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40 Jahre RVV

Festakt mit Sorgenfalten beim Regensburger Verkehrsverbund

Finanzsorgen trüben die Reden beim 40jährigen Jubiläum des Regensburger Verkehrsverbunds (RVV), auf dem auch der Schatten des Scheiterns der Stadtbahn liegt. Trotzdem blühen Zukunftspläne.

Josef Weigl, Kai Müller-Eberstein, Christian Bernreiter, Tanja Schweiger, Gertrud Maltz-Schwarzfischer und Sandra Schönherr (v.l.) feierten 40 Jahre RVV.

Die Geschäftsführer des RVV, Kai Müller-Eberstein, Sandra Schönherr und Josef Weigl, ließen in einem Bildervortrag auf dem Betriebshof in der Markomannenstraße die Geschichte des RVV, aber auch künftige Vorhaben Revue passieren. Das Aufkommen von Elektro- und Kleinbussen in der Altstadt, die Tangentiallinie und die RVV-App wurden etwa als Wegmarken gewürdigt.

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Das Deutschlandticket sei „Fluch und Segen zugleich“, meint Müller-Eberstein, da es sich gut verkaufe, aber wenig Neukunden anziehe. Er fordert eine verlässliche Finanzierung in den nächsten Jahren. Weigl erklärt, der RVV sei noch „nicht ausgewachsen“, für eine Erweiterung des Verbunds werde mit weiteren Trägern gesprochen. Als weitere Zukunftsplänen werden etwa die Vereinfachung der Ticketbuchung durch ein Check-in-Check-out-System beim Besteigen und Verlassen der Busse und die Ausweitung des Car-Sharing-Angebots genannt.

„Die Stadtbahn ist Geschichte“

Die per Bürgerentscheid abgelehnte Stadtbahn spielt keine Rolle mehr in den Planungen. Sie sei „Geschichte“, wie es Schönherr ausdrückt. Stattdessen sollen die Energien in den Ausbau des Busverkehrs gesteckt werden. Dies bekräftigt am Rande der Veranstaltung auch Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer auf Nachfrage. Die Ursachen des Scheiterns der Stadtbahn verortet sie darin, dass es generell schwierig sei, heutzutage große Infrastrukturprojekte gegen die sich bildende Skepsis „in Bürgerentscheiden durchzubringen“.

Die Gäste versammelten sich in der Busgarage vor den Elektrobussen. Foto: bvg

Den Termin des Entscheids hält sie nicht für ausschlaggebend für das Negativvotum. Hätte man den Bürgerentscheid erst in einem Jahr angesetzt, hätten sich die Bürger auch erst kurz vorher informiert, glaubt Maltz-Schwarzfischer. Und die OB ist sich sicher: Wäre der Bürgerbescheid nicht per Ratsbegehren angesetzt worden, wäre er als Bürgerbegehren gekommen.

Jetzt müsse eine starke „Bus-Achse“ an die Stelle der geplanten Stadtbahn als Rückgrat des Nahverkehrs treten, ergänzt um Sharing-Modelle und einen starken Schienennahverkehr.

Schweiger: „RVV hat seine Hausaufgaben gemacht“

Landrätin Tanja Schweiger verdeutlicht in ihrem Grußwort, worum es beim RVV in den Anfängen gegangen sei, nämlich ohne ein weiteres Ticket lösen zu müssen, zwischen Landkreis und Stadt hin und her fahren zu können. Sie erinnert auch daran, dass dieses Zusammenwachsen schrittweise erfolgte, erst 2015 sei die letzte Linie in den RVV aufgenommen worden.

Familiengeführte Busunternehmen seien nach wie vor wichtig, um den Busverkehr im ganzen Landkreis aufrechterhalten zu können. Bis zu 30 Kilometer könne man von Regensburg in den Landkreis hinein fahren, im ländlichen Raum brauche man in der Region kein zweites Auto mehr.

Der Festakt wurde vom Philharmonischen Blechbläserquartett musikalisch umrahmt. Foto: bvg

Der RVV habe „seine Hausaufgaben gemacht“ und ein hohes Niveau erreicht, erklärt Schweiger, derzeit Vorsitzende des RVV-Aufsichtsrats. Leider müsse man sich angesichts eines Defizits von 25 Millionen Euro aber „Finanzierungsfragen stellen“, da gebe es „viel Diskussionsbedarf“, so Schweiger, die klagt: „Auf allen Ebenen wird das Geld knapp.“

Bernreiter: RVV mustergültig

Staatsminister Christina Bernreiter würdigte, dass der RVV mustergültig vorangeschritten sei, in anderen Regionen sei die Entwicklung von Verkehrsverbünden leider noch nicht so weit. Grundsätzlich sei zunächst die erforderliche Infrastruktur zu schaffen, dann ein gutes Angebot, zum Schluss der Preis festzusetzen. Eine Reihenfolge, die in Deutschland in der Vergangenheit nicht beachtet worden sei.

