29 Jul2008
Falken haben Demokratie und mehr auf Lager
Politisch modisch ist Demokratie heutzutage nicht mehr. Meinungsforscher schlagen Alarm: Mehr als die Hälfte der Deutschen ist mit dem parlamentarischen System der BRD unzufrieden. Alles Nörgler, die froh sein können, heute zu leben, schließlich hätte man ja früher viel weniger Rechte gehabt?
Oder ist die Kritik berechtigt und damit auch die Frage, was man tun muss, um die Gesellschaft demokratischer und gerechter zu gestalten? Eine Gruppe, die von Gegnern gern als Nörgler und Querulanten abgestempelt wird, hat darauf eine kreative Antwort: Die Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken will im Zeltlager mit jungen Menschen Demokratie erlebbar machen.
„Die Arbeiterbewegung hat den Begriff Solidarität nicht gepachtet, sondern muss ihn immer wieder mit Leben füllen,“ sagt Lena, die das Programm für die sechs- bis14jährigen organisiert. Sie betont, dass die Teilnehmer im zweiwöchigen Camp schon in der Vorbereitung des Lagers mitarbeiten. Die Kinder planen in ihren wöchentlichen Gruppenstunden, was sie etwa zum Thema Flüchtlinge am Zeltlager erfahren wollen, und die Jugendlichen beraten in einem Vorbereitungskollektiv, was sie an Karl Marx schon immer mal interessieren würde. Heißt es also im Camp „Kampf dem Kapital – legal, illegal, scheißegal?“
„Wir wollen Sozialismus leben und nicht nur Revolutionsromantik am Lagerfeuer betreiben“, erklärt Linda, die für den Jugendteil des Zeltlagers zuständig ist.
Sozialismus leben – wie geht das? Das Konzept der Falken heißt: Selbstbewusstsein stärken, Kritik lernen und gemeinsam die wichtigen Aufgaben bewältigen. Zum Beispiel in der Küche, wo jeder mal ran muss. „Da wir die Gerichte selber aussuchen und die Gruppen jederzeit in der Küche auch mal einen Geburtstagskuchen backen können, macht es jedem Spaß,“ erklärt Martin, der Küchenchef. Pardon! – Chefs gibt es ja bei den Falken nicht, sondern die Genossen wählen sich ihre Verantwortlichen, natürlich für die wichtigsten Ämter schon vor dem Zeltlager. So hat zum Beispiel der Bezirksvorsitzende die Verantwortung, dass pädagogisch alles rund läuft. „Auf etwa fünf Teilnehmer kommt bei uns eine Helferin oder ein Helfer“, erklärt Julian. Die meisten Problemchen können von den Gruppenhelfern also recht schnell gelöst werden, doch nicht nur sie sind für die Teilnehmer da. „Auch in der Küche kann man sich zusätzlich zum Obst zwischendurch einen Rat fürs Leben abholen“, ist das Rezept des Kochs Martin für ein gelungenes Camp.
Sozialismus heißt für die Falken auch, dass künstliche Altersgrenzen überwunden werden. So soll es im August auch in den Workshops laufen. Grundsätzlich können die ganz jungen Kinder mit sieben Jahren über das gleiche Thema diskutieren wie die 18jährigen „alten Hasen“. Und die Themen werden vielseitig sein: Um Umgang mit Sucht und Drogen geht es, durch Theater, Tanz und Lyrik können Inspirierte sich verwirklichen. Über die aktuelle rechte Szene, Migration und Kinderrechte soll viel diskutiert und am Ende sollen dazu Straßenaktionen geplant werden. „Am 1. September werden wir zum Antikriegstag eine bunte Show bieten, die wir auf dem Zeltlager vorbereitet haben“, kündigt Linda schon jetzt an.
Am Vormittag ist gemeinsames Programm geplant, nachmittags ist es nach Altersstufen getrennt. Der Tag wird meist mit einem actiongeladenen Spiel beginnen und abends – je nach Alter und Laune der Teilnehmer – mit Disko, Nachtwanderung, Gutenachtgeschichte, einem Motto-Abend oder auch mal einem Film enden. Bewegung könnte mit den Ausflügen oder Sportangeboten ins Lager kommen. Am Attersee, den die Falken dieses Jahr besuchen, sind jedenfalls im Überfluss Ausflugsziele vorhanden. Frühaufsteher können morgens auf einen Berg klettern und dem Zeltlager beim Aufwachen zuschauen. Redet man mit den Falken-Aktivisten, dann verspricht ihr Zeltlager weitaus mehr Erlebnisse als All-Inclusive-Urlaube.
