Gaudeamus igitur im studentischen Konvent
Vor bunt geschmückten Besuchern tagte am Montag der studentische Konvent an der Uni Regensburg.
Auf ungewöhnlich großes Interesse stieß am 30. Januar eine Sitzung des studentischen Konvents an der Universität Regensburg. Beim ersten Termin im neuen Jahr erschien eine Gruppe von ungefähr 40 Zuschauern, die der Sitzung gerne beiwohnen wollte. Und wer vorher einen Blick auf die Tagesordnung geworfen hatte, konnte erahnen, warum ein Großteil von ihnen geschmückt war mit farbigen Bändern, Mützen und Uniformen, dem Vollcouleur von Studentenverbindungen. Neben der Neubesetzung eines verwaisten Referats im Studentischen Sprecherrat und der Besetzung einiger Ausschüsse stand ganz am Ende der Tagesordnung nämlich auch der Punkt „Antrag Studentenverbindungen“ auf der abzuarbeitenden Liste.
Zwei Stunden beharrliches Warten
Ein Antrag, diesen Punkt, der für derart großes Interesse sorgte gleich zu Beginn zu behandeln, wurde nach Getuschel und leisen Diskussionen abgelehnt. Und so wartete die farbtragende Öffentlichkeit ganze zwei Stunden bis endlich die Sprache auf sie kam. „Der Konvent möge beschließen, dass die Studierendenvertretung sich gegen Studenten- und Studentinnenverbindungen positioniert, ihnen folglich keine Werbeflächen wie Pinnwände oder Informationsstände zur Verfügung stellt, und über sie aufklärt“, heißt es in dem Antragstext.
In der Begründung wird den Studentenverbindungen unter anderem Nationalismus, Sexismus und Bildung von Hierarchien und Eliten vorgeworfen, so wie gesondert einigen Verbindungen die Nähe zur einer völkischen Ideologie, Geschichtsrevisionismus und die Zusammenarbeit mit rechten Gruppierungen.
Nun war die Debatte eröffnet
Von jeder Regensburger Verbindung war mindestens eine Vertreterin oder ein Vertreter anwesend, mit Ausnahme der im Wintersemester 2013 gegründeten, pflichtschlagenden Burschenschaft Moravia, über deren Aktivitäten selbst die anderen Korporierten nach eigenem Bekunden nicht Bescheid wissen.
Gerade der Moravia, die von diversen CSU-Stadträten auf Facebook wohlwollend wahrgenommen wird, darf man ein stark konservatives bis deutschnationales Wertebild nachsagen. Als Rednerin war etwa schon die FPÖ-Politikerin Anneliese Kitzmüller zu Gast. Man predigt vom „heil’gen Deutschen Reich“. Der letzte Facebook-Post vom 27. Januar zeigt eine „Impression“ des Kaisergeburtstages von Wilhelm II.
Droben von der Kugel
Den Vorwurf des Sexismus versuchte eine Sprecherin der Damenverbindung Aurelia, die ebenfalls 2013 gegründet wurde, zu entkräften und zwar durch ihre bloße Präsenz als korporierte Frau. Ebenfalls störten sich die Verbindungsvertreter an dem Vortrag „Über junge Burschen und Alte Herren“, der bereits am 26. Januar stattgefunden hatte. Dieser Vortrag, bei dem auch Personen aus dem Umfeld der Identitären Bewegung gesichtet wurden, sei zu einseitig gewesen. Er wird am 8. Februar mit einem weiteren Vortrag über Damenverbindungen ergänzt.
„Die meisten Vereine haben einen Kassenwart“, sollte zur Entkräftigung des Arguments der Hierarchie in Studentenverbindungen dienen. Überdies wurde noch die Frage an die Korporierten gestellt, wie bei ihnen mit Homosexualität umgegangen wird. Eine Antwort, die mit „einer meiner besten Freunde in der Verbindung” begann, wurde durch mehrminütiges Gelächter unterbrochen. Als der Antwortende sich schließlich doch erklären durfte, merkte er an, dass er einen etwa 50 Jahre alten Alten Herrn kenne, der sich bereits vor „ungefähr 20 oder 30 Jahren“ als homosexuell geoutet habe.
„DIE PARTEI“ mal ganz unsatirisch
Für ein eher bizarres Zwischengeplänkel sorgte ein Mitglied der seit 2016 in Regensburg existierenden Hochschulgruppe der Partei „DIE PARTEI“. Eigentlich mit dem Anspruch angetreten, eine satirische Gruppierung darzustellen und dem Slogan ihrer Mutterpartei „Inhalte überwinden“, bilden „DIE PARTEI“ im studentischen Konvent eine Fraktion mit dem RCDS (Ring Christlich-Demokratischer Studenten).
Bei der Diskussion am 30. Januar trug der PARTEI-Vertreter eine mitgebrachte, zweiminütige Rede vor, zu deren Beginn er betonte, dass es nun an der Zeit sei, für einen Moment aus der Rolle des Satirikers auszubrechen. Die Antragssteller und Befürworter des besagten Antrags seien „undemokratisch“. Sie wollten lediglich eine unbeliebte gesellschaftliche Minderheit aus der Öffentlichkeit verbannen. Als der Redner die „Diskriminierung“ von Studentenverbindungen schließlich mit jener von anderen gesellschaftlichen Gruppen gleichzusetzen versuchte, „wie etwa Franzosen oder Muslimen“, gab es erneut minutenlanges Gelächter.
Antrag angenommen mit 22:15
Der Antrag wurde schließlich zweimal modifiziert. Zum einen soll die Aberkennung von Stell- und Pinnwänden nun nicht erfolgen. Zum anderen wird nun gefordert, dass Studentenverbindungen lediglich die gleichen Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung gestellt werden sollen wie anderen politischen Hochschulgruppen und nicht mehr – wie bisher – exklusive Pinnwände. Nach der Debatte, die insgesamt über eine Stunde dauerte, wurde folgender Antrag in mit 22 gegen 15 Stimmen angenommen:
“Der studentische Konvent positioniert sich gegen Studentinnen- und Studentenverbindungen. Als Konsequenz daraus arbeiten die Organe der Studierendenvertretung nicht mit Verbindungen zusammen und setzen sich dafür ein, dass Studentenverbindungen ausschließlich öffentliche Werbeflächen, die allen politischen Hochschulgruppen zur Verfügung stehen, nutzen dürfen. Außerdem wird die Studierendenschaft z. B. mit Vorträgen oder Informationsbroschüren über das Thema aufgeklärt. “
Versöhnlicher war der Ausklang der Sitzung. Ein Mitglied der Damenverbindung Aurelia bot Skeptikern im Zuge des bevorstehenden Vortrags ein Gespräch an, um Mitglieder einer Verbindung auch mal persönlich kennenzulernen.
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Hans
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Wurde jemanden die “Kappe” geklaut?
Wäre ja schlimm, wo es doch eins der schlimmsten Dinge ist, die ihnen passieren können ^^ (Ehrensache und so)