Der RVV ist einer der größten Verkehrsverbünde in Bayern, was Bernreiter an Zahlen verdeutlicht: 38 Millionen Fahrgäste wurden 2023 in 533 Bussen auf 100 Linien befördert.

Finanzierungslücke von 40 Milliarden Euro beim ÖPNV

Fraglich ist laut Bernreiter, ob das beliebte Deutschlandticket weiterhin zum Preis von nur 49 Euro angeboten werden kann. Die hierzu notwendige Übertragung verbleibender Mittel zur Finanzierung des Tickets von 2023 auf 2024 sei bis heute nicht gesetzlich geregelt, obwohl der Bundeskanzler hierauf sein Wort gegeben habe, klagt der bayerische Verkehrsminister.

Bis 2031 entwickelt sich laut einer Studie des Bundesverkehrsministeriums zur Erhaltung und Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur und des ÖPNV eine Finanzierungslücke von 40 Milliarden Euro: „Wenn das Geld nicht kommt, werden wir Verkehre abbestellen müssen“, warnt Bernreiter. Alleine die „digitale Schiene“ mit der entsprechenden Umrüstung von Fahrzeugen koste 2,6 Milliarden Euro. Ob dann noch das Geld vorhanden sei, um die umgerüsteten Züge auch fahren zu lassen, sei fraglich, scherzt er.

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Kommentare (14)

  • Native

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    Es kann nur besser werden
    Nachdem der Frust über das Ergebnis des Bürgerentscheid zur Stadtbahn langsam verraucht ist, gilt es den suboptimalen Zustand der Verkehrsinfrastruktur, nach jahrzehntelangen Versäumnissen und Fehlern (das gilt für alle Parteien, in Stadt und Land), zu optimieren. Wer ignorant, andauernd die zunehmend prekärer werdende Verkehrssituation (hauptsächlich durch Pendler verursacht) ausblendet, braucht sich jetzt, nach veränderten, Voraussetzungen (nach Corona-Pandemie, über die andauernden weltweiten politischen Konflikte, Inflation, Krisen, Kriege, Folgen des Klimawandels Herausforderungen beim Hochwasserschutz und Renaturierung), über die im wahrsten Sinne des Wortes „verfahrene“ Situation, nicht zu wundern. Deshalb getroffene überholte Vereinbarungen zu korrigieren, leuchtet ein und ist nachvollziehbar.
    Hoffentlich kommt jetzt endlich Bewegung für gesamtheitliche Lösungen beim ÖPNV für die Gesamtregion, durch Verknüpfung mit anderen Verkehrsverbünden und interkommunale Abstimmung und Zusammenarbeit auf den Weg. Das geht nur gemeinsam, STADT UND LAND- HAND IN HAND und anderen Finanzierungsmodellen. Dazu ist auch das bayerische Verkehrsministerium mit Weitblick für die gesamte Verkehrsinfrastruktur im Land (Schiene und Straße) notwendig. Engstirniges „Dahingewusel“ im eigenen Zuständigkeitsbereich ist wenig erfolgversprechend und zum Schaden der gesamten Volkswirtschaft. Selbst Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wirbt neuerdings, für den Ausbau von Umsteigeknoten auf dem Land, um Pendlern eine kombinierte Nutzung von Auto und Bahn zu erleichtern. „Wir brauchen mehr attraktive Umstiegs Möglichkeiten in der Fläche“, sagte er. Das macht Hoffnung!

  • Reg

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    „Anstatt der geplanten Stadtbahn eine starke Busachse….“
    Das bedeutet im Klartext, dass die SMO wieder nicht analysiert, wo der tatsächliche Verkehrsbedarf besteht. So wird der ÖPNV nicht attraktiver…
    Wo ist denn das Konzept „Ohnefall“ in dem das Liniennetz optimiert wird und tangential Buslinien eingeführt werden.
    Wann kommt vernünftige VerkehrsApp anstatt der, in die Jahre gekommenen RVV-App?
    Wann werden Carsharingdienste nach Regensburg geholt?
    Wann macht die SMO (Das Stadtwerk Mobilität) ihren Job?!

