Frau Marion ist tot
Marion Puhle, Macherin des Regensburger Flüchtlingsforums, ist am Wochenende gestorben. Die Trauerfeier findet am Freitag, 20. November, um 14 Uhr am Bergfriedhof statt.
Sie hat fast immer einen Weg gefunden. Allein im vergangenen Jahr verhinderte Marion Puhle durch ihre engagierte und akribische Arbeit im Regensburger Flüchtlingsforum fünf Abschiebungen. Sie organisierte für die Betroffenen Kontakt zu Rechtsanwälten und damit zu einem rechtsstaatlichen Verfahren. Sie kümmert sich um Ärzte und Therapeuten und – wenn es besonders schlimm kam – auch einen Platz im Kirchenasyl.
Der Ausländerbehörde war Marion Puhle angesichts ihrer Hartnäckigkeit ebenso bekannt wie der Regierung der Oberpfalz. Aber auch im Bayerischen Landtag kannte man ihren Namen, nachdem auf ihre Initiative hin Petitionen eingegangen waren, die sich mit dem Schicksal von Abschiebung bedrohter Menschen auseinandersetzten.
Von offizieller Seite dankte ihr dieses Engagement niemand. Von Neonazis wurde sie dafür öffentlich diffamiert. In den Regensburger Flüchtlingsunterkünften hingegen kannten viele die resolute, aber freundliche „Frau Marion“, die jedem zuhörte, sich um jedes Einzelschicksal kümmerte und immer versuchte, eine Lösung zu finden.
Ein gefühlvoller Mensch unter einer rauen Schale
Marion Puhle kam als 18jährige nach einer bewegten Jugend nach Regensburg. Dass sie als gebürtige Berlinerin nicht auf den Mund gefallen war, merkten viele, die sich im politischen Diskurs mit ihr auseinandersetzten. Sei es bei den Regensburger Grünen, wo sie einige Jahre Mitglied war und im Unfrieden schied oder bei der Bürgerinitiative gegen eine Stadthalle auf dem Donaumarkt, wo sie intensiv mit dem damaligen Oberbürgermeister Hans Schaidinger, aber auch seinem jetzigen Nachfolger Joachim Wolbergs aneinandergeriet. Aber auch in der Flüchtlingsarbeit überwarf sie sich vor einigen Jahren mit der Bürgerinitiative Asyl und gründete schließlich das Regensburger Flüchtlingsforum. Ein Glücksfall, wie sich später herausstellen sollte: Die persönlichen Reibereien waren irgendwann vergessen und es gab zwei Initiative, die sich jede auf ihre Art um Flüchtlinge kümmerten, aber auch zusammenarbeiteten.
Es war sicher dieser manchmal etwas undiplomatischen, vor allem aber ehrlichen Art, so zu reden, wie ihr der Schnabel gewachsen war, zu verdanken, dass Marion Puhle die verdiente Anerkennung für ihren Einsatz versagt blieb. Dass sich hinter der etwas rauen Schale ein gefühlvoller Mensch verbarg, dem Ungerechtigkeit, Heuchelei und menschliches Leid sehr zu Herzen gingen, wussten nur diejenigen, die Marion Puhle näher kannten und das wussten die Flüchtlinge, für deren Schicksal sie sich ohne Ansehen der Person einsetzte, lange bevor das Thema in Deutschland und Regensburg eine so breite Öffentlichkeit hatte, wie das heute der Fall ist.
Prozess um schwere Erkrankung bis zu ihrem Tod verschleppt
Ebenso wussten nur wenige, dass Marion Puhle nach einer verpfuschten Zahnbehandlung fast 20 Jahre unter dauerhaften Schmerzen litt, die unter anderem mit einer chronischen Knocheneiterung einhergingen. Ein Zivilverfahren um Schadenersatz wurde von der beklagten Zahnärztin, die Unterlagen verweigerte, aber auch einem nachlässigen Gutachter, der seine Arbeit nicht tat, über Jahre hinweg verschleppt. Wir haben mehrfach darüber berichtet – damals noch anonym. Das Verfahren endet nun ohne Urteil – mit Marion Puhles Tod. So wie sie es manchmal vorhergesehen hat. Und es ist nicht völlig von der Hand zu weisen, dass der Krebs, der sie nun das Leben kostete durch die jahrelang andauernde Knocheneiterung und ein dadurch ständig geschwächtes Immunsystem mitverursacht wurde.
