=3028#fluechtlingskepf

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  • „Systemische Mängel“ vor dem Verwaltungsgericht » Regensburg Digital

    |

    […] lautet das Zauberwort, an dem sich das Schicksal des iranischen Flüchtlings Davis R. entscheidet. Wie berichtet, ist der 38jährige bereits im Iran zum Christentum konvertiert. Weil dort darauf die Todesstrafe steht, floh er nach Rumänien und stellte einen Asylantrag. Der […]

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