  • Jul

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    Der RVV kann in 10 Jahren, wenn ein Großteil der Busfahrer in Rente ist, eh zusperren. Der “Ohnefall” wird ihm das Rückgrat brechen. Träumt weiter von irgendwelchen tangential Buslinien etc. Die werden nicht kommen, da es personell nicht zu stemmen ist. Und bitte kommt nicht wieder mit den tollen Argumenten à la Platooning, autonomes Fahren etc. Das scheitert in Deutschland schon an der Infrastruktur des Mobilfunknetzes.

  • michinga

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    ich fürchte Jul hat recht.

    @Reg: man hat den Eindruck, Sie leben nicht in Regensburg oder nutzen den ÖPNV/carsharing nicht. Es gibt neben dem DB-Carsharing Flinkster auch “Earl” vom RVV bzw. der Stadt betrieben.

  • Keks

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    Ich frage mich woher die zusätzlichen Busfahrer kommen sollen? In 10 Jahren wird man wieder doof dastehen ohne Konzept, ohne Straßenbahn, ohne Busfahrer.

  • Native

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    Lass sich ändern, was sich ändern will
    Mobilität ist unbestritten eine unverzichtbare Lebensnotwendigkeit in unserer Gesellschaft und global, sei es Berufsverkehr, Freizeitverkehr, Güterverkehrslogistik auf der Schiene und der Straße, zu Wasser und in der Luft. Es ist „tödlich“ die Verkehrsinfrastruktur zu vernachlässigen (tot zu sparen), und Verkehrsströme nicht bedarfsgerecht sinnvoll zu lenken und kanalisieren. Es muss auch an die Herausforderungen durch CO2 Einsparung und Dekarbonisierung, der notwendigen Verkehrswende, bedingt durch den Klimawandel, gedacht werden. Intelligente digitale Unterstützung zur Problemlösung ist notwendig. Hier greifen unweigerlich alle Lebensbereiche, wie Zahnräder ineinander. Auch die persönlichen Verhaltensänderungen (Konsum, Freizeit, Arbeit) jedes Einzelnen ist unverzichtbar. Es muss auch politisch, im Sinne der Angleichung der Lebensbedingungen in Stadt und Land gestalterisch umgesteuert werden. Weg von der Konzentration, der Arbeitsplätze, Versorgungseinrichtungen (Wohnen, Gesundheit, Bildung, Kultur und Freizeit) auf wenige Städte und übervolle Zentren, zur Verbesserung der Lebensqualität für ALLE! Der tägliche „Verkehrswahnsinn“ ist heute schon am Autobahnkreuz Regensburg (A3/A93) live zu erleben.
    Mit dem Verkehr verhält es sich wie mit den Wasserströmen nach klimabedingten Starkregenereignissen. Ungeregelt überrollen sie uns, in zerstörerischer Weise und suchen sich ungehindert ihren Weg.
    Ebenso verhält es sich mit den Mobilitätsströmen durch Krieg, – und Klimaflüchtlinge, sowie den weltweiten Wirtschaftsflüchtlingen, bedingt durch Diktaturen und unerträgliche Armut in ihrer Heimat. Ich befürchte das die rigorose Ausgrenzung an den EU-Außen Grenzen dauerhaft auch nicht für „Dichtigkeit“. Im Übrigen gelten meines Wissens immer noch die Menschenrechte.
    https://www.rundfunk.evangelisch.de/kirche-im-radio/wort-zum-tage/wasser-findet-immer-seinen-weg-10628

  • Habsdampf

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    Earl als Carsharing zu bezeichnen, ist schon innovativ.
    Earl ist nicht mehr und nicht weniger als ein Standort-gebundenes Mietwagenkonzept.
    Man muss ein Konto erstellen und vor Fahrt antritt buchen, wann, wie lange von wo nach wo.
    Aber flexibel sieht anders aus und ein carsharing Auto stellt man ab und ein anderer steigt ein und fährt weiter.

    Irgendwie realitätsfern so ein Mietwagen Konzept mit Standorten

  • Reinhold Breuer

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    „Christina B.“ wird in kurzem Rock gezeigt und am unteren Saum mit offenem Knopf: Wollen wir dieses Foto wirklich sehen, Herr Aigner?

