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Eisenmenger zerlegt Attest

Gutachter: „Misshandlungen keinesfalls beweisbar“

Vielleicht hat Gustl Mollath seine Frau geschlagen, gebissen und gewürgt. Beweisen lässt es sich allerdings nicht. Am zehnten Verhandlungstag legte der medizinische Sachverständige sein Gutachten vor und zerlegte das damals als Beweis vorgelegte Attest. (Alle Prozessberichte gibt es hier.)

Sieht seinen Mandanten auf der Siegerstraße: Rechtsanwalt Gerhard Strate (re.) im Gespräch mit Wolfgang Eisenmenger. Foto: ld

Sieht seinen Mandanten auf der Siegerstraße: Rechtsanwalt Gerhard Strate (re.) im Gespräch mit Wolfgang Eisenmenger. Foto: ld

„Wir sind auf der Siegerstraße“, sagt Mollaths Rechtsanwalt Gerhard Strate in einer Verhandlungspause. „Es wird immer etwas bleiben, aber nichts strafrechtlich relevantes.“ Am zehnten Tag des Wiederaufnahmeverfahrens hat der medizinische Sachverständige Professor Wolfgang Eisenmenger sein Gutachten zu den Misshandlungsvorwürfen von Mollaths Ex-Frau vorgestellt. Mollath soll sie im August 2001 bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt, gebissen, geschlagen und getreten haben. Ein Attest ihres Hausarztes und die Aussage von Petra M. reichte dem Landgericht Nürnberg-Fürth, um die Vorwürfe als bewiesen anzusehen.

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Scharfe Kritik am Attest

Eisenmengers Fazit am Freitag vor dem Landgericht Regensburg lautet dagegen: „Das kann so gewesen sein, aber beweisen lässt es sich keinesfalls.“ Zwar bestehe laut Attest und den verschiedenen früheren Aussagen von Petra M. bei Polizei, Gericht und Staatsanwaltschaft sowie der Vernehmung ihres Hausarztes vergangene Woche kein Zweifel daran, dass sie im August 2001 „erheblicher stumpfer Gewalteinwirkung“ ausgesetzt gewesen sei. Ein direkter Zusammenhang zu den Misshandlungsvorwürfen ließe sich nach der aktuellen Lage aber „nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beweisen“.

Mehrfach kritisierte Eisenmenger das Attest des damaligen Hausarztes. „Es enthält eine Reihe von Defiziten. Der Arzt hat Standards, die ich von einem Attest erwarte, nicht eingehalten.“ Zum Teil stimmten die Aufzeichnungen im Krankenblatt nicht mit den Angaben des Attests überein. Dass der Arzt nur von „Würgemalen“ gesprochen habe, sei bereits ein Wertung von Petra M.s Hämatomen am Hals. Nur wenn er auch Einblutungen in den Schleimhäuten festgehalten hätte, könne dies ein Beweis dafür sein, dass Petra M. tatsächlich gewürgt worden sei.

Fatal sei es auch, dass der Arzt nicht die Farbe von Petra M.s Blutergüssen festgehalten habe. Nur so ließe sich deren Alter feststellen, so Eisenmenger. Und es sei auch recht unwahrscheinlich, dass diese Hämatome – wie im Attest angeführt – von Schlägen mit der flachen Hand herrühren könnten.

Schilderungen passen zu den Verletzungen

Zwar passten die Schilderungen von Petra M. größtenteils zu den dokumentierten Verletzungen. Da aber deren Entstehung nicht genau festzustellen sei, sage das Attest nichts über die Plausibilität der Vorwürfe aus. Es ließe sich nicht feststellen, wie massiv die Gewalt tatsächlich war, ob sie von einer Notwehrsituation oder gar von einem anderen Ereignis herrühren könne. Letzteres spielt insbesondere deshalb eine Rolle, weil Mollath in einem Brief behauptet, seine Ex-Frau sei etwa im gleichen Zeitraum aus einem fahrenden Auto gesprungen, weil sie sich mit ihm gestritten habe. Leider sei es gar nicht so selten, dass derart mangelhafte Atteste ausgestellt würden, beklagt Eisenmenger. „Einem Hausarzt ist meist nicht bewusst, was ein Jurist oder Rechtsmediziner erwartet.“

Eisenmenger obduzierte schon Hess und Strauß

Zum Teil recht plastisch, stellenweise gar amüsant, schildert der 70jährige Rechtsmediziner, der schon Franz-Josef Strauß und Rudolf Hess obduzierte, warum eine solche Akribie nötig ist und wie er dies im Lauf seiner beruflichen Karriere im Rahmen „heroischer Selbstversuche“ herausgefunden habe. Man habe sich selbst Blut unter die Haut gespritzt, um festzustellen, wie lange es dauert, bis sich Hämatome verfärben. Watschen habe man sich gegenseitig verpasst, um herauszufinden, ab wann es bei Schlägen mit der flachen Hand zu Blutergüssen kommen kann. Ab wann indes Einblutungen durch Würgen entstehen, hätte man in den USA mittels eng angelegter Halsmanschetten untersucht. „Die Amis sind da robuster als die Europäer.“ Auch Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl räumt nach einer kurzen Pause ein, dass das Attest „dilettantisch“ sei. Aber, ob man denn nicht folgenden Schluss ziehen könne: „Am wahrscheinlichsten erhielt Petra M. Tritte, sie ist gebissen worden und es ist nicht auszuschließen, dass sie gewürgt wurde. Es ist relativ sicher, dass sie an den Oberarmen festgehalten wurde, und Schläge mit der flachen Hand auszuschließen seien.“ Eisenmenger bestätigt: „Ja, das ist korrekt.“

Gustl Mollath und die zwei Kugelschreiber

Auch Gustl Mollath fragt nach. Ob es sein könne, dass sich jemand eine Bisswunde wie die von Petra M. selbst zufügen könne? „Ja“, sagt Eisenmenger. Dann stellt Mollath mit zwei Kugelschreibern eine Person nach, die am Boden liegt, während eine andere vor ihr steht. Ob jemand der am Boden liegend um sich trete sich nicht selbst verletzen könne, weil er gegen Möbel schlage, will er dann von Eisenmenger wissen. Auch das sei „nicht auszuschließen“, erklärt der Sachverständige. Beweisen lässt es sich allerdings ebensowenig wie die Schuld von Mollath. mollathAm 23. Juli wird das nächste Gutachten vorgelegt. Dann geht es um die Reifenstechereien, die Mollath 2006 zur Last gelegt wurden und deretwegen er für gemeingefährlich erklärt wurde.

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Kommentare (4)

  • Nico

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    der casus knacksus bei diesem Gutachten und der Erkenntnis des Rechtsmediziners , sind ja die Würge-Merkmale……..warum wurde damals nicht nachgefragt , dass ist hier die Frage…..zumal der Prozess im 10 Minuten – Takt abgehandelt worden war….

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Kommentare sind deaktiviert

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