23 Feb2008
Geschlossene Veranstaltung
Wolbergs kam auf den Haidplatz – die Massen blieben trotz Freibier aus
„Da könnt man fast Mitleid haben”, meint CSU-Stadtrat Hans Renter, der – zusammen mit Parteifreund Stefan Neubert auf Wahlkampftour – kurz vor 17 Uhr am fast leeren Haidplatz vorbei kommt. Wahlkampf wird auch dort gemacht. „Wolbergs kommt” heißt es auf den Plakaten, zwischen denen sich 60, fast ausschließlich rot gekleidete Wahlkämpfer herumtreiben. Und als Wolbergs schließlich kommt, Gertrud Maltz-Schwarzfischer vom SPD-Vorstand ihn begrüßt und ein „Danke Petrus” in den weiß-blauen Himmel ruft, ist das Rot immer noch bestimmender Farbton. Die Massen bleiben aus.
„Vor zwölf Jahren sind ein paar Spaßvögel hier auf dem Balkon gestanden”, ruft der Hoffnungsträger der Genossen den SPD-Kandidaten und -Wahlkämpfern zu, zwischen die sich ein paar interessierte Bürger verirrt haben. Wolbergs meint mit den Spaßvögeln die Liste Alz. Die hat 1996 mit dem Slogan „Vergessen wir was war” 4.000 Menschen hierher locken können.
Wolbergs ist kein Spaßvogel. Und so laben sich vielleicht mal 100 Menschen am großzügig verteilten Sozi-Freibier. In seiner Rede unter dem Motto „Was mich motiviert” will Wolbergs „mit Sachthemen” punkten. Und so berichtet er in gewohnt professioneller Rhetorik von den Hausbesuchen, die er macht. Von den Sorgen der Mütter, den Problemen der Jugendlichen, den Beschwernissen der Alten, Kranken und Behinderten. „Man bekommt einen viel direkteren Eindruck von den Sorgen der Menschen in dieser Stadt”, resümiert der SPD-Spitzenkandidat unter dem verzweifelten Jubel des stets applausbereiten „Team Wolbergs”. Auch Lehren aus seiner Biographie (Eltern – „Achte die Schwachen”, Schule – „Bildung ist wichtig”, Arbeit – „anständige Löhne”, zwei Kinder – „das motiviert”) imponieren den Claqueuren und der langsam wachsenden Zahl von Bürgern auf dem Haidplatz. Mittlerweile haben sie mitbekommen, dass „Wolbergs kommt”. Zum Punkt nämlich.
Er zeiht den „Bilanz-Wahlkampf der CSU”, deren Streit um Posten und „reflexartiges Regieren”. Die kleinen Parteien bekommen – „die Grünen nehme ich ausdrücklich aus” – auch ihr Fett weg. Die böten abgesehen von „Der Schaidinger und der Wolbergs müssen weg” kaum was. Ludwig Artinger, Spitzenkandidat der Freien Wähler, selbsterklärter Stichwahl-Favorit und ein paar Mitglieder der Linkspartei, die aufmerksam lauschen, nehmen diese Kritik ohne äußerliche Regung zur Kenntnis.
Interessant wird es, als Wolbergs die Regierungszeit von SPD-Oberbürgermeisterin Christa Meier (1990 bis 96) mit der von Hans Schaidinger vergleicht. Ob Kindergartenplätze, sozialer Wohnungsbau oder Jobs – überall hat Meier die Nase vorn. Das belegen – ganz unparteiisch – Zahlen des Amts für Statistik. Auch die Schulden waren niedriger. Doch so genau führt Wolbergs das nicht aus – die Anwesenden wissen, dass die CSU-Mär von der „Zeit des Stillstands” nicht der Wahrheit entspricht. Sie gehören fast alle zur SPD. Einst war Wolbergs bei den Genossen als „Handtascherl-Träger” der Frau Meier verschrien, heute will er in ihre Fußstapfen treten und Oberbürgermeister werden.
Und er hat, so sagt er, dafür „klare Vorstellungen”. Ein Technologiepark, das altbekannte „Stadt und Land Hand in Hand” oder eine feste Position zum Stadthallenstandort (Friedenstraße). Von seinem Fenster zum Haidplatz aus hört SPD-Urgestein Klaus Caspers dem Wolli mit ungerührter Miene zu. Er darf erfahren, dass der OB in spe die freiwilligen Leistungen für Integration erhöhen, die über 50jährigen befragen und das Bürgerheim Kumpfmühl nicht privatisieren will. Als Wolbergs „ein warmes Essen an unseren Schulen für alle Kinder” fordert, macht Caspers sein Fenster wieder zu. So bekommt er nicht mehr mit, dass Wolbergs mit den gerade aufgezählten Maßnahmen „die Stadt auch in Zukunft zukunftsfähig” halten will. Auf dem Haidplatz hören es mittlerweile 200 Menschen.
Doch schon ist Wolbergs’ Rede vorbei, die größtenteils rot gekleidete Menge klatscht und wieder tritt Gertrud Maltz-Schwarfischer ans Mikrofon, um die „Veranstaltung für geschlossen” zu erklären. Eigentlich war sie das doch von Anfang an.