Fürstin Prysselius’ Kampf für Keuschheit
Was ist jemandem ein Fototermin mit Fürstin Gloria von Thurn und Taxis wert? Diese Frage wird am 12. Juli beantwortet. Dann endet die Online-Charity-Auktion, bei der sich Durchlaucht „für den guten Zweck” versteigern lässt. Den fünf Meistbietenden winkt neben einem Besuch bei den Schlossfestspielen – wo Gloria in der Musicalversion von Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf das Fräulein Prysselius gibt – ein ganz privater Fototermin im fürstlichen Schlossgarten.
Bereits im vergangen Jahr ließ sich die Regensburger Fürstin versteigern. Damals ging der Erlös an die „Stiftung Ja zum Leben”. Auch in diesem Jahr sind es so genannte „Lebensschützer” – Abtreibungsgegner –, für die sich Gloria feil bietet. Auch die Fürstin bezeichnet sich gern als „Lebensschützerin”. Unvergessen ihre medial verkündete Haltung zur Pille, die eine „Form der Abtreibung” und damit „Mord” sei oder dass Sex allein der Fortpflanzung dient. Diese Haltung gilt es offenbar zu verbreiten und zu stärken: In diesem Jahr greift die Fürstin der „Juristenvereinigung Lebensrecht e.V.” (JVL) unter die Arme.
Sechs Todesurteile, dann JVL-Beirat
Der 1984 von Juristen verschiedener Fachrichtungen, „darunter namhafte Verfassungs- und Strafrechtler” (JVL-Homepage), gegründete, von Männern dominierte Akademiker-Club bezieht „Stellung in der rechtswissenschaftlichen sowie der rechtspolitischen Diskussion und pflegt den interdisziplinären Dialog über alle Fragen des Lebensschutzes”. Vorsitzender des „Wissenschaftlichen Rates” der JVL war in diesen Anfangsjahren Professor Dr. Willi Geiger.
Während des NS-Regimes profilierte Geiger sich zunächst mit seiner Doktorarbeit, in der er das Berufsverbot für jüdische Journalisten rechtfertigte. Später hat er an sechs Todesurteilen von Sondergerichten mitgewirkt. Nach dem Krieg brachte es Geiger bis zum Vizepräsidenten am Bundesverfassungsgericht, wo er 1975 am Extremistenbeschluss mitwirkte, in dem Berufsverbote für den Öffentlichen Dienst für rechtmäßig erklärt wurden. Darüber hinaus war er Präsident des Deutschen Katholikentages.
„Militante Juristenvereinigung”
In den 90ern geriet die, damals vom Spiegel als „militante Juristenvereinigung” bezeichnete JVL mehrfach in Zusammenhang mit der Diskussion um den Paragraph 218 vor dem Bundesverfassungsgericht in die Schlagzeilen. Unter anderem war einer der Verfassungsrichter zuvor langjähriges Mitglied bei der JVL gewesen, ebenso ein gerichtlich bestellter Gutachter. Seitdem ist es etwas ruhiger um die juristisch beschlagenen Abtreibungsgegner geworden. Wenigstens medial.
Die selbst gegebenen Ziele verfolgt man indessen weiter unermüdlich. Konkret äußert sich das etwa in Kampagnen gegen Organisationen wie pro familia. 2005 forderte der umtriebige Juristen-Club die Sozialministerien der Länder auf, den Beratungsstellen von pro familia die staatliche Anerkennung zu entziehen. Dabei geht es offenbar nicht nur darum, Beratungsstellen auszuschalten, die den gegebenenfalls für eine Abtreibung notwendigen Beratungsschein ausstellen, auch eine aufgeklärte Sexualität abseits kirchlich-konservativer Wertvorstellungen ist der Juristenvereinigung ein Dorn im Auge. Zur katholischen Kirche pflegt man immerhin – ebenso wie die Fürstin – beste Kontakte. Im Jahr der Kampagne waren mehrere Mitglieder des JVL-Vorstands zu einer Privataudienz mit Papst Benedikt geladen.
Wettern gegen Aufklärung
Bereits 2002 wetterten die „Lebensschützer” bei den Kultusministerien gegen eine Aufklärungsbroschüre, die pro familia in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Procter & Gamble für Schulen zusammengestellt hatte. Unter anderem befürchteten die Juristen, dass Mädchen und Jungen dadurch „zu einem grenzenlosen Sexualverhalten geradezu ermuntert” würden. Das bayerische Kultusministerium reagierte und beurteilte die Broschüre just als nicht für bayerische Schulen geeignet. Eine Auffassung die nicht überall geteilt wurde. Ungeachtet der Kampagne wurde die Broschüre in anderen Bundesländern weiter im Unterricht und wird nach Angaben von pro familia bis heute von Lehrern angefragt.