Noch wenige Wochen vor ihrem Tod setzte sich Marion Puhle für eine transsexuelle Bosnierin ein, die in der Flüchtlingsunterkunft zusammengeschlagen und diskriminiert wurde. Am Ende gab es einen Weg: Nach Puhles Einsatz und mehreren Briefen an die Regierung wurde der Täter aus der Unterkunft verlegt. Das Thema ist nun einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.
Für sich selbst fand Marion Puhle keinen Weg mehr. Sie starb am Samstag im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder. Sie wurde 53 Jahre alt.
Gartenzwerg
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Respekt . & R.i.P.
joey
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eine vorbildliche Bürgerin. +
Lena Riess
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Das ist eine sehr traurige Nachricht.
Roland Hornung
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Sehr traurig.
R.i.P.
Norbert Steiner
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Marion bleibt uns auch nach ihrem Tod immer in bester Erinnerung. Sie war ein Vorbild, aufrecht und ehrlich. Sie war auch ein Gewissen für unsere Stadt.
Danke, liebe Marion. R.I.P.
Norbert
Irmela Mensah-Schramm
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Das Schiksal der so engagierten Frau Marion ist nicht neu: Menschen die sich derart engagieren und mit aller Kraft dafür fast überwerfen, stehen aber mit privaten Problemen oft völlig allein da. Verwandte und Bekannte haben mit uns Engagierten offenbar ihre Probleme……..
Ich kenne das aus eigener Erfahrung!
Mein großer Dank an sie, denn sie hat in meinem Sinne gehandelt!
Heinz Zacke
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Höchsten Respekt vor einer engagierten Kämpferin für
Gerechtigkeit.
Gotthold Streitberger
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Marion war eine sehr leidenschaftliche und hartnäckige Kämpferin für Geflüchtete und Menschlichkeit, unbequem für ihre Gegner, manchmal und zeitweise aber nicht dauerhaft auch gegenüber Mitstreiter/innen, sie fehlt sehr, sehr,sehr…
Gotthold Streitberger (Mitglied BI Asyl)
Grips
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Ich kannte Marion längere Zeit in politischen wie persönlichen Zusammenhängen. Angesichts der Kindheitshölle, die sie erlebt hat , und der inneren Verletzungen, die sie erlitten hat , ist sie einen weiten Weg gegangen.
Rebellisch sein war eine Frage auf Leben (lebendig sein) und Tod (tot fühlen) .
So wie du mir bis zuletzt vorbeiradelnd freundlich winkend ein Hallo, …! zugerufen hast, rufe ich dir ein Gutes Weiterkommen , Marion , wohin auch immer ! zu.
steffi
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Ciao Marion. Du warst eine ganz liebenswerte Nervensaege.
irene salberg
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liebe Marion,
du warst ein so außergewöhnlich toller, auch sensibler Mensch. immer solidarisch, immer kämpferisch, kämpfend für eine bessere Gesellschaftsordnung und darum für Menschlichkeit. dank dir, dass ich dich kennen und mit dir kämpfen konnte.durfte
Veronika
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R.I.P. und mein Beileid allen Hinterbliebenen. Gerade in diesen Zeiten hätte es weiterhin Frau Puhle bedurft.
Petra & Babu
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Unvergessen wird in unseren Herzen deine stets treue Begleitung auf unserem Weg bleiben. Wir denken an dich in tiefer Freundschaft.
Dein selbstloser Einsatz hinterlässt weiterhin bei vielen Menschen helle Spuren der Hoffnung in sehr dunklen Zeiten.
Petra & Babu