Hai nun!
Die in Regensburg gedrehte Splatter-Komödie „Sharkula“ überzeugt bei der ausverkauften Premiere im Ostentorkino auf ganzer Linie – und macht Durst auf Meer.
„Was ist da los in Regensburg? Ein Wesen halb Vampir, halb Hai geht um und zieht eine Schneise aus Blut, Matsch und Glibber hinter sich her.“
Mit dem Ankündigungs-Text der Facebook-Veranstaltung ist eigentlich alles gesagt. Die Handlung des Films „Sharkula“ lässt sich auf zwei Bierdeckeln zusammenfassen. Bei dem von Studenten und Barkeepern selbst gedrehten Splatter-Klamauk dreht sich alles um die namensgebende Figur, deren Konzeption so simpel wie genial ist: „Sharkula“, ein Mensch, der – Spoiler Alert! – von einem Hai gefressen wurde und diesen in den Magen biss, während er sich in ihm – und mit ihm – in einen Vampir verwandelte.
Ein als Vampir geschminkter Typ steuert durch die Altstadt
De facto sieht das dann so aus, dass ein als Vampir geschminkter Typ in einer Art Hai-Maskottchen-Kostüm durch die Regensburger Altstadt steuert. Mal sehen wir nur seine Rückenflosse am „Badestrand“ (Sarchinger Weiher) vor „nichtsahnenden Badegästen“ (betrunkenen Studenten) und „Pamela Anderson“ (eine Pappfigur), mal stolziert Sharkula mit Lederstiefeln und macht die „ganze Stadt“ (ein ehemals stadtbekannter Keller irgendwo bei der Lederergasse) unsicher. Dabei lockt er Passanten geschickt mit Augustiner-Flaschen, stürmt ein „Haino“-Konzert und verliebt sich auch noch in eine sexy Gothic-Braut.
Dass „Sharkula“ ein großer Spaß werden würde, daran bestand eigentlich kein Zweifel. Zu solide war die Grundidee, zu schrill das Plakat, zu stilsicher der Facebook-Auftritt des Teams um die „Sharkula“-Masterminds Dieter Ehneß, Valentin Kordas und Dominik Raith. Und zu schön ihre Geschichte, da über zwei Jahre einen Film fabriziert zu haben, der tatsächlich im Kino läuft. (Zumal es der Stimmung sicher zuträglich ist, wenn der Saal seit einem Monat restlos ausverkauft ist und – wie Ehneß vor Filmstart charmant bemerkte – hauptsächlich von Mitwirkenden und Angehörigen bevölkert wird.)
Ein breites Hai-Dauergrinsen
Dass „Sharkula“ aber mit einem Feuerwerk an Skurrilitäten und Gags aufwarten und jedem Zuschauer förmlich ein breites Hai-Dauergrinsen ins Gesicht schneiden, ja, dass „Sharkula“ tatsächlich überraschen und begeistern würde, damit konnte eigentlich niemand rechnen. Und so weiß man nach dem kurzweiligen Chaostrip gar nicht, was überraschender ist: Der „Sharkula“-Hype im Vorfeld. Oder die Erkenntnis, dass „Sharkula“ diesem Hype gerecht wird.
Letzteres liegt wohl auch an der Detailverliebtheit von „GhostShit Productions“, wenn es um Genre-typische Bilder und Dialoge geht. „Sharkula“ funktioniert auf einer formalen Ebene als Trashfilm. Alles hat einen Rhythmus, wird überspitzt, ist „so schlecht, dass es schon wieder gut ist“. Es gibt Pappmaché, herumfliegende Gedärme und literweise Blut zu stets passender (und extra komponierter!) „Sharkula“-Rockmusik.
Subversiver Kommentar zur bayerischen Beliebigkeit
Doch jenseits der ungeheuer spaßigen Ungeheuer-Späße sind es vor allem die vor Begeisterung spritzenden Schauspieler, die man alle schon mal irgendwo in der Filmbühne, im Café Dada oder in der Apotheke gesehen hat, und die wohlplatzierten Regensburg-Insider, welche „Sharkula“ zu einem bemerkenswerten Stück Kulturgut machen.
Wenn zum Beispiel der Polizeichef seinen Mitarbeitern droht: „Klären Sie den Fall bis zum Wochenende oder Sie werden versetzt … NACH SCHWANDORF!“ Wenn als Bauchbinde Seitenhiebe auf Lokalzeitungen eingeblendet werden, wenn „der Trottel“ immer wieder „WIR SAUFEN UNS TOT!“ brüllt und auch noch die katholische Kirche ihr Fett weg bekommt, dann entwickelt sich der harmlos verpackte, 70-minütige Blödel-Streifen zu einem beinahe subversiven Kommentar zur bayerischen Beliebigkeit.