Sorge macht dem Bezirksvorsitzenden Julian aber, dass es für immer mehr Familien schwierig sein dürfte, den Teilnahmebeitrag in Höhe von 290 Euro aufzubringen. „Wir möchten jedem eine Teilnahme ermöglichen,“ verspricht er, „aber wir müssen natürlich unsere Unkosten decken“. Deshalb zahlen sogar die Helfer einen Teilnahmebeitrag. Da das aber nicht reicht, um alle Lebensmittel, die Zeltplatzgebühr und das Material zu finanzieren, werben die Falken um Spenden für das Zeltlager. Sie treten an Politiker und Privatpersonen mit der Bitte, Patenschaften für das Lager zu übernehmen. Mit dem Geld soll benachteiligten Kindern der Teilnahmebeitrag erlassen werden. Damit nicht genug: Auch den Gewinn aus dem abendlichen Getränkeumsatz wollen die Falken einem gemeinnützigen Zweck zuführen. Welchem, das werden die Zeltlagerteilnehmer demokratisch entscheiden.
Außerhalb ihres Jugendverbands sehen sie aber dunkle Wolken für demokratische Gepflogenheiten aufziehen. Am 31. Mai demonstrierten die Jugendlichen gemeinsam mit den Gewerkschaften für Demokratie und gegen Bundeswehreinsatz im Inneren und am 21. Juni gegen die Einschränkung der Versammlungsfreiheit. Auch diese von ihnen als „Notstand der Republik“ bezeichnete Entwicklung wird daher Thema auf dem Zeltlager sein. Verbesserungsvorschläge gibt es da schon einige von den Jugendlichen – und sie laden alle Kinder und Jugendlichen ein, darüber mit ihnen zu streiten. Von Verdrossenheit also keine Spur bei diesem Teil der Jugend!
Das Sommerzeltlager 2008 der SJD – Die Falken, Bezirk N/O findet vom 9. bis 23. August am Attersee in Österreich statt. Der Teilnahmebeitrag beträgt 290 € für Mitglieder, 310 € für Nichtmitglieder. Zuschüsse sind über das Amt für Jugend und Familie der Stadt Regensburg möglich (Infos dazu auch im Falkenbüro). Teilnehmen können Kinder ab 6 Jahren und Jugendliche aller Altersstufen. Weitere Informationen gibt es im Bezirksbüro der Falken unter Tel. (0941) 5 82 65, per E-Mail an buero@falken-in-no.de oder im Internet auf www.falken-in-no.de. Spenden für das Zeltlager sind steuerlich absetzbar, die Kontoverbindung lautet: Sparkasse Regensburg, BLZ 750 500 00, Kontonummer 828 70 13.
Roland Hornung
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Es ist aussergewöhnlich bewundernswert und lobenswert, dass die Falken sich so sehr und so
konsequent gegen Rechtsextremismus, gegen Anti-
semitismus und gegen Rassismus wenden. PRIMA !
Danke an Julian und all seine Leute – denn nur
gemeinsam, im Team geht so etwas. Schade, sehr
schade, dass andere politische Jugendorganisa-
tionen nicht im gleichem Maße diese so richtige
und so wichtige Aufgaben wahrnehmen ( ja, okay,
wir schon auch ! Aber wir sind zu wenig, um die
gleiche Wirkung wie die Falken zu erzielen ! ).
Auch zu Israel haben die Falken ein ausgewoge-
nes und gesundes Verhältnis: Keine Lobhudelei,
kein Philosemitismus, aber auch kein bornierter
engstirniger Hass, keine Vorurteile und keine
dumpfen Klischées. Zur sozialistischen Arbeiter
jugend in Israel haben die Falken sogar ein aus
gesprochen gutes Verhältnis.
Das freut uns natürlich besonders, und wir freu
en uns immer, wenn andere Gruppierungen mit uns
am gleichen Strang ziehen.
D a n k e nochmals den Falken !
Euer Roland Hornung
http://www.israelfreunde.eu