    Die von der OB angestrebte „starke Bus-Achse“ an Stelle der geplanten Stadtbahn kostet zwar zusätzliche FahrerInnen-Löhne. Doch kann erst damit das 9. der „10 Gebote“ der Bürgerbeteiligung am Projektanfang der Studie für höherwertigen ÖPNV eingehalten werden: „9 Optimale Anbindung der Umlandgemeinden ‐ 70.000 EinpendlerInnen in den Regensburger ÖV einbinden“ (S.140 von 143 Dokumentation der Charette 12. ‐ 14.04.2016 Regensburg Thon‐Dittmer‐Palais).
    Am Ende eines Hochleistungskorridors ohne Schienen können Busse nämlich weiterfahren in Mischbetriebsbereiche im Landkreis mit Busbechleunigung an Ampeln und weniger Umsteigezwang → insgesamt attraktiver.

    Die aus der Zeit gefallenen bisherigen Endstationen der Regional- und bes. der Umgebungslinien ausgerechnet dort, wo ein hoher Anteil der Fahrgäste gern in gleicher Richtung weiterfahren würde (1-2 Stationen?), können schrittweise aufgelöst werden, weil das künstliche Privileg für eine Stadtbahn als einziger Nord-Süd-Durchmesserlinie entfallen ist. Am ZOB brauchen nur kurz haltende Busse weniger Standflächen an wertvollstem Platz. → nochmals attraktiver.

  • Stefan Aigner

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    Danke für den Hinweis. Ist korrigiert.

  • michinga

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    @ Habsdampf: Danke für Ihre Ausführungen zum Carsharing. Mich würde interessieren wo bzw. in welcher Stadt ein wie von Ihnen beschriebenes Carsharing-System bereits existiert?

  • Fred

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    @michinga
    Ich hab eine Weile in München gewohnt (ohne eigenes Auto) und dort gab es mehrere Anbieter. Für ShareNow hab ich mich dann auch angemeldet, hier musste man nicht an speziellen Parkplätzen parken, wie bei Earl. Sehr praktisch, wenn man mal im sternartigen ÖPNV Münchens nicht sinnvoll von A nach B kommt. Statt 3x umsteigen und 45min Öffis 20min mit dem Auto.
    Das Problem an Carsharing ist das Prinzip der Gleichzeitigkeit. Würde ich mein Auto abgeben und voll aufs Carsharing setzten, bräuchte ich jeden Morgen in meiner Umgebung ein Auto, mit dem ich in die nähe meiner Arbeit fahren kann und dann zu Feierabend auch wieder eins um zurück zu kommen. Das gleiche gilt aber auch für alle meine Nachbarn und dann sind wir wieder fast beim Individualverkehr.
    Carsharing ist für mich daher kein Ersatz zum ÖPNV. Würde ich mit ÖPNV vernünftig zu meiner Arbeit kommen, könnte ich überlegen mein Auto abzugeben und für die unregelmäßigen Fahrten (z.B. zu IKEA) wie in München auf Carsharing zu setzten.

  • Dugout

    |

    Kommentar gelöscht. Bitte suchen Sie sich ein eigenes Pseudonym.

  • Studi

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    @Habsdampf
    2. Juli 2024 um 12:36

    Die von ihnen angebrachten Nachteile sehe ich als Vorteile.

    Dass man vor Fahrtantritt buchen muss, würde ich eher bezeichnen als, man kann sein auto im voraus reservieren. Erst so habe ich die Sicherheit das Angebot auch nutzen zu können. Man stelle sich vor man plant den Tagesausflug mit der Familie, geht zum Auto und dann hat 5 minuten vorher jemand anderes es genommen und der Ausflug fällt somit ins Wasser. Abgesehen davon kann man auch kurzfristig reservieren, man kann das Angebot also trotzdem spontan nutzen. Dass man dann auch angeben muss wann man das Auto wieder zurückbringt, versteht sich von selbst.

    Dass man das Auto immer zu bestimmten Standorten liefern muss, liegt zum einen daran, dass sie auch als E-Autos geladen werden müssen. Desweiteren habe ich (ähnlich wie oben) planungssicherheit wo ich mein Auto holen kann. Sonst würde man sich vermutlich jedes mal das Auto vor der Garage in irgendeiner Wohnsiedlung aufsuchen müssen. Das Problem kennen wir bereits von E-scootern. Diese werden häufig spontan für one-way fahrten genutzt, die sonst zu Fuß absolviert worden wären und random irgendwo geparkt bis sich wieder spontan jemand findet der ihn one-way woanders hinfährt, alles andere als planbar oder sinnvoll. Dass E-scooter die nicht standort gebunden sind die Anzahl an unötigen Fahrten erhöht, ist in Studien bewiesen.

  • Dugout

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    @michinga: Stuttgart ist 4mal so groß wie Regensburg, hat aber 175 car-sharing Stationen von einem halben dutzend Anbietern. Zwei davon stationsunabhängig

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drin