IG Metall startet Warnstreiks
Nachdem zuletzt 2018 Tarifverhandlungen im Bereich der Metall- und Elektroindustrie geführt worden sind, erhöht die IG Metall nun wieder den Druck auf die Arbeitgeberseite. Am heutigen Dienstag soll es an mehreren Standorten zu Warnstreiks kommen – auch in Regensburg.
„Unsere Leute sind stinksauer über dieses Einmauern der Betriebe. Diese Mauer wollen wir durchbrechen“, so Jürgen Scholz, 1. Bevollmächtigter IG Metall Regensburg, am Montagmittag vor dem BMW-Werk in Neutraubling. Soeben haben er und einige Angestellte des Autoherstellers Transparente entrollt, auf denen sie sich hinter die Forderungen der Gewerkschaft stellen. Damit soll vor Ablauf der Frist noch einmal öffentlicher Druck ausgeübt und gezeigt werden: „Die Kolleginnen und Kollegen sind bereit, in den kommenden Tagen die Arbeit vorübergehend niederzulegen.“ Denn das „Null-Angebot“ der Arbeitgeber werde man nicht akzeptieren, so Scholz.
Die letzten Tarifanpassungen stammen aus dem Jahr 2018. Letztes Jahr habe man dann corona-bedingt auf Tarifverhandlungen verzichtet, erklärt Scholz. Nun müsse endlich wieder Bewegung hineinkommen. Doch während in der Textil- und Bekleidungsindustrie vor kurzem ein Abschluss der aktuellen Tarifrunde erzielt werden konnte, hakt es in der Metall- und Elektroindustrie auch nach vier Gesprächsrunden weiter. Zwar habe man durch bessere Regelungen zur Kurzarbeit hunderttausende Arbeitsplätze sichern können. Dennoch haben die Betriebe aktuellen Zahlen zufolge vergangenes Jahr 120.000 Arbeitsplätze abgebaut.
Es fehlt nach wie vor eine Strategie
„Viele Arbeitgeber nutzen die Lage für Restrukturierungen: sparen, abbauen, verlagern, schließen“, wie es in der Mitgliederzeitung der IG Metall am Montag heißt. Neben der pandemie-bedingten Konjunkturkrise spiele der Strukturwandel weiterhin eine zentrale Rolle. „Die Hälfte der Betriebe hat dafür keine Strategie. Sie investieren zu wenig, oft nur in Billigstandorte“, heißt es in dem Artikel. Eine Kritik, die bereits im Kontext der angekündigten Umstrukturierung beim Autozulieferer Continental von der IG Metall erhoben wurde (wir berichteten).
Für die mehr als 3,8 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie fordert die Gewerkschaft daher ein tragfähiges Zukunftspaket. Dieses beinhaltet ein Volumen von vier Prozent, das je nach Situation der Betriebe zur Erhöhung der Entgelte und Ausbildungsvergütungen oder für Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung eingesetzt werden soll. Außerdem sollen mit Zukunftstarifverträgen passgenaue betriebliche Lösungen gefunden werden, die Zusagen für Investitionen, Standorte, Beschäftigung und Qualifizierung enthalten.
Autokonzerne fuhren auch 2020 wieder Gewinne ein
Eine Forderung, die laut Werner Zierer – Betriebsratsvorsitzender von BMW Regensburg/Wackersdorf und zusammen mit Scholz Mitglied der Verhandlungskommission in Bayern – durchaus berechtigt ist. „Wir gehen dieses Jahr von einer Inflation von etwa drei Prozent aus.“ Da sei eine Lohnerhöhung unausweichlich. Und auch wenn die Branche sehr heterogen aufgestellt und von der momentanen Krise unterschiedlich betroffen sei, so „ist aber auch während dieser Pandemie von den Unternehmen Geld verdient worden“.
Entgegen mancher Prognosen konnten die Autobauer im vergangenen Jahr erneut Gewinne einfahren. BMW verzeichnete im dritten Quartal dank der steigenden Nachfrage in China ein deutliches Plus gegenüber dem Vorjahr. Unter dem Strich verdiente BMW mit 1,82 Milliarden Euro deutlich mehr als im Vorjahr, als 1,55 Milliarden in der Kasse geblieben waren.
Mehr Geld bei den einen = mehr Geld bei den anderen
Laut Zierer käme die Tarifanpassung auch anderen Branchen zu gute. „Denn unsere Beschäftigten werden das Geld ja auch wieder ausgeben wollen.“ Mit der Fotoaktion Montagmittag soll auch gezeigt werden: „Die Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben stehen klar hinter den Tarifforderungen. Wir brauchen jetzt sichere Arbeitsplätze, klare Zukunftsperspektiven und stabile Einkommen.“ Das sind laut Scholz die „richtigen Rezepte, um gut durch die Krise zu kommen. Dafür kämpfen wir an diesem Aktionstag und darüber hinaus.“ Ab dem heutigen Dienstag 0 Uhr werden dann die Beschäftigten in Neustadt an der Donau als erste in den Warnstreik treten. Am Dienstagmittag sollen dann die Beschäftigten bei Continental und Vitesco in Regensburg folgen.
Dass es gerade jetzt in der Krise zu Arbeitskämpfen kommt, verteidigte Jörg Hofmann, Chef der IG Metall, vergangene Woche in einem Interview mit der FAZ. Auch er verwies darin auf die blockierende Haltung der Unternehmen, zeigte sich aber weiterhin gesprächsbereit. „Anlass zu Gesprächen gibt es weiter, aber bitte endlich mit Substanz. Wir haben in dieser Tarifrunde Forderungen gestellt, die sehr differenziert auf die Besonderheiten der aktuellen Lage eingehen.“ So wolle man mit den Arbeitgebern neue Instrumente zur Beschäftigungssicherung vereinbaren und „einen guten Rahmen schaffen für betriebliche Vereinbarungen zur Bewältigung der Transformation“. All das sei dringend notwendig, aber nur gemeinsam mit den Unternehmen umsetzbar.
Joachim Datko
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Auf die Automobilindustrie können wir uns auch in Corona-Zeiten verlassen!
Zitat: “Autokonzerne fuhren auch 2020 wieder Gewinne ein”
Wir können uns auf die Industrie verlassen. Und sicherlich erhalten auch die Arbeitnehmer nach den üblichen Tarifauseinandersetzungen mehr Geld.
Es ist eines der Erfolgsrezepte unserer Volkswirtschaft, sich mit Augenmaß zu einigen. Die Automobilindustrie zahlt gut.
Hier einige Zahlen zum Thema:
1) Gehalt in der deutschen Automobilindustrie
https://www.steuerklassen.com/gehalt/branche/automobilindustrie/
2) Gesamte Bruttolohn- und -gehaltssumme in der deutschen Automobilindustrie in den Jahren 2005 bis 2019
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/293750/umfrage/bruttolohn-in-der-automobilindustrie/
Zitat: “Eine Forderung, die laut Werner Zierer – Betriebsratsvorsitzender von BMW Regensburg/Wackersdorf und zusammen mit Scholz Mitglied der Verhandlungskommission in Bayern – durchaus berechtigt ist. „Wir gehen dieses Jahr von einer Inflation von etwa drei Prozent aus.“ Da sei eine Lohnerhöhung unausweichlich.”
Die durchschnittliche Inflationsrate der letzten 10 Jahre liegt unter 1,3 %.
Siehe: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1046/umfrage/inflationsrate-veraenderung-des-verbraucherpreisindexes-zum-vorjahr/