13 Dez.2012
Katholikentag und Ehrenamtskarte im Stadtrat
Friede, Freude und ein aufgebrachter Bürgermeister
Friedlich war die Stimmung am Mittwochabend im Verwaltungs- und Finanzausschuss. Katholikentag und Freiwilligenkarte versus Ehrenamtskarte – das sind keine Themen, bei denen sich dringend jemand streiten wollte. Es war die vorletzte Stadtratssitzung vor Weihnachten, heute folgt noch das Plenum und dann war’s das für 2012. Nur Bürgermeister Weber stört den adventlichen Geist mit ungewohnter und irgendwie auch unnötiger Aggressivität.
Kurz vor Weihnachten macht der Stadtrat einen auf Pfingsten und spricht mit einer Zunge: Betont friedlich und zurückhaltend gaben sich die Stadträte sämtlicher Fraktionen, als es um den Katholikentag ging. Als städtischen Zuschuss wird es nun maximal 700.000 Euro geben, vom Landkreis kommen 300.000 Euro. Da eine Höchstbetragförderung vereinbart wurde, muss der Betrag auch nicht voll ausgeschöpft werden. Die Entscheidung fiel einstimmig; das sollte wohl den Ärger und das fast schon babylonische Stimmengewirr ausgleichen, das es im Vorfeld um diese Veranstaltung gegeben hatte.
Adventlich-friedlich begann auch die Diskussion um die Bayerische Ehrenamtskarte. Die Grünen hatten einen entsprechenden Antrag gestellt, lieber die Bayerische Ehrenamtskarte einzuführen, statt weiterhin am Regensburger Modell der Freiwilligenkarte festzuhalten. SPD-Mann Thomas Burger lieferte mit seinem Redebeitrag das perfekte Plädoyer für die Ehrenamtskarte, Zustimmung kam von allen Parteien – außer der CSU. Und die bekam letztlich ihren Willen, obwohl sie die Minderheit darstellt: Die SPD stimmte aus politischem Kalkül trotz anderer Überzeugung gegen die Ehrenamtskarte; man wolle damit nicht den Koalitionsfrieden gefährden, das Thema könne auch noch eineinhalb Jahre warten, hieß es von Burger.
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Zur Diskussion stehen zwei Modelle: Die Bayerische Ehrenamtskarte, die seit 2011 vom Bayerischen Sozialministerium ausgestellt wird, und die Regensburger Freiwilligenkarte, die von der Stadt vergeben wird. Die Ehrenamtskarte ist ausschließlich für Leute gedacht, die sich seit mindestens zwei Jahren fünf Stunden wöchentlich oder 250 Stunden im Jahr ehrenamtlich engagieren. Sie wird auf Vorschlag von Vereinsvorständen personenbezogen ausgestellt und ist für drei Jahre gültig. Der Freistaat Bayern gewährt Nachlässe bei den Einrichtungen der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung, die Kommunen können eigene Vergünstigungen drauflegen. Die Freiwilligenkarte wird von der Stadt an Vereine ausgestellt, die sie nach eigenem Ermessen und auf Anfrage an Mitglieder weiterreichen können. Pro 50 Mitglieder erhält ein Verein eine Freiwilligenkarte.
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Die Befürworter der Ehrenamtskarte finden vor allem deren Handhabung einfacher als die der Freiwilligenkarte: Letztere lungere oft ungenutzt bei Vorständen rum, andere Vereinsmitglieder hätten kaum Zugriff drauf. Die Bayerische Ehrenamtskarte werde hingegen personenbezogen ausgestellt; so hätte jeder, der sich in ausreichendem Maß ehrenamtlich engagiert, zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeit, die Vergünstigungen der Karte zu nutzen.
Das alles sind für Weber keine Argumente. Immer wieder betonte er die lokalen Angebote der Regensburger Freiwilligenkarte und stellte mehrfach die Frage, „wie oft ein durchschnittlicher Regensburger Ehrenamtler an den Chiemsee Schifferl fahren“ (wahlweise nach Neuschwanstein) würde, wo er dann einen geschlagenen Euro Nachlass bekäme. Das dürfte in der Tat selten vorkommen, und die Einrichtungen der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung sind in und um Regensburg rar gesät.Ein wenig Schützenhilfe bekam er von Annerose Raith vom Amt für kommunale Jugendhilfe: Nicht einmal die Walhalla sei in der Ehrenamtskarte dabei!
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Katholikentag 2014: Die “Friedensveranstaltung” hatte im Vorfeld zu allerlei Kleinkriegen geführt.