Die Haltung der JVL verwundert indessen wenig, betrachtet man Personen, die mit der JVL eng verbandelt sind. Zu ihnen gehört unter anderem die erzkonservative Psychagogin Christa Meves, die etwa die Auffassung vertritt, dass „das Ziel der geschlechtlichen Erziehung (…) unmöglich darin bestehen” könne, „Kenntnisse und Praktiken über sexuelle Vorgänge zu erwerben”. Im Gegenteil: „Sexualität ist, wie bei den Tieren, ein Triebgeschehen, zu dessen Funktionieren es absolut keiner Aufklärung bedarf.“
2007 war Christa Meves’ „Stiftung Ja zum Leben” Profiteur der letztjährigen Gloria-Auktion. Dabei kamen übrigens 280 Euro für die „Lebensschützer” zusammen. Ob das ein Foto mit Durchlaucht wert ist, sei mal dahingestellt.
Mathilde Vietze, Erikaweg 76, 93053 Regensburg
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Unsere Durchlauchtigste Fürstin laut verkünd’t,
wer die Pille nimmt, begeht a’ Sünd’;
Kondome derf ma a net nemma,
weil sonst koane Kinda kemma.
Und gegen Aids hilft allezeit,
nur Treue und Enthaltsamkeit.
Denn – schnackseln derf ma, o wie nett,
natürlich nur im Ehebett.
Sie selba hat und dös glaubt ihr jeda,
verhütet mit dem Fieberthermometer.
Und gegen Homosexualität
hilft allein nur das Gebet.
Wer anderen tut solche Weisheiten lehren,
für den gibt’s nur eines: Man muß ihn (sie)
verehren.
Drum schick’ ich dem Papst jetzt das Gedicht,
damit er Frau Fürstin zu Lebzeiten noch heilig
spricht.
Martina Kindsmüller
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Lieber Stefan Aigner,
vielen Dank für diesen wichtigen Artikel über die sogenannten “Lebensschützer”. Wenn Fürstin Gloria sich durch eine ihrer berühmten Äußerungen blamiert, ist das ihre Sache. Aber ihre extrem rechten Einstellungen und Positionen und die öffentliche Unterstützung entsprechender Organisationen sind eine andere. Wie weit die selbsternannten Lebensschützer zu gehen bereit sind, zeigt das jüngste Beispiel aus den USA, wo am 31.7.09 erneut ein Arzt ermordet wurde, weil er Schwangerschaftsabbrüche durchführte. Der Einsatz für ein Recht auf selbst- bzw. gemeinsam bestimmte, aufgeklärte Sexualität und Familienplanung bleibt weiter unverzichtbar. Und ebenso der Einsatz für den Zugang zu einem sicheren Schwangerschaftsabbruch im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften.
Martina Kindsmüller
Barbara Junghans
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Mathildchen, Mathildchen,
wenn Sie so weitermachen, ist Ihnen das zweite warme Plätzchen auf dem Scheiterhaufen sicher, falls denn unsere durchlauchtigste Fürstin zusammen mit dem Regensburger Bischof die Inquisition wieder einführt. Vielleicht sitzen wir beiden Lästermäuler dann nebeneinander, denn als Protestantin falle ich ja auch unter den Begriff der “Ketzer”. Bis dahin lassen Sie uns daher unser Leben genießen!
Herzlichst,
Barbara
Mathilde Vietze, Erikaweg 76, 93053 Regensburg
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Liebe Barbarella, herzlichen Dank für die auf-
munternden Worte. In meinem Gedicht “Die drei
Heiligen” habe ich genau das angesprochen, was
unsere “Verehrteste”, zusammen mit 2 erlauchten
Herrn von sich gegeben hat.
Der Scheiterhaufen müßte direkt vor der Kas-
sianskirche errichtet werden, damit die ar-
beitslosen Prälaten wenigstens noch eine Ge-
nugtuung auf Erden hätten.
Dichterfürst
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Du liebes Bisschen, was für ein Gewese um Menschen solch schlichten Geistes. Papier (webspace) nicht wert und Zeit, die mit derlei Boulevard-Problemen vertan wird. Und die holprigen Verslein von Frau V., mei, mich störts nicht. Metrik ist halt so ne Sache.
Dichterfürst
bert
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wenn’s nur um die fürstin ginge, wär’s egal; dass sie eine dummschwätzerin ist, weiß mittlerweile jedes kind. aber dieses fundamentalisten-gschwerl, das sie da unterstützt find ich schon ein bisschen mehr webspace wert.
