Gegen rechte Netzwerke und den Verfassungsschutz
Angesichts der sich verhärtenden Beweislage bei der Ermordung des CDU Politikers Walter Lübcke am 2. Juni durch den Rechtsextremisten Stephan E. stellen viele Menschen derzeit die Frage, ob Politik und Sicherheitsbehörden wirklich Lehren gezogen haben. Am gestrigen Montag Abend demonstrierten 200 Menschen vor dem Alten Rathaus gegen rechtsextreme Netzwerke.
Rechten Terror habe es in Deutschland schon immer gegeben, mahnt Luise Gutmann. Die Vorsitzende der VVN sieht noch immer eine Verharmlosung des Rechtsextremismus durch die Politik. „Wie beim NSU sind es auch diesmal Zivilgesellschaft, antifaschistische Recherchegruppen und investigative Journalisten, die den rechten Hintergrund des Attentats öffentlich machen“, so Gutmann. Sie ist die dritte Rednerin am Montagabend, als rund 200 Menschen vor dem Alten Rathaus gegen rechtsextreme Netzwerke demonstrieren und Kritik am Verfassungsschutz üben.
Im Fall des ermordeten CDU-Politikers Walter Lübcke werden immer mehr Details bekannt. Als gesichert gilt, dass der Politiker von dem Neonazi Stephan E. laut Staatsanwaltschaft aus politischen Beweggründen erschossen wurde. Lübcke trat im Zuge der Ereignisse im Herbst 2015 entschieden gegen Hetze und menschenverachtende Äußerungen ein und setzte sich damals für die Rechte von Geflüchteten ein. Damit zog er unter anderem den Groll von Stephan E. auf sich. Letztlich kostete ihn das wohl das Leben.
“Ein Zeichen gegen rechten Terror und rechtsextreme Netzwerke”
In mehreren Städten gingen in den vergangenen Tagen mehrere tausend Menschen gemeinsam auf die Straße, um gemeinsam ein Zeichen gegen rechten Terror und rechtsextreme Netzwerke zu setzen. Aus Sicht der Demonstranten in Regensburg zeigt der Fall das nach wie vor falsche Verständnis rechtsextremer Strukturen und das Fehlen vernünftiger Analysemethoden seitens der Behörden.
„Der Polizei war Stephan E. seit Jahren bekannt, die Behörden haben ihn aber als nicht mehr aktives, ehemaliges Mitglied eingestuft“, kritisieren Mitglieder der Regensburger antifaschistischen Gruppe anita f. in einem Redebeitrag, der von dem Gewerkschafter Stefan Dietl verlesen wird. „Recherchen von Antifaschistinnen hatten schon vor mehreren Tagen umfangreich dargelegt, wie tief der vorbestrafte und gewalttätige Neonazi bis zu seiner Tat in die Szene involviert war.“ Die Aktivisten prangern insbesondere das Verhalten des Verfassungsschutzes an, der wieder einmal tatenlos geblieben sei.
Ebenfalls nur durch Recherchen von Antifaschisten wurde bekannt, dass der Tatverdächtige Kontakte zu Combat 18 hatte und auf einem internen Treffen im März diesen Jahres vor Ort war. Combat 18 gilt als bewaffneter Arm des Blood and Honour-Netzwerkes, das in mehreren Ländern aktiv ist und in Anlehnung an die Waffen-SS nach dem Prinzip des führerlosen Widerstands agiert – der NSU ging so vor. Morddrohungen und tätliche Übergriffe durch Mitglieder und Anhänger von Combat 18 gegen politische Gegner sind dabei nichts neues.
467 verurteilte Rechtsextreme sind untergetaucht
Wie eng Stephan E. in Kontakt mit Combat 18 stand, muss noch herausgefunden werden, doch für die Demonstrierenden ist die ursprüngliche Vorstellung eines verwirrten Einzeltäters keine adäquate Erklärung und viele fragen sich, wieso erneut ein gewaltbereiter Neonazi durch das Netz der Ermittlungsbehörden schlüpfen konnte und wie groß eventuell das Netzwerk ist, das seine Tat unterstützte. Angesichts der Tatsache, dass derzeit 467 verurteilte Personen der extremen Rechten weiterhin als untergetaucht gelten und dass die Sicherheitsbehörden nichts über deren Verbleib wissen, werde deutlich, wie schwer sich die Politik und der Verfassungsschutz tun, einen passenden Umgang mit rechten Akteuren zu finden. Die Gefahr sei seit Jahren vorhanden. Denn bereits der NSU, der ebenfalls enge Kontakte zu Combat 18 pflegte, hatte Walter Lübcke auf ihrer Liste potentieller Opfer geführt.