Friedensfest mit demokratischen Mängeln
Alle waren angetan von der Idee, dass sich 2014 Tausende von Katholiken in Regensburg zusammenfinden werden, von einem Fest „mit Strahlkraft“ (Hermann Vanino, CSU) war die Rede, von einem „Jahrhundertereignis“ (Bürgermeister Gerhard Weber) und von einer “Friedensveranstaltung” (Thomas Burger, SPD). Sogar Richard Spieß von der Linkspartei, die der katholischen Kirche traditionell eher weniger zugetan ist, fand warme Worte für den Katholikentag, denn dort könnten sich Laien kritisch mit ihrer Amtskirche auseinandersetzen. Was ihm missfiel, war allerdings die Art der Auseinandersetzung um die Vergabe und die Bezuschussung durch Stadt und Landkreis: Die Entscheidungen seien „in Gremien getroffen worden, die eigentlich gar keine sind“; aber das, sagt Spieß mit einiger Resignation in der Stimme, sei man ja in Regensburg nicht anders gewohnt.Kein Wort über Kittel
Von Ober-Katholik und lokalem Veranstaltungs-Papst Peter Kittel kein Wort von niemandem. Das hätte wahrscheinlich den adventlichen Frieden getrübt. Mit dem Beschluss dürfte man nun auch Kittels Bedenken zerstreut haben, man wolle ihn nur von seiner „kritischen Berichterstattung“ abhalten und seine „Pressefreiheit“ beschneiden. Denn den Zuschuss gibt es jetzt, auch wenn er den Zuschlag erhalten sollte.Ehrenamtskarte und die SPD: Politisches Kalkül statt Überzeugung
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Plädierte erst für die Ehrenamtskarte, stimmte dann aber dagegen: Thomas Burger, SPD.
Bayernweiter Anspruch
Das erscheint in der Tat einleuchtend, denn wahrscheinlich telefonieren die wenigsten Vereinsmitglieder mit ihren Vorsitzenden und holen sich die Karte bei ihm ab, wenn sie beispielsweise für drei Stunden ins Westbad gehen wollen und hier dank Freiwilligenkarte rund einen Euro Nachlass bekämen. Zudem erhalten Inhaber der Ehrenamtskarte automatisch die Vergünstigungen, die ihnen der Freistaat Bayern gewährt, nämlich einen geringeren Eintrittspreis bei den Einrichtungen der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung. Und da die Karte bayernweit gültig ist, können sie auch Vergünstigungen in anderen Städten in Anspruch nehmen, die ebenfalls die Ehrenamtskarte eingeführt haben.Wie oft fährt man auf dem Chiemsee Schifferl?
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Glaubt nicht, dass viele Regensburger regelmäßig am Chiemsee Schifferl fahren: Gerhard Weber.
Wernobold III
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Eine sehr widerwärtige Art der SPD zu agieren, der Artikel hingegen ist sehr gut.
UlrichBeer
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Wäre ich ein zu begünstigender Ehrenamtler, würde ich jetzt geltend machen, im Frühling, Sommer und Herbst jeden Tag Schifferl auf dem Chiemsee zu fahren und des Winters Tag für Tag zur Walhalla pilgern, um Gipsköpfe zu betrachten. Mithin wäre ich ehrenamtlicher Chiemsee-/Walhalla-Visiteur, welcher in der verbleibenden Freizeit den Starnberger See und die Befreiungshalle aufsucht. Hierfür beantragte ich, mir die König-Ludwig-II-Medaille in Silber auszuhändigen. Man verleihe sie mir am Bande, auf dass ich an Bittprozessionen geschmückt teilzunehmen im Stande wäre. Zum Dank würde ich bei offiziellen Anlässen den “Umgang” zu Gehör bringen. Zitat: “Und dann kommt der Prinzregent, Sakrament, wia der rennt. Hat a Kerz’n in der Händ’, die wo gar net brennt. ” Die mir dann zu verleihende Ehrenmitgliedschaft bei den Könistreuen nähme ich zum Anlass, ein fröhliches “Wer ko’, der ko'” zu schmettern.
Schweizer
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Lieber UlrichBeer, bist Du es oder hat einer deinen Namen geklaut. Ich denke oft an unsere gemeinsame Zeiten. Du als Redaktor der ‘Der Woche’ und ich als Leser derselben in den Bergen.
Ulrich Beer
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Lieber Mitbürger aus der Schweiz, ich danke für die freundlichei Zuschrift, bitte aber darum, es mir nachzusehen, dass ich wohl aufgrund meines mittlerweile fortgeschrittenen Alters nicht so recht weiß, wer du bist. Könntest du dich zu erkennen geben, wüsste ich, an wen ich mich vertrauensvoll wenden kann.
Frei Willi Ger
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An sich eine gute Idee, so eine Ehrenamtskarte, bisher mangelt es meiner Meinung jedoch an der Umsetzung. was hilft mir als Ehrenamtlicher Schifferlfahren am Königsee ? oder Ermäßigung beim McDonalds , wenn ich vegetarisch lebe ? nützlich wär eine Ermäßigung beim RVV, Westbad, Museen, etc. à la Stadtpass, aber da tut s wohl dann weh..