Theodor Rieh
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Ja mei, die Fürstin und die Rechten. Auf der anderen Seite wäre es natürlich auch sehr irritierend, würde sich die Fürstin für die Kommunisten engagieren. Nö.
Theodor Rieh
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Was diese Aufklärungsbroschüre betrifft, die angeblich Mädchen und Jungen “zu einem grenzenlosen Sexualverhalten geradezu ermuntere”:
1. frage ich mich, was ein “grenzenloses Sexualverhalten eigentlich ist und
2. stelle ich immer wieder mit Erstaunen fest, daß Eltern Generation für Generation ihren Kindern Regeln setzen, an die sie sich selber als Jugendliche auch nicht gehalten haben.
Schon zu meiner Zeit war es mit uns Jugendlichen nicht mehr weit her. Keine Bildung, keine Sitten, kein Respekt mehr.
Oberdichterfürst
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@Dichterfürst
Ach Weh! Ihr grosser Geist! Welch wichtig Thema ist Euch heute hold genug? Der winz´ge ?&§%!, den Ihr Euer eigen nennt?
Und morgen? Sind´s die Zäpfchen, die so wundersam des Dichterfürsten Rachen schmücken
beim einsamen Geschrei auf leerer Flur?
Fragen, Fragen, nichts als Fragen.
Doch noch ist Elysion nicht verloren:
Halt´ Er einfach den Gaumen dicht,
beim Fressen wie beim Maulen.
peter sturm
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„Sexualität ist, wie bei den Tieren, ein Triebgeschehen, zu dessen Funktionieren es absolut keiner Aufklärung bedarf.“
lieber herr aigner,
das hat doch nicht allen ernstes jemand geschrieben.
man ist ja von lebensschützern einiges gewohnt, kann aber immer noch überrascht werden.
Mathilde Vietze, Erikaweg 76, 93053 Regensburg
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Frau Fürstin lebt sehr keusch und fromm,
drum fährt sie so gern zu ihrer Freundin nach Rom;
die ist ihr vom Stand her angemessen
und hat die gleichen Interessen.
Die beiden haben – o Stern der Literatur!
ein Benimmbuch herausgebracht, man staune nur.
Da kommt mir die Frage in den Sinn:
Frau Fürstin, lesen Sie da auch selber drin?
Der Papst, er sagte seinerzeit,
Frau Fürstin wäre sehr gescheit
und wir wissen, daß der Heilige Mann,
auf keinen Fall sich irren kann.
Immanuel K. Anti
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Den Namen Christa Meves hab ich mir seit meiner Schulzeit in den Achzigern gemerkt, sie schrieb im katholischen Religionsbuch der neunten Klasse (Gymnasium) ernsthaft, daß man homosexuell wird, wenn man “zu früh” Sex hat. Denn dann wäre der Damm gebrochen und man stürzt sich wie nix auf andere Triebfixierte und die sind beim eigenen Geschlecht leichter zu haben. Ich hatte damals schon das Fach Ethik gewählt, mir aber das Religionsbuch von einem Freund ausgeliehen. Ich habe das allen katholischen Mitschülern gezeigt, aber KEIN EINZIGER hat es selbst nachgelesen, denn ich wurde entweder schlicht für geisteskrank erklärt (“Du spinnst, sowas idiotisches KANN in keinem Schulbuch stehen!!!”) oder erhielt die kurze Antwort “Ich bin doch nicht so blöd, so einen Dreck auch noch zu lesen. Ich setz mich da halt rein, damit ich nicht Nachmittags zu Ethik bleiben muß. Die können doch reden und schreiben was sie wollen.”
Jaja, die selbstverschuldete Unmündigkeit.
Ladenhüter Gloria | Regensburg Digital
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[…] hat sich Fürstin Gloria zugunsten so genannter „Lebensschützer” online versteigern lassen (wir berichteten). Die Resonanz blieb trotz Verbreitung via Pressemitteilung („Charity-Auktion für den guten […]
Fürstliches Dschungelcamp | Regensburg Digital
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[…] ließ sie sich im Vorfeld der Schlossfestspiele zugunsten äußerst fragwürdiger Organisationen aus diesem Dunstkreis versteigern. 2008 erhielt eine Stiftung unter Ägide der homophoben Erzkatholikin Christa Meves („Harry […]
„Deutschlands führende Homophobe“ kommt nach Donaustauf | Regensburg Digital
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[…] 100 Veröffentlichungen darf man Meves getrost als Bestsellerautorin bezeichnen. Sie zählt – ob ihrer Hingabe zum fundamentalistischen „Lebensschutz“ – zu den Freundinnen von Fürstin Gloria. Meves’ Vita schmücken zahlreiche Auszeichnungen. […]