Grüne Bezirksräte besuchen die Forensische Klinik in Parsberg
Maßregelvollzugsgesetz auf dem Praxisprüfstand
Bis letztes Jahr gab es keine gesetzliche Grundlage für den Maßregelvollzug in Bayern. „Da musste sich etwas ändern, und wir Grüne hatten als erste einen eigenständigen Gesetzentwurf für den Maßregelvollzug vorgelegt“, stellte Jürgen Mistol, grüner Landtagsabgeordneter aus der Oberpfalz, beim Besuch in Parsberg klar. Im Sommer 2015 hat die Staatsregierung einen eigenen Entwurf vorgelegt, der dann im Landtag auch beschlossen wurde. Die Umsetzung dieses Gesetzes in die Praxis war eines der wichtigen Themen beim gemeinsamen Besuch der grünen Bezirksrätinnen und Bezirksräte aus ganz Bayern mit Jürgen Mistol in der Forensischen Klinik in Parsberg, der auf Initiative der Oberpfälzer Bezirksrätin Gabi Bayer (Postbauer-Henk) stattfand. Dr. Helmut Hausner, Vorstand der Medizinischen Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz, begrüßte die Gäste und begleitete den Besuch.
Dr. Christian Schlögl, der ärztliche Direktor der Parsberger Klinik, stieg auch gleich in die inhaltliche Debatte zum Maßregelvollzug mit den Gästen ein. Das neue Gesetz habe aus seiner Sicht noch einige Strickfehler, so Schlögl, das werde nach einem knappen Jahr Praxistest deutlich. So führe beispielsweise die getrennte Aktenführung in der Klinik immer wieder zu Problemen. Die grünen Bezirksrätinnen und -räte zeigten sich überzeugt, dass der grüne Gesetzesentwurf sich in der Praxis besser bewährt hätte. Deutlich wurde außerdem, wie wichtig einheitliche Standards für die Arbeit der Forensischen Kliniken in Bayern sind. Momentan gibt es die noch nicht und die forensischen Einrichtungen gestalten ihre Arbeit sehr unterschiedlich. „Der bürokratische Mehraufwand z.B. bei Dokumentationspflichten muss im Rahmen der neuen Gesetzgebung auf ein Mindestmaß reduziert werden, damit multiprofessionelles Arbeiten auch weiter zum Behandlungserfolg beitragen kann“, so Kirsi Hofmeister-Streit, die Sprecherin der Grünen im Bayerischen Bezirketag. Die grüne Delegation war erfreut zu hören, dass die gesammelten Praxiserfahrungen in enger Verzahnung mit dem Bayerischen Bezirketag genutzt werden sollen, um notwendige Weichenstellungen für etwaigen Änderungsbedarf zu stellen.
Weitere Themen waren die Situation der Migranten, die Nachsorge und die Substitution. Dr. Schlögl berichtete, dass er vor kurzem zwei Fälle hatte, wo Patienten mit nicht deutscher Staatsangehörigkeit nach der Therapie abgeschoben wurden. Er wünsche sich eine Entscheidung bereits mit dem Urteil, ob der junge Straftäter therapiert oder abgeschoben werden solle. „Diese Abschiebepraxis ist weder sinnvoll, noch effektiv“, bewertet Jürgen Mistol dieses aktuelle Vorgehen der Ausländerbehörden, die wohl auf politische Vorgaben der CSU-Staatsregierung zurückzuführen sein dürften. Dr. Schlögl betonte, dass neben der klinischen Behandlung die Nachsorge, das so genannte Home Treatment, für einen nachhaltigen Therapieerfolg von entscheidender Bedeutung sei.
Die Parsberger Klinik ist mit ihrem Angebot für straffällige gewordene jugendliche Suchtabhängige für ganz Bayern zuständig und hat deshalb ein breites Netzwerk mit ambulanten Betreuungseinrichtungen vor Ort aufgebaut, um die Begleitung der Jugendlichen nach dem Klinikaufenthalt sicher zu stellen. Die Notwendigkeit einer guten Verzahnung von stationären und ambulanten Angeboten wird von Gabi Bayer nachhaltig unterstützt. Wichtig sei auch ein verlässliches Angebot im Bereich der Substitution, für einen Teil der Suchtabhängigen die einzige Möglichkeit einem geregelten Alltag nachzugehen. Der jüngste Vorstoß vom Präsidenten des Bayerischen Bezirketags Josef Mederer, dem oberbayerischen Bezirkstagspräsidenten, der jüngst die Einrichtung von Drogenkonsumräumen gefordert hatte, wurde einhellig begrüßt.