„Die Politik reagiert wie gewohnt. Law and Order-Hardliner, wie Seehofer wollen mit aller Härte des Rechtsstaates gegen rechts vorgehen, während sich ein Netzwerk von extrem rechten Personen in den Sicherheitsbehörden und der Bundeswehr etabliert und sich auf einen von ihnen postulierten Rassenkrieg vorbereitet“, so die Aktivisten von anita f.. Auch der Vorschlag von Heiko Maas, eine an die Freitagsdemonstrationen angelehnte Bewegung für die Demokratie zu initiieren stelle eine reine Symbolpolitik dar, die hilflos wirke.
Der Verfassungsschutz hat laut Luise Gutmann wieder einmal völlig versagt. Aus den Fehlern im Umgang mit dem NSU habe man nichts gelernt, kritisiert sie und fordert die Auflösung der Behörde. Die Anwesenden applaudieren zustimmend. „Es zeigt sich die Wichtigkeit der Arbeit von Recherchegruppen wie dem aida Archiv in München, ohne dessen Arbeit es viele Erkenntnisse zu rechten Akteuren und Netzwerken nicht geben würde“, so Gutmann weiter. Diese Arbeit müsse unterstützt werden.
Gleichzeitig dürfe nicht übersehen werden, wie das bestehende gesellschaftliche Klima, in dem rechte Hetze, menschenverachtende Positionen und eine weiter voranschreitende Enttabuisierung der Sprache Nährboden für rechte Gewalt darstelle, lautet die Analyse der Gruppe anita f.. PEGIDA, NPD, AfD, aber auch manche Mitglieder der Unionsparteien müssten hier in die Verantwortung genommen werden, so die Forderung der Demonstranten.
erich
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highwayfloh
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Man muss sich gegen _jeglichen_ Extremismus stellen, egal welcher Richtung und welcher Coleur, so auch gegen Überwachungs-Extremismus.
joey
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bei combat 18 war er nicht dabei, das sind fake news… schreibt der Spiegel:
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/walter-luebcke-stephan-e-war-im-maerz-wohl-nicht-bei-combat-18-treffen-in-muecka-a-1273969.html
Mr. T.
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Ja, highwafloh, aber man muss schon auch schauen, wo die Prioritäten liegen. Nicht so wie der Maaßen, der sich erst mal um die brandgefährlichen Linksextremen kümmern wollte und wenn er damit fertig gewesen wäre, hätte er mal geschaut, was es noch so an Extremen gibt, denen man sich widmen könnte.
Mit Überwachungsextremisums ist wohl der Drang nach immer mehr Überwachung durch Staat und Unternehmen gemeint. Klar, dagegen muss man auch kämpfen, aber das ist ein ganz anderes Spielfeld.
Und wenn der mutmaßliche Exekutor von Lübcke vielleicht doch nicht bei desem einen Treffen gewesen ist, macht es ihn deswegen noch lange nicht zum Heiligen. Ist ja nicht der einzige Vorwurf gegen ihn.
highwayfloh
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@Mr. T.:
Das Problem ist doch mittlerweile die Informationsflut, die nachgewiesernaßen nach Interessenslage auch entsprechend manipuliert wird. Die wirklichen Fakten, kann ein Normalbürger doch gar nicht mehr nachprüfen. Ich halte vieles von den ganzen Gefahrenszenarios für sehr hochgeputscht, aber im Resultat führte es dazu, dass der Totalüberwachung von Normalbürgern unter dem Deckmantel der Kriminalitäts- und Terrorbekämpfung Tür- und Tor geöffnet wurde und es soll ja noch weiter gehen in diese Richtung… siehe abgreifen von Smart-Geräte-Daten etc.
Dass es rechts- und linksextreme Gewalt gibt ist unumstritten, aber dass die entsprechenden Behörden _bisher_ nicht in der Lage waren, die entsprechenden Personen herauszufiltern und zu identifizieren halte ich für Hubug, denn wenn man sich an die Zeit erinnert, mit welcher Hartnäckigkeit Raubkopierer Dingfest gemacht wurden und mit welchen Recourcen da gearbeitet wurde, grenzt es schon an Vorsatz, was das “wegschauen” bezüglich der erstgenannten Kreise anbelangt und führt die Überwachungsansprüche, die derzeit herrschen ad absurdum. Letzterer ist für mich ebenso ein Extremismus und zwar ein verdammt bösartiger.
Markus Frowein
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Es sind immer die Gleichen, die die Diskussion, handelt es sich um Rechtsextremismus, durch hanebüchene Behauptungen und/oder Ablenkungsmanöver implodieren lassen.
Altstadtkid
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Und wie bitte, wenn ganz Deutschland bei jeder Regulierung des Netzes auf der Straße steht und durchdreht!!!!!
Für jegliche Art von Fake News, Verschwörungstheorien ,Propaganda und Hatespeach übelster Art ist das Netz wie geschaffen. Wer A sagt muss leider auch B sagen.
Markus Frowein
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@ Altstadtkid (28. Juni 2019 um 13:58)
Die rechten Netzwerke sind nicht entstanden, weil Herr Seehofer ein paar Kommentare
bei Facebook nicht geprüft hat, sondern weil zu lange systematisch weggeschaut wurde.