Dann blitzt eine unverfrorene und unverblümte „Scheißegal“-Haltung durch, die in der Regensburger Kulturlandschaft neue Maßstäbe setzen könnte. Dann wird „Sharkula“ zum virtuos in Szene gesetzten Mittelfinger Richtung Establishment, bissig und düster wie ein von schwarzem Umhang verdeckter Haifischzahn. Oder, um es in den Begrüßungsworten der Filmemacher zu sagen: „Für Filme braucht man keine Millionen Euro, sondern … äh … eine Idee, Durchhaltevermögen und Leute, die daran glauben.“
Bleibt zu hoffen, dass Dieter, Tino, Schmandi (und wie sie alle heißen) noch ganz viel genau davon haben. „Sharkula“, ist ein Must-See für alle jungen Regensburger und das Beste, was diese Stadt zu bieten hat. Zumindest bis(s) zur Fortsetzung.
Weitere Vorstellungen am 29. Juli und 12. August. Alle Infos auf hardline-festival.de oder der „Sharkula“-Facebook-Seite.
Magnus
| #
Ein Filmchen, wie es nur in der bayrischen Provinz entstehen kann. Dilettantismus pur!
Ich bin mir sicher, dass lediglich die Akteure und deren privates Umfeld an diesem Klamauk ihren Spaß haben werden. Alle anderen werden sich wahrscheinlich über den Streifen lustig machen.
Magnus der echt große
| #
sprach er und wandte sich wieder der Arte-Mediathek zu, während er sein Monokel zurecht rückte und seine Pfeife stopfte.
Magnus, der Allergrößte
| #
Und er zog sichtlich Vergnügen und Anregung aus den Filmen, die er da fand. Ein Vergnügen, das seinen Intellekt anregte und ihm angenehme Stunden und treffliche Unterhaltung bescherte. “Sharkula” aber ward alsbald vergessen und er erinnerte sich des Machwerks aus der bayerischen Provinz zu seinen Lebzeiten nie wieder.
erik
| #
die Generation “guck mal ich hab die Haare schön”, eine leichte Beute für die alten und vertrockneten Politikhaie, ihr werdet es merken wenn ihr in Rente geht, das sollte euch den Schauder über den Rücken laufen lassen!
Magnus
| #
Magnus dem echt Großen und Magnus dem Allergrößten meine Hochachtung dafür, dass sie tatkräftig dazu beitragen, Regensburg weiterhin in provinziellem Licht strahlen zu lassen. Für den ein oder anderen Schenkelklopfer wird die filmische Posse wohl noch reichen.
Und nun zurück zur Tagesordnung
Captain Fartman
| #
Zum Glück ist Magnus zugegen. Was wäre Regensburg nur ohne Kulturkritiker wie ihn? Jemand, der den Verfall der schönen Künste mittels Feder und Tinte zu stoppen versucht, um die Welt vor suburbaner und pubertärer Belanglosigkeit zu bewahren. Provienzieller Film: oh ja, das ist er! Die beteiligten Personen hatten am meisten Spaß? Vermutlich! Der Film ist schlecht? Und wie! Aber interessanter ist, wie Magnus und der Rest der Kommentarspalte eine elitäre Sicht auf die Kultur vertreten, wie sie nur in Regensburg möglich sein kann. Bitte mehr beschissene Filme!
Wobbl
| #
Leute! Geht an den See! Den einen gefällt er, den anderen halt nicht. Bei Cannes wird er nicht gespielt werden. Ich fand ihn trotzdem sehr erfrischend, obwohl ich nicht am Film beteiligt war.
Magnus, der Allergrößte
| #
@all
Dann bitte nicht jammern, wenn Subventionen oder sonstige Unterstützungen ausbleiben! Käpt’n Furzdingens, beschissene Filme, die (fast) nur diejenigen anschauen, die sie gemacht haben, allenfallls noch ein Häuflein Verwandter und Bekannter derer, nein – das will ernsthaft niemand. Hier hat Filmemacher G. bereits verbrannte Erde hinterlassen. Aber vielleicht rennt man mit dieser Idee ja beim Kreativ-Cluster-Manager offene Türen ein. Der ist ja dazu da, die “Urban”-Träume des OB zu verwirklichen helfen.
Mr. T
| #
Was für ein Knallhorn, das sich hier darüber ereifert, wer solche Filme sehen will oder nicht. Und wenns nur diejenigen anschauen, die sie gemacht haben, allenfallls noch ein Häuflein Verwandter und Bekannter derer, dann ists schon mehr als ernsthaft niemand. Wenn man schon den eigenen Widerspruch nicht erkennen kann, kann man auch nicht die Kunst im Auge des Betrachters erkennen. Ich seh mir so einen Film oder einen von Filmemacher G. noch hundertmal lieber an wie einen Hollywood-Blockbuster. Wenn es solche Filme nicht gäbe, käme ich nie ins Kino. Wie eingenäht muss man sein, um alles zu kritisieren, was einem nicht gefällt? Trauriges Leben vor einem so beschränkten Horizont – das Leben könnte so schön sein …
Magnus, der Allergrößte
| #
Will sagen: Man kann seine Energie und sein Geld auch in einen guten Film investieren.